Auf dem 20. Forum Wärmepumpe Mitte Oktober letzten Jahres in Berlin stand natürlich der personelle Engpass auf der Themenliste.
Elektro-Wärmepumpe kein direktes Geschäft für Elektriker
Auf dem 20. Forum Wärmepumpe Mitte Oktober letzten Jahres in Berlin stand natürlich der personelle Engpass auf der Themenliste.
Im Prinzip ist die Wärmepumpen-Installation ja Sache von zwei Handwerken, SHK und Elektro. Mit eigenen Marktaktivitäten in Bezug auf das Wärmepumpengeschäft hielt sich die Elektroseite bisher allerdings zurück. Und auch in Zukunft will man sich mehr um die Peripherie kümmern, wie unter anderem aus dem Referat von Alexander Neuhäuser aus der Hauptgeschäftsführung des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) hervorging. Zur Behebung des Engpasses trägt Elektro mithin nur indirekt bei.
Der ZVEH als Pendant zum ZVSHK vertritt auf nationaler und europäischer Ebene die Interessen der elektro- und informationstechnischen Innungsbetriebe. Für deren Innungsmitglieder ist, wie zu hören, der Kern einer Wärmepumpenanlage – Verkauf und Installation der Wärmepumpe selbst – nicht das große Geschäft.
Das Wachstum von über 50 (!) Prozent in 2022 gegenüber 2021 verteilt sich überwiegend auf die Betriebe aus dem Heizungsbau. Hier hat ein Wandel stattgefunden. In der rund 50-jährigen Geschichte deutscher Wärmepumpenheizungen gingen die Elektro- und die Kältetechnikbetriebe anfangs voran: Klemens Waterkotte, der Vater der deutschen Wärmepumpenheizung, ist Kälteingenieur. Seine ersten Modelle und Installationen basierten auf der Direktverdampfung: Statt Sole zirkulierte Kältemittel durch die Kupferrohre im Erdreich.
Die Branche musste dann aber erkennen, dass die Hydraulik ein ihr großenteils unbekanntes Terrain ist. Die Zuneigung zur Wärmepumpe hielt sich folglich in Grenzen. Die Schwierigkeit liegt auf der Hand. Für die Elektro-Fachbetriebe steht die korrekte Vernetzung und Verdrahtung von Geräten und Maschinen im Vordergrund, in welcher Hülle, sprich in welchem Haus, sie auch immer aufgestellt sein mögen.
Die SHK-Fachbetriebe demgegenüber müssen sich als vorgeschalteter Schritt zunächst einmal das Gebäude anschauen. Welchen Wärmebedarf hat es? Die Heizlast- und Rohrnetzberechnung beherrschen einige der 50.000 Elektro-Fachbetriebe, mehrheitlich sehen sie sich aber mehr als Partner denn als Wettbewerber der SHK-Anlagenbauer.
Alexander Neuhäuser vom ZVEH nannte in Berlin konkrete Zahlen. Demnach betrug der Umsatzanteil von Wärmepumpen und Lüftungssystemen im Elektrohandwerk im Herbst 2022 gerade mal knapp zwei Prozent. Diese Angabe bezieht sich auf komplette Einbauten. Beteiligt an Wärmepumpen-Installationen waren immerhin 33 Prozent der Betriebe und rund 80 Prozent halten es für wichtig, dass das Gewerk Leistungen in diesem Bereich anbietet.
Die 80 Prozent wiederholen sich auch als Antwort auf die Frage: „Wenn Sie wahrscheinlich bis 2025 Leistungen im Bereich der Installationen von Wärmepumpen anbieten, wie wahrscheinlich ist es, dass Mitarbeiter Ihres Unternehmens innerhalb der nächsten zwölf Monate mindestens eine Weiterbildung im Bereich der Installationen von Wärmepumpen absolvieren würden?“ Wie gesagt, die Wahrscheinlichkeit beträgt 80 Prozent und sie bewegt sich in den neuen wie in den alten Bundesländern auf gleichem Niveau. Wobei, um das noch einmal zu wiederholen, die Tätigkeit in erster Linie anteilige Arbeiten an den Installationen betrifft, nicht ein direktes Engagement in den Markthochlauf.
Denn das Wohlergehen der Elektrobranche hängt derzeit nicht vom Wärmepumpenmarkt ab. Die Themen sind mehr E-Mobilität und Wallbox, Sicherheit sowie smarte Techniken, die zulassen, via PC, Tablet oder Smartphone aus der Ferne Zugriff auf Installationen im Gebäude zu nehmen. Dazu Strom aus Photovoltaik-Anlagen (PV), Kombinationen mit Batteriespeichern und anderes. Die Wärmepumpe ergänzt nur dieses Dienstleistungsangebot, steht nicht im Mittelpunkt.
Mehr Gewinn lässt sich mit einem zusätzlichen Wärmepumpenzweig ohnehin nicht generieren. Beide Gewerke, Elektro wie SHK, gehören mit durchschnittlich 130.000 Euro Umsatz pro Person und Jahr mit zu den profitabelsten Handwerken. Neue Gewährleistungsfragen aus der angesprochenen wärmetechnischen Seite könnten den Ertrag der Elektriker eher schmälern.
Zudem verweisen, laut ZVEH, gut 65 Prozent der Betriebe auch ohne Wärmepumpen-Standbein auf unbesetzte, offene Stellen. Die Branche reagierte auf das Defizit, indem sie Mitte 2021 mit dem Elektroniker für Gebäudesystemintegration einen neuen Ausbildungsberuf einführte, der vornehmlich dem digital-affinen Nachwuchs Anregung sein will, ein Studium vorerst beiseite zu schieben.
Die Ausbildung zum Elektroniker für Gebäudesystemintegration beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der digitalen Vernetzung von Gebäudebereichen wie Smart Home, Smart Building, Facility Management und anderes. Das Manko an Wärmepumpen-Spezialisten im Elektrohandwerk hebt die Neuschöpfung nicht auf. Darum soll sich SHK kümmern.
Selbst in der Offensive der E-Branche „Das E macht die Zukunft“ kommt der regenerative Wärmeerzeuger als klimaschützendes Element mit keinem Wort vor. In dieser Kampagne werben die Marketingleute lediglich für PV und Wallbox: „Die E-Handwerke – Klimaschützer und Fortschrittmacher. Ihr Zuhause soll künftig smart, sicher und energieeffizient sein. Sie wollen nachhaltig mit Photovoltaik Strom erzeugen und die Elektromobilität nutzen. Diese Zukunft machen wir zur Wirklichkeit. Die Innungsfachbetriebe der E-Handwerke […].“ Und es folgt ein Hinweis auf den 30. Oktober als Tag des Einbruchschutzes.
Die Referenten des Forums Wärmepumpe 2022 waren sich darin einig, dass zudem für die Betriebe Investitionen in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter in erster Linie davon abhängen, inwieweit es tatsächlich der Bundesregierung mit der Ankündigung ernst ist, ab 2024 nur noch neue Heizungen zuzulassen, die mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien einsetzen.
Für die Ernsthaftigkeit müsse ein Beleg her, in Form einer Verordnung oder eines Gesetzes. So etwas sei in Arbeit, teilte Staatssekretär Dr. Patrick Graichen aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit. „Erst diese gesetzliche Fixierung bringt den Marktakteuren die notwendige Sicherheit, sich in erforderlichem Maßstab auf Wärmepumpen auszurichten“, so der Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP), Dr. Martin Sabel.
Er, der Markthochlauf, könnte sich auch beschleunigen, wenn sich die beiden Gewerke SHK und Elektro noch mehr verzahnen würden, zum Beispiel über Partnermodelle. Und wenn sie bereit wären, Arbeitsschritte auszulagern. Das ging aus der Diskussion mit Helmut Bramann (Hauptgeschäftsführer ZVSHK), Alexander Neuhäuser und Hans-Arno Kloep hervor. Kloep, Inhaber der Unternehmensberatung „Querschiesser“, zerlegte den kompletten Installationsprozess einer Wärmepumpenheizung und filterte genügend Arbeit für fachfremde Dienstleister heraus – Arbeitsschritte, die nicht ein hochqualifiziertes Fachpersonal durchführen müsse.
Weiterführende Informationen: https://www.zveh.de
Dienstag, 02.05.2023