Wer mit Holz heizt, muss strengen Anforderungen an die Luftreinhaltung nachkommen. Diese werden von der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (Erste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, 1. BImSchV) geregelt. Am 1. Januar 2015 ist die 2. Stufe der 1. BImSchV in Kraft getreten.
Für Pelletheizungen mit einer Nennwärmeleistung > 4 kW heißt das beispielsweise, dass Anlagen, die ab diesem Stichtag in Betrieb genommen werden, bei einer vor Ort vom Schornsteinfeger vorgenommenen Messung (Praxismessung) einen Grenzwert von 20 mg/Nm³ Staub einhalten müssen (neuer CO-Grenzwert: 400 mg/Nm³). Auch Hackgutanlagen sind von den verschärften Grenzwerten betroffen. Für Stückholzkessel wird die 2. Stufe der 1. BImSchV erst ab 2017 relevant. Mit optimierten Verbrennungstechniken ist es den führenden Herstellern von Biomasseheizungen gelungen, die geforderten Staub-Grenzwerte der 2. Stufe bei den Typenprüfungen zu erreichen bzw. sogar zu unterschreiten.
Wie aber gestalten sich die Messungen in der Praxis? Wie reagiert die Messtechnik auf diese Anforderungen?
Rede und Antwort standen dem HeizungsJournal:
- Matthias Woll, Produktmanager Partikelmessgeräte der Testo AG
- Dr.-Ing. Stephan Ester, Geschäftsführer der Wöhler Messgeräte Kehrgeräte GmbH
Holz ist in Deutschland ein elementarer Bestandteil der regenerativen Wärmeerzeugung. Ist die aktuelle Verschärfung der Abgas-Grenzwerte im Rahmen der 2. Stufe der 1. BImSchV nicht kontraproduktiv für die Energiewende?
Woll (Testo):
Ganz im Gegenteil. Die regenerative Wärmeerzeugung ist wichtig, aber es geht dabei um Nachhaltigkeit. Wie nachhaltig ist es, wenn wir nicht beachten, dass wir bei der Verbrennung von Biomasse den von der WHO zum gefährlichsten Luftschadstoff erklärten Feinstaub weiterhin ausstoßen? Mehr Anlagen würden mehr Ausstoß bedeuten und speziell Verbrennungspartikel, die sehr tief in den Körper eindringen, werden für verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich gemacht. Die Verschärfung der Schadstoffgrenzwerte geht deshalb mit der Wärmeerzeugung durch regenerative Brennstoffe einher.
Ester (Wöhler):
Nein, das Gegenteil ist der Fall. Die Energiewende kann selbstverständlich nur erfolgreich gelingen, wenn diese auch ökonomisch und ökologisch nachhaltig ist. Im Falle der regenerativen Wärmeerzeugung mit Holz bedeutet dieses, dass bei der Bewertung der Klimagase nicht nur der CO!SUB(2)SUB!-Kreislauf, sondern auch die Partikelemissionen bei der Verbrennung berücksichtigt werden müssen. Nur so können Verbrennungsverbote für die Biomasse, wie sie teilweise in Europa schon existieren, grundsätzlich und langfristig verhindert werden.
Einige Hersteller aus dem Marktsegment der Biomasseheizungen für Holzpellets, Hackgut und Stückholz betonen, dass die Politik in Bezug auf die verschärften Emissionsgrenzwerte weit über das Ziel hinaus schießt und im Grunde moderne Holzfeuerungen, die technisch ausgereift sind, torpediert anstatt die problematischen Altanlagen ernsthaft in den Fokus zu nehmen. Warum besitzt die 2. Stufe der 1. BImSchV so viel Konfliktpotential?
Woll (Testo):
Wenn man die aktuell verfügbaren Modelle der führenden Hersteller betrachtet, sieht man eindeutig, dass es bereits viele Hersteller gibt, die die neuen Grenzwerte einhalten. Daher bin ich nicht der Meinung, dass diese neuen Modelle torpediert werden. Natürlich kann ich nachvollziehen, dass eine gewisse Übergangsfrist für Altanlagen sinnvoll ist, da es sich immer um eine größere Investition handelt. Ob diese Übergangsfrist so lang sein muss, stelle ich jedoch in Frage. Es gibt bereits Technologien (z.B. Filter), die die Feinstaubwerte senken und somit auch die Altanlagen auf den Stand der Technik bringen könnten.
Ester (Wöhler):
Im Vorfeld der Novellierung der 1. BImSchV im Jahr 2010 sollten Simulationsrechnungen aufzeigen, bei welchen Emissionswerten von Kleinfeuerungsanlagen zukünftig eine Reduktion der Feinstaubimmissionswerte und damit eine Entschärfung der gesamten Feinstaubproblematik zu erwarten wäre. Die dazu notwendigen neuen Emissionsgrenzwerte stellten eine sehr ambitionierte Verschärfung dar. Um dem Markt genügend Zeit zur Umstellung zu geben, sieht die 1. BImSchV zwei Grenzwertstufen vor. Nun sieht es so aus, dass der Zeitpunkt der 2. Stufe für eine wirtschaftliche Lösung sehr früh fällig ist.
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Auf den Prüfständen, unter kontrollierten Bedingungen, können viele Biomassekessel die Anforderungen der 2. Stufe der 1. BImSchV erfüllen. Aber können die geforderten geringen Mengen an Staub und Kohlenmonoxid in der Praxis überhaupt bestimmt werden, Stichwort: Messunsicherheiten?
Woll (Testo):
In der Tat ist die Messung in der Praxis von vielen Einflüssen, wie z.B. der Brennstofffeuchte, Brennstoffqualität oder den Witterungsbedingungen, abhängig. Daher ist es notwendig, über die Messungenauigkeit des Gerätes hinaus auch diese Einflüsse durch die "erweiterte Messunsicherheit" abzudecken. Aus diesem Grund wird in der Praxis eine größere Messunsicherheit verwendet, als damit keine Anlage wegen ungünstiger Bedingungen stillgelegt werden muss.
Ester (Wöhler):
Die Verschärfung der Grenzwerte hat auch die Messtechnik vor große Herausforderungen gestellt. Es mussten günstige Staubmessverfahren entwickelt werden, die einen größeren Messbereich mit deutlich erhöhter Messempfindlichkeit auch in rauer Umgebung sicher erfassen können. Als Prüfgrundlage entstand die VDI-Richtlinie 4206 Blatt 2, so dass Wöhler damals das erste Feinstaubmessgerät für die neue 1. BImSchV im Bundesanzeiger bekannt geben lassen konnte. Dadurch war erstmalig nachgewiesen, dass Feinstaubmessgeräte prinzipiell auch die neuen Mindestanforderungen und Messgenauigkeiten sicher erfüllen.
Welche Größen haben Einfluss auf die Genauigkeit einer Abgasmessung nach 1. BImSchV?
Woll (Testo):
Hauptsächlich ist das die starke Inhomogenität des Brennstoffs, damit ist die Beschaffenheit, die Stückigkeit (groß oder klein), aber auch der Rindenanteil gemeint. Hinzu kommt, dass man die unterschiedlichsten Brennstoffe messen muss. Das reicht von Holz über Kohle bis hin zu Getreide. Dabei hat jeder Brennstoff die Eigenart, andere Partikel mit unterschiedlichsten Eigenschaften zu generieren. Ein großer Einfluss folgt durch die jeweiligen Verbrennungszustände. Aber auch Umgebungseinflüsse, wie z.B. Temperaturen und Zugluft im Aufstellraum, sind nicht zu vernachlässigende Einflussgrößen.
Ester (Wöhler):
Bei unserem direktgravimetrischen Staubmessverfahren verstimmt die in einer Filterpatrone gesammelte Partikelmasse direkt die Resonanzfrequenz eines Federpendels. Im Vergleich zu indirekten Messverfahren, die aus optischen und/oder elektrischen Eigenschaften der Partikel auf deren Masse schließen, braucht bei diesem direktgravimetrischen Prinzip nicht mal der Brennstoff bekannt sein. Unterschiedliche Partikelzusammensetzungen und Staubmorphologien verfälschen kaum das Messergebnis. Ein Vergleich der bekanntgegebenen Unsicherheiten im Bundesanzeiger bestätigt diese hohe Genauigkeit.
Folgt auf eine nicht bestandene Praxismessung sofort die Stilllegung der Biomasseheizung oder welche Maßnahmen gilt es, einzuleiten?
Woll (Testo):
In Deutschland haben wir den großen Vorteil des ausgebildeten Handwerks. Wir müssen diesen Vorteil nur nutzen. In vielen anderen Ländern ist z.B. ein Schornsteinfeger eine Person, die sich eine Bürste gekauft hat. Bei uns gibt es viele ausgebildete Fachkräfte, egal ob Schornsteinfeger, Energieberater oder Heizungsinstallateur, die sehr viel von ihrem Beruf verstehen. Ich würde mich schon vorab mit diesen Personen zusammensetzen, denn sie verstehen sehr viel vom richtigen Umgang mit einer Biomasseheizung. Das hilft nicht nur bei der Einhaltung der Werte, sondern auch beim Sparen des Brennstoffs.
Ester (Wöhler):
Um ein negatives Messergebnis bereits im Vorfeld zu vermeiden, gehören eine Betreiberberatung zur sachgerechten Bedienung einer Feuerungsanlage, eine Beurteilung der Brennstofflagerung und -qualität sowie eine Inaugenscheinnahme des technischen Zustands zu den Grundaufgaben des Schornsteinfegerhandwerks. In der demnächst erscheinenden VDI-Richtlinie 4207 Blatt 2 ist dies beschrieben. Aber auch bei einem beanstandeten Messergebnis sollten eine genauere Ursachenanalyse, eventuell zusammen mit dem Wartungsdienst, durchgeführt werden und dann Nachmessungen innerhalb der Fristen erfolgen.