Auswirkungen der "F-Gase-Verordnung" auf das Wärmepumpengeschäft

Im Interview: Oliver Keul, Betriebsleiter bei Keul Wärmepumpentechnik aus Kemmenau (Rheinland-Pfalz) und Rotex-"KompetenzPartner".

Die Verordnung (EU) Nr. 517/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über fluorierte Treibhausgase und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 wurde in Brüssel schon vor fast fünf Jahren verabschiedet – Geltungsbeginn: 1. Januar 2015. Die Inhalte und Auswirkungen der "F-Gase-Verordnung" werden demnach schon seit Jahren diskutiert. Allein: Die Verunsicherung bei Planern, installierenden Fachbetrieben sowie Betreibern bleibt und ist auch aktuell noch spürbar.

Die "F-Gase-Verordnung" und das damit verbundene sogenannte "Phase-Down" (die schrittweise Reduzierung) von bestimmten Kältemitteln in diversen Anwendungen ist kein "Sturm im Wasserglas", sondern vielmehr ein echter Prüfstein für die gesamte Kälte-, Klima- und Wärmepumpenbranche. So gilt es, die Entwicklung von Kältemitteln mit deutlich reduziertem Treibhauspotential (GWP = global warming potential) bzw. alternativen Kältemitteln zu forcieren.

Damit die Reduzierung der Gesamtmenge an Kältemitteln in der EU auch tatsächlich erfolgt, wurden den Herstellern und Importeuren von Kältemitteln in 2015 erstmalig F-Gase-Quoten zugewiesen. Diese regeln, wie viel CO!SUB(2)SUB!-Äquivalente in Form von Kältemittelmenge jeder Hersteller in Umlauf bringen darf. Kältemittel mit hohem GWP wirken sich daher stärker auf die langfristige Verfügbarkeit aus als Kältemittel mit geringem Treibhauspotential. Bis 2030 erfolgt eine schrittweise Reduktion der Obergrenze auf ein Fünftel bezogen auf die Menge im Basisjahr 2015. Zum 1. Januar 2018 trat der erste große Reduktionsschritt auf 63 Prozent in Kraft – auch aus diesem triftigen Grund hat das Thema "Phase-Down" nochmal einen gehörigen Auftrieb erfahren.

Ein Beispiel: Der Verkauf einer Anlage mit dem Kältemittel R-410A belastet die Quote vier Mal so stark wie der Verkauf einer Anlage mit R-32. Für das Ersatzkältemittel R-32 gilt: R-32-Geräte sind effizienter als R-410A-Geräte und sie weisen beste Leistungsdaten im Kühl- und Heizbetrieb auf. Da es sich um ein Einstoff-Kältemittel handelt, ist R-32 auch leichter zu recyceln und somit umweltfreundlicher. Mit der Luft/Wasser-Wärmepumpe "HPSU compact Ultra" hat der Heiztechnikhersteller Rotex erstmalig eine Wärmepumpengeneration auf den Markt gebracht, die mit dem Kältemittel R-32 arbeitet. R-32 erfüllt mit seinem GWP von 675 heute schon die Anforderungen der "F-Gase-Verordnung" für 2025.

Im folgenden Interview verrät Oliver Keul, Betriebsleiter bei Keul Wärmepumpentechnik aus Kemmenau und Rotex-"KompetenzPartner", welche Auswirkungen die "F-Gase-Verordnung" auf seine Installationspraxis hat und warum er bei Wärmepumpen auf Systeme mit dem Kältemittel R-32 setzt. Mit insgesamt sieben Mitarbeitern betreut das Unternehmen deutschlandweit Kunden in allen Fragen der Wärmepumpentechnik und Fußbodenheizung.

Die "F-Gase-Verordnung“ bringt für die Branche große Veränderungen mit sich. Können Sie die Auswirkungen in Ihrer täglichen Arbeit bereits spüren?

Eine Auswirkung ist vor allem der gestiegene Preis von R-410A und R-407A. Bisher hat ein Kilogramm des Kältemittels circa 10 Euro gekostet, mittlerweile ist der Preis auf über 80 Euro/kg angestiegen. Wir sind deshalb im Leistungsbereich von 4 bis 8 kW komplett auf R-32-Anlagen umgestiegen. Da es im Leistungsbereich 11 bis 16 kW noch keine R-32-Anlagen gibt, arbeiten wir hier noch mit R-410A-Anlagen.

Die sogenannte "Phase-Down" führt zu einer Knappheit mancher Kältemittel. Zu welchem System raten Sie Ihren Kunden aktuell im Privatbereich? Wie sieht es zum Beispiel mit der Verfügbarkeit von R-410A aus?

Einige Kollegen, die ihre Kältemittel über kleinere Fachhändler beziehen, haben mir berichtet, dass es bereits Lieferengpässe bei R-410A gibt. Wir bestellen bei einem großen Kältemittellieferanten, der bis jetzt zum Glück immer liefern konnte. Dennoch rate ich Kunden zu Wärmepumpen-Systemen mit R-32, denn damit sind sie auch in Zukunft auf der sicheren Seite.

Auf welche Eigenschaften achten die Endkunden beim Kauf einer Wärmepumpe aktuell am häufigsten? Wird auch die Umweltwirkung mitberücksichtigt?

Meine Kunden suchen vor allem eine Alternative zu fossilen Brennstoffen – sie wollen weg vom Heizöl. Wir leben in einer dörflichen Gegend, wo es keine Gasanschlüsse gibt. Da der Ölpreis in den letzten Jahren explodiert ist, erkundigen sich unsere Kunden vor allem auch danach, wie sie ihr Haus "autarker" machen können. Die Entscheidung für ein neues Heizsystem ist also ganz klar auch kostengetrieben.

Sie haben bereits einige Luft/Wasser-Wärmepumpen "HPSU compact Ultra" mit R-32 installiert. Wie lauten Ihre Erfahrungen mit dem Kältemittel?

Unsere Erfahrungen sind durchweg positiv. Im alltäglichen Gebrauch bei der Installation ist zum Beispiel kein Unterschied zu R-410A festzustellen. Die Kälteleitungen sind dieselben wie bei R-410A-Systemen. Durch die sehr ähnlichen Betriebspunkte sind die Anlagen auch in Wartung und Service sehr ähnlich in der Handhabung. Ein Vorteil von R-32 ist ganz klar die geringere Füllmenge.

!PAGEBREAK()PAGEBREAK!

Was sind für Sie als Installateur die größten Vorteile von R-32? Sehen Sie auch Herausforderungen?

Der größte Vorteil ist, dass die Luft/ Wasser-Wärmepumpen "HPSU compact Ultra" Vorlauftemperaturen von bis zu 65 °C erreichen. Das erweitert ihren Anwendungsbereich und wir können jetzt auch viele Projekte im Be-stand/Altbau umsetzen. Das ist ein ganz klarer Wettbewerbsvorteil für uns.

Welche Rolle spielen bi- bzw. multivalente Systeme (sog. Hybridsysteme) im Rahmen Ihrer Heizungsbaupraxis – gerade bei der Bestandssanierung?

Hybridheizungen eignen sich sehr gut für Bestandsgebäude, gerade auch, wenn diese ungedämmt sind und die Bewohner trotzdem eine Fußbodenheizung nutzen möchten. In der Praxis jedoch haben wir Hybridheizungen bis jetzt nur in Neubauten installiert. Das liegt vor allem daran, dass unsere Kunden teilweise die Gasanschlüsse von den Stadtwerken geschenkt bekommen. Somit lohnt sich eine Hybridheizung auch im Neubau, vor allem auch, weil man auf den Heizstab verzichten kann, da sich bei niedrigeren Außentemperaturen das Gasgerät zuschaltet.

Viele Werkzeuge können auch für die Installation von R-32-Systemen verwendet werden. Mussten Sie Ausrüstung neu anschaffen?

Wir konnten fast alles aus unserem Werkzeugbestand weiterverwenden. Lediglich unser Gas-Prüfgerät mussten wir neu kaufen, da unser altes Messgerät nicht für R-32 ausgelegt war.

Welche großen Trends beobachten Sie allgemein in der Heizungsbranche bzw. bei Wärmepumpen? Wohin geht die Reise in den nächsten fünf bis zehn Jahren?

Der Trend geht ganz klar dahin, sein Haus energieautark zu machen. Es geht dem Endkunden nicht nur darum, ein zukunftsfähiges Heizsystem zu besitzen, sondern auch darum, seine Stromversorgung über eine Photovoltaikanlage selbst in die Hand zu nehmen. Entsprechend wird unsere Beratungsleistung auch immer umfassender und intensiver. Wir arbeiten bei Projekten immer häufiger mit Energieberatern zusammen, weil es den Kunden darum geht, das gesamte Haus energetisch zu optimieren. Der Kunde ist mittlerweile sehr gut informiert und will genau wissen, mit welchen Betriebskosten er zu rechnen hat.

Zum Schluss: Wie groß ist die Nachfrage nach reversiblen Wärmepumpenanlagen seitens Ihrer Kundschaft? Besteht ein gesteigertes Interesse an der sommerlichen Kühlfunktion?

Die Kühlfunktion wird von meinen Kunden gar nicht nachgefragt – beziehungsweise wissen viele gar nicht, dass es diese Möglichkeit gibt.

Montag, 25.03.2019