In unserem Interview erfahren Sie interessantes zum Thema Flächenheizung und Flächenkühlung. Themen sind unter anderem die Chancen der Flächentemperierung bei der Sanierung, die Normenreihe DIN EN ISO 11855, das BVF-Siegel und "Smarte Thermostate".
Interview mit Joachim Plate, Geschäftsführer Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen e.V. (BVF), und Carolin Weinzierl, Obfrau BVF-Siegel
In unserem Interview erfahren Sie interessantes zum Thema Flächenheizung und Flächenkühlung. Themen sind unter anderem die Chancen der Flächentemperierung bei der Sanierung, die Normenreihe DIN EN ISO 11855, das BVF-Siegel und "Smarte Thermostate".
In den vergangenen Jahren war das Segment der Flächenheizung und Flächenkühlung stark an die Neubautätigkeit im Wohnbereich gekoppelt. Hat sich daran etwas geändert? Im Interview mit dem HeizungsJournal betonen Joachim Plate, Geschäftsführer Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen e.V. (BVF), und Carolin Weinzierl, Obfrau BVF-Siegel, dass die Struktur des Sanierungsmarktes - nach wie vor - einen hohen Beratungsbedarf verlange. Die Projektbeteiligten, sprich: Architekten, Planer und installierendes Fachhandwerk, müssten ihre Beratung konsequent auf die individuellen Anforderungen ausrichten. Positiv wird bewertet, dass am Markt mittlerweile eine große Auswahl an technischen Lösungen geschaffen wurde - dies sei letztendlich die notwendige Voraussetzung für einen nachhaltigen Markterfolg.
Seit dem 1. Januar 2016 gelten verschärfte Anforderungen an Neubauten: Um 25 Prozent wurde der zulässige Primärenergiebedarf für Heizung, Lüftung, Kühlung und Warmwasserbereitung im Vergleich zur EnEV 2014 reduziert. Um 20 Prozent müssen die Energieverluste über die Gebäudehülle nochmals reduziert werden. Glänzende Aussichten für Hersteller und Anbieter von Systemen zur Flächentemperierung, oder?
Weinzierl:
Durch die Reduzierung des Primärenergiebedarfs reduzieren sich auch die nötigen Heizwassertemperaturen, was einen klaren Vorteil für Hersteller und Anbieter von Systemen zur Flächentemperierung darstellt.
Plate:
Der aktuelle Marktanteil der Flächenheizung im Bereich neuerrichteter Wohngebäude beträgt etwa 70 Prozent. Die bekannten Vorteile überzeugen somit alle Beteiligten. Nach unserer Überzeugung wird die Flächenheizung ihre Position in Zukunft weiter ausbauen.
Auch der Primärenergiefaktor für Strom ist zum Stichtag 1. Januar 2016 von 2,4 auf 1,8 gesunken. Inwiefern kann das den Markt für Flächenheizungen und Flächenkühlungen positiv beeinflussen?
Plate:
Hierdurch wird insbesondere die Wettbewerbssituation der stromgeführten Flächenheizung verbessert, insbesondere dann, wenn selbsterzeugter Strom beispielsweise aus PV-Anlagen genutzt werden kann.
Weinzierl:
Überschüssiger Strom aus PV-Anlagen kann genutzt werden, um stromgeführte Flächenheizungen zu betreiben oder auch um Wasser beispielsweise in Pufferspeichern zu erwärmen - Stichwort: "power-to-heat". Dadurch ergibt sich ein positiver Effekt auch für Flächenheizungen.
Wie gestaltet sich der Markt für elektrisch betriebene Flächenheizungen?
Plate:
Die aktuelle Politik, der Elektrizität im Gebäudebereich alle Kosten der Energiewende aufzuhalsen, hat zu einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung geführt. Der resultierende Preisunterschied zwischen Erdgas und Heizöl auf der einen Seite und Strom auf der anderen Seite behindert massiv den fairen Wettbewerb der Energieträger.
_In den vergangenen Jahren war das Segment der Flächenheizung und Flächenkühlung stark an die Neubautätigkeit im Wohnbereich gekoppelt. Hat sich daran etwas geändert? Sprich: Gewinnt der Sanierungsmarkt endlich an Einfluss? _
Plate:
Die Struktur des Sanierungsmarktes verlangt einen hohen Beratungsbedarf. Die Vielzahl der mittlerweile am Markt verfügbaren technischen Lösungen schaffen jedoch die notwendigen Voraussetzungen für einen nachhaltigen Markterfolg. Der BVF unterstützt die Marktteilnehmer hier mit einer Vielzahl von produktneutralen Hilfen (Schnittstellenkoordination etc.). Die Branche wird allerdings ausdauernd den Markt bearbeiten müssen und sich vergegenwärtigen, dass der sich jetzt deutlich abzeichnende Erfolg der Flächenheizung im Neubau einen ebenso langen Atem im Sanierungsmarkt erfordert.
Weinzierl:
Der Sanierungsmarkt gewinnt an Fahrt! Im Sanierungsbereich schaffen die speziell ausgerichteten Lösungen der Hersteller eine Vielfalt an Möglichkeiten, z. B. geringe Aufbauhöhen, eine Flächenheizung einzubauen. Notwendig ist hierbei eine speziell auf die jeweilige Anforderung ausgerichtete Beratung durch Planer und Architekten.
Die Einbringung von Flächenheizungen in Altbauten gilt als technisch komplex. Kann die Normenreihe DIN EN ISO 11855 ("Umweltgerechte Gebäudeplanung - Planung, Auslegung, Installation und Steuerung flächenintegrierter Strahlheizungs- und -kühlsysteme") hier hilfreiche und vor allem praxisgerechte Impulse liefern?
Weinzierl:
Gleiche Anwendungsmöglichkeiten in der Planung und Auslegung von Flächenheizungen ermöglichen ein einheitliches und vergleichbares Verfahren und somit einen fairen Umgang zwischen den Marktbegleitern/Anbietern.
Plate:
Technische Regeln und Normen bilden die Basis für einen fairen nationalen und internationalen Wettbewerb. Sie müssen selbstverständlich von allen Beteiligten eingehalten werden. Praxisgerechte Impulse jedoch liefern in der Tat nur Innovationen aus dem Markt, die Normung folgt diesen Vorgaben.
Zweifelsohne kommt der Heizungssystemtechnik sowohl im Neubau als auch in der Sanierung eine Schlüsselfunktion zu - Stichwort: "verlässliche Qualität". Inwiefern trägt Ihr BVF-Siegel dieser Tatsache Rechnung?
Plate:
Das BVF-Gütesiegel signalisiert die Erfüllung umfangreicher Prüfkriterien, dokumentiert Sicherheit für alle Beteiligten und bietet Orientierung für Planer, Architekten und Verarbeiter. Auf den Punkt gebracht, bedeutet das: "Wir sind die Guten!".
Weinzierl:
Das BVF-Siegel vermittelt dem Kunden ein hohes Maß an Kompetenz, zeigt Verlässlichkeit und gibt Vertrauen. Der Fachhandwerker, Architekt oder Planer kann dies zu seinem Vorteil nutzen, wenn er dem Endkunden ein qualitativ hochwertiges Flächenheizungssystem anbietet, welches zusätzlich vom Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen e.V. mit einem Siegel ausgezeichnet ist, welches wiederum für Qualität steht.
Der Markt für Flächenheizungen und Flächenkühlungen ist durch Heterogenität gekennzeichnet - es existiert neben den "Systemtechnikern" eine große Zahl von Komponentenanbietern. Lassen sich auch Komponenten mit dem BVF-Siegel zertifizieren?
Plate:
In der Tat führen auch BVF-Mitglieder aus dem Komponentenbereich das Siegel. BVF-Komponentenhersteller mit Siegel dürfen diese gekennzeichneten Produkte wiederum nur an Systemanbieter mit BVF-Siegel liefern. Hiermit wird sicher verhindert, dass eine unzulässige Vermischung zwischen Komponenten mit und ohne BVF-Siegel im Markt stattfindet.
Weinzierl:
Wir haben derzeit acht Komponentenanbieter, die mit dem BVF-Siegel zertifiziert sind. Die Ziele des Siegels, wie z. B. die Sicherheit unter Berücksichtigung aller involvierten Gewerke gegenüber dem Kunden, sind ein klarer Vorteil für die Komponentenhersteller. Der einheitliche Systemgedanke des Siegels unterstützt die erforderliche und abgestimmte Qualität der Komponenten und gibt so wiederum den Markteilnehmern Sicherheit.
Immer undurchsichtiger werden die Angebote rund um das Thema "Smart Heating" bzw. "Smarte Thermostate". Kann Ihr Siegel hier zukünftig ein zuverlässiges Korrektiv sein?
Plate:
Eher nicht, da "Smarte Thermostate" eine Komponente im Gesamtsystem der Flächenheizung bilden und die genannten Restriktionen bei der Verwendung von Komponenten mit BVF-Siegel ohne Ausnahmen gelten.
Montag, 08.08.2016