Die Idee der Motorworld, die 2009 mit der „Motorworld Region Stuttgart“ ihren Anfang nahm, bringt mittlerweile ordentlich PS auf die Straße. Neben einem weiteren, 2018 eröffneten Standort in Köln kommt nun unter anderem München neu hinzu. Hier ist in der denkmalgeschützten, ehemaligen Lokhalle ein einzigartiger Treffpunkt für Liebhaber hochwertiger Fahrkultur und zugleich ein vielseitiges Veranstaltungsareal entstanden. Das riesige Gebäudeensemble stellt auch an die Lüftungstechnik besondere Anforderungen. Die Redaktion des HeizungsJournals hat sich vor Ort genauer umgeschaut und wurde dabei Zeuge einer außergewöhnlichen Anlagenmontage.
Entsprechend dem Konzept der Motorworld soll jeder Standort zu einem magischen Ort rund um das Thema Oldtimer und Liebhaberfahrzeuge und damit zum Zentrum für mobile Leidenschaft werden – meist in denkmalgeschützten Gebäuden. Sammler, Liebhaber und Fans ebenso wie Classic-Car-Investoren können hier Fahrzeuge sämtlicher Couleur – von Oldtimern über Youngtimer und Raritäten bis hin zu modernen Luxusautomobilen und Bikes – finden und diese vor Ort in Glasboxen einstellen. Dienstleister, Einzelhändler, Galeristen und Agenturen ergänzen das Angebot für die Fahrzeugbegeisterten.
Alles begann 2009, als die „Motorworld Region Stuttgart“ als Pilotprojekt auf dem ehemaligen Landesflughafen von Württemberg in Böblingen ihre Pforten öffnete. Preisgekrönt und mehrfach erweitert, ist sie heute das größte private und markenunabhängige Oldtimer- und Sportwagenzentrum Europas. Zu den Mietern zählen Experten für automobile Klassiker wie Arthur Bechtel Classic Motors sowie Auto- und Bikehäuser der Premiummarken Bentley, Ferrari, Maserati, Harley Davidson und Porsche. Darüber hinaus lässt hier die Dörr Group mit McLaren und Lotus die Herzen der Automobilfans höherschlagen.
Neuer Standort der Extraklasse
Nach dem erfolgreichen Start in Böblingen wurden in den vergangenen Jahren weitere Projekte und Aktivitäten ins Leben gerufen. Im Juni 2018 eröffnete auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Butzweilerhof die „Motorworld Köln-Rheinland“ und nun ist unter anderem München an der Reihe. Hier hält die Motorworld Einzug in die denkmalgeschützten Hallen des ehemaligen Bahnausbesserungswerkes und macht diesen historischen Standort – erweitert durch stilvolle Neubauten innerhalb der riesigen Lokhalle mit ihren 22.000 m² Grundfläche – zum lebendigen Treffpunkt und Forum für Liebhaber und Fans hochwertiger Fahrkultur.
Das Gelände der „Motorworld München“ bietet insgesamt 75.000 m² Fläche für verschiedene Veranstaltungen, wie Events, Messen, Tagungen, Konzerte oder Galaabende. Neben dem Mobilitätszentrum und Event-Ensemble, zu dem die über München hinaus bekannten Eventhallen Zenith und Kesselhaus sowie der neue Kohlebunker gehören, kommen noch weitere Eventbereiche, ein neuer Kongresssaal für mehr als 2.000 Personen und diverse Tagungsräume hinzu. Ein 4-Sterne-Hotel in der Lokhalle bietet den Besuchern und Fahrzeugbegeisterten mit seinen über 150 thematischen Doppelzimmern eine adäquate Übernachtungsmöglichkeit. Darüber hinaus ergänzen vielfältige Gastronomiebetriebe, Lifestyleshops, Büros und nicht zuletzt rund 900 Parkplätze in der neuen Tiefgarage, aber auch in den Außenanlagen, das Angebot der mobilen Erlebniswelt.
Bei allen Maßnahmen innerhalb der denkmalgeschützten Lokhalle wurde darauf geachtet, den industriellen Charakter und Stil des historischen Gebäudes zu bewahren. Viele Elemente aus der Zeit als Bahnausbesserungswerk sind nach wie vor sichtbar und in das Gesamtkonzept des Gebäudeensembles integriert – etwa das Schienendrehkreuz, Kranbahnen, Stahlträger und das Dachtragwerk. Zudem ist keine der Einbauten, die in der Halle entstanden sind, mit der Hallenkonstruktion verbunden.
Be- und Entlüftung mit Herausforderungen
In der „Motorworld München“ kommen insgesamt 38 raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) zum Einsatz. Die Anlagen dienen allein der Be- und Entlüftung und werden mit einem Außenluftanteil von 100 Prozent betrieben. Sie sind mit Kühl- und Heizregistern zur Vortemperierung der Außenluft ausgestattet, die Rückgewinnung der in der Abluft enthaltenen Wärme erfolgt – je nach Anlage – über Rotations- oder Kreuzstromwärmeübertrager. Die Beheizung und Kühlung der Räume übernehmen andere Systeme, je nach Gebäude bzw. Räumlichkeit zum Beispiel Flächenheizungen, Fan Coils oder Hallenheizer.
„Eine ausreichende Be- und Entlüftung ist vor allem in den innenliegenden und von der Fassadenkonstruktion der Lokhalle abgekoppelten Gebäuden von Bedeutung“, erläutert Dominic Zacharias, Senior-Projektleiter bei der Otto Building Technologies GmbH, einem Tochterunternehmen der Engie Deutschland, und beim Projekt „Motorworld München“ für die Lüftungstechnik verantwortlich. „Denn in der Lokhalle selbst findet keine mechanische Lüftung statt. Hier ist lediglich die Einhaltung einer Raumlufttemperatur von mindestens 12 °C vorgegeben, damit die Besucher wettergeschützt flanieren, die Fahrzeuge und Oldtimer in den Glasboxen betrachten und zu Events, Konzerten oder anderen Veranstaltungen gelangen können.“
Der Leistungsbereich der einzelnen RLT-Anlagen reicht von 1.000 bis rund 21.000 m³/h. Die Anzahl der Geräte und Technikzentralen – es sind so viele, dass es nicht möglich war, bei der Begehung den Überblick zu behalten – variiert dabei in Abhängigkeit von der in den unterschiedlichen Zonen benötigten Gesamtluftmenge. So wird beispielsweise das sich in der Lokhalle befindende Hotelgebäude über vier Technikzentralen und insgesamt neun RLT-Geräte versorgt. Die Belüftung der rund 150 Hotelzimmer erfolgt über einen zusätzlichen Luftanschluss an den Fan Coils, die als wasserbasierte 4-Leiter-Systeme im Umluftbetrieb für die gewünschte Raumtemperatur sorgen. Der beigemischte Außenluftanteil stellt in den Zimmern einen nahezu zweifachen Luftwechsel pro Stunde sicher. Für die Entlüftung kommen in jedem Hotelzimmer zwei klassische Ablufttellerventile zum Einsatz.
Auch der in der Lokhalle eingebettete Eventbereich für bis zu 2.300 Personen verfügt über ein eigenes Lüftungssystem. Es besteht aus zwei RLT-Geräten, die jeweils für einen Luftvolumenstrom von bis zu 20.700 m³/h ausgelegt sind. Bei besonders hohen Wärmelasten, die beispielsweise im Rahmen einer Veranstaltung entstehen können, lässt sich die Leistung zeitlich begrenzt auf Luftvolumenströme von insgesamt 60.000 m³/h erhöhen. „Zur Einhaltung der Vorgaben der ERP-Richtlinie darf dies allerdings nur ohne eine gleichzeitige thermische Luftbehandlung und in einem Zeitraum von maximal zwei Stunden erfolgen“, fügt Zacharias hinzu.
Kaltentrauchung im Brandfall
In einem solchen Treffpunkt für Liebhaber hochwertiger Fahrkultur mit all seinen kostbaren und raren Automobilen sowie den vielfältigen Events und Veranstaltungen erhält die Sicherheit im Brandfall einen besonders hohen Stellenwert. Demzufolge kommen in der „Motorworld München“ gleich zwei Sprinkleranlagen zum Einsatz, von denen eine als Redundanz genutzt wird. Ein Sprinklertank mit einem Fassungsvermögen von sage und schreibe 1,4 Mio. Liter Wasser sorgt dafür, dass im Brandfall ausreichend Löschwasser zur Verfügung steht.
Ergänzt wird das Brandschutzkonzept durch eine in die Lüftungsanlagen integrierte, sogenannte Kaltentrauchung. Das bedeutet, dass im Brandfall die kalten Rauchgase über den Abluftweg der Lüftungsanlagen aus den Räumen abgeführt werden. Vor allem in den Gebäuden innerhalb der Lokhalle, in denen die Fenster im Brandfall geschlossen bleiben müssen, trägt die Rauchabführung entscheidend zur Brandbekämpfung und Rauchfreihaltung von Rettungswegen bei. Um eine Verschleppung der Rauchgase zu verhindern, sind sämtliche Anlagen mit Beipässen versehen, die während der Kaltentrauchung eine strikte Trennung zwischen dem Abluft- und dem Zuluftleitungsnetz sicherstellen. Gleichzeitig hat es den Nebeneffekt, dass die Druckverluste der Wärmerückgewinnung umfahren werden.
Die Lüftungsanlagen fördern im Regelbetrieb wesentlich weniger Abluftvolumenstrom als Rauch im Brandfall entsteht. In den Hotelzimmern etwa ist es notwendig, während des Entrauchungsfalls einen fünffachen Luftwechsel pro Stunde zu gewährleisten, während im Regelbetrieb ein zweifacher stattfindet. „Daher mussten wir die Ventilatorleistungen auf die erhöhten Luftvolumenströme abstimmen und bei der Auslegung der Luftleitungskanäle die damit einhergehenden Druckverluste berücksichtigen“, erklärt Zacharias. „Denn die kalten Rauchgase werden mit 10 m/s abgeführt, da kann es in der Anlage durchaus zu Druckverlusten von 800 Pa kommen.“
Dachaufstellung per Lastenflug
Obwohl die Technikzentralen recht klein sind, konnten die meisten RLT-Geräte mit einem Kran oder mittels eines Teleskopstaplers eingebracht werden. Am Tag des Besuchs der Redaktion fand allerdings eine eher nicht so alltägliche Montage von zwei Lüftungsanlagen des Unternehmens FläktGroup – das den überwiegenden Teil der RLT-Geräte für die „Motorworld München“ lieferte – statt. Die beiden Anlagen, zwei „CAIRplus“ Zentrallüftungsgeräte in wetterfesten Ausführungen für die Außenaufstellung, sollen einen Zwischenbereich der Lokhalle versorgen und mussten dafür auf das Dach des Gebäudeteils transportiert werden – mithilfe eines Lastenhubschraubers!
„Die Dachaufstellung der Anlage mit einem Kran war nicht möglich, da aufgrund der vorherrschenden Rahmenbedingungen dafür eine Ausladelänge von mehr als 60 m nötig wäre“, so Zacharias über die Hintergründe. „Daraufhin haben wir gemeinsam mit unserem Kunden den Einsatz eines Lastenhubschraubers sowie den Aufwand für die komplette Zerlegung der Geräte in Einzelteile durchkalkuliert und gegenübergestellt. Und was soll ich sagen: Der Hubschraubereinsatz war tatsächlich wirtschaftlicher und effizienter als das Zerlegen und wieder Zusammenbauen.“
Und so wurden die speziell für den Hubschraubertransport als Sonderkunstruktion angefertigten Anlagen bereitgestellt und die anschließende Aufstellung auf dem Dach vorbereitet. Nach einer letzten Einsatzbesprechung mit dem Hubschrauberteam schwebte schließlich Anlagenteil für Anlagenteil über den Köpfen der versammelten Bauarbeiter, Handwerker und Motorworld-Mitarbeiter, die das luftige Geschehen bestaunten und mit gezückten Smartphones dokumentierten. Nach 45 Minuten war alles erledigt und die beiden Anlagen sicher an den vorgesehenen Standorten auf dem Dach angekommen.