Die Beschlüsse des Klimakabinetts sorgen für teils emotionale Reaktionen bei Verbänden, Institutionen und Interessensvertretungen.
Die Beschlüsse des Klimakabinetts sorgen für teils emotionale Reaktionen bei Verbänden, Institutionen und Interessensvertretungen.
Das Klimakabinett der Bundesregierung hat am 20. September 2019 ein sogenanntes "Klimaschutzpaket" auf den Weg gebracht. Die Beschlüsse sehen erstmals gesetzlich verbindliche Klimaziele für die Sektoren Verkehr, Energie, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft sowie Abfallwirtschaft vor. Diese sollen in einem Klimaschutzgesetz mit jährlich sinkenden Treibhausgas-Budgets festgeschrieben werden. Für jeden dieser Bereiche bzw. Sektoren vereinbarte das Klimakabinett zahlreiche neue Maßnahmen: Vorgaben, Anreize, Förder- und Investitionsprogramme. Wer sich näher über die Ziele informieren will, findet das Eckpunkte-Papier hier.
Diese "Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030" und hier vor allem die auf den "Sektor Gebäude" bezogenen Maßnahmen haben – erwartungsgemäß – ein großes und teilweise emotionales Echo bei den entsprechenden Verbänden, Institutionen und Interessensvertretungen ausgelöst, welches wir hier (auszugsweise und ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit) wiedergeben wollen:
"Die von unserer Branche und der Energiewirtschaft seit langem geforderten steuerlichen Anreize für die energetische Modernisierung des veralteten Gebäudebestands kommen tatsächlich und werden besonders den Tausch der 12 Mio. Heizkessel in deutschen Kellern beschleunigen", so Uwe Glock, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie. Auch die von der Bundesregierung beschlossene "Austauschprämie für Ölkessel und andere ausschließlich auf fossiler Basis betriebene Heizungen" nennt der Verband ein geeignetes Instrument, die immensen CO!SUB(2)SUB!-Minderungspotentiale, die ein Heizungstausch bietet, endlich zu mobilisieren.
"Nach Publizierung dieser Eckpunkte bedarf es nunmehr einer raschen Konkretisierung der Beschlüsse, damit Investoren, Industrie und Handwerk schnell Gewissheit über die Rahmenbedingungen erhalten und das Klimaschutzprojekt sofort gestartet werden kann. Ein wichtiger inhaltlicher Punkt ist, dass die Bundesregierung technologieoffen alle von der EU mit einem A-Label gekennzeichneten Effizienztechnologien in die Förderung einbezieht", betonte Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie.
"Von einem großen Wurf für mehr Klimaschutz, für den hunderttausende Menschen in Deutschland heute auf die Straße gegangen sind, ist das Paket der Bundesregierung meilenweit entfernt", kritisierte Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie. "Die vielen kleinteiligen Ansätze reichen bei weitem nicht aus, um die deutschen Klimaschutz- und Erneuerbaren-Ziele zu erreichen. Ein Einstiegspreis von lediglich 10 Euro für CO!SUB(2)SUB! ist ein Offenbarungseid für die Mutlosigkeit der Bundesregierung. So kann die CO!SUB(2)SUB!-Bepreisung keine ökologische Lenkungswirkung entfalten, zementiert Subventionen für fossile Energieträger und wird den tatsächlichen Kosten, die CO!SUB(2)SUB! verursacht, nicht im Ansatz gerecht. Damit bleiben saubere Technologien weit unter ihren Möglichkeiten."
Für den Wärmesektor fehlten im Konzept wirksame Impulse, um den Umstieg auf erneuerbare Energien anzureizen. "Dass es bis 2025 möglich bleiben soll, neue klimaschädliche Ölheizungen zu installieren, steht in direktem Widerspruch zu der Ankündigung, fossile Energieträger zu verteuern. Auf keinen Fall dürfen rein fossile Heizungen weiterhin staatlich gefördert werden. Mit modernen Holzfeuerungen, Wärmepumpen und Solarthermieanlagen stehen seit Jahren bereits erneuerbare Technologien für Heizungstausch und Neubau bereit", so Simone Peter.
"Um eine Lenkungswirkung im Sinne des Klimaschutzes zugunsten von Wärmepumpen zu entfalten, sind die Entlastungen bei den Strompreisen und die Belastungen von CO!SUB(2)SUB!‐Emissionen zumindest in den Anfangsjahren viel zu niedrig", so Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe. Der Strompreis müsse in Zukunft deshalb noch deutlich stärker entlastet werden, etwa durch die Absenkung der Stromsteuer. "Das neue Konzept einer Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und die Ergänzungen zur existierenden Förderkulisse mit einer steuerlichen Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen sind ein Schritt in die richtige Richtung."
Dass der Einbau von Ölheizungen ab 2026 nicht mehr gestattet sein soll, sei, laut Bundesverband Wärmepumpe, ein starkes Signal. Es werde allerdings stark eingeschränkt, da Ölheizungen in Kombination mit klimafreundlichen Wärmeerzeugern als Hybridanlagen auch nach 2026 weiterhin verbaut werden dürften. Die Bundesregierung müsse nun in den kommenden Monaten bei der konkreten Ausgestaltung der Maßnahmen zeigen, dass sie es ernst meine mit dem Klimaschutz. Das vorgesehene regelmäßige Monitoring der Maßnahmen sowie eine kurzfristige Nachsteuerung, sollte die gewünschte Wirkung ausbleiben, seien essentiell für die Erreichung der Klimaschutzziele 2030.
"Der 20. September war ein bedeutender Tag für den globalen Klimaschutz – vor allem wegen der weltweiten Demonstrationen und Klimastreiks. Das sollte alle Entscheidungsträger weltweit ermutigen, den Klimaschutz ernsthaft voranzubringen. Das Klimapaket der Bundesregierung kann ein Einstieg in einen Kurswechsel sein. Die dafür nötigen Instrumente sind enthalten: eine Bepreisung von CO!SUB(2)SUB! und eine Flankierung durch vielfältige Programme, die Wechseloptionen für Verbraucher und Industrie schaffen. Viele aber haben sich insbesondere bei der Ausgestaltung des ökonomischen Rahmens deutlich mehr gewünscht, damit neue klimafreundliche Geschäftsmodelle und Technologien noch schneller in den Markt kommen können. Das, was heute politisch möglich war, ist sehr wahrscheinlich noch nicht genug, um die Klimaziele 2030 zu erreichen. Deshalb kommt es jetzt darauf an, die Bundesregierung beim Wort zu nehmen: Die Klimaziele sollen mit dem Klimaschutzprogramm auf jeden Fall eingehalten werden. Bundestag und Bundesrat haben die Chance, das heute vorgestellte Konzept weiterzuentwickeln. Mit einem starken Monitoring will sich die Bundesregierung eine neue Verbindlichkeit und die Möglichkeit zum Nachsteuern geben. Das ist ein guter Ansatz. Damit kann der Einstieg in den Kurswechsel gelingen", unterstrich Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur.
"Die Bundesregierung spricht sich für Gas als Energieträger mit Zukunft aus. Wir begrüßen diese Position ausdrücklich. Das ermöglicht, gasbasierte Lösungen dort einzusetzen, wo heute noch CO!SUB(2)SUB!-intensive Energieträger das Klima belasten. Damit hat Deutschland eine realistische Chance, die großen Herausforderungen der Energiewende zu bewältigen. Positiv zu erwähnen sind die Entscheidungen der Bundesregierung, im Mobilitätssektor regenerative Kraftstoffe zu unterstützen und wasserstoffbasierte Antriebe, insbesondere für LKW und Busse, voranzutreiben. Die Rolle des Wasserstoffs zu stärken und das damit verbundene Bekenntnis, der Brennstoffzellentechnologie auf Wasserstoffbasis zu einer breiten Anwendung verhelfen zu wollen, ist ein wichtiges Signal, um Treibhausgase effizient zu vermeiden und das Klima zu schützen. Positiv bewerten wir darüber hinaus, dass durch den geplanten Anreiz zur Erneuerung veralteter Öl-Heizungen, moderne Gastechnologien gestärkt werden", so Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches.
"Die Beschlüsse des Klimakabinetts sind leider nicht der erhoffte große Wurf. Trotz einer Vielzahl sinnvoller Ansätze und einiger richtiger Instrumente fehlt ein schlüssiges Gesamtkonzept, das marktwirtschaftliche Möglichkeiten zielgerichtet und effizient für den Klimaschutz nutzt und zugleich Fehlentwicklungen der Energiewende mutig begegnet. Wir befürchten, dass so die Komplexität der Energie- und Klimapolitik noch größer, damit noch störanfälliger und voraussichtlich auch teurer wird. Das für 2026 angekündigte Ende für den Einbau neuer Ölheizungen ist das Gegenteil einer auf Innovationen, Technologieoffenheit und Wettbewerb beruhenden Klimapolitik. Auch im Lichte der vorgesehenen Austauschförderung ist dieses Technologieverbot grundsätzlich falsch. Demgegenüber begrüßen wir, dass nun endlich eine steuerliche Förderung der Gebäudesanierung eingeführt werden soll. Sie ist ein wichtiges Anreizinstrument. Ein Großteil der CO!SUB(2)SUB!-Emissionen kommt aus dem Gebäudebereich. In diesem Sektor mit Innovations- und Investitionsimpulsen anzusetzen, ist richtig. Insbesondere hier liegt auch der Beitrag, den das Handwerk zum wirksamen Klimaschutz leisten kann und mit seiner Kompetenz leisten will. Wichtig ist, dass die energetische Sanierungsförderung jetzt zügig, wirkmächtig und mit verlässlicher langfristiger Perspektive eingeführt wird. Sonst droht Attentismus – und damit weiterer Stillstand bei der Gebäudeeffizienz", erklärte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.
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Das bereits 2017 von der Heizungsbranche und der Energiewirtschaft entwickelte Konzept von steuerlichen Anreizen setzt die Bundesregierung zumindest im Eckpunktepapier vom 20. September 2019 weitgehend um. Die Verbände begrüßen diesen Schritt und insbesondere die Tatsache, dass die steuerlichen Anreize attraktiv, unbürokratisch und technologieoffen gestaltet werden sollen. BDH, ZVSHK und DG Haustechnik sehen die Entscheidung der Bundesregierung, zusätzlich zu den steuerlichen Anreizen eine Austauschprämie für ineffiziente Heizungen in Höhe von 40 Prozent der Investitionssumme einzuführen, ebenfalls als grundsätzlich positiv. Dass diese Austauschprämie nicht nur, wie vorher befürchtet, für den Heizkessel alleine, sondern für das gesamte "neue effiziente Heizsystem" gelten soll, trägt eindeutig die Handschrift der Heizungsbranche und ist somit inhaltlich und von der Sache her zu begrüßen. Die drei Verbände fordern die Bundesregierung auf, im Prozess der Konkretisierung der Eckpunkte die Kompetenz der Heizungsbranche vollumfänglich einzubeziehen. BDH, ZVSHK und DG Haustechnik stehen für diesen nunmehr rasch durchzuführenden Konkretisierungsprozess zur Verfügung.
Auf der 10. Deutschen Wärmekonferenz beschrieben die Verbände das enorme CO!SUB(2)SUB!-Minderungspotenzial im Wärmemarkt.
Mit 800 TWh verbrauchen die Deutschen ein Drittel der Energie nur für das Heizen und für Warmwasser. Knapp 21 Mio. Heizungen versorgen die Bevölkerung mit Wärme und Warmwasser. Aber 12 Mio. dieser Kessel sind völlig veraltet, verbrauchen zu viel Erdgas oder Heizöl und emittieren deutlich zu viel CO!SUB(2)SUB!. Wird ein alter Kessel gegen moderne Heiztechnik getauscht, können im Durchschnitt ca. 2,7 t CO!SUB(2)SUB! pro Jahr eingespart werden. Multipliziert man die 2,7 t mit den 12 Mio. Altanlagen, so ergibt sich ein gesamtes Einsparpotenzial von 32 Mio. t CO pro Jahr.
Um die angestrebten CO!SUB(2)SUB!-Minderungsziele für das Jahr 2030 zu erreichen, muss das Austauschtempo ineffizienter Heizungsanlagen deutlich gesteigert werden. Erforderlich ist die Verdopplung der jährlichen Austauschzahl von heute 600.000 auf 1,2 Mio. Altanlagen. Diese Zielvorgabe lässt sich nach Einschätzung von BDH, ZVSHK und DG Haustechnik mit den beiden zentralen Maßnahmenvorschlägen des Klimapakets erreichen: die Schaffung steuerlicher Anreize für Effizienzinvestitionen im Gebäude sowie einer Abwrackprämie für ineffiziente Heizkessel. Sowohl die entsprechende Technologie als auch die Kapazitäten des installierenden Handwerks sind hierzu vorhanden.
Wichtig hierbei ist ein technologieoffener Ansatz, der Modernisierungen im gesamten Spektrum moderner Anlagentechnik für alle Energieträger fördert und nicht auf Maßnahmen beschränkt, die gegebenenfalls regional nicht umsetzbar oder für Investoren zu unwirtschaftlich werden können. Die Heizungswirtschaft erwartet von der Politik jetzt eine schnelle Umsetzung der einzelnen Vorschläge in entsprechende Vorgaben und Gesetze. Um die notwendige Akzeptanz potentieller Anlagenmodernisierer zu finden, ist es für Hersteller, Handwerk und Großhandel zwingend erforderlich, diese Vorgaben attraktiv, unbürokratisch, verstetigt und technologieoffen zu gestalten.
Soll eine wirksame Klimapolitik tatsächlich die CO!SUB(2)SUB!-Minderungspotentiale von 32 Mio.t erschließen, bedarf es der Nutzung aller vorhandenen technischen Optionen, die von der Europäischen Union mindestens das Energielabel A tragen: Brennwerttechnik, Wärmepumpen, Solarthermie, Holzkessel sowie Photovoltaik und Brennstoffzellen – und zukünftig "Green Gases" und "Green Fuels". Unter diesen Voraussetzungen wird das Klimaschutzpaket für Gebäude einen sehr erfolgreichen Teil zur angestrebten Gesamtreduktion der CO!SUB(2)SUB!-Emissionen Deutschlands beitragen.
Mittwoch, 25.09.2019