TOC im Fokus

Welche Rolle der Parameter Total Organic Carbon in der Analyse von Umlaufwässern spielt

Mit TOC, dem totalen organischen Kohlenstoffgehalt (Total Organic Carbon), ist ein weiterer, nicht unwichtiger Parameter ...

... in der Richtwerttabelle für Kühl- und Kaltwasserkreisläufe (VDI/BTGA 6044) aufgetaucht. Aber auch für Heizungswasser ist diese Größe interessant, kann damit doch manche, im Laufe der Zeit auftretende Veränderung im Anlagenwasser erklärt werden.

Seit mehreren Jahren steigt der Kältebedarf in der Gebäudeklimatisierung und industriellen Prozesskühlung deutlich an. Gleichzeitig sind Energieeffizienz, Anschaffungs- und Betriebskosten zu berücksichtigen, was zur Folge hat, dass in kompakt konstruierten und komplexen Anlagen eine Vielzahl unterschiedlicher Werkstoffe verbaut werden. Nicht selten kommt es dann bereits kurz nach Inbetriebnahme zu Korrosionserscheinungen, die ihre Ursache entweder in der chemischen Zusammensetzung des Anlagenwassers, im Sauerstoffeintrag und/oder in mikrobiologischen Prozessen haben.

Mit der neuen Richtlinie VDI/BTGA 6044 („Vermeidung von Schäden in Kaltwasser- und Kühlkreisläufen“) wird hier eine wichtige Lücke, auch im Hinblick auf sogenannte Change-Over-Systeme, geschlossen. Gegenüber der VDI-Richtlinie 2035 für Heizsysteme erhöht sich die Anzahl der zu prüfenden Parameter im Umlaufwasser deutlich. Anders als in der VDI 2035 haben wir es in der VDI/BTGA-Richtlinie 6044 mit keinem (kälte)leistungsabhängigen Parameter zu tun. In der VDI 2035 ist die zulässige Resthärte direkt und auch indirekt – über das spezifische Anlagenvolumen – leistungsabhängig vorgegeben. Im Kalt- und Kühlwasser darf die Härte maximal 1,5 Mol/m3 (8,4 °dH) betragen. Während nach der VDI 2035 nur noch die weiteren Parameter pH-Wert und elektrische Leitfähigkeit limitiert und zu überwachen sind, benennt die Tabelle 5 in der VDI/BTGA 6044 hier noch Richtwerte für die Konzentration an Chlorid, die Summe aus Sulfat und Nitrat, Eisen, Kupfer, Zink, Aluminium, Ammonium und TOC.

Dieser erhöhte Untersuchungsaufwand hat primär zwei Ursachen: Zunächst ist es so, dass die VDI/BTGA 6044, im Gegensatz zur VDI 2035, auch korrosionstechnisch offene Anlagen erfasst, also geschlossene Systeme mit einem geringen Zutritt von Sauerstoff, wie auch in der DIN EN 14868 beschrieben („Korrosionsschutz metallischer Werkstoffe – Leitfaden für die Ermittlung der Korrosionswahrscheinlichkeit in geschlossenen Wasser-Zirkulationssystemen“). Sauerstoff gilt als der Primärverursacher von Korrosionsschäden. Chloridionen beispielsweise erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Korrosionsschäden erst bei Anwesenheit eines Oxidationsmittels, daher ist deren Konzentration in diesem Fall auf < 60 mg/l begrenzt. Die Konzentration an gelösten Metallen ist ein Hinweisgeber für erhöhte Korrosionsaktivitäten, deren Ursache abzuklären ist. Falsche pH-Werte oder auch ungünstige Werkstoffkombinationen wirken hier – neben Sauerstoff – maßgeblich mit ein.

Darüber hinaus bieten Kühlwasserkreisläufe aufgrund ihres Temperaturfensters oft ideale Bedingungen für Mikroorganismen. Deren Vermehrung ist gesichert, wenn das Nahrungsangebot passt – und organischer Kohlenstoff ist hier das „Futter“ schlechthin. In der VDI/BTGA 6044 ist der Nährstoff daher auf < 25 mg/l begrenzt.

Was bedeutet TOC und welche Rolle spielt dieser in der Wasserchemie?

TOC ist die Abkürzung für „Total Organic Carbon“, es handelt sich hierbei um einen Summenparameter, der den gesamten organischen Kohlenstoff einer Wasserprobe angibt, also von gelösten wie ungelösten organischen Stoffen. Je höher der TOC-Wert, desto „verunreinigter“ ist die Probe. Da organische Stoffe von Mikroorganismen verstoffwechselt werden und diesen als Nahrung dienen, begünstigen sie deren Vermehrung. Die Folgen reichen von Geruchsbildung über Störung der Wärmeübertragung bis hin zu stark erhöhten Korrosionswahrscheinlichkeiten.

Vor allem Kühlwasserkreisläufe, die im Temperaturbereich bis 40 °C arbeiten, bieten dafür ideale Temperaturbedingungen. So erklärt sich die Aufnahme dieses Parameters in die VDI/BTGA-Richtlinie 6044. In Heizkreisläufen ist die Vermehrung von Mikroorganismen weniger ein Problem, weshalb dieser Parameter bislang nicht in die VDI 2035 aufgenommen wurde. Allerdings zeigt die Praxis, dass auch hier unter bestimmten Bedingungen durch zu viel TOC Probleme entstehen können.

Wie kommt es zu einem erhöhten TOC im Umlaufwasser?

Primäre TOC-Quellen sind Frostschutzmittelreste, also Glykole, welche über Spülpumpen und Schläuche, die gleichzeitig für das Füllen thermischer Solaranlagen genutzt werden, in das Anlagenwasser gelangen, oder bei einer Dichtheitsprüfung von Aggregaten, wie zum Beispiel Wärmepumpen, verwendet und vor Einbau nicht ausgespült wurden. Gefolgt von Inhibitoren, wie beispielsweise Benzotriazol, einem Korrosionsinhibitor für Buntmetalle, der sowohl in Vollschutzmitteln als auch in Reinigern bzw. Entschlammungsmitteln enthalten sein kann.

Zudem basieren die meisten Reiniger auf einer Fruchtsäuremischung und enthalten somit auch organischen Kohlenstoff. Lässt sich der Reiniger nicht vollkommen ausspülen, erhöht sich der TOC-Wert im Anlagenwasser. Letztlich kommen noch Fertigungshilfsmittel oder gelegentlich auch Öl aus undichten Ölkühlern von Blockheizkraftwerken (BHKW) dazu.

Auswirkungen hoher TOC-Werte

Nicht selten kommt es vor, dass der pH-Wert im Anlagenwasser im Laufe der Zeit immer weiter abfällt. In extremen Fällen werden pH-Werte um 4 erreicht, wobei es zu massiver Säurekorrosion an niedrig legierten Bauteilen aus Eisen kommt. Eine Abweichung um vier pH-Stufen nach unten – ausgehend von den Richtwerten pH 8,2 bis 10,0 – ist gleichbedeutend mit einer um den Faktor 10.000 erhöhten Säurekonzentration. Wird jetzt eine Wasserprobe entnommen, verfärbt sich diese innerhalb von Minuten nach Sauerstoffkontakt orange durch das Ausfallen von Eisen(III)-hydroxidoxid. Je nach Eisenkonzentration erreicht das zunächst noch farblose, sauerstoffarme Wasser optisch die Farbintensität von Multivitaminsaft.

Ursache dafür ist der mikrobielle, teilweise auch chemische Abbau der zunächst pH-neutral reagierenden Glykole zu diversen organischen Säuren. Der chemische Abbau findet dabei vorzugsweise bei höheren Temperaturen in Gegenwart von etwas gelöstem Sauerstoff und Eisenionen statt (vgl. auch Alterung von Solarflüssigkeiten). Abbauprodukte sind diverse organische Säuren wie Essig-, Ameisen-, Propion-, Glykol- und Oxalsäure – Hauptabbauprodukt ist in der Regel Essigsäure. Die Richtlinie gibt daher die Empfehlung (VDI 2035, 03/21): „Einmal für Wasser-Frostschutzmittel-Befüllungen genutzte Komponenten nicht für die Heizungsanlage nutzen.“

Auf der anderen Seite können spezielle Mikroorganismen, wie zum Beispiel Sulfatreduzierer, das im Umlaufwasser enthaltene Sulfat (Kalziumsulfat = Gips) zu Sulfid oder elementarem Schwefel reduzieren. Beide Stoffe fördern die Korrosion von Schwarzstahl ungemein, man spricht dann von mikrobiell beeinflusster Korrosion, MIC (Microbial Influenced Corrosion). Ein erster Hinweis für die erhöhte Wahrscheinlichkeit von MIC kann ein Sulfat-/Nitrat-Defizit sein, also der Konzentrationsunterschied an diesen beiden Salzen zwischen Nachfüll- und Anlagenwasser, sofern das Wasser nicht aufbereitet oder lediglich enthärtet wird. Bei entsprechendem Defizit sind die beiden Salze signifikant in die korrosiveren Formen reduziert worden.

Welche Richtwerte sollten eingehalten werden, um Schäden in der Anlage vorzubeugen?

Zunächst ist es immer günstig, wenn das Nahrungsangebot für die diversen Mikroorganismen stark begrenzt wird, diese sozusagen auf „Diät“ gesetzt werden. Erreicht wird dies einerseits durch eine möglichst niedrige TOC-Konzentration (< 25 mg/l, VDI/BTGA 6044) und andererseits durch eine salzarme Betriebsweise (< 250 µS/cm, VDI/BTGA 6044 bzw. < 100 µS/cm, VDI 2035). Bei sogenannten Change-Over-Anlagen wäre vorzugsweise der Richtwert der VDI 2035 zu berücksichtigen, damit von vornherein nur wenig Sulfat, Nitrat und auch Härte im Anlagen- und Nachspeisewasser vorliegt. Zusätzlich sollte sich der pH-Wert im alkalischen Bereich der Richtlinien bewegen, damit die verbauten Metalle eine schützende Passivschicht ausbilden können.

Wie lässt sich TOC aus dem Anlagenwasser entfernen?

Belastete Anlagen im Feld zeigen oftmals einen TOC-Wert bis 2.000 mg/l, gleichzeitig ist in der Regel dann auch der pH-Wert sehr niedrig und das Anlagenwasser enthält bereits viel gelöstes Eisen. Hier sollte zunächst mit Leitungs-wasser gut gespült und dann vorzugsweise im Teilstromverfahren weitergearbeitet werden. Das Anlagenwasser wird anschließend weitgehend entsalzt (Leitfähigkeit < 60 µS/cm), auch um dessen Pufferung zu vermindern und nebenbei das gelöste Eisen zu entfernen.

Belässt man zu viel gelöstes Eisen im Wasser, so fällt dieses bei der pH-Korrektur ins Alkalische als Eisenhydroxid-Schlamm aus und kann gegebenenfalls Filter verblocken. In einem weiteren Arbeitsgang sind die organischen Substanzen, wie degradierte Glykolreste oder auch organische Inhibitoren, durch intensive Teilstromfiltration über Aktivkohle bestmöglich zu eliminieren. Andernfalls darf davon ausgegangen werden, dass sich der pH-Wert im Laufe der Zeit erneut absenken wird oder ein (anodisch) inhibiertes System im Bereich der kritischen Unterinhibierung verbleibt. Dies wiederum erhöht das Risiko für Lokalkorrosionserscheinungen. Abschließend wird ein alkalisierender pH-Stabilisator eingespült.

Alle Arbeitsschritte lassen sich zum Beispiel sehr einfach mit der multifunktionalen, kompakten Teilstromaufbereitungseinheit „permaLine mobil“ oder „permaLine integral“ ausführen. Voraussetzung für den Verfahrenserfolg ist immer das vollständige Erfassen des Anlagenvolumens.

[Dr. Dietmar Ende, Leiter Forschung/Entwicklung und Sachverständiger für Korrosion BDSH, perma-trade Wassertechnik GmbH, 71229 Leonberg, ende@perma-trade.de]

Literatur

[1] VDI 2035-1, Vermeidung von Schäden in Warmwasser-Heizungsanlagen – Steinbildung und wasserseitige Korrosion (03/2021)

[2] VDI/BTGA 6044, Vermeidung von Schäden in Kaltwasser- und Kühlkreisläufen (04/2023)

[3] DIN EN 14868, Korrosionsschutz metallischer Werkstoffe – Leitfaden für die Ermittlung der Korrosionswahrscheinlichkeit in geschlosse-nen Wasser-Zirkulationssystemen (08/2005)

[4] Ende, D.: Heizungswasseraufbereitung ohne Betriebsunterbrechung, HeizungsJournal-Sonderheft (Juni 2015)

[5] Opel, O. et.al.: Korrosion in Heiz- und Kühlsystemen, BTGA-Almanach (2017)

Freitag, 07.06.2024