Wie steht es um die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)?
Hersteller geben Antworten auf aktuelle Fragen zur Marktsituation
Wie steht es um die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)?
Das HeizungsJournal hat bei Herstellern um Einschätzung der aktuellen Situation im Markt gebeten. Rede und Antwort standen diesmal Hagen Fuhl, Leiter Normungs- und Öffentlichkeitsarbeit/Public Affairs bei SenerTec Kraft-Wärme-Energiesysteme, Stefan Seeliger, Geschäftsführer von Wolf Power Systems, Jan Pille, Bereichsleiter Vertrieb/Service bei RMB/Energie, und Vitalij Klassen, Produktmanager für KWK-Systeme und Stromspeicher bei Buderus Deutschland.
Fuhl (SenerTec): Die monatelangen Diskussionen bezüglich des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) haben den Markt deutlich verunsichert. Viele Neuinvestitionen wurden einfach nicht getätigt, da man abgewartet hat, wie das GEG letztendlich aus-sehen wird. Unter diesen Vorzeichen konnte sich der KWK-Markt in 2023 nur schleppend entwickeln, obwohl die KWK nach wie vor über das KWKG gefördert wird. Erschwerend kam bei Brennstoffzellenheizgeräten noch hinzu, dass die ursprüngliche KfW-Förderung 2022 ausgelaufen ist und ab 2023 durch eine neue BEG-Förderung, die den Einsatz von 100 Prozent grünen Gasen voraussetzt, abgelöst wurde. Diese neuen erschwerenden Fördervoraussetzungen haben den Absatz von Brennstoffzellenheizgeräten merklich eingetrübt. Ähnlich wie im Heizungssektor war auch bei der KWK das Austauschgeschäft (also Altanlage gegen eine modernere Neuanlage) dominierend. So hat die Absicht, vor Inkrafttreten des GEG noch schnell Tatsachen zu schaffen, den Markt zum Ende hin nochmals befeuert.
Seeliger (Wolf Power Systems): Der Absatz von erdgasbetriebenen BHKW ist nach dem Rückgang in den Jahren 2021 und 2022 nochmals deutlich stärker eingebrochen. Wir haben im Bereich von erdgasbetriebenen BHKW mit einer elektrischen Leistung kleiner/gleich 50 kW im Jahr 2023 einen Umsatzrückgang von bis zu 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Seit Beginn der Erdgaskrise im Jahr 2022 und aufgrund der durch die aktuelle Bundesregierung veränderten politischen und gesetzgeberischen Randbedingungen ist eine deutliche Verunsicherung bei unseren Kunden zu bemerken.
Die Änderungen im GEG als auch weitere relevante Gesetze, so das Gesetz zu „Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“, das Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG), das Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) sowie das Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (Wärmeplanungsgesetz – WPG), zeigen einen Regulierungsansatz, der inhaltlich bei vielen potentiellen Kunden und Investoren zur Zurückhaltung bei dringenden und anstehenden Investitionsentscheidungen führt. Wir sehen aktuell weniger Stornierungen, sondern häufig Verschiebungen von Investitionsentscheidungen. Dies betrifft auch die involvierten Planer und Ingenieurbüros. Wenig hilfreich ist dabei, dass die Gesetze teilweise handwerklich Fragen offenlassen und scheinbar einem permanenten Änderungsbedarf unterliegen. Es ist daher aus unserer Sicht absolut nachvollziehbar, dass unsere Kunden aktuell keine sichere Basis für nachhaltige und zukunftssichere Entscheidungen vorfinden und Bestellungen verschieben. Dies merken wir empfindlich im Auftragseingang und Absatz.
Pille (RMB/Energie): Das Marktgeschehen wurde maßgeblich von der öffentlichen Diskussion um die geplante Novellierung des GEG beeinflusst. Diese Diskussion führte zu einer spürbaren Verunsicherung sowohl auf dem Heizungsmarkt als auch bei den Endkunden. Die Situation verschärfte sich, als der Gesetzentwurf im Februar 2023 vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangte. Der von den Medien als „Heizhammer“ bezeichnete Entwurf wurde in allen Interessensgruppen ausgiebig diskutiert und interpretiert, was zu einem deutlichen Rückgang der Nachfrage und der Auftragslage führte. Obwohl sich die Nachfrage bis zur Verabschiedung des Gesetzes im September 2023 etwas stabilisierte, blieb sie dennoch unter dem Niveau des Jahres 2022.
Klassen (Buderus): Wir müssen bei der Betrachtung des Marktgeschehens zwischen Brennstoffzelle und BHKW unterscheiden. Die Förderung der Brennstoffzellen nach KfW 433 ist zum 31.12.2022 beendet worden. Dies hat zu einem abrupten Absatzeinbruch und unter anderem zur Insolvenz unseres Lieferanten in 2023 geführt. Auch bei den BHKW war 2023 etwas schwächer als im Durchschnitt der letzten Jahre. Mögliche Gründe dafür sind die politischen Unsicherheiten gerade in Bezug auf die Neunovellierung des GEG, Fragen bezüglich der Gasversorgung und das höhere Zinsniveau, das ebenfalls zu einer Zurückhaltung bei den Investitionen – vor allem im gewerblichen Bereich – geführt hat.
Fuhl (SenerTec): Zunächst sind wir froh, dass nach monatelangem Tauziehen das GEG zum 01.01.2024 in Kraft getreten ist. Gleichzeitig wurde neben dem GEG auch das Wärmeplanungsgesetz (WPG) verabschiedet, sodass nun endlich Planungssicherheit im Wärmemarkt herrscht und Investitionen wieder getätigt werden können. Daher sehen wir dem Jahr 2024 positiv entgegen. Denn KWK-Anlagen erfüllen auch weiterhin die Anforderungen des GEG, sei es zum einen durch Einsatz von grünen Gasen wie Biomethan, Bio-LPG oder auch Wasserstoff oder zum anderen als Hybridlösung, also eine KWK in Verbindung mit einer Wärmepumpe. Zunächst ändert sich für die allermeisten neuen KWK-Anlagen, die in diesem Jahr in Betrieb gehen, nichts. Denn bis zur Vorlage der Kommunalen Wärmeplanung (KWP), spätestens jedoch bis Mitte 2026 bzw. Mitte 2028 kann man die KWK-Anlagen mit fossilen Brennstoffen wie zum Beispiel Erd- und Flüssiggas betreiben. Seit 2024 muss vor Einbau einer fossilen Heizungsanlage eine Beratung des Kunden nach §71 GEG erfolgen. Wir gehen davon aus, dass sich auch der KWK-Markt wieder erholt, denn mit dem HyperDachs – der Wärmepumpe von SenerTec – haben wir die Palette an Möglichkeiten, das GEG zu erfüllen, nochmals deutlich erweitert, sodass wir zuversichtlich nach vorne schauen können.
Viele Kunden wollen zunehmend nicht mehr abhängig von Energieversorgern sein, sondern ihre Energieversorgung selbst in die Hand nehmen. Also vom Consumer zum Prosumer werden. Eine Alternative bietet sich mit der Installation von PV- oder PVT-Anlagen. Diese haben jedoch den Nachteil, dass nur in den „Sonnenzeiten“ genügend Strom/Wärme zur Verfügung stehen, um den Eigenbedarf zu decken. In der Nacht oder in der Heizperiode allerdings muss die fehlende Lücke anderweitig geschlossen werden. Hier bietet sich die KWK als idealer Partner an.
Seeliger (Wolf Power Systems): Wir haben für das Jahr 2024 entsprechend sehr vorsichtig und verhalten geplant. Ich befürchte, dass sich der negative Trend im Erdgasbereich fortsetzt, zumindest aber eine Besserung nicht zeitnah zu erwarten ist. Es ist leider nach wie vor nicht absehbar, wann Bewegung in die seit einem Jahr überfällige KWKG-Evaluierung kommt. Am 24. Januar 2024 urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die Förderung im Rahmen des KWKG keine staatliche Beihilfe darstellt. Für die KWK-Branche ist das gesprochene Urteil eine Errungenschaft. Jetzt kann sich das Bundeswirtschaftsministerium nicht mehr hinter dem Argument verstecken, dass eine höhere Förderung wegen Brüssel nicht möglich sei. Wichtig ist als nächstes, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zügig die Verhandlungen für die Verlängerung und Anpassung des Ende 2026 auslaufenden KWKG aufnimmt. Die Weiterentwicklung des KWKG dürfte mit dem neuen Spielraum erheblich einfacher werden. Wenn hier die geforderte Verlängerung bis 2030 erfolgen würde, hätten wir eine dringende Aktualisierung des KWKG. Dies würde Planungssicherheit für dringende Investitionen in die Infrastruktur bringen. Allerdings sehe ich aktuell nicht, dass die Bundesregierung diesen Prozess bis zum Sommer abgeschlossen haben wird.
Pille (RMB/Energie): Die Komplexität und Detailfülle der neuen Regelungen in der GEG-Novelle haben bei Planern und Endkunden für erhebliche Unsicherheit gesorgt. Es liegt nun in der Verantwortung der KWK-Branche, umfassend zu informieren und die Einsatzmöglichkeiten von KWK im Rahmen der neuen Gesetzgebung den Entscheidungsträgern klarzumachen. Dies stellt einen langwierigen und anspruchsvollen Prozess dar. Vor diesem Hintergrund rechne ich für das erste Halbjahr weiterhin mit einer verhaltenen Nachfrage, die sich auf dem Niveau des Vorjahres bewegen dürfte. Für das zweite Halbjahr bin ich jedoch optimistischer und erwarte eine leichte Erholung des Marktes.
Klassen (Buderus): In 2024 wird die Rolle der KWK gesetzlich neu geregelt. Durch die Kommunale Wärmeplanung wird die Umsetzung der Energiewende etwas greifbarer. Darüber hinaus ist abzusehen, dass die Gasversorgung dauerhaft gesichert ist. Das alles führt zu Beruhigung auf dem Markt und einer Rückkehr zur Normalität. Außerdem werden gestiegene Netzentgelte und höhere CO!SUB(2)SUB!-Kosten dazu führen, dass die Energieversorger und viele industrielle und gewerbliche Betriebe sich zunehmend um die Optimierung ihrer Strom- und Wärmeversorgung kümmern werden. Dies wird längerfristig, also auch über 2024 hinaus, für eine höhere Attraktivität der KWK-Technologie neben PV und weiteren Alternativen sorgen.
Fuhl (SenerTec): Gewerbebetriebe, Mehrfamilienhäuser, Hotels, Pflege- und Seniorenheime, Schulen, Kindergärten, Gebäude- und Wärmenetze etc. – also alle Objekte, die nach wie vor einen hohen Energiebedarf und hohe Energiekosten haben – werden auch weiterhin nach Einsparlösungen suchen. Hier kann die KWK punkten, indem sie kostengünstig eigenen Strom erzeugt und somit die hohen Stromkosten signifikant reduziert. Gleichzeitig werden die Objekte auch mit Raumwärme aus dem Kraft- Wärme-Kopplungsprozess versorgt und hohe Temperaturen für die Trinkwassererwärmung bereitgestellt, um der Legionellenbildung entgegenzuwirken. Bei der Neuanschaffung eines Brennstoffzellenheizgerätes kann man sogar mit der neuen zum 01.01.2024 in Kraft getretenen Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) in den Genuss von bis zu 70 Prozent Förderung kommen.
Seeliger (Wolf Power Systems): Grundsätzlich sehen wir uns im Bereich der Klärgasanwendungen, einem unserer wesentlichen Geschäftszweige, sehr gut aufgestellt. Hier haben wir in den letzten zwanzig Jahren eine stabile Entwicklung gezeigt und diese grüne Technologie wesentlich mitentwickelt. Insoweit sehen wir uns mit einem Kraftwerkspark von mehr als 2.000 realisierten Kraftwerken im Bereich Bio- und Klärgas durchaus als wichtigen Player in der Umsetzung von regenerativen Energiequellen und der Energiewende als solcher. Im Bereich der erdgasbetriebenen BHKW sollte es, wenn auch mit einer gehörigen Menge an Zweckoptimismus, einen temporären Zubau von dezentralen Leistungen zur Sicherstellung der nötigen Residuallasten geben. So sollte der Kohle- und Atomstromausstieg flankiert und die Stromversorgungssicherheit bei Dunkel- und Windflauten gesichert werden.
Um die lokale Versorgungssicherheit besonders in Kombination mit Eigenstromerzeugung zu optimieren, setzen bereits jetzt viele Unternehmen auf eigene Großbatteriespeicher. Typische Kundengruppen sind hierbei die Industrie, Hotels, Krankenhäuser, aber auch Versorger und Stadtwerke. Diese Systeme erlauben in Kombination mit einem hybriden Energiemanagement und weiteren Komponenten wie Wärmepumpen, Brennstoffzellen oder auch BHKW eine nahezu autarke Energieversorgung. Ein solches hybrides Energieversorgungssystem haben wir mit Newtron entwickelt und sind aktuell mitten in der Markteinführung. Die Resonanz ist sehr gut, wir sind sehr gespannt, wie es weitergeht.
Pille (RMB/Energie): Ich sehe das größte Potential bei Mini-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Leistungsbereich von 15 bis 50 kW elektrisch. Diese Anlagen erweisen sich als äußerst wirtschaftliche Lösung für größere Immobilien wie Schwimmbäder, Krankenhäuser oder Mehrfamilienhäuser. Ebenso eignen sie sich hervorragend für kleine Nahwärmenetze, bei denen die Heizwärme über vergleichsweise kurze Strecken zwischen Gebäuden übertragen wird. Darüber hinaus sehe ich auch im Bereich der Mikro-BHKW (2 bis 10 kWel) noch ungenutztes Potential, insbesondere in Kombination mit elektrischen Wärmepumpen. Wir verzeichnen bereits eine steigende Nachfrage nach KWK-Anwendungen im Flüssig- und Biogasbereich, auch hier liegt sicherlich noch erhebliches Potential.
Klassen (Buderus): Die Anwendungsfälle sind ganz unterschiedlich. Die Wohnungswirtschaft fokussiert sich in der Regel auf etwas kleinere BHKW-Module (bis 30-50 kWel), während es beispielsweise bei den Energieversorgern nicht selten doch in Richtung größerer Module geht.
Fuhl (SenerTec): Zurzeit legt man den Fokus rein auf erneuerbare Heizungen. Da die KWK neben Wärme auch Strom erzeugt, wer-den deren Potential und deren Bedeutung erst mit fortschreitender Elektrifizierung des Wärmemarktes und des Verkehrs signifikant sichtbar werden. Es ist klar, dass mindestens 25 GW versorgungssichere Stromerzeugung bis 2030 neu installiert werden muss, wenn man in Deutschland aus der Kohle aussteigen will. Gleichzeitig nimmt der Bedarf an Strom durch den Ausbau von Wärmepumpen und E-Ladestationen noch deutlich zu, wobei auch der not-wendige Netzausbau hinter den Erwartungen zurückbleibt. Schon jetzt können manche Wärmepumpen einfach nicht realisiert werden, da das vorhandene Stromnetz nicht dafür ausgelegt ist. Die kostspielige Verstärkung des Stromanschlusses kommt dabei oft nicht in Frage. Gerade hier kann das Zusammenspiel von Wärmepumpe und KWK die Hürden einer rein elektrischen Wärmebereitstellung durch die eigene versorgungssichere, kostengünstige Stromerzeugung aus der KWK mehr als kompensieren und in Zeiten mit wenig erneuerbarem Strom und möglicher Überlastung der Stromnetze durch Stromverbraucher, den notwendigen Strom für den Betrieb der Wärmepumpe und der E-Ladestationen aus der KWK liefern. Hierfür müssen keine neuen Verteilnetze gebaut und auch keine Gaskraftwerke auf der grünen Wiese neu errichtet werden, deren Wärme zudem auch noch ungenutzt über Kühltürme in die Umgebungsluft abgeblasen wird. Daher gehen wir davon aus, dass die Politik den großen Nutzen der KWK für die Stabilität der Stromversorgung noch erkennen wird.
Die netzdienliche Fahrweise der KWK sichert nicht nur die Netzstabilität, sondern gleicht auch die Volatilität der Erneuerbaren – sei es durch Modulation oder gezieltes Ein-/Abschalten – aus. Auf der Wärmeseite entsteht aufgrund vorhandener Wärmespeicher kein Komfortverlust. Die KWK ist somit ein wesentliches Bindeglied im Umbau zu den Erneuerbaren und sichert die Versorgungssicherheit mit grünen Gasen auch klimaneutral. Dieses Effizienzpotential der KWK wird seitens der Politik leider noch nicht genügend gewürdigt, sonst hätte man die KWK im GEG aufgrund der hohen CO!SUB(2)SUB!-Einsparung und herausragenden Effizienzsteigerungen den anderen erneuerbaren Wärmeerzeugern gleichgestellt.
Seeliger (Wolf Power Systems): Aus meinen Erfahrungen und den Gesprächen mit Vertretern des BMWK im Rahmen unserer Mitarbeit im Arbeitskreis „Power Systems“ des VDMA und durch unsere Mitarbeit in weiteren Interessenvertretungen sehe ich aktuell im BMWK keine ausreichende Würdigung der enormen Vorteile der KWK. Besonders zur Flankierung des Ausstieges aus Kohle- und Atomenergie ist die Schaffung möglichst sauberer Residuallasten für die Übergangszeit zum Beispiel durch hocheffiziente BHKW-Anlagen ein ungenutztes Potential. Dies schon deshalb, da sich BHKW gegenüber großen Gaskraftwerken sehr schnell realisieren lassen, dezentral, das heißt, nah am Verbrauch aufgestellt werden können und als Brückentechnologie in zehn bis 15 Jahren ohne Probleme wirtschaftlich vertretbar wieder außer Betrieb genommen werden können. Ein wesentlicher Grund für die wahrnehmbaren Kompetenzlücken im Bundeswirtschaftsministerium ist eventuell eine nicht wünschenswert ausgeprägte Technologieoffenheit sowie die strenge Trennung zwischen der Aufgabenstellung der Stromversorgung und separat davon der Wärmeversorgung. Die Kombination von beidem kommt in der DNA des BMWK leider nicht vor.
Ohne Frage ist die kluge Weichenstellung für die zweifelsfrei notwendige Energiewende eine große Herausforderung für Deutschland. McKinsey hat kürzlich Vorschläge zu einer Kostenreduzierung für die Energiewende vorgelegt, unter anderem weniger Netze, mehr Kraftwerke, statt Wasserstoff-Kraftwerke auch CCS und blauen Wasserstoff vorgeschlagen. Diese Kraftwerke können besonders vorteilhaft BHKW sein. Es wäre Deutschland zu wünschen, dass wir die Energiewende nicht nur ökologisch meistern, sondern auch ökonomisch überleben.
Pille (RMB/Energie): Dank ihrer hohen Effizienz und Flexibilität sind KWK-Anlagen nicht nur äußerst wirtschaftlich, sondern leisten auch einen maßgeblichen Beitrag zur Reduzierung von CO!SUB(2)SUB!-Emissionen. Ich betrachte KWK weiterhin als eine sinnvolle Technologie, die entscheidend zur Energiewende beitragen kann. In Zeiten steigenden Strombedarfs und eines zunehmenden Anteils erneuerbarer Energien spielen Blockheizkraftwerke eine wichtige Rolle für die Versorgungssicherheit. Dies ist insbesondere relevant, da die Residuallast nicht durch die volatilen Energieträger Wind und Sonne gedeckt werden kann. Zudem leisten dezentrale KWK-Anlagen, die über das ganze Land verteilt sind, einen wichtigen Beitrag zur dynamischen Netzunterstützung, um die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten. Im Vergleich zu erneuerbaren, volatilen Energiequellen wie Wind- oder Solarenergie haben BHKW den Vorteil, dass sie unabhängig von Witterungsbedingungen und der Tageszeit arbeiten können. Darüber hinaus können BHKW-Anlagen mit regenerativen Brenn- und Kraftstoffen wie Biogas, Biomethan und grünem Wasserstoff betrieben werden.
Die zukünftige Rolle dezentraler KWK-Anlagen hängt maßgeblich von der weiteren Ausgestaltung der Gesetzgebung ab. Dies betrifft insbesondere die Fortführung des KWKG über das Jahr 2026 hinaus sowie die Berücksichtigung von KWK im GEG als eine Option zur Versorgung von Gebäuden und Gebäudenetzen. In der aktuellen Fassung des GEG wird KWK jedoch nicht als Erfüllungsoption aufgeführt, was Fragen aufwirft. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wäre gut beraten, die fachliche Expertise von Experten und Praktikern aus den Bereichen Energiewirtschaft und Energieeffizienz stärker in den Entscheidungsprozess einzubeziehen.
Klassen (Buderus): In Deutschland basiert die Stromerzeugung der Zukunft auf fünf Säulen. Diese sind: (1) Solar, (2) Windkraft Onshore, (3) Windkraft Offshore, (4) Kurzzeitspeicher (Stromspeicher, Pumpspeicherwerke) und (5) Rückverstromung aus Langzeitspeicher (zum Beispiel Wasserstoff). Die „Rückverstromung“ erfolgt mittels KWK. Hier spielen vor allem kleinere dezentrale KWK-Anlagen eine immer größere Rolle. Deren Vorteile sind zum einen flexiblere Einsatzfelder und zum anderen nahezu verlustfreie Nutzung der eingesetzten Energie. Dadurch, dass diese kleineren dezentralen Anlagen örtlich in der Nähe der Stromabnahme installiert sind, werden physikalisch bedingte Energieverluste für die Umspannung und Netzleitung deutlich verringert. Aus demselben Grund sind diese Anlagen in der Lage, die Stromnetze zu entlasten.
Ein weiterer Vorteil ist die Verwertung sonst ungenutzter Wärmeenergie, denn ein großes zentral aufgestelltes Kraftwerk hat selten in erreichbarer Nähe Wärmeverbraucher mit entsprechendem Abnahmepotential. Dann muss die ungenutzte Abwärme durch die Kühltürme leider vernichtet werden. Das wird man sich künftig nicht mehr leisten können, vor allem weil die erneuerbaren Treibstoffe (Gase) zukünftig aus vorhandenen Stromüberschüssen erzeugt und diese sehr begrenzt sein werden. Bei dezentralen KWK-Anlagen wird hingegen auch die Wärme sinnvoll genutzt. Auf diese Weise schont man die Umwelt, vorhandene Ressourcen und so auch die Investitionsmittel.
Das Ziel der Politik, „unsere Welt von morgen besonders umweltfreundlich zu gestalten“, ist positiv zu bewerten. Wir würden uns wünschen, dass diese Transformation von Experten aus allen Technologiebereichen begleitet wird. Seitens KWK werden wir gesetzte Ziele gerne mit unserer Technik unterstützen, soweit der Gesetzgeber hierzu genügend Raum für Umsetzung ermöglicht.
Fuhl (SenerTec): Besonderes Augenmerk wird in Zukunft auf den Brennstoff Wasserstoff gelegt: Hier spielt der Transformationsprozess von Erdgas auf Wasserstoff eine entscheidende Rolle beim Gelingen der Energiewende. Kommunen haben mit dem WPG die Möglichkeit, bestehende Erdgasnetze oder neue Netze bei der KWP für ein Wasserstoffausbaunetz vorzusehen. Kleinere Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern haben bis Mitte 2028 Zeit, ihre KWP vorzulegen (erstellen und veröffentlichen). Größere Kommunen mit 100.000 Einwohnern und mehr müssen dies bereits bis Mitte 2026 vorgelegt haben. Schon heute können KWK-Anlagen mit bis zu 20 Volumenprozent Wasserstoff betrieben werden. Zukünftig werden der Dachs 5.5 Gen2 und der Dachs 2.9 Gen2 durch ein Umrüstkit auf 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar sein. Mit dem Einbau von KWK-Anlagen der neuesten Generation (Gen2) ist man daher schon heute für die Wasserstoffzukunft gerüstet. In einem Wasserstoffnetzausbaugebiet kann man die KWK auch weiterhin bis zur vollständigen Umrüstung auf 100 Prozent Wasserstoff mit 100 Prozent Erdgas betreiben. Neben dem Wasserstoff gibt es natürlich noch andere grüne Gase, wie zum Beispiel Biomethan oder biogenes Flüssiggas, mit denen man das GEG erfüllen kann. KWK-Anlagen, die im Zeitraum 01.01.2024 bis zur Vorlage der KWP in Betrieb gehen, können bis zur Vorlage der KWP weiterhin fossil betrieben werden. Erst danach müssen diese KWK-Anlagen ab 2029 mindestens 15 Prozent, ab 2035 mindestens 30 Prozent, ab 2040 mindestens 60 Prozent und ab 2045 erst 100 Prozent der bereitgestellten Wärme aus grünen Gasen einsetzen.
Seeliger (Wolf Power Systems): Potential für die BHKW-Technik liegt sicher in der Nutzung von Wasserstoff als Energieträger. Im Rahmen der Zero Carbon Emission Strategie kann somit absolut emissionsfrei Energie erzeugt beziehungsweise, thermodynamisch richtig, umgewandelt werden. Wir haben als Wolf Power Systems bereits im Jahr 2020 unser erstes Wasserstoff-BHKW mit 50 kW elektrischer Leistung, die GTK 50 H2GO vorgestellt. Allerdings sind die aktuellen Preise und Verfügbarkeiten von Wasserstoff für eine kommerziell sinnvolle Nutzung beziehungsweise Applikation nicht an-satzweise gegeben. Eine zeitnahe Nutzung sehe ich daher als Augenwischerei. Dies wird sich nach meiner Überzeugung erst in der nächsten Dekade ändern.
Pille (RMB/Energie): Ich sehe ein erhebliches Potential bei der Entwicklung von KWK-Anlagen, für den Betrieb mit regenerativen Brenn- und Kraftstoffen wie Biogas, Biomethan, Bioflüssiggas und grünem Wasserstoff. Aber auch andere Sondergase, wie Ölbegleitgase, die häufig einfach abgefackelt werden, sind interessant. Im Anwendungsbereich bieten Hybridanlagen, die aus BHKW und Wärmepumpe bestehen, noch zahlreiche Möglichkeiten zur Weiterentwicklung.
Klassen (Buderus): Moderne KWK-Anlagen können bereits heute mit regenerativen Gasen betrieben werden. Auch anteilige Verbrennung von reinem Wasserstoff ist bereits heute Stand der Technik. Für die Zukunft wird erwartet, dass alle KWK-Anlagen auf einen Betrieb mit Wasserstoff oder aus diesem hergestellten Derivaten umgestellt werden und auf diese Weise die vorhin erwähnte fünfte Säule der Stromerzeugung dauerhaft und sicher abbilden.
Fuhl (SenerTec): Unbestritten werden die genannten Punkte Einfluss auf die KWK haben, dennoch wird sie sich aufgrund ihrer zahlreichen Vorteile behaupten: Beispielsweise hat selbst das BMWK auf eine Anfrage der Union hin eingeräumt, dass wir bis 2035 mit hohen Strompreisen zu rechnen haben und die Gaspreise trotz Abgaben, Umlagen und CO!SUB(2)SUB!-Bepreisung nicht gravierend steigen werden. Das Verhältnis von Strom- zu Gaspreis wird sich daher auch in den nächsten Jahren nicht großartig von dem heutigen Verhältnis von 3:1 unterscheiden. Damit ist nach wie vor die Wirtschaftlichkeit von KWK-Anlagen gegeben und eine Investition in KWK lohnenswert.
Ein weiterer Grund, der für den Einsatz einer KWK spricht, ist die mögliche Reduktion der Netzanschlussleistung, um somit eine etwaige kostspielige Verstärkung des Stromanschlusses zu vermeiden. Zum anderen liefert die KWK-Anlage bei Netzengpässen noch ausreichend Strom für Wärmepumpe und E-Ladestationen, damit der Betrieb von Wärmepumpen und E-Ladestationen nicht durch §14a EnWG eingeschränkt werden muss. Aufgrund der Versorgungssicherheit macht eine Kombination aus Wärmepumpe und KWK Sinn, wie wir dies im gewerblichen Bereich mit dem HyperDachs anbieten.
Darüber hinaus kann man heute schon mit grünen Gasen wie zum Beispiel Biomethan oder biogenem Flüssiggas klimaneutral Strom und Wärme erzeugen und somit die Klimaziele der Bundesregierung, die eigentlich erst ab 2045 gelten, erfüllen. Biogenes Flüssiggas hat den Vorteil, dass man überall dort trotzdem eine KWK klimaneutral mit Brennstoff versorgen kann, wo kein Umbau eines bestehenden Erdgasnetzes auf Wasserstoff erfolgt, kein eigenes Erdgasnetz vorhanden ist oder möglicherweise das bestehende Erdgasnetz stillgelegt wird.
Seeliger (Wolf Power Systems): Die Versorgungssicherheit von Erdgas ist nach den kriegsbedingten Einschnitten im Jahr 2022 und durch die Diversifizierung der Bezugsquellen unter anderem durch die Nutzung von fünf schwimmenden LNG-Terminals wieder auf einem normalen Niveau. Mit ausreichend früher saisonaler Befüllung der Erdgasspeicher ist auch in den verbrauchsintensiven Wintermonaten mit einer ausreichend sicheren Versorgung zu rechnen. Dies hat die Bundesnetzagentur bestätigt.
Die Preisentwicklung der Gas- und Strompreise zeigt aktuell einen deutlichen Trend zu einem zunehmenden Abstand zwischen dem Gas- und Strompreis je kWh. Beide klaffen mehr und mehr auseinander. Dieses aktuelle Niveau ist auch langfristig zu erwarten.
Der Abstand, auch „Spark Spread“ genannt, liegt aktuell, wenn man einen Gaspreis von 0,12 Euro/kWh und einen Strompreis von etwa 0,35 Euro/kWh annimmt, bei über 0,20 Euro/kWh und damit deutlich höher als noch im Jahr 2022 der Fall. Die Investition in eine KWKG-Lösung mit einem hoch energieeffizienten BHKW amortisiert sich aus diesem Grund deutlich schneller. Wir können aktuell Wirtschaftlichkeitsprognosen mit einem ROI von zwei bis drei Jahren bieten. Die Wirtschaftlichkeit ist somit absolut gegeben. Was fehlt, ist die Planungssicherheit, die der Gesetzgeber aktuell nicht geben kann. Dies ist insoweit sehr unbefriedigend.
Pille (RMB/Energie): Kurzfristig resultieren die Maßnahmen der Energiewende und der Klimapolitik in einem Investitionsstau bei der Modernisierung von Heizanlagen. Hinzu kommt, dass das aktuelle GEG andere Technologien, die als erneuerbare Energien gelten, bevorzugt behandelt. Diese Präferenz hat zu einer rückläufigen Nachfrage nach KWK geführt. Die Gaspreise in Deutschland haben sich stabilisiert. Seit Mitte Mai 2023 liegt der Durchschnittspreis pro Kilowattstunde Gas leicht unter 10 Cent. Aktuell befindet sich der Preis unter dem Niveau von Herbst 2021. Im Vergleich zum Jahr 2022 ging der Gasverbrauch im Jahr 2023 um fünf Prozent zurück. Aufgrund dieser geringeren Nachfrage ist ein gravierender Preisanstieg eher unwahrscheinlich. Die Gasversorgung in Deutschland ist stabil und die Versorgungssicherheit ist gewährleistet. Die Bundesnetzagentur schätzt die Gefahr einer angespannten Gasversorgung in einem normal kalten Winter mittlerweile als gering ein.
Langfristig wird die KWK eine entscheidende Rolle bei der Energiewende spielen, sowohl zur Reduzierung von CO!SUB(2)SUB!-Emissionen als auch zur Sicherung der Versorgungssicherheit. Die Zunahme erneuerbarer Energien erfordert flexiblere und effizientere Energieerzeugungssysteme wie BHKW. Die langfristige Entwicklung geht jedoch in Richtung Ablösung fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Brenn- und Kraftstoffe. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für BHKW-Anlagen, die mit regenerativen Brennstoffen wie Wasserstoff oder Biomethan betrieben werden können. Innovative Technologien und Hybridansätze, bei denen BHKW mit Wärmepumpen oder Speichersystemen kombiniert werden, werden die Effizienz und Wirtschaftlichkeit von KWK-Anlagen weiter steigern. Die Entwicklung wird jedoch maßgeblich von politischen Entscheidungen, technologischen Fortschritten in der Herstellung erneuerbarer Brennstoffe und anderen Marktfaktoren beeinflusst.
Klassen (Buderus): Der Ausstieg aus der Kernenergie und das geplante Ende der Kohleverstromung erfordern eine Transformation der Strommärkte. Der zeitgleich steigende Bedarf an elektrischer Energie durch die Elektrifizierung der Wärmeversorgung mittels Wärmepumpen und den Ausbau der Elektromobilität lassen erwarten, dass die Energiewende die Lösungen vielfältiger Themen erfordern wird. Politisch betrachtet, wird man sich der Technologievielfallt wohl weiter öffnen müssen. Durch diese werden sich nach den Mechanismen des Marktes das Preisniveau und damit auch die Versorgungssicherheit ergeben. Was die Verwertung fossiler Energieträger angeht, so lässt sich dies leider nicht sofort einstellen, ohne der Industrie und der Wirtschaft dauerhaft zu schaden. Hier wäre es besonders wichtig, auf eine kontinuierliche und möglichst zügige Weiterentwicklung aller Technologien hinzuwirken. Die Gesetzgebung hat mit der Förderung der Wasserstofftechnologie die ersten Schritte in diese Richtung unternommen. Diesen Kurs gilt es, auch weiter zu behalten und auf benachbarte Technologiezweige auszuweiten. Eine Technologie alleine wird es nach den Gesetzen der Physik nicht schaffen. Schlussendlich wird es bei der Transformation der Energiemärkte auf den richtigen Mix mehrerer Technologien ankommen.
Freitag, 31.05.2024