Wirtschaftlicher Einsatz langlebiger Rohrsysteme in Nah- und Fernwärmenetzen

Eine Dekarbonisierung der Wärmeversorgung ist durch den verstärkten Einsatz von Wärmepumpen und Nah- bzw. Fernwärmenetzen möglich.

Die zukünftige Wärmeversorgung in Deutschland wird durch den Einsatz von Wärmepumpen und Nah- bzw. Fern-wärmenetzen bestimmt, um das Ziel der CO!SUB(2)SUB!-Neutralität bis spätestens 2050 zu erreichen. Die notwendigen Schritte dieser Transformation beschreibt zum Beispiel das aktuelle Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (Fraunhofer IEE) "Transformationspfade im Wärmesektor" [1].

Steigerung des Anteils von Wärmenetzen

Von derzeit rund elf Prozent müsste demnach der Anteil der Wärmenetze auf 37 Prozent steigen. Der überwiegende Rest würde künftig im "Massenmarkt Einfamilienhaus" über Wärmepumpen versorgt. Beim Ausbau von Wärmenetzen geht es um Netz-Neubau und Verdichtung bereits bestehender Strukturen, etwa durch den Aufbau von sogenannten Sekundärnetzen. Da Wärmenetze per se nicht "CO!SUB(2)SUB!-Neutral" sind – im Gegenteil: bei Wärmenetzen sind auch die Wärmeverluste zu beachten –, ist entscheidend, woher die Wärme kommt, die in Wärmenetze eingespeist wird. Genau hier liegt ein entscheidender Vorteil von Wärmenetzen: Es können unterschiedliche Technologien und ein Mix aus regional bzw. lokal vorhandenen Energieressourcen eingesetzt werden.

Durch Skalierungseffekte ist vielfach eine wirtschaftlich vorteilhafte Erschließung dieser Quellen möglich und eine im Vergleich zur dezentralen Einzelversorgung oft kostengünstigere Wärmebereitstellung. Neben der Wirtschaftlichkeit ist die Versorgungssicherheit entscheidend für den Erfolg und die Akzeptanz von Wärmenetzen. Die Langlebigkeit der eingesetzten Materialien spielt dabei eine wesentliche Rolle, da hier ein Großteil der Investition hineinfließt.

Wirtschaftlicher(er) Einsatz polymerer Rohrsysteme

Die Erfahrungen aus der Realisierung einer Vielzahl von Nahwärmenetzen für Wohnquartiere zeigen, dass durch den Einsatz von vorgedämmten polymeren Rohrsystemen (PMR) anstelle von Stahlrohrsystemen eine Einsparung von bis zu einem Drittel der Investitionskosten möglich ist. Erreicht wird dies durch die Verwendung flexibler Ringbundware, eine einfache Verarbeitung und die Reduktion des Tiefbauaufwands. Bei der Verbindungstechnik sei hier beispielhaft die bewährte Schiebehülsenpressverbindung von Rehau genannt sowie die werkzeuglose Clipmuffentechnik zur Nachisolierung der Verbindungstellen. Neben Rohrleitungsbauunternehmen sind auch versierte Installationsbetriebe in der Lage, ihre Kapazitäten beim Auf- bzw. Ausbau von Wärmenetzen erfolgreich einzubringen.

Nicht überall macht der Einsatz einer rohrleitungsgebundenen Wärmeversorgung Sinn. Wichtige Kriterien sind beispielsweise die Wärmeliniendichte in kWh pro Trassenmeter und Jahr, also die transportierte Wärmemenge pro Meter, die mindestens 0,5 MWh/(m*a) erreichen muss. Da in Neubaugebieten zunehmend verdichtet gebaut wird, findet trotz steigender Dämmstandards in vielen Quartieren eine deutliche Überschreitung dieses Wertes statt. Typisch für den urbanen Raum ist die Realisierung von Geschosswohnungsbau, teilweise gepaart mit einzelnen Reihenhauszeilen.

Nachhaltigkeit durch Effizienz

Wärmeverluste der Wärmetransportleitungen können durch ein Bündel von Maßnahmen auf ein Minimum reduziert werden [2]. Neben der bedarfsgerechten Dimensionierung gehört dazu unter anderem die Qualität des verwendeten PU-Schaums, die Dämmstärke und natürlich das Temperaturniveau (Vorlauf- und Rücklauftemperatur) des Wärmeträgers. Eine hohe Effizienz des Wärmenetzes, etwa durch geringe Wärmeverluste, ist nicht nur nachhaltig, sondern auch Grundlage für eine dauerhaft kostengünstige Wärmebereitstellung.

Vielfach liegt der Fokus allerdings nur auf den Rohrleitungen, die Muffen an den Verbindungsstellen sowie Abzweigen werden nicht beachtet. Genau in diesem Bereich kommt es ebenfalls auf eine gute Dämmung an, die zum Beispiel durch kompakte Bauweise und vollständiges Ausschäumen des Hohlraumes mit einem 2-Komponentenschaum erreicht werden kann.

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Kriterien für Langlebigkeit und Sicherheit

Wärmenetze sind eine Infrastruktur für Jahrzehnte. Das Versagen von Rohr- und Verbindungstechnik hat einen erheblichen (Kosten)Aufwand zur Folge. Langlebigkeit und Sicherheit sind essentiell. Deshalb sollte sich der Fokus auf Kriterien richten, anhand derer Qualitätsunterschiede nachweislich erkennbar sind.

Die Verbindungsstellen von Medienrohren und Fittings werden bereits bei der Verarbeitung durch Presswerkzeuge extrem beansprucht.

Im Betrieb folgen Wechselspannungen durch unterschiedliche, sich immer wieder verändernde Temperatur- und Druckbelastungen. Um diesen Anforderungen dauerhaft erfolgreich zu widerstehen, ist eine optimale Abstimmung der Komponenten aufeinander unabdingbar. Erkennbar wird diese Qualitätssicherung für den Entscheider beispielsweise durch den Nachweis einer Systemzertifizierung bzw. Produktkonformität. Beim Einsatz von PE-Xa-Rohren für Wärmenetze ist hier die DIN EN ISO 15875 (Kunststoff-Rohrleitungssysteme für die Warm- und Kaltwasserinstallation – Vernetztes Polyethylen [PE-X]) heranzuziehen.

Bei den Rohrleitungen ist besonders auf die Langlebigkeit in Abhängigkeit der geplanten Temperaturanforderun-gen zu achten. Bei der Angabe bzw. Ermittlung der Mindestlebensdauer ist zwischen den Anforderungen der DIN 16892/3 (Rohre aus vernetztem Polyethylen hoher Dichte [PE-X]) und der DIN EN 15632 (Fernwärmerohre – Werkmäßig gedämmte flexible Rohrsysteme) zu unterscheiden. Rohrsysteme, die den erhöhten Anforderungen der DIN EN 15632 genügen, haben im Vergleich eine deutlich längere Lebensdauer – bei einem typischen Temperaturlastkollektiv beispielhaft bis zu 70 Prozent [3]. Dies ist im Wesentlichen in der Rezeptur des Rohrmaterials begründet. Sogenannte thermische Stabilisatoren machen das Rohr dauerhaft widerstandsfähig gegenüber thermischer Beanspruchung. Im Rahmen einer über mindestens 15.000 Stunden andauernden Prüfung bei 110 °C wird das gemäß DIN EN 15632 zum Beispiel für die Systeme "Rauthermex" und "Rauvitherm" durch externe Prüfungen nachgewiesen, erkennbar an der Signierung der Medienrohrleitungen.

Projektbeispiele einer zukunftsweisenden Wärmeversorgung

In der Gemeinde Hallerndorf, ca. 40 km nördlich von Nürnberg, werden kommunale Gebäude und ein Großteil der privaten Gebäude seit mehreren Jahren erfolgreich zu 100 Prozent mit Wärme aus erneuerbaren Energien über ein polymeres Rohrsystem versorgt. Eine rund 1.300 m² große Solarthermieanlage deckt vor allem die Sommerlast ab und eine Holzhackschnitzelfeuerung übernimmt den übrigen Teil der Wärmeerzeugung [4].

Ein anderes Beispiel für nachhaltige und zukunftsweisende Wärmeversorgung wurde 2019 in Meitingen, einer Gemeinde gut 20 km nördlich von Augsburg, realisiert. Die Wärme, die hier in das PE-Xa-Netz zur Versorgung von insgesamt rund 175 Wohneinheiten eingespeist wird, stammt aus einem nahegelegenen Industriebetrieb. Die Nutzung dieser anfallenden Abwärme vermeidet die Emission von etwa 200 Tonnen CO!SUB(2)SUB! pro Jahr [5].

Fazit

Nah- und Fernwärmenetze werden bei der nachhaltigen und zukunftsweisenden Versorgung von Gebäuden weiter an Bedeutung gewinnen. Die Auswahl von geprüften Systemkomponenten ist entscheidend hinsichtlich Langlebigkeit und Versorgungssicherheit. Eine durchdachte Planung sichert die Qualität und vermeidet Fehler sowie Folgeschäden. Das alles ist die wesentliche Grundlage für eine langfristig wirtschaftliche Wärmeversorgung und die Bereitstellung kostengünstiger umweltfreundlicher Wärme.

Literatur

[1] Norman Gerhardt, Fraunhofer IEE, Forschungsprojekt "Transformationspfade im Wärmesektor" 9.2017 – 8.2020, www.iee.fraunhofer.de/de/projekte/suche/laufende/transformationspfade-im-waermesektor.html

[2] Olaf Kruse, Rehau AG + Co, Fünf Maßnahmen für mehr Effizienz und Wirtschaftlichkeit im Nahwärmenetz, EuroHeat & Power, September 2015

[3] Technische Information – Nahwärmesysteme Rauthermex und Rauvitherm, Rehau AG + Co, Juni 2020

[4] www.hallerndorf.de/nahwaermenetz/

[5] www.energieatlas.bayern.de/thema_abwaerme/ausserbetrieblich/praxisbeispiele/details,826.html

Mittwoch, 09.09.2020