Korrekte Berechnung, passende hydraulische Schaltung und Armatur bis zum hydraulischen Abgleich - Anlagenhydraulik einfach umsetzen.
Korrekte Berechnung, passende hydraulische Schaltung und Armatur bis zum hydraulischen Abgleich - Anlagenhydraulik einfach umsetzen.
96 Prozent der Heizperiode arbeitet die Heizungsanlage im Teillastbetrieb. Nur wenn sich Heizwassertemperierung und -verteilung darauf anpassen lassen, können eine optimale Funktion und ideale Raumtemperaturen zu jeder Zeit gewährleistet werden. Entscheidend für diese Regelbarkeit und den effizienten Betrieb ist die Anlagenhydraulik. Wie sie richtig geplant und umgesetzt wird, lässt sich in vier Schritten zusammenfassen – von der korrekten Berechnung über die Wahl der passenden hydraulischen Schaltung und Armatur bis zum Feinschliff durch den hydraulischen Abgleich.
Eine hydraulische Schaltung verbindet Erzeugerkreis, Wärmeverteilung und Verbraucherkreis. Sie temperiert, mischt und verteilt das Heizwasser und sorgt so für optimale Raumtemperaturen sowie einen effizienten Anlagenbetrieb. Die Anlagenhydraulik sollte immer klar strukturiert, stabil in ihrer Funktion und für Dritte nachvollziehbar sein. Bei der Planung und Dimensionierung der Anlagenhydraulik gilt grundsätzlich: Keep it easy and simple!
Denn ein weit verbreitetes Problem sind überdimensionierte Anlagen. In Deutschland schöpfen Heizungen oft nur während vier Prozent einer Heizperiode ihre Heizlast voll aus – das muss bereits in der Planung und Berechnung berücksichtigt werden, um auch kleine Leistungen im Teillastbetrieb stabil ausregeln zu können. Vor allem in der Übergangszeit fällt dies ins Gewicht. Eine optimal dimensionierte Anlagenhydraulik ermöglicht es zudem, Verteilverluste zu reduzieren, das Temperaturangebot abzusenken, variable Betriebs- und Nutzungszeiten einzustellen, einzelne Erzeuger- oder Abnehmerkreise zu entkoppeln und die Energieeinspeicherung zu managen.
"Angst ist kein guter Ratgeber" sagt ein Sprichwort und die in der SHK-Branche alltäglichen "Angstzuschläge" bei der Dimensionierung von Rohrnetzen, Stellgliedern, Pumpen etc. führen in der Praxis zu erheblichen Überdimensionierungen und im Ergebnis zu ungenügendem Regelverhalten im Schwachlastbetrieb (Übergangszeit).
Doch die Anforderungen an die Heizwassertemperierung und -verteilung unterscheiden sich je nach Heizungskomponenten und Einbausituation. Einfamilienhaus oder Hotel, Wärmepumpe oder Gasbrennwertheizkessel, Heizkörper oder Fußbodenheizung – welche hydraulische Schaltung sollte gewählt werden?
Grundsätzlich lassen sich hydraulische Schaltungen in zwei Gruppen einteilen:
Mengenvariable Schaltungen Für die Regelung der Temperatur am Verbraucher wird der Volumenstrom variiert, die Temperatur im Heizkreislauf hingegen bleibt konstant. Sie kommen heute nur noch selten zum Einsatz.
Mengenkonstante Schaltungen Der Volumenstrom bleibt konstant, angepasst wird hingegen die Vorlauftemperatur. Dieser mengenkonstante Betrieb ist heute gängig. Wichtigste Schaltungen sind hier die Beimischschaltung, die Bypass-Schaltung, die Einspritzschaltung und zuletzt die hydraulische Weiche. Wo werden sie ideal eingesetzt? Welche Besonderheiten zeichnen sie aus?
Die gängigste und sehr universell einsetzbare Schaltung ist die Beimischschaltung, da mit ihr die Regelung der Verbraucherheizkreise bedarfsgerecht und gemäß ihrer Temperaturanforderung erfolgen kann. Für die Regelung wird zum heißen Kesselvorlauf ein variabler Teilstrom aus dem Rücklauf des Verbraucherkreises beigemischt. Über das Mischverhältnis aus Kesselvorlauf und Heizkreisrücklauf ergibt sich der variable, an die jeweiligen Erfordernisse angepasste, sogenannte Heizungsvorlauf. Schwanken die Temperaturen von Wärmeerzeuger oder Pufferspeicher, kann dies durch eine Anpassung der Beimischung leicht ausgeglichen und eine gradgenaue Heizungsvorlauftemperatur erreicht werden. Insgesamt überzeugt die Schaltung durch eine gute Regelfähigkeit, da die Regelstrecke über Vorlauftemperaturfühler sehr gut beherrschbar ist. Durch den variablen Heizungsvorlauf sind im Teillastbetrieb angepasste, niedere Vorlauftemperaturen möglich, Verteilverluste werden minimiert.
Die Bypass-Schaltung eignet sich optimal, wenn es zu stark abweichenden Temperaturen einzelner Mischkreise oder des Kesselkreises kommt. Dies ist vor allem bei Flächenheizsystemen mit niedrigen Vorlauftemperaturen und starken Vorlauftemperaturabweichungen zu weiteren Mischkreisen der Anlage der Fall. Die Bypass-Schaltung wird auch als feste Beimischschaltung bezeichnet, da sie ähnlich wie die Beimischschaltung aufgebaut ist – jedoch ergänzt um einen fixen Bypass. Dieser fügt einen Teil des Rücklaufs standardmäßig wieder zum Vorlauf hinzu. Der Bypass wird dabei so eingestellt, dass bei voll geöffnetem Stellglied und zugleich maximaler Kesseltemperatur die maximale Soll-Vorlauftemperatur erreicht wird. Er ist dadurch zugleich eine hydraulische Übertemperaturabsicherung.
Für den Einsatz bei Lufterhitzern und Heizregistern von RLT-Anlagen, die mit Außenluft beaufschlagt werden, empfiehlt sich die Einspritzschaltung. Diese zeichnet sich durch zwei Pumpen im Vorlauf, ein Durchgangsventil im Rück- oder gegebenenfalls auch im Vorlauf und je einen Bypass vor und nach dem Regelventil aus. Bei der Einspritzschaltung wird das heiße Vorlaufwasser über den zweiten Bypass immer mit abgekühltem Rücklaufwasser gemischt. Je nach Ventilstellung variiert die Temperatur im Verbraucherkreislauf, während der Volumenstrom im Heizregister konstant bleibt. Von Vorteil ist bei dieser Schaltung vor allem die niederstmögliche Rücklauftemperatur und die gleichmäßige Wärmeverteilung über das ganze Heizregister, die eine optimale Zulufttemperaturmessung ermöglicht.
Die hydraulische Weiche findet ihre Anwendung meist im Bereich von Mehrkessel- und Multivalenzanlagen, um Erzeuger- und Abnehmerkreise zu entkoppeln. In Verbindung mit der Regelungstechnik kann ein Weichentemperaturfühler unterschiedliche Volumenströme zwischen Wärmeerzeuger- und Verbraucherkreisen und die sich damit verändernden Vorlauftemperaturen erkennen. Daraus lassen sich variierende Lastzustände ableiten und entsprechende Maßnahmen, wie etwa das Zuschalten einer Brennerstufe, können eingeleitet werden. Nicht benötigte Wärmeerzeuger lassen sich abschalten und hydraulisch aus dem Netz auskoppeln, sie sind dann also hydraulisch abgesperrt. Das entspricht den allgemein anerkannten Regeln der Technik, wonach Wärmeerzeuger in Mehrkesselanlagen nach ihrer Abschaltung nicht mehr hydraulisch durchströmt werden dürfen. Ziel ist ein optimales Wärmeerzeugermanagement: Kein Wärmeerzeuger und keine Brennerstufe darf unnötig in Betrieb sein, sie dürfen aber bei Bedarf auch nicht ausgeschaltet bleiben.
Tipp: Im Falle von Brennwertnutzung muss bei der hydraulischen Weiche unbedingt auf niedere Rücklauftemperaturen geachtet werden: < 57 °C bei Erdgas und < 47 °C bei Heizöl.
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Grundsätzlich können alle hydraulischen Schaltungen mit verschiedenen Armaturen umgesetzt werden. In den meisten Fällen jedoch eignet sich eine der Armaturen – Mischer oder Ventil – besser als die andere. Die Wahl der richtigen Armatur ist abhängig von der Anordnung in der hydraulischen Schaltung. Ist die Pumpe nach dem Stellglied angeordnet, kann ein Mischer eingesetzt werden. Befindet sie sich vor dem Stellglied, ist ein Ventil die richtige Wahl. Grundsätzlich ist ein Ventil "dichter" als ein Mischer, das heißt, die Leckrate (interne Leckage) ist geringer.
Doch damit ist noch nicht alles entschieden, denn bei der Ausführung der Armaturen wird zudem zwischen 3-Wege-Stellgliedern (als Mischer oder Ventil) und 4-Wege-Mischern unterschieden. Beide sorgen in den Verbraucherkreisen für variable Vorlauftemperaturen bei konstantem Volumenstrom und zugleich für eine gleichmäßige Wärmebeaufschlagung der Verbraucher.
Wie unterscheidet sich also eine 3- von einer 4-Wege-Armatur? Durch ihren Einfluss auf die Rücklauftemperatur. Ein 3-Wege-Stellglied verhindert eine Rücklauftemperaturanhebung und eignet sich daher optimal für den Einsatz in modernen Heizanlagen mit Brennwertnutzung und Pufferspeicher. Hier sind 4-Wege-Mischer hingegen nicht mehr die richtige Wahl, da die Rücklaufanhebewirkung im Teillastbetrieb den modernen Anlagen schaden würde.
Unabhängig davon, wie sorgfältig die Planung und Installation der Heizungsanlage erfolgte: Wird abschließend kein hydraulischer Abgleich durchgeführt, kann die Anlage nicht optimal und energieeffizient arbeiten. Über- und unterversorgte Verbraucher verhindern dann die genaue Regulierung der Raumtemperatur und es treten störende Fließgeräusche auf.
Um eine Anlage bestimmungsgemäß, störungsfrei und energetisch optimal zu betreiben, muss sorgfältig geplant werden. Sowohl die Wahl der richtigen Schaltung und Armatur als auch ihre korrekte Dimensionierung sind entscheidend. Für die volle Potentialausschöpfung der Anlage und eine wirtschaftliche Investition ist ein hydraulischer Abgleich nach Abschluss der Montagearbeiten unverzichtbar.
Dienstag, 01.10.2019