Thermische Solaranlagen für Wärmenetze - Teil 2: Wirtschaftlichkeit

Die Suche nach dem (wirtschaftlichen) Optimum bei thermischen Solaranlagen

Zusammenfassend wurden in Teil 1 die Abhängigkeit der Energieeinsparung vom spezifischen Speichervolumen (= Speichervolumen/Kollektorbruttofläche) sowie ein volkswirtschaftliches und ein technisches Optimum gefunden. An dieser Stelle sollen nun betriebswirtschaftliche Untersuchungen ergänzt werden.

Der erste Teil des Beitrags enthielt Hinweise und Richtlinien zur Dimensionierung von Kollektorfeldern und Speichern und lieferte einen Technologievergleich aktuell marktrelevanter Kollektorsysteme. Für die derzeit ertragsstärkste Technologie mit CPC-Vakuumröhrenkollektoren mit Plasma-Beschichtung "XL 19/49 P" (bzw. "XL 50 P") und Wasser als Wärmeträger wurde ein konkretes, für Deutschland typisches Wärmenetz am Referenzstandort Würzburg untersucht (Jahreswärmebedarf 10 GWh, Mindestlast 150 kW, Netztemperatur 80 °C (April bis Sept.) und 90 °C (Okt. bis März), Netzrücklauftemperatur 60 °C, Kollektoren 30° Südausrichtung, Kollektorertrag 626 kWh/m² Kollektorbruttofläche).

Mit wachsender Kollektorfläche erhöht sich der potentiell mögliche solare Deckungsanteil f_save. Für f_save bis ca. fünf Prozent ist überhaupt kein Speicher erforderlich, für größere f_save wächst der Speicherbedarf überproportional zur Kollektorfläche. Das volkswirtschaftliche Optimum (VWO, blaue Linie) liegt dort, wo ein weiter wachsender Speicher kaum noch einen Anstieg von f_save bewirken kann, ein kleinerer Speicher f_save aber um zunehmende Stagnationsverluste schmälerte. Es soll volkswirtschaftliches Optimum heißen, weil es die Auslegung zum größtmöglichen f_save mit dem geringsten Materialeinsatz, insbesondere für Speicher, aufzeigt. Das technische Optimum (TO, rote Linie) wird bei der Speichergröße erreicht, bei der aus der Kollektorfläche der maximale Jahres-Solarnutzungsgrad zu ziehen ist. Wird der Speicher noch größer gewählt als am TO, dann gibt es zu keiner Zeit mehr Solarwärmeüberschüsse. TO und VWO ergeben sich unabhängig von betriebswirtschaftlichen Daten wie den Kosten für die Kollektorfläche, den Speicherkosten oder den Betriebskosten der Anlage.

Das betriebswirtschaftliche Optimum

Berücksichtigt man die Investitionskosten der Anlage, dann folgt die wirtschaftlichste Dimensionierung der Solaranlage der orangefarbenen Linie des betriebswirtschaftlichen Optimums (BWO). Wenn der Solarspeicher nicht mit zur Investition in die Solaranlage gezählt wird, weil er z. B. für die KWK-Anlage oder für den Biomassekessel errichtet wurde und von der Solaranlage (vor allem im Sommer) nur mitgenutzt wird, dann ergibt sich für das BWO die violette Linie. Es überrascht nicht, dass das BWO zwischen dem VWO (= minimal "vertretbarer" Speicher) und dem TO (= maximal "vertretbarer" Speicher) liegt. Bis zu relativen Speichergrößen von etwa 0,05 m³ bzw. 50 Litern pro Quadratmeter Kollektorfläche spielt der Speicherpreis keine spürbare Rolle. Das BWO gibt jeweils die Dimensionierung an, bei der sich der niedrigste Solarwärmepreis ergibt. Da stellt sich natürlich die Frage nach den tatsächlichen Beträgen dieser Solarwärmepreis-Minima, wozu die Abb. 2 und 3 Auskunft geben.

Zählt der Speicher zur Investition, dann sinkt der Wärmepreis mit wachsender Kollektorfläche bis auf 48,5 €/MWh bei 1.800 m² Kollektorfläche und 100 m³ Speichervolumen. Mit weiter wachsender Kollektorfläche und Speichergröße erhöhen die Speicherkosten den Wärmepreis überproportional, so dass er zwischen ca. 6.000 m² und 8.000 m² mit einem Speicher von 5.000 m³ etwa. 90 €/MWh erreicht. Nach Abb. 1 erzielt man damit einen solaren Energieanteil f_save von ungefähr 45 Prozent. Zählt der Speicher hingegen nicht zur Investition, dann nehmen die Wärmepreisminima für konstante Speicher mit wachsender Kollektorfläche langsam immer nur ab. Der Wärmepreis sinkt von 50 €/MWh (ca. 650 m² Kollektorfläche, 10 m³ Speicher, 4,5% f_save) bis auf knapp 43 €/MWh (4.600 m² Kollektorfläche, 5.000 m³ Speicher, 33% f_save). Allerdings wird ein vorhandener KWK- oder Biomassekessel-Speicher i.d.R. auf eine Kapazität von höchstens 0,1 Prozent des Jahresbedarfs beschränkt sein, was bei dem Musternetz auf einen Speicher von 200 bis 300 m³ bzw. auf ein f_save von maximal 15 Prozent hinausläuft. Mit größer werdender Solaranlage verändert sich der Wärmepreis kaum noch, weil die mit der Größe sinkenden Anlagenkosten gerade die Wärmeverluste mit wachsendem Speicher kompensieren können. Die Abb. 4 und 5 zeigen, welche Annahmen diesen Preisen zugrunde liegen.

Der spezifische Kollektorfeldpreis fällt von 500 bis 550 €/m² bei ca. 1.000 m² auf unter 350 €/m² bei 100.000 m². Der spezifische Preis für einen Stahlspeicher fällt von 800 €/m³ bis auf unter 200 €/m³ ab ca. 50.000 m³: Bis ca. 3.200 m³ (bzw. 650 €/m³) handelt es sich um Druckspeicher, darüber bzw. bei geringeren Speicherpreisen um drucklose Stahltanks. Als Dämmstandard gilt die BAFA-Förderbedingung 15 W/m² Speicheroberfläche, was z. B. 30 cm eines Dämmstoffs mit einem Wärmeleitwert von 0,06 W/mK bei einem Temperaturgradienten von 75 K entspricht. Die Kostenannahmen aus Abb. 4 und 5 für eine Investition in eine solarthermische Großanlage bzw. in einen großen Wärmespeicher führen über 20 Jahre und mit den Solarerträgen für das Beispiel-Wärmenetz am Muster-Standort Würzburg zu den Wärmepreisen der Abb. 2 und 3. CPC-Vakuumröhrenkollektoren haben jedoch eine viel längere Lebenserwartung als 20 Jahre. Insbesondere die Röhren können auch 50 Jahre und länger funktionsfähig bleiben, weil sie mechanisch so einfach konstruiert sind wie Thermoskannen und die Absorber sich im Vakuum befinden. Die Lebenszeit der Verrohrung, der Isolierung, der Armaturen sowie des statischen Unterbaus hängt sehr von der Qualität der Bauteile und Verarbeitung ab.

Diese Betrachtung enthält einige Vereinfachungen. Die Inflation, insbesondere die der Energie-Marktpreise, bleibt unberücksichtigt. Es ist so, als wenn mit einer vorschüssigen Investition die Wärme für 20 Jahre zum Preis von heute eingekauft würde. Wenn die Investition jedoch zeitlich gestreckt auf Kredit geschieht, sind Zinsen fällig, worauf diese Solarwärmepreisbetrachtung keine Rücksicht nimmt. Die Unterhaltskosten entstehen aus einer einmal jährlichen Wartung, laufendem Unterhalt (Strom) und Versicherungen gegen Elementarschäden (Sturm, Schnee, Wasser, Frost, Diebstahl, Vandalismus). Sie belaufen sich bei kleinen Anlagen jährlich auf ca. ein Prozent der Investition und bei sehr großen auf ca. 0,5 Prozent. Während es für Speicher bereits einen etablierten Markt gibt, für den die Preise aus Abb. 5 ungefähr gelten, ist der Markt für große Solaranlagen noch sehr klein und wechselhaft. Die Preise für Solaranlagen in Abb. 4 setzen einen jährlichen Bedarf von ca. 30.000 m² Kollektorfläche voraus und könnten bei einem viel größeren Markt auch noch sinken. Sie enthalten stark vereinfachend einen pauschalen Betrag von 20 €/m² als Grundstückskosten und zur Wartung. Sie gelten für Freilandanlagen. Solaranlagen auf Dächern sind dagegen wesentlich aufwändiger.

Solarautark mit Saisonalspeicherung?

Die Skala von Abb. 1 endet beim solaren Deckungsanteil f_save von 45 Prozent bzw. bei der Einsparung von 45.000 MWh für das 10-GWh-Beispiel-Wärmenetz am Musterstandort Würzburg. Bis zu einem f_save von ca. fünf Prozent wird kein Speicher gebraucht. Bis zu einem f_save von ca. 17 Prozent mit einem spezifischen Speichervolumen von 150 Liter Speicher pro Quadratmeter Kollektorfläche bleibt der Aufwand gering, der Solarwärmepreis steigt nur um ca. zehn Prozent an. Für noch größere f_save wächst der Speicherbedarf sehr rasch an. Die Abb. 6 und 7 verfolgen f_save bis hin zur solaren Autarkie. Dafür müsste gemäß Abb. 6 die Kollektorfläche bei unserem 10-GWh-Beispielwärmenetz bis auf ca. 24.000 m² und der Speicher auf ca. 140.000 m³ wachsen. In verallgemeinerter Form sind dies gemäß Abb. 7 etwa 6 m³ Speicher pro m² Kollektorfläche bzw. eine Speicherkapazität von knapp der Hälfte des gesamten Solarertrages eines Jahres. Der solare Wirkungsgrad sinkt dabei um gut 20 Prozent, bis bei solarer Vollversorgung etwa noch 34 Prozent der Jahresgesamtstrahlung als Wärme genutzt werden, was immer noch eine ganz akzeptable Ausnutzung der Fläche bedeutet. Es ist jedoch auch fraglich, ob sich bei einer Speicherung von Solarwärme über Monate die Exergieverluste (bzw. Speichervermischung) infolge von Wärmeleitung, -diffusion und -konvektion ausreichend beherrschen lassen.

In Abb. 8 zeigt die oberste (rote) Linie, wie sich der Wärmepreis mit einer immer größeren solaren Unabhängigkeit entwickelt.

Ab einem f_save von 17 Prozent steigt der Wärmepreis rasch an. Jedoch flacht dieser Anstieg ab einem f_save von 40 Prozent (bzw. ab 110 €/MWh) wieder stark ab, so dass die solarthermische Unabhängigkeit für einen Wärmepreis von etwa 140 €/MWh erreichbar ist. Wo immer in Deutschland Strom erzeugt und mit staatlicher Förderung verkauft werden kann - das zieht sich von der Kernkraft über die Kohle hin bis zur KWK -, ist die Wärme sehr billig und bei manchen Kohlekraftwerken sogar praktisch umsonst. Um für deutsche Wärmenetze wirtschaftlich attraktiv zu sein, darf Solarwärme deshalb selten über 30 €/MWh kosten (Stand 2015).

Förderung

Trotz der hohen Lebensdauer thermischer Solaranlagen und obwohl Abschreibungszeiten von mindestens 20 Jahren für Geothermie, PV und Wasserkraft selbstverständlich sind, fordern manche EVUs von Solarwärme noch, dass sich die Investition nach spätestens zehn Jahren vollständig amortisiert haben muss und die Solarwärme ab dann praktisch gar nichts mehr kosten darf. Dies würde die Wärmepreise gemäß den Abb. 2, 3 und 8 ungefähr verdoppeln. Bei einer Umlage der Investition auf 20 oder gar 30 Jahre brauchte die Großanlagen-Solarwärme im Vergleich zur Wärmegewinnung mit Öl, Kohle, Geothermie oder Wärmepumpen (zu den Vollkosten!) keine Subventionierung. Da die allermeisten Wärmenetze aber gerade im Sommer durch Auskopplung von Wärme aus hoch subventionierten KWK-Anlagen versorgt werden, hätte auch die Solarwärme ohne Subventionen in Deutschland keine Chance. Die Förderung von Solarwärme für Wärmenetze ist (2015) großzügig, aber kompliziert. Über den Tilgungserlass eines KfW-Kredits werden im Marktanreizprogramm (MAP) mindestens 40 Prozent der Investitionskosten der gesamten Solaranlage gefördert. Der Speicher kann bis 30 Prozent der Investitionskosten bis zu 1 Mio. Euro gefördert werden. Viel interessanter aber ist für Hochleistungskollektoren die ertragsabhängige Förderung. Diese bezieht sich zwar nicht auf die Jahreserträge nach den Solar-Keymark-Zertifikaten bei Wärmenetztemperaturen von mindestens 75 °C, sondern auf nur 50 °C, trotzdem ergeben sich für verschiedene Kollektorbauarten Ertrags- bzw. Förderunterschiede von bis zu einem Faktor größer 2. Bei den in Deutschland real hohen Netztemperaturen sind die Ertragsunterschiede dann mitunter noch einmal doppelt so hoch wie die Förderunterschiede. Die leistungsstärksten CPC-Vakuumröhrenkollektoren erhalten 305 €/m² (Kollektorbruttofläche). Nach Abb. 4 wären sehr große Solaranlagen damit fast völlig bezahlt. Selbst wenn noch der Speicher zur Investition hinzukommt, ist die ertragsabhängige Förderung für Hochleistungskollektoren ergiebiger als die pauschale Investitions-Förderung über die KfW. Die Obergrenzen legt eine EU-Regelung mit der AGVO (Allgemeine Gruppen-Freistellungsverordnung) fest. Sie liegt für Großunternehmen (GU) bei 45 Prozent, für mittlere Unternehmen bei 55 Prozent und für Kleinunternehmen (KU) bei 65 Prozent. In Sonderfördergebieten wie den neuen Bundesländern und Berlin (NeBuB) liegen die AGVO-Höchstgrenzen noch um jeweils 15 Prozent höher. In Bundesländern mit Sonderförderprogrammen für Solarthermie können diese Höchstgrenzen durch Kumulation mit der KfW-Förderung ausgeschöpft werden.

Die weiteren Linien in Abb. 8 zeigen die Wärmepreise mit ertragsabhängiger Förderung für verschiedene Fördersituationen, wobei die blauen Linien immer dann gelten, wenn der Speicher nicht zur Investition gezählt wird. Es wurde bereits erwähnt, dass dies für f_save bis ca. 15 Prozent ein sowieso schon vorhandener Speicher der KWK- oder Biomasse-Anlage sein kann. Um auch prozentual sehr viel Primärenergie sparen zu können, muss ein viel größerer Solarspeicher aufgestellt werden. Setzt man bei 40 €/MWh die Grenze der Wirtschaftlichkeit, dann sind mit Solarspeichern f_save von ca. 25 Prozent möglich. Ohne Speicherkosten sind große Solaranlagen für Wärmenetze in jeder Größe wirtschaftlich. Möchte der Investor bereits nach zehn Jahren die Solarwärme praktisch umsonst, dann ist dies für Großunternehmen und ohne Zusatzförderung nur möglich, wenn Speicher bereits zur Verfügung stehen.

Der Standort

Im ersten Teil dieses Beitrags wurde zur Reduktion der Vielzahl relevanter Parameter das Beispiel-Wärmenetz für Würzburg gewählt. An anderen Standorten ist die jährlich im Mittel verfügbare Einstrahlung von der von Würzburg mitunter deutlich verschieden, wie Abb. 9 zeigt.

Die Ausrichtung

Bisher wurden keine Kosten für die Bereitstellung der Aufstellfläche für die Kollektoren berücksichtigt. Tatsächlich gilt es aber, den maximalen Solarertrag aus der Grundfläche statt aus der Kollektorfläche zu ziehen bzw. ein Optimum zu finden. Die Ausrichtung der Kollektoren mit 30° nach Süden führt in unseren Breiten bei Wärmenetzen nahezu zum Maximum des solaren Kollektorjahresertrags. Eine geringere Neigung führt zu niedrigeren Erträgen, gestattet jedoch bei gleicher Verschattung kleinere Kollektorreihenabstände, was zu höheren Grundflächen-Jahreserträgen führt. Auch eine Ost-/Westausrichtung reduziert zwar den Kollektorertrag, kann aber durch Verdichtung den Grundflächenertrag erhöhen. Wenn die Solaranlage nur im Sommer gebraucht wird, ist die Ausrichtung eine andere als bei einer stärkeren Orientierung auf Winterbetrieb. Die Erläuterung und Lösung der Aufgaben zur technisch und wirtschaftlich optimalen Anordnung und Ausrichtung der Kollektoren hat den Umfang eines weiteren Teils zum Thema "Thermische Solaranlagen für Wärmenetze".

Fazit

Wenn thermische Solaranlagen auch bei typischen deutschen Wärmenetztemperaturen noch hohe Wärmeerträge erbringen können, ist ihr Einsatz zur Primärenergie- und CO2-Einsparung nicht nur technisch gut entwickelt, sondern auch betriebswirtschaftlich sinnvoll. Technisch wäre damit heute schon eine weitgehende Primärenergie-Unabhängigkeit möglich, praktisch fehlt es dazu mit Sicherheit kurzfristig an geeigneten Kollektor-Grundflächen und aus betriebswirtschaftlicher Sicht sollte man sich vorerst mit höchstens 25 Prozent Solarwärme am Wärmemix begnügen, was angesichts der aktuellen Nachfrage nach Solarwärme als Folge der Strom-Subventionspolitik schon ziemlich utopisch anmutet.

Dienstag, 12.07.2016