In diesem Jahr war alles anders. Die Corona-Pandemie hatte die Messe ISH fest im Griff – sowohl optisch als auch kommunikativ. Besonders optisch fiel dies Ende März 2021 in Frankfurt/M. auf. Während die Straßen rund um das Messegelände zu Messezeiten früher von Publikumsströmen und bunter Werbe-Beflaggung dominiert wurden, fanden sich nun beispielsweise im Bereich „Eingang City“ keine Hinweise auf die Weltleitmesse für Wasser, Wärme und Klima (Abb. 1).
Dabei hatte die Branche nur Gutes zu berichten. Der Wirtschaftsbereich der Haus- und Gebäudetechnik (Industrie, Handel und Handwerk) zeigte sich 2020 Corona-resistent und erwirtschaftete einen Umsatz von insgesamt 64,11 Mrd. Euro – ein Plus von 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Beispielsweise konnte das SHK-Handwerk seinen seit zehn Jahren anhaltenden konjunkturellen Aufschwung fortsetzen und den Jahresumsatz um 7,3 Prozent auf 49,96 Mrd. Euro steigern, berichtete der ZVSHK (Zentralverband Sanitär Heizung Klima). Das deutliche Umsatzplus geht zu zwei Drittel auf das Privatkundengeschäft zurück. Hier haben vor allem neue Fördermöglichkeiten zur Heizungsmodernisierung dem Geschäftsfeld Heizung einen spürbaren Auftrieb verliehen.
Aufgrund des dynamischen Wachstums in Deutschland konnten die im BDH organisierten Unternehmen das Corona-Jahr 2020 mit einem weltweiten Umsatz von etwa 16,2 Mrd. Euro abschließen – ein Wachstum von immerhin 3,1 Prozent. Doch die Erfolgszahlen konnten diesmal nicht vor Publikum präsentiert werden. Corona-bedingt hatten sich Unternehmen und Verbände ins Virtuelle zurückgezogen. Die ISH 2021 fand komplett als digitale Veranstaltung statt, Präsenz vor Ort wurde vermieden, physische Kontakte waren ergo nicht möglich. Die traditionellen ISH-Pressekonferenzen von Bosch Thermotechnik, BDR Thermea, Viessmann und Vaillant fanden denn auch nicht in Frankfurt statt, sondern jeweils als Digital-Event im Internet – als Heimspiel live aus den Unternehmen (Abb. 2).
Anders als zur ISH 2019 war man in diesem Jahr zum einen nicht mehr an die ISH-Örtlichkeit Frankfurt gebunden und zum anderen auch nicht mehr zeitlich an die Messetage. So machten Bosch Thermotechnik und BDR Thermea bereits in der Woche vor dem Beginn der ISH den Anfang. Viessmann und Vaillant folgten an den traditionellen Messetagen. In diesem Jahr waren ihre Presse-Darbietungen allesamt geprägt von den Themen Wärmepumpen, Wasserstoff und Digitalisierung.
Bosch Thermotechnik gut aufgestellt für Energiesysteme der Zukunft
Die digitale Pressekonferenz von Bosch Thermotechnik stand unter dem Motto „Die Energiewende im Gebäudebereich“. Informiert wurde über Produkte und Lösungen der Marken Bosch und Buderus zu den Themen Heiztechnik, Warmwasser, Raumklima und Digitalisierung. Jan Brockmann, Vorsitzender der Geschäftsführung (Abb. 3), und Thomas Bauer, Mitglied der Geschäftsführung mit Zuständigkeit für Vertrieb und Marketing (Abb. 4), meldeten sich aus dem Bosch Thermotechnik TV Studio in Wernau.
Wie Brockmann berichtete, konnte Bosch Thermotechnik mit ihren 14.000 Beschäftigten im Jahr 2020 in einem überaus schwierigen konjunkturellen Umfeld mit weltweiten Lockdowns und massiven Zulieferproblemen ihren Umsatz mit 3,5 Mrd. Euro auf dem Niveau der beiden Vorjahre halten. Wesentlich verantwortlich dafür war das überdurchschnittliche Umsatzwachstum im Hauptmarkt Deutschland. Auch in der Türkei, in Schweden, Italien, Polen, den Niederlanden, Nordamerika und im Mittleren Osten legte man beim Umsatz zu. Produktseitig haben vor allem der Trend zur Elektrifizierung und der Ausbau des Geschäfts mit Klimageräten und Wärmepumpen zum Erfolg beigetragen. „Wir haben mit unseren innovativen Produkten für Defossilisierung, Elektrifizierung und Digitalisierung die Energiewende im Gebäudesektor vorangetrieben und werden mit diesen Energiesystemen der Zukunft weiter profitabel wachsen“, resümierte Brockmann.
Die in 2019 angekündigte Investition in den Ausbau des Wärmepumpengeschäfts habe die Bosch-Tochter deutlich vorangebracht. „Bereits 2020 konnten wir EU-weit ein Wachstum von 22,5 Prozent bei Wärmepumpen verzeichnen, in Deutschland waren es sogar plus 48 Prozent“, so Brockmann. Für den europäischen Markt für Heizungswärmepumpen sei man mit Entwicklungszentren in Tranås (Schweden), Wernau (Deutschland) sowie Aveiro (Portugal) gut aufgestellt. 2020 habe man ein Joint Venture mit Electra Industries aus Rishon (Israel) gegründet, um in der Entwicklung und Produktion von reversiblen Wärmepumpen zu kooperieren.
Im Rahmen der Elektrifizierung im Gebäudesektor will Bosch Thermotechnik auch ihr Angebot an Klimageräten ausbauen, die nicht nur zum Kühlen, sondern als Luft/Luft-Wärmepumpen auch zum Heizen für den Wohn- und Gewerbebereich verwendet werden. Air Conditioning verzeichne weltweit ein höheres Marktwachstum als die Segmente Heizung und Warmwasser. „Unser Ziel ist es, unsere Position im Air-Conditioning-Bereich im gewerblichen und im Residential-Segment deutlich zu stärken und auch hier der Treiber für energieeffiziente Technologien zu sein“, machte Brockmann klar.
Zweites Thema neben Wärmepumpen war Wasserstoff. „Für ein CO!SUB(2)SUB!-neutrales Energiesystem brauchen wir neben der Elektrifizierung auch eine Wasserstoffstrategie für den Wärmemarkt“, so Brockmann. „Verbrennungsgeräte werden in den nächsten Jahrzehnten wichtig bleiben, deshalb investieren wir schon jetzt in ein H2-Ready Portfolio. Wir sprechen uns deutlich für einen Multitechnologie-Ansatz aus und sind für jeden Weg vorbereitet, um die Klimaziele zu erreichen.“ Bereits im November 2020 hatte man am Standort Worcester (Großbritannien) den Prototyp eines wandhängenden Heizgeräts vorgestellt, das zunächst mit herkömmlichem Erdgas oder einer Wasserstoff-Beimischung von bis zu 20 Prozent betrieben werden kann. Sobald eine flächendeckende Netzumstellung vollzogen wurde, lässt sich das Heizgerät mit wenigen Anpassungen auf die vollständige Nutzung von reinem Wasserstoff umstellen.
Drittes Thema war die Digitalisierung. Die Corona-Pandemie mit Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen habe die Chancen der digitalen Transformation deutlich aufgezeigt. „Wichtig ist, dass wir keine Standardlösungen einsetzen, sondern digitale Angebote individuell auf unsere unterschiedlichen Kundengruppen zuschneiden“, ergänzte Bauer. „Wir sind teilweise bei den Anmeldungen zu Online-Schulungen überrannt worden. Unsere Kunden schätzen es, dass wir ihnen sichere und gleichzeitig innovative Möglichkeiten des Kontakts und der Interaktion bieten.“
BDR Thermea bietet „3D-Erlebnis“ zur ISH
Die drei Themen Wärmepumpen, Wasserstoff und Digitalisierung dominierten, wie erwähnt, in den Folgetagen auch die Pressekonferenzen der drei Mitbewerber. Zunächst folgte bereits am nächsten Tag BDR Thermea mit ihrem digitalen Presseauftritt. Bertrand Schmitt, CEO der BDR Thermea Gruppe (Abb. 5), und Heinz-Werner Schmidt, als Geschäftsführer von BDR Thermea Deutschland verantwortlich für die Marken August Brötje, Remeha und SenerTec Kraft-Wärme-Energiesysteme (Abb. 6), informierten über das geplante „3D-Erlebnis“ auf der ISH digital 2021. Wie Schmitt (zugeschaltet aus seinem Homeoffice) berichtete, hat die BDR Thermea Group im Jahr 2020 mit über 6.200 Mitarbeitern einen Umsatz von etwa 1,8 Mrd. Euro erwirtschaftet. Dies entspricht einem leichten Rückgang von zwei Prozent, womit der Umsatz wieder das Niveau von 2018 erreichte. Auch gab es regional recht unterschiedliche Marktentwicklungen, mit einerseits großen Schwierigkeiten beispielsweise in Spanien und Großbritannien, und andererseits einer sehr positiven Entwicklung in Deutschland. Produktseitig habe sich in den vergangenen drei Jahren der Umsatz mit Wärmepumpen verdreifacht.
Für 2021 geht Schmitt von einer guten Nachfrage nach Wärmeerzeugern aus. Trendgeber seien die Energiewende, die Digitalisierung und das Geschehen außerhalb Europas. Bei klimaneutralen Lösungen müssen wir technologieoffen bleiben, um die Klimaziele zu erreichen, unterstrich Schmitt. „Bei BDR Thermea entwickeln wir diverse Heiztechnologien, die uns eine dekarbonisierte Wirtschaft im Jahr 2050 ermöglichen.“ Für den Gebäudebestand empfahl er Hybridlösungen mit Integration einer Wärmepumpe, um den CO!SUB(2)SUB!-Ausstoß zu reduzieren. Neben Strom werde Wasserstoff als klimaneutraler Energieträger an Bedeutung gewinnen. Bereits auf der ISH 2019 präsentierte die Gruppe den Prototyp eines 100-Prozent-Wasserstoff Heizkessels. Inzwischen habe man in Feldtests in Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und Frankreich bewiesen, dass die Technik sicher und absolut zuverlässig funktioniert. 2023 sollen erste Geräte im Markt eingeführt werden – voraussichtlich zunächst in Großbritannien und den Niederlanden.
Während man mit Sorgen die derzeitige Verfügbarkeit und Preisentwicklung bei Rohmaterialien und Komponenten betrachte (so gehen die Preise für Rohmaterialien wie Kupfer, Stahl oder Aluminium seit einigen Monaten exponentiell nach oben, elektronische Bauteile seien kaum verfügbar), wolle man die Möglichkeiten der digitalen Welt nutzen, um auch in turbulenten Zeiten bedingt durch die Pandemie nah am Kunden zu bleiben, betonte Schmitt. Und auch Heinz-Werner Schmidt ergänzte, dass man sehr zuversichtlich auf die Kundenkommunikationsmöglichkeiten blicke, die sich durch den neuen digitalen Messeauftritt ergeben. Mit dem „3D-Erlebnis“ führte der Konzern die Gäste zur digitalen ISH durch die Marken, Produkte und Dienstleistungen, die den Wandel hin zur Energiewende beschleunigen. Im Mittelpunkt des ISH-Erlebnisses standen die Marken Brötje und Remeha, die in der jeweiligen 3D-Umgebung zum Leben erweckt werden konnten.
Viessmann setzt ihren Wachstumskurs fort
Am „Eröffnungstag“ der ISH digital 2021 folgte die Viessmann Gruppe. Auf ihrer Online-Pressekonferenz konnte Maximilian Viessmann, Co-CEO der Viessmann Group und CEO von Viessmann Climate Solutions (Abb. 7), von dem vierten Rekordjahr in Folge berichten. So stieg der Gesamtumsatz des Familienunternehmens 2020 um sechs Prozent auf insgesamt 2,8 Mrd. Euro, die Zahl der Mitarbeiter ist auf insgesamt 12.750 angewachsen.
Zum Wachstum trugen maßgeblich Klimalösungen auf Basis erneuerbarer Energien sowie digitale Produkte bei. So legten Brennstoffzellen um acht Prozent, Wärmepumpen um 32 Prozent und Batterien um 48 Prozent zu. Insgesamt resultieren bereits rund 50 Prozent des Umsatzes aus dem Geschäft mit „Green Energy Ready Solutions“. Dynamisches Wachstum erzielten digitale Dienste: Förderprofi (plus 500 Prozent), Viessmann Wärme/Heating-as-a-Service (plus 450 Prozent), Viessmanns Partner App VitoGuide (plus 67 Prozent) und die Endkunden App ViCare (plus 47 Prozent).
Regional gesehen verzeichnete Viessmann in 2020 das größte Umsatzplus im Heimatmarkt Deutschland. Positive Wachstumsimpulse gab es zudem in Polen, Österreich, Belgien, Italien, in der Türkei und der Schweiz. Mehr als 120 Mio. Euro investierte die Gruppe in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Hierzu zählt der Ausbau der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten bei wasserstofffähigen Wärmeerzeugern und Brennstoffzellen sowie ganzheitlichen Lösungen für rein elektrisch versorgte Häuser inklusive digitalem Energiemanagement.
Zur Erschließung neuer Märkte hat sich Viessmann an dem südafrikanischen Wärmepumpen-Spezialisten ThermoWise beteiligt, der auf Großprojekte im Bereich Krankenhäuser, Einkaufszentren, Hotels und Wohnkomplexe spezialisiert ist. Die Partnerschaft soll den Grundstein für einen Eintritt in stark wachsende Märkte in Afrika legen. Durch die Übernahme von Kospel in Polen, einem Anbieter von strombasierten Durchlauferhitzern, Elektrokesseln und Warmwasserspeichern, erweiterte Viessmann sein Produktportfolio und verbesserte seinen Marktzugang in Mittel- und Osteuropa. Und im südostasiatischen Raum wurde die weitere Internationalisierung mit neuen Standorten vorangetrieben, insbesondere in Singapur.
Auch im laufenden Jahr zeichnet sich die positive Geschäftsentwicklung weiter fort, was Umsatzzuwächse im zweistelligen Prozentbereich in den ersten beiden Monaten 2021 belegen, wobei die stärksten Steigerungsraten aus Lösungen auf Basis dezentraler erneuerbarer Energien resultieren. Erhebliche Herausforderung stelle der derzeitige Mangel an elektronischen Bauelementen und Komponenten auf dem Weltmarkt dar, den man aber bislang habe gut abfedern können.
Vaillant betont Bedeutung des Fachpartnernetzes
Einen Tag später präsentierte sich die Vaillant Group in einem Online-Pressegespräch den Medien. Dr. Andree Groos, Geschäftsführer Vertrieb, Marketing und Service der Vaillant Group (Abb. 8), und Dr. Tillmann von Schroeter, Geschäftsführer Vaillant Deutschland (Abb. 9), blickten zurück auf das Heiztechnik-Jahr 2020.
Konkrete Geschäftszahlen für das abgelaufene Jahr werden von Vaillant traditionell erst im Mai bekannt gegeben. Zur Erinnerung: Im Geschäftsjahr 2019 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 2,6 Mrd. Euro. Doch Groos verriet schon so viel, dass die Gruppe 2020 weiter gewachsen ist. „Wir sind sehr zufrieden mit dem letzten Jahr.“ Von den weltweiten Engpässen bei der Versorgung mit elektronischen Bauteilen sei man momentan nicht betroffen, da man zeitlich sehr früh bestellt hatte. Doch auf die Erhöhung der Rohstoffpreise werde man wohl reagieren müssen.
Besonders erfolgreich für die Gruppe habe sich in 2020 das Geschäft mit Wärmepumpen entwickelt – hier habe man die Produktionskapazität bereits um 40 Prozent ausgebaut, ein weiterer Ausbau um 20 Prozent sei derzeit in Planung. Im Bereich Digitalisierung erzielte man zweistellige Wachstumsraten. Bei Gastechnologien habe man die Position ausbauen können und über 2 Mio. wandhängende Geräte verkauft. Bei den für dieses Jahr avisierten neuen Produkten liege der Fokus auf intelligenter Verbrennungstechnologie und intuitiver Steuerung.
Mit Blick auf die Regionen berichtete Groos, dass die Gruppe in Großbritannien ihre Marktposition habe ausbauen können, besonders im Wärmepumpenmarkt. In Italien, den Niederlanden und Belgien habe man durch ein starkes zweites Halbjahr eine stabile Entwicklung bei Gas-Wandgeräten und Wärmepumpen erzielt. Osteuropa hat sich als einer der Wachstumstreiber für die Gruppe erwiesen. In der Türkei habe man sich bei einem stabilen Markt (angesichts eines Ausbaus des Gasnetzes und hoher Investitionen der Bevölkerung in langlebige Güter) sehr gut entwickelt.
„2020 war das wachstumsstärkste Jahr, das wir je in Deutschland hatten“, ergänzte von Schroeter. Sowohl bei Wärmepumpen als auch bei Gas-Brennwert konnte man die Marktdynamik voll mitnehmen und sogar Marktanteile gewinnen. Durch die überraschend hohe Nachfrage aus dem Bereich Sanierung habe man bei der Luft/Wasser-Wärmepumpe aroTherm plus sogar Lieferprobleme bekommen. Die ISH digital 2021 war für den Deutschlandchef von Vaillant denn auch eine Gelegenheit, die Bedeutung des Fachpartnernetzes zu betonen. „Vielen Dank an unsere Partner im Fachhandwerk für ihren überragenden Einsatz während der Pandemie.“