Wohngebäude haben einen wesentlichen Anteil am Gesamtenergiebedarf und an den Treibhausgasemissionen in Deutschland.
„All Electric House“ mit elektrischer Flächenheizung
Wohngebäude haben einen wesentlichen Anteil am Gesamtenergiebedarf und an den Treibhausgasemissionen in Deutschland.
Den Energiebedarf von Wohngebäuden zu verringern, ist daher ein Schwerpunkt deutscher Klimapolitik. Wichtig ist hier, neben dem Punkt „Bauphysik“, aber natürlich auch eine zuverlässige Haus- und Heiztechnik, die möglichst frei von fossilen Brennstoffen Wärme zur Verfügung stellt.
Niedrigenergiegebäude können heute mit einer elektrischen Flächenheizung in Kombination mit einer Photovoltaik-Anlage (PV) und einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung behaglich, wirtschaftlich und mit großer Zukunftssicherheit beheizt werden, ohne auf fossile Brennstoffe angewiesen zu sein. Die elektrische Flächenheizung ist daher in sehr gut gedämmten Gebäuden mit entsprechend niedriger Heizlast eine Alternative zu anderen Heizsystemen und erfüllt, gemäß Gebäudeenergiegesetz 2024 (GEG), pauschal die verpflichtende 65-Prozent-Regel für erneuerbare Energien (EE).
Das Hauskonzept besteht dabei aus einer intelligenten Kombination von baulichem Wärme-/Kälteschutz, Anlagentechnik und Sektorkopplung (z.B. Strom – Wärme – Mobilität). Das sogenannte „All Electric House“ kommt ohne den Einsatz fossiler Energien innerhalb des Hauses aus. Über den Verbrauch des Haushaltsstroms hinaus erfolgt sowohl die Trinkwassererwärmung über Strom als auch die Wärmeversorgung mit der elektrischen Flächenheizung. Daraus kann eine hohe Energieautarkie resultieren, da über die PV-Anlage Strom und Wärme zu einem großen Anteil vom eigenen Dach kommen.
Bemerkenswert sind auch die niedrigen Investitionskosten für die elektrische Flächenheizung bei der Erstellung des Gebäudes gegenüber anderen Alternativen der Raumheizung. Es müssen weder eine komplexe (hydraulische) Anlagentechnik noch ein Schornstein eingebaut werden. Somit fallen im Betrieb praktisch auch keine Wartungskosten an.
Bereits in den Jahren 2019 und 2022 hat der Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen e.V. (BVF) Studien über die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der elektrischen Flächenheizung durch das ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden Forschung und Anwendung GmbH erstellen lassen. Diese belegen, dass die elektrische Flächenheizung die geforderten Effizienzstandards des GEG erfüllt und in sehr gut gedämmten Gebäuden eine Alternative als vollwertige Raumheizung zu anderen gängigen Heizsystemen ist. In Kombination mit PV und weiterer Anlagentechnik, wie zum Beispiel einer zentralen Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung, kann das Effizienzpotential des Heizsystems voll ausgeschöpft werden.
Die lange diskutierte und im Spätsommer 2023 schließlich verabschiedete Novelle des GEG 2024 sieht die elektrische Flächenheizung denn auch als Option zur pauschalen Erfüllung der 65-Prozent-Regel für erneuerbare Energien, die zunächst für Neubauten in Neubaugebieten verpflichtend gelten soll. Diese Regelung schreibt vor, dass jede neu installierte Heizung mit einem erneuerbaren Anteil von mindestens 65 Prozent betrieben werden muss.
Für die elektrische Direktheizung legt der neue Paragraph § 71d des GEG 2024 („Stromdirektheizung“) weitere Anforderungen zur Nutzung fest. Hier unterscheidet das GEG zwischen Neubau und nachträglichem Einbau in ein bestehendes Gebäude und zwischen Einfamilienhäusern mit maximal zwei Wohneinheiten mit Eigennutzung sowie Ein- und Mehrfamilienhäusern ohne Eigennutzung.
Für selbst bewohnte Ein- und Zweifamilienhäuser gelten im Neubau die Anforderungen des GEG ohne weitere Auflagen. Diese Anforderungen lassen sich beim Einbau einer elektrischen Flächenheizung mit dem baulichen Niveau des Effizienzhaus-Standards 55 (EH55) oder des Effizienzhaus-Standards 40 (EH40) erfüllen.
Für selbst genutzte, bereits bestehende Ein- und Zweifamilienhäuser gibt es bei einem Heizungsaustausch mit Um-stieg auf eine elektrische Flächenheizung keine Auflagen oder Einschränkungen – Anforderungen seitens GEG 2024 gibt es nicht. Der BVF empfiehlt hier aber zusätzlich die Nutzung von PV, einen erhöhten Wärme-/Kälteschutz und eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Der Immobilieninhaber eines Ein- oder Zweifamilienhauses kann seine Entscheidung damit frei treffen, welche Heizungstechnik individuell besser geeignet ist, um die für ihn optimale Kombination aus Investitions- und Betriebskosten zu finden. So kann bei einem nachträglichen Einbau einer elektrischen Flächenheizung in ein Bestandsgebäude die Nachrüstung von PV oder der Gebäudedämmung auch zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines Sanierungsfahrplans erfolgen.
Für zu vermietende Ein- und Mehrfamilienhäuser, die neu errichtet werden, sowie auch bei vermieteten Bestandsimmobilien, die vor einem Heizungstausch ein wasserbasiertes Heizungssystem hatten, schreibt der Gesetzgeber nun beim Einbau einer elektrischen Flächenheizung vor, dass der bauliche Wärmeschutz nach §16 und §19 GEG um mindestens 45 Prozent übertroffen sein muss – dies entspricht einem geforderten Effizienzhaus-Standard 40 (EH40). Für nicht selbst bewohnte Bestandsgebäude ohne wasserbasiertes Heizsystem ist bei einem Wechsel zur elektrischen Flächenheizung der bauliche Wärmeschutz des Effizienzhaus-Standards 55 (EH55) einzuhalten.
Durch die hohen Anforderungen an die baulichen Rahmenbedingungen und den steigenden Zinssatz sind Bauherren mit großen Kosten belastet. Zukünftig werden nur noch hochwärmegedämmte Gebäude mit EH40-(plus-)Standard Förderungen erhalten. Die im Vergleich zu anderen Heizsystemen niedrigeren Investitionskosten, die einfache Installation, die lange Lebensdauer von über 50 Jahren und die nicht vorhandenen Wartungskosten einer elektrischen Flächenheizung können hier zusätzliche Anreize geben, in ein hochwärmegedämmtes Gebäude mit PV-Anlage und Lüftung mit Wärmerückgewinnung zu investieren.
Die kapitalgebundenen Kosten sind damit geringer als bei allen anderen Heizsystemen und werden auch durch die Jahresgesamtkosten nicht aufgewogen, da die Heizlasten in jenen Niedrigenergiegebäuden sehr klein sind. Des Weiteren bieten elektrische Flächenheizungen eine sofortige und gezielte Wärmeabgabe ohne Verteilverluste. Über digitale Regelungstechnik können die Nutzer die Temperatur raumweise präzise steuern, ohne lange Vorlaufzeiten.
Elektrische Flächenheizungen können zudem netzdienlich betrieben werden. Das „All Electric House“ kann so Überschüsse aus dem Netz aufnehmen, den Energiebedarf aus dem Netz bei Bedarf reduzieren, Energie in das Netz einspeisen und so perspektivisch Teil des „Smart Grids“ werden.
Mittwoch, 10.04.2024