Herr De Graeve, die Marke Daikin war früher hierzulande besonders für den Sektor Kälte/Klima im Bereich Gewerbe und Industrie bekannt. 2008 haben Sie mit Einführung der Luft/Wasser-Wärmepumpe Altherma auch den deutschen Heizungsmarkt erschlossen. Wie waren Ihre Erfahrungen seitdem, wie bewerten Sie aus heutiger Sicht diesen Schritt?
Die erfolgreiche Einführung von Daikin Altherma erfolgte sogar bereits 2006 und hat sich bis heute als eine strategisch wichtige und richtige Entscheidung bestätigt. Vor 15 Jahren standen beim Endkunden noch praktische und finanzielle Überlegungen im Vordergrund. So entschied man sich für eine Wärmepumpe, weil man sich damit unabhängig vom Öl- und Gaspreis machen konnte und zudem aufgrund nicht notwendiger Tanks mehr Platz im Keller zur Verfügung hat. Beides ist auch heute noch so, jedoch sind inzwischen Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte sowie Energieeffizienz und Klimaschutz weit mehr in den Vordergrund gerückt. Themen, auf die sich Daikin schon damals in der Kommunikation fokussierte.
Im Jahr 2008 wurde auch Rotex übernommen. Wieweit hat dies im Bereich Vertrieb und Service geholfen, den Heizungsmarkt in Deutschland zu erschließen?
Die Übernahme der branchenbekannten Marke Rotex war ein logischer Schritt, die ernsthaften Bestrebungen von Daikin zu untermauern, künftig auch im Bereich der Wärmeerzeugung eine führende Rolle in Europa und damit auch Deutschland einzunehmen. Im Vertrieb war dies ebenso hilfreich, wie im weiteren Ausbau der Service-Organisation, deren Funktionieren im Heizungsmarkt eine entscheidende Voraussetzung darstellt. Zudem wird im Heizungsmarkt erwartet, dass sich der Hersteller nach erfolgter Installation um den Endkundenservice kümmert. Auf eine entsprechende Organisation konnten wir durch die Übernahme von Rotex bereits zurückgreifen.
Welche Bedeutung hat das Wärmepumpengeschäft bereits für Daikin erlangt?
Nicht ohne Stolz können wir sagen: Eine entscheidende Bedeutung, unabhängig vom Umsatzanteil gemessen an unserem Gesamtportfolio. Das Wärmepumpengeschäft erzeugt auch positive Absatzsynergien für andere, traditionelle Bereiche von Daikin, wie zum Beispiel Split, gleichzeitig zudem Lüftung und damit auch wiederum dem Luft/Luft-Wärmepumpenbereich.
Mit Blick auf den doch immens großen Wettbewerb – welche Position haben Sie mittlerweile im Marktsegment Wärmepumpen in Deutschland erreicht?
Uns ist bewusst, dass wir uns mit bekannten deutschen Heizungsunternehmen mit einer langen Tradition – insbesondere im Bereich fossiler Brennwerttechnik – messen müssen. Darüber hinaus sind in den letzten Jahren zahlreiche weitere Anbieter hinzugekommen, die sich aufgrund des immens wachsenden Marktes ihre Anteile sichern und ausbauen wollen. Die Marke Daikin bewegt sich hier aktuell im Mittelfeld, worüber wir uns einerseits freuen, andererseits ist es unser Anspruch, auch im Bereich der Wärmeerzeugung via Wärmepumpen die führende Rolle einzunehmen.
Und wie bewerten Sie die Wettbewerbssituation auf dem europäischen Markt?
Gesamteuropäisch betrachtet sind wir hier bereits weiter und damit führender. Dies liegt insbesondere auch an der Technologieoffenheit der Nachbarstaaten, die die Wärmepumpe bereits vor Jahren erheblich gefördert haben und die sich damit mit der Abkehr vom Heizen mit fossilen Brennstoffen erheblich leichter tun. Frankreich ist hierfür ein gutes Beispiel. Dort konnte Daikin schneller und günstiger agieren als der Wettbewerb und so zum Marktführer für Wärmepumpen aufsteigen. Seit dem „Green Deal“ der EU erfahren nun auch in Großbritannien und Italien Wärmepumpen eine enorme Förderung, entsprechend wächst auch hier der Markt sehr schnell.
Welche Rolle nimmt Europa in puncto Entwicklung und Produktion für Daikin heute ein?
Schon in den frühen 1970er-Jahren hat sich Daikin mit der Gründung der Europazentrale im belgischen Ostende dazu bekannt, Geräte dort zu produzieren und zu entwickeln, wo sie auch zum Einsatz kommen. Aufgrund unseres traditionellen Geschäfts der Raumklimatisierung sahen wir darin bedingt durch die unterschiedlichen Temperaturzonen auf den Kontinenten einen Wettbewerbsvorteil, der sich bestätigt hat. So stieg die Zahl der Daikin-Produktionsstandorte, auch durch Zukäufe, in den letzten Jahrzehnten stetig an. Aktuell produzieren wir mit einer Gesamtfläche von insgesamt 135.000 m2 85 Prozent aller in Europa verkauften Daikin Produkte. Unser Entwicklungszentrum im belgischen Gent wurde zudem kürzlich weiter ausgebaut, zeichnet sich neben der Weiterentwicklung von Airconditioning-Systemen auch als weltweites Entwicklungszentrum für Wärmepumpen verantwortlich. Darüber hinaus konzentriert es sich auf die Analyse europäischer Marktveränderungen und die Entwicklung digitaler Lösungen für heute und die Zukunft. Auch die Kapazität in unserem Werk in Güglingen wurde massiv ausgebaut, indem die Produktion der Daikin Altherma Wandgeräte von Tschechien nach Deutschland verlegt und damit die Produktion in diesem Jahr verdreifacht wurde. In unseren deutschen Standort wird also nachhaltig investiert und mehr denn je können wir sagen: „Daikin: Made in Germany“.
Wie haben Sie das Corona-Jahr 2020 und die Auswirkungen der Pandemie erlebt?
Die letzten Monate haben sicherlich jeden überzeugt, dass wir wirklich in einer „VUCA-Welt“ (Anm. d. Red.: VUCA = Volatility/Volatilität, Uncertainty/Unsicherheit, Complexity/Komplexität, Ambiguity/Mehrdeutigkeit) angekommen sind, die Unternehmen und deren Mitarbeiter dazu anhält, flexibel mit ständigen Veränderungen umzugehen. Steigende Umsätze im Privatmarkt sind ebenso eine Folge der Pandemie, wie das zunehmende Bewusstsein für Raumluftqualität. Im Gegenzug dazu hat sich der Markt im gewerblichen Bereich in Bezug auf Großprojekte als auch Kühlung aufgrund der Pandemie leider zunächst zurück entwickelt. Zudem haben zahlreiche Organisationen eine neue Art des Arbeitens für sich entdeckt. Auch Daikin erkannte die Möglichkeiten als auch Herausforderungen, die im Arbeiten von zu Hause stecken, ohne dabei zu vergessen, dass der Zusammenhalt auch virtuell gefördert werden kann und muss. Die Digitalisierung schreitet ohnehin voran, um Prozesse effizienter und effektiver zu gestalten und damit auch unsere Kunden besser zu unterstützen. Es ist zudem ein Jahr, wo wir uns bei allen Partnern zu bedanken haben, die sich mit Daikin wieder auf einen erfolgreichen Weg begeben haben, auch wenn wir leider zu wenig Gelegenheit hatten, uns persönlich zu treffen und auszutauschen.
Welche Bedeutung hat kundenorientiertes Denken und Handeln gerade aus Ihrer Sicht in dieser herausfordernden Zeit erlangt?
Wir stellen im laufenden Geschäftsjahr 100 neue Mitarbeiter ein, um unsere Organisation vor allem im kaufmännischen Innendienst, aber auch im Vertrieb und im Service auszubauen. Gleichzeitig erfahren auch die Abteilungen Marketing und Personal personelle Verstärkung, um der vergrößerten Organisation, der gestiegenen Anzahl der Kunden und der verstärkten Nachfrage im Privatkundengeschäft rechtzeitig Rechnung zu tragen. Damit stärken wir den Unterbau unserer Organisation, um unsere Kunden und Partner noch professioneller und schneller zu unterstützen. Durch den Ausbau des Vertriebs stärken wir zudem weiterhin die Präsenz in Deutschland, übergreifend für alle Produktbereiche.
Nicht erst die Pandemie hat die Bedeutung der Raumluftqualität in das Bewusstsein der breiten Bevölkerung gerückt. Die immer deutlicher werdenden Auswirkungen des Klimawandels unterstreichen die Notwendigkeit, im Sinne der Energiewende die Bereiche Heizungs-, Kälte-, Klima- und Lüftungstechnik als System zu betrachten. Wie bewerten Sie die Thematik? Welche Strategie verfolgt Daikin?
Wir konzentrieren uns strategisch auf alle von Ihnen erwähnten und von uns angebotenen Bereiche, gleichzeitig fokussieren wir uns pro Bereich unterschiedlich, um auf die verschiedenen Anforderungen und Herausforderungen eines jeden Segments individuell einzugehen. So werden wir uns im Privatmarkt verstärkt darauf konzentrieren, unser Geschäft mit Wärmeerzeugung auszubauen, für die Bereiche Kaltwasser und Lüftung arbeiten wir verstärkt an dem weiteren Ausbau von Komplettlösungen. Wir freuen uns auch auf das „Comeback“ im Bereich Gewerbe: Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) ist ein großartiges und richtiges Programm, das wir durch ein unvergleichlich komplettes Produktportfolio bestens bedienen können und werden. Luftreinigung, Luftqualität in Innenräumen als auch der Einstieg in die Transportkühlung sind zudem weitere hinzugekommene Bereiche, wo Daikin seine Leistungsfähigkeit und Beharrlichkeit in den nächsten Jahren unter Beweis stellen kann und wird. Der „Green Deal” zwingt zudem nun die EU wie auch die einzelnen Regierungen, noch mehr in eine nachhaltige Wirtschaft zu investieren. Infolgedessen muss die Heizungsindustrie eine zunehmende Abkehr von fossilen Brennstoffen registrieren und akzeptieren. Wir sind davon überzeugt, dass Daikin mit seiner Wärmepumpentechnologie für den Gebäudesektor genau die richtigen Produkte anbietet, um weitere zu erwartende richtige Entscheidungen der Regierung zu unterstützen. Hierbei übernehmen wir zudem auch weiterhin eine Führungsrolle in der politischen und Verbandsarbeit, um den Ausbau umweltfreundlicher Technologien und damit der Energiewende voranzutreiben.
Wieweit wirkt sich dies auf Ihr Vertriebskonzept mit Kälte/Klima-Fachbetrieben und Heizungsbaufachbetrieben aus?
Vertrieblich gilt es, auf das zunehmende Zusammenwachsen und die steigenden Überschneidungen in den Gewerken zu reagieren. Mit dieser Entwicklung gehen wir bereits transparent und zuversichtlich um, da der Markt stetig wächst und genug Arbeit für alle installierenden Betriebe auf weitere Sicht vorhanden ist und vorhanden sein wird. Allein der Nachwuchskräftemangel muss allen Beteiligten nach wie vor Sorge bereiten. Dennoch wird von zunehmenden Schulterschlüssen der Endkunde im Privat- als auch im Gewerbe- und Industriebereich profitieren. Gemeinsam mit unseren Fach- und Kompetenzpartnern bearbeiten und entwickeln wir den wachsenden Markt, unterstützen uns gegenseitig und schaffen so für alle Teilnehmer Win-win-Situationen.
Welche Bedeutung haben die Themen Schulung und Service für Daikin erlangt?
Unsere Technologie rückt immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit, denn nur mit ihr ist die Wärme- und damit Energiewende im Gebäudesektor zu schaffen. Erfreulicherweise. Umso wichtiger ist jedoch gleichzeitig die Bedeutung von einwandfrei funktionierenden und effizient ausgelegten Anlagen. Dies beginnt nicht erst mit der Installation, sondern bereits in der Unterstützung von Förderanträgen. Auch hier sind eine Sensibilisierung des Bewusstseins und ein Schulterschluss im Sinne des Endkunden wichtiger denn je. Aus diesem Grund werden die Bereiche Schulung und Service bei Daikin nicht nur personell weiter massiv ausgebaut, auch die Möglichkeiten der Digitalisierung werden zunehmend ausgeschöpft, um nicht nur vor Ort zu schulen, sondern auch Online-Seminare anzubieten. Unsere Veranstaltungsreihe Daikeynote wird bereits entsprechend erfolgreich und positiv angenommen. Aber auch im Servicebereich gilt es, mit Fernwartung von Anlagen und SmartHome-Lösungen die effiziente Überprüfung einer korrekt arbeitenden Wärmepumpe zu unterstützen.
Für eine erfolgreiche Wärmewende nimmt der Gebäudebestand eine Schlüsselrolle ein. Welche Lösun-gen/Konzepte bietet Daikin für den Modernisierungsmarkt?
Der Gebäudesektor hat in 2020 mit seinen Emissionen von 120 Mio. t CO!SUB(2)SUB! die Ziele des Klimaschutzgesetzes verfehlt. Für 2021 steht laut Agora Energiewende eine noch größere Zielverfehlung an. Dabei gilt es vor allem, den Sanierungsmarkt zu mobilisieren, um beim Heizungstausch auf erneuerbare Energien zu setzen. Hierzu bieten wir eine Vielzahl an Produkten an: Für den Kesseltausch im Bereich der Wohngebäude, angefangen bei unserer Luft/Wasser-Wärmepumpe Daikin Altherma 3 H HT, die ihre besonderen Stärken im unsanierten Altbau mit Vorlauftemperaturen bis zu 70 °C hat, über die neue Daikin Altherma 3 H MT, die von der Leistungsgröße knapp darunter rangiert, zur Sole/Wasser-Wärmepumpe, Hybrid-Wärmepumpe bis hin zu Solarkollektoren. Hinzu kommt bei der Wärmeübergabe der Wärmepumpen-Konvektor, mit dem sich die Systemtemperaturen einfach und komfortabel absenken lassen.
Doch vergessen wir nicht den Bereich der Nichtwohngebäude: Hier bietet sich die Palette der Split, Sky Air und VRV-Geräte schon länger zum Heizen an und wird auch vielfältig genutzt. Wie schon erwähnt, hat hier die BEG einen deutlichen Impuls gegeben, dieser Technologie für das Heizen den Stellenwert zu geben, den sie für uns im Hause schon lange hat.
Beim Thema Klimaschutz hat die F-Gase-Verordnung den nächsten Teilschritt gemacht. Für 2021 wurde die Verkaufsmenge der in Verkehr gebrachten Gesamtmenge an teilfluorierten Kohlenwasserstoffen bereits auf 45 Prozent der Verkaufsmengen des Jahres 2015 begrenzt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung?
Wir begrüßen das Phase Down bei den F-Gasen ausdrücklich. Daikin hat sich hierauf auch frühzeitig eingestellt. In 2018 waren wir die ersten, die die gesamte Split- und einen Großteil der Sky-Air-Baureihe auf das Kältemittel R-32 umgestellt haben. Durch das geringere GWP von R-32 im Vergleich zu R-410A waren wir quasi einen Reduktionschritt voraus. Mittlerweile haben auch alle Wettbewerber diesen Schritt bei den angesprochenen Geräteserien unternommen. Für uns geht es da aber immer weiter. Mit der Einführung der R-32 Mini-VRV ist es uns gelungen, durch die integrierten Sicherheitsfeatures ein VRV-System in den Markt zu bringen, das sich genauso einfach planen und installieren lässt, wie das Vorgängersystem mit R-410A. Weiterhin bietet die Reduktion der Verkaufsmengen auch große Chancen für die Kreislaufwirtschaft. Innerhalb unseres Programms LOOP by Daikin kommt bei unseren VRV-Geräten aus europäischer Fertigung seit November 2020 ausschließlich aufbereitetes, also zirkuläres R-410A zum Einsatz. Ein weiterer Vorteil dabei ist, dass aufbereitetes Kältemittel nicht den Reduktionsschritten im Rahmen der F-Gase-Verordnung unterliegt und so das Phase Down auf diese Weise unterstützt.
Stichwort R-32: Daikin Industries hat ja bereits seit 2011 sukzessive den Zugang zu Patenten auf Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Kälteanlagen mit dem Kältemittel R-32 für Wettbewerber freigegeben. Mittlerweile können bereits rund 300 Patente frei genutzt werden. Wie reagieren hier Ihre Mitbewerber?
Da die Patente mittlerweile ohne Genehmigung oder schriftlichen Vertrag frei genutzt werden können, lässt sich die Frage nicht beantworten, wie viele davon von unseren Wettbewerbern genutzt werden. Es sind wahrscheinlich viele, denn wie schon erwähnt, setzen die Marktbegleiter bei Split und Sky-Air-vergleichbaren Produkten mittlerweile alle R-32 ein. Wir betrachten dies als Bestätigung der Richtigkeit unserer 2016/2017 auf den Weg gebrachten strategischen Entscheidung. Uns hier zu folgen, war und ist die ehrlichste Art der Anerkennung.