Das mittelständische Unternehmen Stangl & Co. fertigt seit 1988 hochwertige Präzisionsteile für verschiedene Branchen und stellt sehr hohe Ansprüche an die Qualität seiner Produkte. Im Zug umfangreicher Erweiterungsmaßnahmen wurde das neue Produktions- und Verwaltungsgebäude mit einem Klimatisierungskonzept ausgestattet.
Anstoß dafür gaben die häufigen Temperaturschwankungen: Während in den Bearbeitungszentren, in denen die Präzisionsteile automatisiert gefertigt werden, eine Kühlung für eine konstante und optimale Temperatur sorgt, waren die Temperaturen in der Produktionshalle und in der Qualitätssicherung unterschiedlich und abhängig von den Außenbedingungen, was sich auf die Maßhaltigkeit der Teile auswirken kann. Deshalb mussten die Produkte früher möglichst zügig nach der Fertigung zur Qualitätssicherung gebracht werden, um Verformungen zuvorzukommen.
Mit der Installation einer zentralen Energieversorgung erfolgte auch die Einführung eines ganzheitlichen Kühl- und Klimatisierungskonzeptes für das neue Produktions- und Verwaltungsgebäude. Dieses gewährleistet, dass in der Fertigung stets konstante Temperaturen von 20 °C herrschen, sodass eine Ausdehnung der Bauteile durch Temperatureinflüsse weitgehend vermieden werden kann.
Mit der Planung und Installation der zentralen Energie- und Elektroversorgung sowie der Umsetzung der Temperaturregulierung in der Fertigung wurde das Abensberger Ingenieurbüro Gammel Engineering GmbH beauftragt. Aufgrund von vorherigen Aufträgen in vielen namhaften Gewerbe- und Industriebetrieben brachte das erfahrene Ingenieurbüro das nötige Know-how für das Projekt mit.
"Wir erstellten bereits im Jahr 2012 ein Versorgungskonzept für den geplanten Neubau", erklärt Thomas Zweier, Projektverantwortlicher bei der Gammel Engineering GmbH. "Dafür wurde der exakte Druckluft-, Wärme-, Kälte- und Strombedarf ermittelt." Im Jahr 2014 wurden die Baupläne schließlich konkretisiert; im Sommer 2015 begannen die Bauarbeiten, die Ende 2016 abgeschlossen werden konnten.
Bei den Planungen waren eine hohe Auslastung und Energieeffizienz der installierten Anlagen für die Bauherren extrem wichtig. Dafür wurde ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit 125 kW elektrischer Leistung sowie 184 kW thermischer Leistung geplant.
Da im Unternehmen vor allem im Sommer auch ein hoher Kältebedarf besteht, um zum Beispiel die Produktionshalle zu kühlen, wurde eine Absorptionskältemaschine installiert. Diese wandelt die Wärme der Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage in den warmen Monaten in Kälte um, sodass das BHKW über das ganze Jahr hinweg optimal ausgelastet ist.
Zudem wurden in der Kältezentrale jeweils ein Pufferspeicher für Hoch- und Niedertemperaturen mit 90/80 °C beziehungsweise 41/34 °C installiert. "Bei den Planungen war es uns besonders wichtig, dass die nötigen Temperaturen mit einem möglichst geringen Energieaufwand erzeugt werden", erläutert Zweier das Konzept.
Das Prinzip der Kaskadennutzung bewährt sich schon seit Jahren am Firmensitz von Gammel und lässt sich bei entsprechender Planung auch in großen Industrieunternehmen in die Praxis umsetzen. "Konkret heißt das: Wärme wird mit einer möglichst niedrigen Vorlauftemperatur verwendet, Kälte mit möglichst hohen Temperaturen. Das steigert noch einmal die Effizienz und senkt den Energieverbrauch und damit auch die Kosten deutlich", so der Projektleiter weiter.
Auch in der Druckluftzentrale werden die Kompressoren auf zweierlei Art genutzt: Zum einen wird damit die Druckluft für den gesamten Standort hergestellt, zum anderen dient die Abwärme der Kompressoren wiederum zur Klimatisierung.
Der vermeintliche Nachteil der riesigen neuen Gebäudefläche mit insgesamt 5.400 m2 entpuppt sich letztlich als Vorteil, da die Wärme auch über die Wände, die Kühldecke sowie die eingebaute Fußbodenheizung an die Luft abgegeben werden kann und so die Hallentemperatur reguliert.
Durch die Einbindung des Blockheizkraftwerks, der Kältemaschine und der Druckluftkompressoren in das Gesamtkonzept und die hohe Bauteileffizienz geht damit ein vergleichsweise sehr geringer Teil der Energie verloren.
Des Weiteren wurden auch die einzelnen Maschinen – insgesamt 76 von 77 Bearbeitungszentren wurden von der alten in die neue Produktionshalle verlagert – in das Klimatisierungskonzept miteinbezogen. Das System regelt sich dabei zum größten Teil selbst und wird über eine voll integrierte zentrale Leittechnik gesteuert.
Im Winter, wenn besonders kalte Temperaturen herrschen, kann zudem ein Reservekessel zur Wärmeerzeugung eingesetzt werden. "Das Besondere an diesem Projekt ist die sehr hohe Präzision, die für den Mittelstand außergewöhnlich ist", erklärt Zweier. "Die Temperaturen im neuen Gebäude lassen sich auf bis zu 0,1° genau steuern und sichern so den besonders hohen Qualitätsstandard im Unternehmen."
Insgesamt investierte Stangl & Co. 3,7 Mio. Euro in die Energie- und Stromversorgung. Da die Kunden jedoch auch während der Baumaßnahmen regulär beliefert wurden, durfte der Betrieb nicht beeinträchtigt werden, was für die Planungen eine besonders große Herausforderung darstellte – auch weil das bei Stangl & Co. realisierte Klimatisierungskonzept in dieser Größenordnung einzigartig ist.
Dennoch konnten die Zeitpläne aufgrund der guten Vorplanung ohne größere Verzögerungen eingehalten werden. Auch die Geschäftsführer Johann Stangl & Stefan Kulzer zeigten sich über die Zusammenarbeit mit dem Abensberger Ingenieurbüro sehr zufrieden. "Durch die modernen Energieversorgungsanlagen konnte die Qualität unserer Produkte noch einmal gesteigert werden. Außerdem sparen wir wie prognostiziert erheblich Energie und damit Kosten ein", so die Geschäftsführer.