Eine Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena) zeigt: Biogenes Flüssiggas, kurz BioLPG, kann die Wärmewende hierzulande deutlich voranbringen.
Eine Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena) zeigt: Biogenes Flüssiggas, kurz BioLPG, kann die Wärmewende hierzulande deutlich voranbringen.
Wer heute mit konventionellem Flüssiggas heizt, könne schon morgen "grünes" Propan beziehen. Doch aktuell wird BioLPG nicht wie andere flüssige und gasförmige Biomasse gesetzlich berücksichtigt. Experten sehen hier Handlungsbedarf: So wie BioLPG mittlerweile in die 38. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes aufgenommen wurde, so sollte es auch im Wärmebereich (Gebäudeenergiegesetz, GEG) bedacht werden. Schließlich gilt der Einsatz erneuerbarer Energien neben Energieeffizienz und innovativer Heiztechnik als wichtigste Säule, um die Klimaziele im Wärmebereich zu erreichen.
Deutschland braucht eine Wärmewende, damit die Klimaziele der Bundesregierung nicht nur als ehrgeizig, sondern auch als realistisch gelten können: Die Treibhausgasemissionen sollen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 eingedämmt werden. Der erste, wichtige Meilenstein auf diesem Weg: verfehlt. Anfang 2018 hatten Union und SPD bekanntgegeben, dass das Ziel, die CO!SUB(2)SUB!-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken, nicht zu erreichen sei. "Zurzeit machen wir keine ausreichenden Fortschritte beim Klimaschutz", wird ein Sprecher des Bundesumweltministeriums im Januar 2018 zitiert [1].
Einer der wichtigsten Hebel ist der Gebäudebestand. Laut Angaben der dena entsteht hier knapp ein Drittel der deutschen CO!SUB(2)SUB!-Emissionen. Die Bundesregierung plant, die Energieeffizienz über Heiztechnologie, den Einsatz erneuerbarer Energien und Dämmung drastisch zu steigern: Bis 2050 soll der Primärenergiebedarf im Gebäudebereich um 80 Prozent gegenüber 2008 gesenkt werden. Doch während sich Deutschland auf internationaler Ebene als Vorreiter in puncto Klimaschutz präsentiert, herrscht in den Heizungskellern hierzulande ein gravierender Modernisierungsstau. Hinzu kommt: "Grüne Wärme" wird noch immer schwach nachgefragt. Laut Angaben des Umweltbundesamts ist der Anteil erneuerbarer Energien am Wärmeverbrauch sogar rückläufig und lag 2017 nur bei 12,9 Prozent [2]. Der Einsatz erneuerbarer Energien sollte daher per Gesetz nicht nur gefordert, sondern auch aktiv gefördert werden.
Kann Deutschland die Wärmewende also schaffen? Eine dena-Studie zeigt: Für den ländlichen Raum gibt es mit biogenem Flüssiggas (BioLPG bzw. Biopropan) einen neuen, klimaschonenden Hoffnungsträger. Überall dort, wo heute bereits Flüssiggas eingesetzt wird, könne BioLPG beigemischt werden oder es vollständig ersetzen. Das CO!SUB(2)SUB!-Einsparpotential ist enorm: Flüssiggas aus erneuerbaren Ressourcen emittiert bis zu 90 Prozent weniger Treibhausgase als konventionelles Propan. Damit ist klar: Die Anstrengungen zum Klimaschutz dürfen den ländlichen Raum nicht ausklammern. Immerhin ein Viertel der Bundesbürger lebt in eher dünn besiedelten Regionen ohne Zugang zum Erdgasnetz. Schätzungen der dena gehen aktuell von rund 3,4 Millionen Wohnungen und zusätzlich 100.000 Nichtwohngebäuden aus.
Die dena hat im Auftrag des Flüssiggasversorgers Primagas ermittelt, wie Hauseigentümer im ländlichen Raum die Energieziele der Bundesregierung erreichen können. Anhand beispielhafter Szenarien zeigt die Deutsche Energie-Agentur auf, wie verschiedene Heizsysteme mit einem Gemisch aus konventionellem Flüssiggas und Biopropan den Primärenergiebedarf senken. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick (vgl. Studie "Flüssiggas und BioLPG. Potentiale als Energieträger für die Energiewende im ländlichen Raum"):
Das Fazit der Studie: BioLPG erfülle schon heute die Nachhaltigkeitsanforderungen der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU, so die dena-Studie. Aber damit biogenes Flüssiggas einen Beitrag zu den energie- und klimapolitischen Zielen leisten könne, müssten attraktivere politische Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Da das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in der vergangenen Legislaturperiode nicht mehr realisiert wurde, wird BioLPG nicht wie andere flüssige und gasförmige Biomasse berücksichtigt. Selbst für die Autoren der dena-Studie ist der Grund "nicht ersichtlich". Denn Biopropan weise eine primärenergetische Bilanz wie Biomethan auf, ist aber flexibel und netzunabhängig einsetzbar. Der ökologische Nutzen sei vergleichbar.
Biogenes Flüssiggas kann einen wichtigen Beitrag zur zukunftssicheren und ressourcenschonenden Wärmeversorgung leisten. Die gesetzliche Anerkennung wäre ein wichtiger Fortschritt in puncto Klimaschutz – und ein wichtiges Signal an die Verbraucher, die ihr Heizsystem fit für eine emissionsarme Zukunft machen möchten.
Literatur
[1] www.archiv.klimaretter.info/politik/hintergrund/24196-deutschland-verfehlt-auch-eu-klimaziel
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Primagas bietet als erstes Unternehmen in Deutschland biogenes Flüssiggas – kurz BioLPG bzw. Biopropan – an. Was müssen Kunden und Heizungsbauer beachten, wenn auf BioLPG umgestellt werden soll?
Im Grunde nicht viel. Denn konventionelles Flüssiggas und BioLPG sind chemisch identisch. Für die Kunden bedeutet das: Es ist keine Umrüstung nötig, da sich biogenes Flüssiggas in denselben Anlagen nutzen und im selben Behälter lagern lässt wie konventionelles LPG. Das ist ein bedeutender Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen erneuerbaren Energieträgern. Unsere Kunden können BioLPG in verschiedenen Mischungsverhältnissen mit konventionellem Flüssiggas beziehen oder auch reines BioLPG. Diese Flexibilität ist aus unserer Sicht entscheidend.
Wird Ihrer Einschätzung nach BioLPG langfristig das klassische LPG ablösen? Welche Erwartungen haben Sie mittelfristig beim Absatzverhältnis beider Produkte?
Wir beobachten seit Jahren, dass die Verbraucher umweltbewusster handeln. Das Thema Nachhaltigkeit rückt immer stärker in den Fokus aller gesellschaftlichen Bereiche. Hinzu kommt: Die fossilen Ressourcen sind nicht unbegrenzt verfügbar, deshalb muss sich unsere Branche wandeln und auf erneuerbare Energieträger setzen.
Die dena hat für uns berechnet, dass es in wenigen Jahren möglich sein wird, rund 200.000 Tonnen BioLPG jährlich herzustellen. Mit dieser Menge können wir in puncto klimaschonende Energieversorgung schon sehr viel erreichen. Natürlich werden wir unser Produktangebot nicht von heute auf morgen komplett ändern.
BioLPG wird konventionelles Flüssiggas nicht kurz- oder mittelfristig ersetzen können. Aber wir müssen neue Wege gehen. Als ein führender Flüssiggasversorger ist es unsere Aufgabe, die Wärmewende aktiv mitzugestalten. Und das tun wir mit voller Überzeugung.
Die dena-Studie kritisiert, dass biogenes Flüssiggas gesetzlich nicht wie andere flüssige und gasförmige Biomasse berücksichtigt wird. Was bedeutet das für den Verbraucher?
Das bedeutet für unsere Kunden, dass sie keine Subventionen oder Förderungen erhalten, wenn sie BioLPG nutzen. Der Grund dafür: BioLPG ist neu und wird aktuell vom Gesetzgeber noch nicht als erneuerbare Energie erwähnt, obwohl es die gleichen positiven Umwelteigenschaften aufweist. Hier muss die Politik nachjustieren.
Was wünschen Sie sich von der Politik?
Wir werben derzeit für eine gesetzliche Berücksichtigung von biogenem Flüssiggas, beispielsweise im neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG). Konkret bedeutet das: eine Anerkennung im Rahmen der Nutzungspflicht für erneuer-bare Energien und des Massenbilanzierungssystems für BioLPG sowie eine Änderung des Primärenergiefaktors auf 0,6. Zudem sollte die Nutzungspflicht auch beim Einsatz von BioLPG mit Brennwerttechnik erfüllt sein. Nur so kann das Klimaschutzpotential von BioLPG zum Tragen kommen.
Auch für die neue Bundesregierung dürfte der Ausbau von erneuerbaren Energien von maßgeblicher Bedeutung sein. Welche Rolle kann Biopropan dabei spielen und wie interpretieren Sie die zentralen Ergebnisse der dena-Studie?
Als Brückentechnologie bleibt die fossile Strom- und Wärmeerzeugung vorerst unverzichtbar. Der Ausbau von erneuerbaren Energien ist wichtig, darf aber kein Selbstzweck sein. Die Ergebnisse der Studie, vor dem Hintergrund der Effizienz und möglicher CO!SUB(2)SUB!-Einsparungen, weisen auf deutliche Potentiale im Wärmebereich hin. Die Forschungslage zu dem Thema ist bisher allerdings leider überschaubar. Grundsätzlich ist es sinnvoll, Potentiale zu nutzen, ohne politische Vorfestlegungen auf einzelne Technologien zu treffen. Für den Erfolg der Wärmewende muss die Politik vernünftige Rahmenbedingungen setzen.
Gerade im ländlichen Raum bietet biogenes Flüssiggas großes Potential. Vernachlässigt die Politik bislang die Wärmewende in diesen Regionen?
Im ländlichen Raum sind Ölheizungen schon allein aus logistischer Sicht derzeit noch weit vertreten. Ein Anschluss an das Gasnetz ist kostenintensiv und teilweise nicht möglich. BioLPG kann hier einen Beitrag zur Energieeffizienz leisten, aber die Investitionen müssen sich für die Verbraucher rechnen und sie sollten selbst entscheiden, in welche Technologie sie investieren wollen. Deshalb wäre hier mehr Marktwirtschaft mit einer Vielzahl von Wettbewerbern wünschenswert. Aber Sie haben Recht: Die Wärmewende wurde seitens der Politik bislang hinter die Energiewende gestellt.
Der Gesetzgeber verpflichtet Eigentümer von neuen Gebäuden, anteilig erneuerbare Energien zu nutzen. Zugleich will er verschiedene Möglichkeiten bieten, um diese Nutzungspflichten zu erfüllen. BioLPG wäre eine dieser Alternativen, die aber kurzfristig nicht mit einbezogen wurde. Warum nicht?
Das EEWärmeG ist am 1. Januar 2009 in Kraft getreten. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Union im Bund ist die Zusammenführung des EEWärmeG, der EnEV und des EnergieeinsparG vorgesehen. Eine Novellierung ist jedoch bis heute nicht zustande gekommen, da sie bisher an CDU/CSU gescheitert ist. Ich spreche mich deutlich dafür aus, dass Technologieoffenheit Einzug in das Gesetz findet, damit die Bürger eine Wahlmöglichkeit haben und eigenverantwortlich entscheiden können. Das wäre aus meiner Sicht ein echter Beitrag zur Energiewende. Eine Bevorzugung einzelner Energieträger ist es jedoch nicht.
Die Gesetzgebung scheint insbesondere innerhalb der Wärmewende im Rahmen der Energiewende behäbig und eher langfristig zu handeln. Fehlt es hier an Flexibilität?
Mangelnde Flexibilität wird daran deutlich, dass bestimmte erneuerbare Energien vom Gesetzgeber bislang bevorzugt worden sind, dies schließt innovative Energiequellen von vornherein aus. Die Energiewende kann aber nur gelingen, wenn sie marktwirtschaftlich und technologieoffen erfolgt und von den Bürgern akzeptiert wird. Zudem muss sie – etwa beim Ausbau der Windenergie – auch im Einklang mit der Natur und dem Artenschutz sein.
Donnerstag, 27.09.2018