Die Energiewende steht sowohl bei der Bezahlbarkeit, als auch bei der Versorgungssicherheit vor gewaltigen Herausforderungen. Der aktuelle Sonderbericht des Bundesrechnungshofs (BRH) macht deutlich: „Private Haushalte zahlten im europäischen Vergleich im Jahr 2019 mit knapp 30,9 Cent/Kilowattstunde (kWh) den höchsten Preis für Strom“, so der BRH. Dieser Strompreis lag 43 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Darüber hinaus lagen Gewerbe- und Industriekunden mit 13 bis 30 Prozent über dem Durchschnitt.
Neben einer bezahlbaren Energieversorgung stellt der Bericht des BRH auch die langfristige Zuverlässigkeit der Stromversorgung in Zweifel: Eine gewaltige Kapazitätslücke von bis zu 4,5 Gigawatt droht im deutschen Stromnetz nach dem Kohleausstieg. Dabei wächst parallel der Strombedarf durch den zunehmenden Ausbau strombasierter Anwendungen in den Sektoren Mobilität und Wärme.
Die Wasserstoff-Technologie hat das Potential, um die Energiewende und Wärmewende versorgungssicher und bezahlbar zu machen.
Eine von Frontier Economics unter der Leitung von Dr. David Bothe und Dr. Matthias Janssen erstellte aktuelle Studie “Die Rolle von Wasserstoff im Wärmemarkt” hat ermittelt, dass der Einsatz von Wasserstoff die Gesamtsystemkosten der Dekarbonisierung im Wärmemarkt senken und insbesondere einkommensschwache Haushalte entlasten kann. Zudem unterstützt der Wärmesektor mit seiner gesicherten Nachfrage den Markthochlauf und die Entwicklung Deutschlands hin zu einer Wasserstoffwirtschaft.
Wie die Frontier-Studie ermittelt hat, können Wasserstoff und klimaneutrale Gase insbesondere durch die gute Speicherbarkeit, Transportierbarkeit und somit auch Importfähigkeit einen wertvollen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen der Dekarbonisierung leisten und sollten daher Teil des zukünftigen Energieträger- und Technologiemix sein.
“Wir sollten alle Optionen nutzen,” unterstreicht Holger Lösch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer BDI e.V., die Bedeutung des Einsatzes von Wasserstoff. Für ihn sei klar, dass für das Gelingen der Energiewende immer auch eine große Menge an flüssigen und gasförmigen Energieträgern benötigt werde.
Diesen Standpunkt vertritt auch Thorsten Herdan, Leiter der Abteilung II “Energiepolitik – Wärme und Effizienz” im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: "Es kann ja nicht nur ‘das Elektron’ sein, das uns die Wärmewende, die Energiewende, die Klimaneutralität bringen wird.” Weiter führt Herdan aus: “Wer glaubt, dass Wasserstoff im Wärmemarkt keine Rolle spielt, der muss eine Glaskugel haben und Dinge darin finden.” Das BMWi und Herdan teilen diesen “Glauben” jedoch nicht.
Auch die Frage, ob es überhaupt eine Nachfrage nach Wasserstoff in Deutschland geben werde, stellt sich für Energie-Expertin Gunda Röstel, Geschäftsführerin der Stadtentwicklung Dresden GmbH nicht: ”Da aktuell gerade die ganze Welt in Wasserstoff investiert, wäre es für mich eine merkwürdige Vorstellung, wenn es dann dafür in Deutschland keinen Markt gäbe.” Gerade dafür sei doch der Wärmemarkt eine wichtige Option, “den Markthochlauf von Wasserstoff insgesamt zu ermöglichen."!PAGEBREAK()PAGEBREAK!
Mit Blick auf die Stromversorgungssicherheit in Deutschland weist auch Dr. David Bothe darauf hin, dass wir in Deutschland etwas haben, worum uns das Ausland beneidet”, so Bothe, “und das ist ein gut ausgebautes Gasnetz.” Die vorhandene Gasinfrastruktur könne das Stromnetz bei der Energie- und Wärmewende entlasten und erneuerbare Energien via Wasserstoff zum Verbraucher leiten.
Max Viessmann, CEO Viessmann Group, sagt dazu: “Klimaschutz ist keine Stichtagsbetrachtung. Wir haben eine Wasserstoff-Nachfrage im Wärmemarkt und nach vorn gerichtet, müssen wir heute langfristige Entscheidungen treffen. Dafür muss die Beschaffung von Wasserstoff als globale Lieferkette betrachtet und eine Investitionssicherheit für die Industrie mit stabiler Nachfrage geschaffen werden.”
Für Dr. David Bothe ist klar: "dass wir bei der nächsten Gebäude-Energie-Gesetz-Überarbeitung überlegen müssen wie wir eine Anrechenbarkeit von Wasserstoff bewerkstelligen wollen".
Für die Bundesregierung ist der „Aufbau einer Wasserstoffnetzinfrastruktur Schlüssel zur Energiewende“, schließlich will Deutschland bis 2050 klimaneutral werden.
„Für den langfristigen Erfolg der Energiewende und für den Klimaschutz braucht es Alternativen zu fossilen Energieträgern. Wasserstoff wird dabei als vielfältig einsetzbarer Energieträger eine Schlüsselrolle einnehmen. Klimafreundlich hergestellter Wasserstoff ermöglicht es, die CO2-Emissionen vor allem in Industrie und Verkehr dort deutlich zu verringern, wo Energieeffizienz und die direkte Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien nicht ausreichen.