Mit Wasserstoff zur grünen Wärme

Beimischung oder 100 Prozent – Trends der H2-Heiztechnik

Wasserstoff (H2) gilt als ein Schlüsselelement für die Energiewende und könnte in nicht allzu ferner Zukunft Erdgas als Wärmelieferant ablösen.

Die Heizungsbranche benötigt daher zügig Lösungen, um ihre Geräte darauf vorzubereiten.

Eine klimaneutrale Zukunft ist nur dann möglich, wenn sich die Welt nach und nach von fossilen Brennstoffen verabschiedet und durch saubere Energieträger ersetzt. Noch trägt das Heizen zu einem großen Teil zum weltweiten CO2-Austoß bei. Gas-Brennwertthermen sind zwar bereits sehr effizient, doch mit einem grünen Brennstoff wie Wasserstoff würde die Klimabilanz besser ausfallen. Bis alle gasbasierten Heizsysteme vollständig auf Wasserstoff umgestellt sind, dauert es zwar noch, das ist aber nur eine Frage der Zeit.

Angesichts der langen Lebensdauer von Gas-Brennwerthermen von über 15 Jahren ist es daher sinnvoll, schon heute zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln. Großbritannien ist hier klar der Vorreiter: Ab 2025 müssen dort alle neu installierten Gas-Boiler so konstruiert sein, dass sie sich ohne nennenswerten Aufwand für einen hundertprozentigen Wasserstoffbetrieb umrüsten lassen. Ein gewisser Zeitdruck ist also gegeben. Unvorbereitet ist die Branche allerdings nicht. Schon seit einigen Jahren arbeiten Heiztechnikhersteller an Lösungen und es gibt europaweit verschiedene Feldtests, die den Wasserstoffeinsatz in lokalen Netzen erproben. Im industriellen Maßstab steckt die Entwicklung aber noch am Anfang.

Aktuell arbeitet der Markt in zwei Richtungen: Zum einen machen die Hersteller ihre Geräte fit für die Beimischung von Wasserstoff zum konventionellen Erdgas. Zehn Prozent sind inzwischen problemlos möglich. Gerade etablieren sich 20 Prozent als der neue Standard. In der Summe sind so erhebliche CO2-Einsparungen möglich. Zwar sind noch etwas höhere Beimischungen von etwa 30 Prozent beherrschbar, jenseits dieser Grenze sind weitere Steigerungen technisch nicht sinnvoll. Deshalb geht die zweite Entwicklungsschiene dahin, Geräte zu bauen, die sowohl mit Erdgas als auch zu hundert Prozent mit Wasserstoff betrieben werden können.

Was Wasserstoff besonders macht

Prinzipiell können Hersteller in beiden Fällen das Funktionsprinzip ihrer Brennwertgeräte beibehalten. Aufgrund der Wasserstoffeigenschaften sind jedoch vor allem drei Aspekte zu beachten. Wasserstoff ist das leichteste aller chemischen Elemente mit der niedrigsten Dichte. Damit hat es eine höhere Permeabilität als Erdgas und bei den Komponenten in der Therme muss man besonderes Augenmerk auf die Dichtigkeit legen. Der zweite Aspekt betrifft die Wahl geeigneter Materialien. Entscheidender ist jedoch das Brennverhalten: Zum einen ist die Flammgeschwindigkeit bei der Verbrennung von Wasserstoff achtmal höher als bei Methan und zum anderen zündet es sehr schnell.

Bei einer Beimischung von bis zu 20 Prozent Wasserstoff hat das Brennverhalten noch eine untergeordnete Bedeutung. Allerdings gilt es trotzdem, ein besonderes Augenmerk auf die Verbrennung zu richten. Wasserstoff hat einen geringeren Heizwert als Erdgas und der für den Austausch von Brenngasen wichtige Wobbeindex ist ebenfalls niedriger. Somit ist es notwendig nachzusteuern, damit das System genauso effizient ist, wie im Erdgasbetrieb. Für die Effizienz der Brennwertgeräte ist es daher umso entscheidender, dass die Komponenten des Gas-Luft-Verbunds perfekt aufeinander abgestimmt sind. Denn nur mit einem optimalen Mischungsverhältnis von Erdgas, Wasserstoff und Luft ist die Energieausbeute perfekt. Die Systemlösungen „CleanEco“ (pneumatischer Verbund) und „CleanVario“ (elektronischer Verbund) bestehend aus Gebläse, Venturi, Gasventil und Steuereinheit von ebm-papst sind für den Einsatz von 20 Prozent Wasserstoff bereits vorbereitet und zertifiziert. So sind die meisten Gasgebläse in den verschiedenen Leistungsklassen vom DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.) geprüft und für die H2-Beimischung zugelassen (Abb. 2). Dasselbe gilt für die Gasventile von ebm-papst. Die Gebläse sorgen in jedem Betriebszustand für das optimale Mischverhältnis von Luft und Gas.

Bei der Beimischung kann insbesondere das elektronische Verbundsystem „CleanVario“ seine Vorteile ausspielen, weil es gasadaptiv ist und sich an unterschiedliche Brennstoffe anpassen kann. Die für den schadstoffarmen und zugleich effizienten Betrieb ideale Mischung von Brennstoff und Luft ist dann gegeben, wenn das Verbrennungsluftverhältnis bei einem λ-Wert zwischen 1,2 und 1,3 liegt. Um zu prüfen, ob die Verbrennung optimal verläuft, misst bei „CleanVario“ eine Elektrode direkt an der Flamme den Ionisationsstrom. Je nachdem wie hoch oder niedrig dieser ist, wird das Gasventil elektronisch angesteuert, um den Gasfluss zu erhöhen oder zu drosseln. Somit ist es möglich, die Verbrennung unabhängig vom Brennstoff zu steuern. Hierbei ist es ebm-papst gelungen, durch die intelligente Verknüpfung aller Aktoren und Sensoren die Zuverlässigkeit des Systems über den Stand der Technik weiterzuentwickeln. Bis zu einer Beimischung von 30 Prozent Wasserstoff funktioniert die Ionisationstechnologie zuverlässig. Bei 100 Prozent allerdings nicht. Der Ionisationsstrom ist dann kaum messbar.

Sichere Zündung, sicherer Betrieb

Beim Betrieb mit 100 Prozent Wasserstoff bekommt das Brennverhalten eine entscheidende Bedeutung. Wegen der hohen Flammgeschwindigkeit und der Reaktionsfreudigkeit des Elements beschäftigt die Heiztechnikbranche vor allem das Thema Sicherheit. Wer das Brennverhalten jedoch genau kennt, kann die Verbrennung von Wasserstoff sicher beherrschen.

Besonders kritisch ist der Zündvorgang. Die Gefahr ist, dass es dabei zu einem Flammrückschlag kommt. In diesem Fall wandert die Flamme vom Brenner entgegen der Stromrichtung zurück Richtung Gas-Luft-Verbund. Das geschieht, wenn sich die Flamme nach der Zündung sehr schnell ausbreitet und ein derart hoher Druck entsteht, dass neues Brennstoffgemisch nicht schnell genug in den Brenner nachströmen kann. Die Flamme sucht sich also selbst einen Weg, um sich weiter nähren zu können und wandert dem Brennstoffgemisch entgegen (Abb. 3). Eine Möglichkeit die Zündung sicher zu machen, ist, den Luftanteil während des Startvorgangs zu erhöhen. Der Vorteil: Wasserstoff zündet im Vergleich zu Erdgas schon bei sehr geringen Konzentrationen. Ist die kritische Zündphase vorbei, geht das Gerät nach Sekundenbruchteilen in den effizienten Regelbetrieb zurück.

Zu einem Flammrückschlag kann es aber auch bei laufendem Betrieb kommen, und zwar dann, wenn niedrigere Leistungen abgerufen werden. Grund ist die hohe Flammgeschwindigkeit des Wasserstoffs. Die Flamme kommt dort zum Stehen, wo die Flammgeschwindigkeit genauso groß ist wie die Ausströmgeschwindigkeit. Bei Nennleistung geschieht das in ausreichendem Abstand zur Brenneroberfläche. Verringert sich die Leistung, nimmt die Ausströmgeschwindigkeit ab, die Flamme wandert Richtung Brenneroberfläche (Abb. 4). Ab einem bestimmten kritischen Niveau besteht die Gefahr, dass die Flamme in den Brenner hineingelangt und stromaufwärts wandert. Es muss also sichergestellt werden, dass auch bei niedrigen Heizleistungen eine bestimmte Ausströmgeschwindigkeit nicht unterschritten wird.

Gas-Luft-Verbund für 100 Prozent Wasserstoff

Um den Flammrückschlag zu verhindern, arbeitet ebm-papst an einem neuen Betriebskonzept. Da für den elektronischen Verbund erst noch wirtschaftliche und genauso langlebige Alternativen zur Ionisationstechnologie gefunden werden müssen, ist Stand jetzt eine pneumatische Lösung am sinnvollsten. Für gewöhnlich ist der pneumatische Verbund bei der Installation für ein bestimmtes Brennstoff-Luft-Verhältnis eingestellt. Allerdings gibt das System keine Auskunft darüber, wie hoch der Gemischvolumenstrom ist, der in den Brenner gelangt. Um den Flammrückschlag im Betrieb sicher zu verhindern, ist es aber wichtig, die Ausströmgeschwindigkeit genau zu steuern. Aktuell arbeitet ebm-papst an einem elektronisch-pneumatischen Verbund, der genau das kann und zum Beispiel auch über ein angepasstes Startverhalten auf die Anforderungen vorbereitet ist.

Bereit für die Zukunft

Wie genau die Zukunft des Heizens aussieht, ist schwer zu prognostizieren. Sicher ist jedoch, dass Wasserstoff eine bedeutende Rolle einnehmen wird, damit die Weltgemeinschaft ihre Klimaziele erreichen kann. Für eine Übergangszeit ist die Beimischung von etwa 20 Prozent zum normalen Erdgas wahrscheinlich. Die Komponenten von ebm-papst sind für diesen Einsatz vorbereitet. Das werden sie auch sein, wenn 100 Prozent Wasserstoff in die Thermen strömt.

Weiterführende Informationen: https://www.ebmpapst.com/de/de/home.html

Dienstag, 01.11.2022