Der Nutzen einer Kontrollierten Wohnraumlüftung (KWL) mit Wärmerückgewinnung (WRG) geht weit über den Aspekt einer effektiven Schimmelvermeidung hinaus. Ganzheitlich geht es um Wohnkomfort, Gesundheit und Energieeffizienz.
Interview mit Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Böhm, Produktmanager Schornstein, Erlus AG
Der Nutzen einer Kontrollierten Wohnraumlüftung (KWL) mit Wärmerückgewinnung (WRG) geht weit über den Aspekt einer effektiven Schimmelvermeidung hinaus. Ganzheitlich geht es um Wohnkomfort, Gesundheit und Energieeffizienz.
Dies erreicht der Bauherr nur mit einer gut abgestimmten Anlage. Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Böhm, Produktmanager Schornstein bei der Erlus AG, erklärt im Interview mit dem HeizungsJournal, worauf bei der Auswahl, Installation und beim Betrieb des Luftverteilsystems zu achten ist.
Mit dem Firmennamen Erlus verbindet man direkt Dachkeramik und Schornsteinsysteme. Mit dem "Lüftungsnetzwerk Via Vento S" bietet Ihr Unternehmen nun ein System zur Luftverteilung innerhalb einer Kontrollierten Wohnraumlüftung in Einfamilienhäusern an. Welche Motivation steckt dahinter?
Wir suchen stets nach Innovationen, die für unsere Kunden ein Maximum an Nutzen und Mehrwert bieten. Dabei fokussieren wir bei der Produktentwicklung ganz klar die Wahrung und Einbindung unserer Kernkompetenzen. So verhält es sich auch beim Schornstein und dem "Lüftungsnetzwerk".
In der Vergangenheit wurde die Gebäudeenergieeffizienz überwiegend durch die Gebäudedämmung und auch die Heiztechnik bestimmt. Die Themen Energieeinsparung und Wärme sind bei uns im Schornsteinbereich somit seit jeher von zentraler Bedeutung. Durch die Entwicklung hocheffizienter Wärmeerzeuger und die wirtschaftlich begrenzte Dämmstärke der Gebäudehülle ist mittlerweile jedoch ein Ende dieser Energieeinsparmöglichkeiten abzusehen.
Ein erhebliches Einsparungspotential lässt sich derzeit noch in den Lüftungswärmeverlusten unserer Gebäude erkennen. Eine Komfort-Wohnraumlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung bietet hierzu entsprechende Möglichkeiten. Durch unsere nun fast 50-jährige Erfahrung im Schornsteinbereich verfügen wir über einen reichen Erfahrungsschatz im Bereich der Schachtsysteme. Und genau von dieser Kompetenz profitierten wir auch bei der Entwicklung unseres neuen "Lüftungsnetzwerkes". Schließlich ist gerade dieses Wissen gefragt, wenn die mechanische Lüftung zum Standard im Neubau werden soll.
Sie fahren eine klare Produktpolitik, sprich: Erlus konzentriert sich rein auf die Luftverteilung innerhalb des Gebäudes (Schacht, Querverteilung, Ventile). Im Vergleich zu anderen Herstellern und Anbietern aus dem Marktsegment KWL gehört das zentrale Lüftungsgerät selbst nicht zu Ihrem Produktportfolio. Wie gelingt Ihnen die Spezialisierung?
Wie bereits angesprochen, liegt unsere Stärke im Bereich des Schachtes und in der Integration während der Rohbauphase. Unser Kunde ist demnach in aller Regel der Bauunternehmer. Es macht also weder für ihn noch für uns Sinn, ihm ein Lüftungsgerät zu verkaufen. Schließlich ist das Gerät nicht sein und auch nicht unser Gewerk.
Wir selbst sehen uns vielmehr als Bindeglied zwischen Bauunternehmer und SHK-Handwerker. Unsere Erfahrungswerte aus dem Schornsteinbereich zeigen, dass sich diese Vorgehensweise auch bewährt: Seit jeher baut der Bauunternehmer den Schornstein ein und bietet durch unser Produkt die universelle Schnittstelle zur Heizung des Heizungsbauers.
Diese Herangehensweise möchten wir nun auch auf die Lüftung übertragen: Während das "Lüftungsnetzwerk" zum optimalen Zeitpunkt im Rohbau installiert wird, kann der SHK-Handwerker das Lüftungsgerät durch einen Standardanschluss anschließen. Dabei bleiben auch alle spezifischen Arbeiten wie beispielsweise die Wartung bei ihm.
Ist der SHK-Fachhandwerker bzw. Bauherr also frei in der Wahl des Lüftungsgeräts oder sprechen Sie an dieser Stelle Empfehlungen aus?
Genau dies ist der Reiz unseres Systems: Wir fokussieren uns vollständig auf das "Lüftungsnetzwerk" selbst und vertreiben demnach kein eigenes Lüftungsgerät. Auch eine Empfehlung hinsichtlich Hersteller oder Gerät sprechen wir ganz bewusst nicht aus. Die Lüftungsgeräte unterliegen einer steten Entwicklung und es kommen laufend neue Funktionen, wie Enthalpie-Wärmeübertrager oder Luftbehandlung, hinzu. Hier wollen wir dem technologischen Fortschritt gegenüber aufgeschlossen bleiben und unserem Kunden den notwendigen Entscheidungsspielraum gewähren. Er selbst hat somit die Möglichkeit, das Gerät anhand individueller Bedürfnisse auszuwählen und dieses dann mit unserem Luftverteilsystem zu kombinieren.
Kurz und bündig: Mit welchen Produktdetails und Installationsvorteilen hebt sich Ihr System vom "Rest der Welt" ab? Aus welchen Materialien bestehen die "Vento S"-Steine bzw. wie sind sie aufgebaut?
Während ein Lüftungsgerät jederzeit ausgewechselt werden und somit die jeweils innovativste Technik genutzt werden kann, gilt beim "Lüftungsnetzwerk" zu bedenken, dass dieses fest in die Bausubstanz integriert ist. Das "Netzwerk" bleibt in der Regel ein Hausleben lang im Gebäude, sodass Änderungen nicht oder nur mit extremem Aufwand realisiert werden können. Spätestens jetzt wird klar, dass man sich vorab mit den Möglichkeiten zum Geräteaustausch, zur Reinigung des "Netzwerkes" und mit anfallenden Folgekosten auseinandersetzen muss.
Mit unserem "Via Vento S" haben wir ein "Lüftungsnetzwerk" entwickelt, das sich insbesondere durch Revisionierbarkeit, schalloptimierte Materialien und baustellengerechte Installation auszeichnet. Durch die vollständige Integrierbarkeit in Decken und Wände geht darüber hinaus auch kein Wohnraum verloren.
Der senkrechte Schacht "Vento S" ist als einzügiger oder zweizügiger Schacht mit zusätzlichem Installationsschacht verfügbar und lässt sich in eine 17,5 cm starke Wand einbauen. Da dieser aus Beton gefertigt ist, besitzt er bereits durch seine Masse gute Schallschluckeigenschaften. Die Schächte selbst sind innen mit einer Beschichtung versehen, die eine hygienische Reinigung ermöglicht und zudem gegen das Wachstum von Mikroorganismen ausgerüstet ist. Diese Beschichtung findet sich auch in den Verteilern aus Beton, die einen horizontalen Anschluss von bis zu sechs Flexrohren DN 75 erlauben, wieder.
Jeder der Verteiler ist dabei vollständig in die Betondecke integriert und mit einer Revisionsöffnung versehen. Dies ermöglicht dem Hausherrn, dass er auch die Querverteilung bis zu jedem Ventil optimal reinigen kann. Zur Aufnahme der Ventile sind konsequenterweise wieder Beton-Ventiladapter, die den Anschluss konventioneller Ventile DN 125 ermöglichen, verfügbar.
!PAGEBREAK()PAGEBREAK!
Wie läuft die Installation des "Lüftungsnetzwerks" ab (Schnittstelle Rohbau/SHK-Fachhandwerk)? Wie sieht es mit der Anschaffung bzw. Vorhaltung von speziellem Werkzeug für die Installation aus?
Natürlich ist zunächst, wie bei jeder Lüftungsinstallation, die vorherige Abstimmung mit dem Planer erforderlich. Dabei unterstützen wir ihn bei der Auslegung nach DIN 1946-6 und stellen einen 3D-Zeichnungssatz der Komponenten des "Lüftungsnetzwerks" zur Verfügung.
"Via Vento S" ist dabei in mehrere Bauteilgruppen unterteilt: Die Bauteilgruppe I "Vento S"-Schächte umfasst die senkrechten Schächte und die Verteilerkästen. Sie wird in der Regel durch den Rohbauunternehmer zum optimalen Zeitpunkt in Wände und Betondecken integriert.
Als Ausbaustufe ist die Bauteilgruppe II "Via"-Querverteilung verfügbar. Diese verfügt über 75-mm-Flexrohre und die entsprechenden Beton-Ventiladapter DN 125 für die Decke. Auch diese Gruppe kann durch den Bauunternehmer eingebaut werden. Durch den 75er-Leitungsstandard kann dieser Schritt aber auch bereits vom SHK-Fachmann übernommen werden.
Wir bieten dann noch die Bauteilgruppe III "Ventile" an, die über ein Sortiment ausgewählter Ventile verfügt. Hier hat der Lüftungsexperte jedoch auch die Möglichkeit, eigene Ventile mit einem Durchmesser von 125 mm einzusetzen.
Darüber hinaus stellen wir auch geräteseitig eine hersteller- und produktneutrale Lüftungsgeräteschnittstelle zur Verfügung. Dies geschieht in Form des Zu- und Abluftanschlusses DN 160. Die Installation des Lüftungsgerätes, einschließlich Außen- und Fortluftinstallation, kann der Heizungs-/Lüftungsfachmann daher wie gewohnt durchführen. Letztlich können die beteiligten Gewerke von den Schnittstellen profitieren und es resultiert auch eine Zeitersparnis.
Können auch Mehrfamilienhäuser mit Ihrer Lüftungslösung ausgestattet werden?
Aktuell nein. Das "Via Vento S" wurde speziell für das Einfamilienhaus und damit für den platzsparenden Einbau innerhalb einer Wohneinheit konzipiert. An dieser Stelle möchten wir jedoch nicht ausschließen, dass es in Zukunft eine Modifikation für Mehrfamilienhäuser geben wird.
Für einen ordnungsgemäßen Betrieb der KWL-Anlage sind regelmäßige Reinigung und Wartung notwendig. Wie gestaltet sich der Service des "Lüftungsnetzwerks Via Vento S"?
Gut, dass Sie die Notwendigkeit der regelmäßigen Reinigung ansprechen. Gerade dieser Aspekt kommt oftmals zu kurz und bildet bei vielen Systemen eine Schwachstelle: Komplexe Strömungsquerschnitte, kleine Durchmesser und lange Reinigungswege erschweren bisweilen die Reinigung. Zumeist ist dies dann mit dem Einsatz von Spezialwerkzeug und zusätzlichen Kosten verbunden, sodass auch gerne einmal darauf verzichtet wird. Doch genau das ist fatal!
Wir haben unser "Via Vento S" daher im Hinblick auf die Reinigung so weit wie möglich optimiert. Durch die einfache Handhabung kann der Bewohner selbst die regelmäßige Reinigung durchführen. Alles was er hierfür benötigt, ist ein konventioneller Haushaltsstaubsauger. Das Reinigungsset für die "Vento S"-Schächte und die "Via"-Querverteilungen wird von uns mitgeliefert.
Die Schächte besitzen oben und unten eine Reinigungsöffnung, durch die sich das Reinigungsset einfach hindurchziehen lässt. Bei der Querverteilung wird das Deckenventil abgezogen und stattdessen der mitgelieferte Staubsaugeradapter eingesteckt. An diesen wird anschließend der Haushaltsstaubsauger angeschlossen. Über die Revisionsöffnung des jeweiligen Verteilerkastens wird dann der Reinigungsball durch das Flexrohr bis hin zum Ventilanschluss gesaugt. Dort fängt ihn dann der Staubsaugeradapter auf.
Über welche Kanäle vertreibt Erlus sein System in Deutschland?
Erlus setzt auf sein klassisches dreistufiges Vertriebsmodell über den Baustoffgroßhandel und verfügt über ein enges Netz an Außendienstmitarbeitern. Im Schornstein- und Lüftungsbereich stehen wir Planern, Bauunternehmen und SHK-Fachleuten gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Weiterführende Informationen: http://www.erlus.de
Freitag, 25.08.2017