Das IWO fordert in der Gesetzgebung einen besseren Rahmen zur Berücksichtigung von erneuerbarem Strom in PtH-Hybridheizungen - und hat gute Gründe.
Das IWO fordert in der Gesetzgebung einen besseren Rahmen zur Berücksichtigung von erneuerbarem Strom in PtH-Hybridheizungen - und hat gute Gründe.
Die Europäische Union strebt gemäß ihrer neuen Gebäuderichtlinie die Entwicklung eines nachhaltigen, wettbewerbsfähigen, sicheren und dekarbonisierten Energiesystems an. Auch die deutschen Klimaziele sehen bis 2050 einen weitgehend treibhausgasneutralen Gebäudebestand vor. Von den deutschlandweit etwa 41 Millionen beheizten Wohneinheiten werden rund Dreiviertel durch Erdgas oder Heizöl mit Wärme versorgt.
Für die ehrgeizigen Klimaziele ist dies eine besondere Herausforderung, denn eine Umstellung auf überwiegend erneuerbare Energieträger ist kurzfristig meist nicht realisierbar. Nur etwa ein Drittel aller Heizungsanlagen ist derzeit auf dem aktuellen technischen Stand.
Durch Heizungsmodernisierungen und Verbesserungen der Gebäudehülle lässt sich der Verbrauch fossiler Brennstoffe deutlich verringern. Dabei sollte das Kostenargument im Hinblick auf die Akzeptanz nicht unterschätzt werden. Wie Untersuchungen des Instituts für Wärme und Oeltechnik e.V. (IWO) zeigen, ist es für Hauseigentümer in der Regel am günstigsten, auf den vorhandenen Energieträger zu setzen.
Für öl- und gasbeheizte Gebäude bietet sich daher der Einbau hocheffizienter Brennwertgeräte an. Durch die Entwicklung und den künftigen Einsatz treibhausgasreduzierter Brennstoffe erhalten diese langfristig eine zunehmend klimaneutrale Perspektive. Bei der Entwicklung dieser neuen Energieträger ist deren Praxistauglichkeit daher von großer Bedeutung.
In einem aktuellen Modellvorhaben setzt das IWO in verschiedenen Wohngebäuden treibhausgasreduziertes Heizöl ein, wobei das Mischungsverhältnis gegenüber dem Heizöl etwa zwischen 25 und 75 Prozent variiert. Wichtig hinsichtlich des erneuerbaren Brennstoffanteils ist, dass bei der Auswahl der Rohstoffe eine Nutzungskonkurrenz zu Agrarflächen oder Nahrungsmitteln bewusst vermieden wird.
Die erste Anlage wurde im August 2017 mit einem solchen Brennstoff-Blend befüllt und läuft seither ebenso zuverlässig und unauffällig wie zuvor mit dem klassischen schwefelarmen Heizöl. Auch die nach einjähriger Laufzeit durchgeführte Wartung und Inspektion der Anlage zeigte ein vollkommen typisches Anlagen-/Wartungsbild.
Der Einstieg in die Entwicklung weitgehend treibhausgasneutraler flüssiger Energieträger – wie Biomass-to-Liquid und Power-to-Liquid beziehungsweise E-Fuels – ist, wie beispielsweise die Studie "Status und Perspektiven flüssiger Energieträger in der Energiewende" der Prognos AG zeigt, unverzichtbar und somit eine sogenannte "No-regret"-Maßnahme.
Bis solche alternativen Brennstoffe auf dem Markt zur Verfügung stehen, wird aber noch Zeit vergehen. Darum ist es wichtig, in die bestehende Heizungstechnik bereits verfügbare erneuerbare Energien einzubinden. Brennwerttechnik ist eine sehr gute Basis für die Einbindung volatiler erneuerbarer Energien, weil Heizöl als speicherbarer Energieträger stets die Versorgungssicherheit gewährleistet. Bereits heute werden mehr als 900.000 Ölheizungen zusammen mit Solarthermie betrieben. Doch auch Strom aus der hauseigenen Photovoltaik-Anlage (PV) kann zur Wärmeversorgung beitragen. Das geht aus einem jüngst abgeschlossenen Projekt des IWO hervor.
Zur genaueren Untersuchung von Öl-PV-Heizungen wurden neun Gebäude mit der entsprechenden Technik ausgestattet. Die Voraussetzungen wurden einfach gehalten: Sie bestanden aus dem Vorhandensein einer Ölheizung, einem Wärmespeicher mit Einbaumöglichkeit für einen Elektroheizer sowie einer PV-Anlage auf dem Dach. Um die Heizungsanlagen Power-to-Heat-fähig (PtH) zu machen, wurde jeweils nur noch ein intelligent ansteuerbares elektrisches Heizelement in den Wärmespeicher integriert.
Mittlerweile haben die an diesem Vorhaben beteiligten neun Gebäude mit Öl-PV-Heizungen ein komplettes Jahr und damit sämtliche Witterungsperioden durchlaufen – mit den folgenden Resultaten:
Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Einbindung von PV-Anlagen in ölbasierte Hybridheizungen bereits heute eine sinnvolle Option für Hausbesitzer ist, die einerseits ihren Solarstrom-Eigenverbrauchsanteil und damit auch ihren Autarkiegrad erhöhen möchten und andererseits weiterhin auf die Vorteile einer speicherbaren Energie setzen wollen.
Kommt dabei als Elektroheizer ein vergleichsweise kostengünstiger – aber auch nur begrenzt effizienter – Heizstab zum Einsatz, liegen die Wärmegestehungskosten in Höhe der EEG-Einspeisevergütung, die der Anlagenbetreiber sonst im Fall der Netzeinspeisung erhalten würde. Bei neuen PV-Anlagen sind dies rund 12 Cent je kWh, bei älteren PV-Anlagen mehr. Daher sind heizstabbasierte Lösungen aus finanzieller Sicht für Hausbesitzer dann interessant, wenn die Einspeisevergütung der eigenen Photovoltaik-Anlage nach 20 Jahren endet und sie damit deutlich weniger Geld für ins Netz eingespeisten Solarstrom erhalten. Dies wird Ende 2020 für die ersten PV-Anlagen der Fall sein.
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Die Einrichtung einer Öl-PV-Hybridheizung durch den Einbau eines Heizstabes bietet sich insbesondere in den Fällen an, in denen bereits ein ausreichend dimensionierter Wärmespeicher mit Einbaumöglichkeit für einen elektrischen Heizstab vorhanden ist. Soll ohnehin in eine neue Trinkwassererwärmung investiert werden, ist zur Schaffung einer Öl-PV-Heizung die Installation eines Wärmespeichers, der sowohl von einem Öl-Brennwertkessel als auch von einer aufgesetzten Trinkwarmwasser-Wärmepumpe beheizt werden kann, eine effizientere und ökonomischere Alternative zum Heizstab.
Hierfür haben zahlreiche Heizgerätehersteller bereits marktgängige Lösungen im Angebot. Eine solche Hybridvariante mit solarstrombetriebener Trinkwarmwasser-Wärmepumpe betreibt das IWO seit August 2018 im Rahmen einer Erweiterung des ursprünglichen Modellvorhabens. Hierzu werden in einem Einfamilienhaus im hessischen Alsfeld in den nächsten zwölf Monaten Messungen im realen Betrieb vorgenommen.
Hybridheizungen, die in der Lage sind, erneuerbaren Strom oder Heizöl als Wärmequelle zu nutzen, können ihre Stromnachfrage optimal an die jeweiligen Verhältnisse auf der Stromseite anpassen – vollautomatisch und ohne jegliche Komforteinschränkungen bei den Hausbesitzern. Anders als etwa reine Elektroheizungen, wie beispielsweise monovalente Strom-Wärmepumpen oder Nachtstrom-Speicherheizungen, benötigen sie keine zusätzlichen Reservekraftwerks-Kapazitäten, die mit entsprechendem Kostenaufwand jederzeit bereitgehalten werden müssten.
So kann problemlos die in den kalten und dunklen Wintermonaten nicht zur Wärmeversorgung ausreichende PV-Stromerzeugung überbrückt werden. Zudem entstehen keine zusätzlichen Kosten für eine Netzinfrastruktur, da Heizöl leitungsunabhängig ist. Die deutschlandweit insgesamt rund 5,6 Millionen Ölheizungen, die sich vorwiegend im ländlichen Raum befinden, bieten daher ein großes, geeignetes und vergleichsweise kostengünstig zu erschließendes Potential. Dies gilt auch für weitere mögliche Hybridvarianten, die Power-to-Heat nutzen, wie zum Beispiel durch die Einbindung von ansonsten abgeregeltem, regional erzeugtem Windstrom.
Die Regelungen im bisherigen Energiesparrecht sowie im geplanten neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) berück-sichtigen die Vorteile solcher Systeme allerdings noch nicht oder zu wenig. Das zeigt eine Analyse, die das ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden im Auftrag des IWO erstellt hat.
Ein Hintergrund ist eine hierzulande seit Jahren zu beobachtende Entwicklung: Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung nimmt zu, während der Ausbau der Übertragungsnetze bisher nicht mit diesem Anstieg mithalten kann. Immer öfter kommt es zu Phasen, in denen nicht die gesamte Menge an erzeugbarer Elektroenergie aus erneuerbaren Quellen an die Verbraucher weitergeleitet werden kann. Die Konsequenz: Anlagen, die erneuerbaren Strom produzieren könnten, werden einfach abgeschaltet. Bezahlt wird der nicht produzierte Strom, die sogenannte Ausfallarbeit, trotzdem. Verbrauchern sind so im Jahr 2017 Kosten von rund 610 Millionen Euro entstanden. Die Ausfallarbeit wirkt sich sowohl ökologisch als auch ökonomisch negativ aus, nicht nur für kommerzielle Stromerzeuger, sondern im kleineren Maßstab auch für privat betriebene Anlagen.
Power-to-Heat-fähige Hybridsysteme, die eine effektive Möglichkeit bieten, selbsterzeugten erneuerbaren Strom oder ansonsten abgeregelten Öko-Strom zum Heizen zu nutzen, sind also ganz im Sinne der Sektorkopplung von Strom- und Wärmemarkt. Dennoch wird diese Option rechtlich nicht hinreichend berücksichtigt. Der GEG-Entwurf aus dem vergangenen Jahr schließt zum Beispiel die Anrechnung des Einsatzes von erneuerbar erzeugtem Strom in Stromdirektheizungen gänzlich aus und sieht hierbei auch keine Ausnahme für den durchaus sinnvollen Einsatz von Stromdirektheizungen als Bestandteil von PtH-Hybridheizungen vor.
Daher ist es sinnvoll, in der künftigen Gesetzgebung einen geeigneteren rechtlichen Rahmen zur Berücksichtigung von erneuerbar erzeugtem Strom in PtH-Hybridheizungen unter Einhaltung bestimmter Randbedingungen zu schaffen und eine technisch sowie physikalisch plausible Abbildung solcher PtH-fähiger Hybridheizungen im geplanten GEG vorzunehmen. Sollte sich das Inkrafttreten des GEG noch verzögern, regt das ITG an, die Anerkennung der Eigennutzung vom PV-Strom in geeigneten Hybridheizungen noch im gegenwärtigen EEWärmeG-Nachweis zu ermöglichen.
Weitere Informationen zum Öl-PV-Projekt des IWO finden Sie unter: iwo.pageflow.io
Donnerstag, 14.02.2019