Die Wasserqualität in Fernwärmenetzen unterliegt strengen Anforderungen. Die Richtlinie FW 510 des AGFW – Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e.V. gibt die Rahmenbedingungen für die in Deutschland installierten Anlagen vor. Die Gründe für diese Sorgfalt: Die im Wasser gelösten Salze und andere Inhaltsstoffe tragen maßgeblich zur Korrosion an metallischen Komponenten bei.
Im Zuge der Versorgungssicherheit ist ein störungsfreier Betrieb der Anlagen vom Betreiber permanent zu gewährleisten.
Der AGFW weist in zahlreichen Publikationen auf die Gefahren des Einsatzes von unaufbereitetem Wasser in Fernwärme- oder Fernkälteanlagen hin. Nicht aufbereitetes Wasser enthält neben Eisen- und Manganverbindungen zahlreiche Gase, Erdalkalisalze, Kieselsäure und verschiedene Feststoffe.
Die Erdalkalisalze wie beispielsweise Magnesium oder Calcium fördern die Kalkbildung (Kesselstein). Natrium oder Chlor tragen zur Korrosion bei, Kieselsäure führt zu Ablagerungen von Silikatstein.
Bei großen Kraftwerksanlagen ist die Betriebsart mit vollentsalztem Wasser ein Muss. Hier können schon kleinste Mengen an gelösten Salzen schwere Schäden an Hochleistungsturbinen oder anderen Bauteilen verursachen. Bei kleinen Anlagen wird dagegen hauptsächlich enthärtetes Trinkwasser eingesetzt. "Bei den mittleren Anlagen- bzw. Netzgrößen stellen wir allerdings eine zunehmende Umstellung auf salzarme Fahrweise fest", so Ulrike Wagner, Fachreferentin Wasserchemie und Alternative Wärmetechnik des AGFW in Frankfurt a.M. Vor allem im Zuge von Sanierungsmaßnahmen bei Bestandsnetzen seien die Betreiber immer häufiger bereit, im Anschluss vollentsalztes Wasser zu verwenden. Die salzarme Fahrweise minimiere auch noch die Restrisiken von Korrosionsschäden. Dies habe bei zahlreichen Netzbetreibern dazu geführt, die in der FW 510 genannten Richtwerte einzuhalten.
Korrosionsschutz durch vollentsalztes Wasser
"In kleinen Fernwärmesystemen mit direkt durchströmten Kesseln findet man deshalb häufig salzarme Fahrweise", betont Wagner. "Von diesen Anlagen werden uns äußerst selten Schäden durch Innenkorrosion gemeldet."
"Den Trend zur salzarmen Fahrweise bemerken auch wir", unterstreicht Guido Rothe, Vertriebsleiter Reinstwassersysteme bei der Orben Wasseraufbereitung GmbH & Co. KG. "Die Betreiber der Anlagen stellt die Nutzung von vollentsalztem Wasser (VE-Wasser) zunächst vor große praktische Herausforderungen, zum einen bei der Erstbefüllung, zum anderen bei der Nachspeisung des Ergänzungswassers, denn der Kauf und die Lieferung von vollentsalztem Wasser von externen Anbietern ist alleine aufgrund der Logistik teuer." Zudem kann in einem Leckagefall oder bei einer außerplanmäßigen Teilbefüllung des Netzes nicht immer zeitnah vollentsalztes Wasser geliefert werden. Viele Betreiber gerade von kleineren Blockheizkraftwerken oder Biogasanlagen befüllen ihre Anlagen deshalb mit normalem Trinkwasser aus der Leitung. Meist wird es nur durch stationäre Filteranlagen von den gröbsten Verunreinigungen befreit oder auch enthärtet, in der Fehlannahme damit die salzarme Betriebsweise zu erfüllen. Bei der Enthärtung werden die Ca2+- und Mg2+-Ionen gegen eine äquivalente Menge Na+-Ionen getauscht. Alle übrigen Ionen verbleiben im Wasser und der Gesamtsalzgehalt bleibt quantitativ unverändert, so dass Schäden vorprogrammiert sind.
Im Gegensatz zum enthärteten Wasser sind bei vollentsalztem Wasser sämtliche Ionen ersatzlos entfernt. Orben-Ionenaustauscher-Patronen produzieren so vollentsalztes Wasser mit einem Restsalzgehalt von 0,1 mg/l entsprechend einer Leitfähigkeit von etwa 0,2 μS/cm. Zum Vergleich: bei einem durchschnittlichen Härtegrad von 20°dH liegt der Anteil des CaCO!SUB(3)SUB! im Wasser bei etwa 370 g/m3 und die Leitfähigkeit bei 700 μS/cm.
Rothe: "Damit sind die Betreiber in der Lage, ihre Anlagen dauerhaft vor Korrosion und kostenintensiven Folgeschäden zu sichern." Das einzuspeisende vollentsalzte Wasser wird dabei "just in time" produziert. Es ist keine Zwischenspeicherung notwendig, die Aufbereitung funktioniert in der Regel ungeachtet der Qualität des Einspeisewassers.
"Das salzarme Kreislaufwasser ist im Hinblick auf das Korrosionsrisiko wesentlich toleranter gegen Sauerstoff. Bei einer Leitfähigkeit unter 30 µS/cm können 0,1 mg Sauerstoff/l, darüber hingegen nur maximal 0,02 mg Sauerstoff/l toleriert werden. Ein weiterer Vorteil: Zur Einstellung des pH-Werts genügt ein Bruchteil des Konditionierungsmittels, wie es bei der salzhaltigen Fahrweise erforderlich wird", erklärt Rothe.
Die Patronen sind mit Kationen- und Anionenaustauscherharz gefüllt, über welche das Wasser von oben nach unten durchgeführt wird. Die Leitfähigkeit des Wassers wird dabei gegen Null abgesenkt. Mit dieser Methode werden Calcium, Natrium, Magnesium, Chloride usw. vollständig entfernt. Erreichen die Harze ihren Sättigungsgrad, werden einfach die Patronen ausgetauscht. Orben bietet dafür einen bundesweiten Service an. Die gesättigten Harze werden in einer eigenen Regenerierstation aufbereitet, so dass sie unbegrenzt wieder verwendbar sind.
Mobile Wasseraufbereitungsanlagen für große Volumina von vollentsalztem Wasser
Mit Gesamtkapazitäten von 3 bis 130 m³ steht für jeden Bedarf eine passende Patronengröße zur Verfügung. Der Hersteller aus Wiesbaden bietet darüber hinaus auch Anlagen für größere Volumen.
So können auch Kraftwerke für die Wärmeerzeugung vollentsalztes Wasser in Kesselspeisewasserqualität mit Orben-Leihanlagen erzeugen. Für Gerold Kraschon, Leiter Labor/Wassergewinnung Stadtwerke Flensburg GmbH, ein Glücksfall: "Wir haben zwar für unseren Bedarf eine eigene Wasseraufbereitungsanlage, aber als wir die Steuerungstechnik daran im Jahr 2011 erneuern mussten, war unsere Versorgung mit vollentsalztem Wasser unterbrochen. Orben hat uns mit einer mobilen Aufbereitungsanlage geholfen, diese Lücke zu schließen."
Zum Einsatz kam hier die mobile Wasseraufbereitung "TR-30" mit einer kontinuierlichen Leistung von 30 m3 VE-Wasser/h. Die auf dem Sattelanhänger installierten Anlagen sind mit hochmodernen Komponenten der Wasseraufbereitung ausgestattet, wie Ultrafiltration, Konditionierung, Umkehrosmose und Membranentgasung. Nachgeschaltete Mischbetten gewährleisten einen Leitwert unter 0,2 µS/cm.
Das aufbereitete vollentsalzte Wasser entspricht den relevanten Qualitätsanforderungen der VGB-Richtlinien und des VdTÜV. Aufgrund der vorgeschalteten Aufbereitungsmodule müssen die Ionenaustauscher-Harze erst nach zwei bis vier Wochen kontinuierlichen Betriebs gewechselt werden. Der Harzwechsel kann vor Ort während des laufenden Betriebs erfolgen.
"Entscheidend für uns war die Gewährleistung der hohen Qualität und die schnelle Verfügbarkeit", so Kraschon. "Und natürlich der Preis. Wir nutzen das vollentsalzte Wasser für die eigentliche Fernwärmeversorgung in Flensburg und als Kesselspeisewasser. Da setzen wir selbst eine Leitfähigkeit des Wassers von 0,06 bis 0,07 µS/cm voraus, um unsere Anlagen bestmöglich vor Schäden durch Korrosion zu schützen." Das Rohwasser stellten die Stadtwerke Flensburg aus einem eigenen Brunnen zur Verfügung. Nach einer herkömmlichen Enteisenung würde dieses Brunnenwasser bereits Trinkwasserqualität besitzen.
Durch die Kombination der verschiedenen Systeme im "TR-30" hat das vollentsalzte Wasser am Ende die geforderte Minimal-Leitfähigkeit erreicht. Dazu wurde das Rohwasser in einem Vorfilter von groben Partikeln und einer nachgeschalteten Ultrafiltration von Mikropartikeln befreit. Über die Umkehrosmose, bei der unter hohem Druck das Wasser durch eine halbdurchlässige Membran gepresst wird, wurden dem Rohwasser fast 97 Prozent der Calcium-Ionen entzogen und die Leitfähigkeit auf 8 bis 10 µS/cm abgesenkt. Eine Entgasungseinrichtung entzog dem Wasser die Kohlensäure. Zwei nachgelagerte Mischbettpatronen entzogen dann dem vorentsalzten Wasser die restlichen Ionen und lieferten final hochreines Wasser. Das bei der Umkehrosmose anfallende Restkonzentrat konnte für die Einleitung in die Kanalisation freigegeben und so der normalen Abwasserreinigung der Stadt Flensburg zugeführt werden. Mit einem Fassungsvolumen von mehr als 28.000 m³ zählt das Fernwärmenetz Flensburg zu den größten Deutschlands. Neben den 98 Prozent städtischer Haushalte beliefern die Stadtwerke Flensburg auch mehrere Umlandgemeinden und Padborg in Dänemark.
Je nach Beschaffenheit der örtlichen Versorgungsstrukturen lassen sich die Orben-Wasseraufbereitungssysteme direkt an den Wasserkreislauf einer Anlage anbinden und liefern so vollentsalztes Wasser in jeder gewünschten Menge. Eine Investition, die sich angesichts kostenintensiver Folgeschäden bei Korrosion durch unaufbereitetes Wasser sehr schnell rechnen kann.