Die Bürgerenergie hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Pfeiler der Energiewende entwickelt.
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Bürgerenergie: Wärme und Strom nachhaltig für die Nachbarn und sich erzeugen
Dienstag, 21.04.2020
In der überwiegenden Rechtsform einer Genossenschaft verfolgen sie das Ziel einer dezentralen, konzernunabhängigen und ökologischen Energiegewinnung. Sie bieten darüber hinaus auch Anlage- und Investitionsmöglichkeiten in lokale und regionale Energieprojekte. Die Vielfalt möglicher Aktivitäten verdeutlicht der "Bürgerenergie.Atlas", den kürzlich die EnergieAgentur.NRW ins Netz stellte. SHK-Betriebe dürfen ebenfalls durchaus die Initiatoren sein.
"Das, was Greta Thunberg macht, ist eine fantastische Sache. Nur müssen wir jetzt vor unserer eigenen Haustür kehren. Sie rüttelt die globale Welt wach und was tun wir? Wir applaudieren ihr. Mit unserem »Atlas Bürgerenergieprojekte«, der bereits über 300 Musterbeispiele enthält, zeichnen wir Wege vor, wie auch der Durchschnittsbürger mit normalem Einkommen aktiv die Energiewende mitgestalten kann." Nach Uwe Burghardt, Pressesprecher der EnergieAgentur.NRW, wollen die aufgelisteten Beteiligungsmodelle unter anderem das Vorurteil wegräumen, dass nur wohlhabenden Bundesbürgern der Ertrag solcher vergesellschaftlichten Wind- und PV-Farmen, mit eingebundenen Wärmepumpen, mit Nahwärmenetzen und KWK zugutekommt. "Das sind die Profiteure des Klimawandels, hört man ja oft. Der »Bürgerenergie.Atlas« belegt, dass jedem die Tür zu solchen Beteiligungsinitiativen offensteht." Denn die Beispiele in der Landkarte beschränken sich auf Beteiligungen zwischen grob 1.000 bis 10.000 Euro. "Damit tragen sie die Bezeichnung »Bürgerenergie« zu Recht."
Informationsquelle und Ratgeber
Die Projektsammlung dokumentiert die Vielfalt von Anlagen dieser Art und bietet sich neuen Initiativen als Informationsquelle und Ratgeber an. "Es spricht neben Umweltschutz und Ertrag – Ertrag in der Regel mehr als die nullkommanull Prozent Bankzinsen – noch ein dritter wesentlicher Punkt für derartige Angebote durch Kommunen oder private Investoren. Der Widerstand gegen Instrumente, Maßnahmen und Gesetze, wie Mindestabstand Windräder, Kabel durch das Grundstück, CO2-Bepreisung und anderes, nimmt erheblich ab. Grüner Strom aus der Steckdose ja, Windrad in Sichtweite nein, das ist ja zurzeit die vornehmliche Haltung. In dem Moment, wo ich den Bürger einlade, einige Euro über seine eigenen häuslichen Maßnahmen hinaus in den Klimaschutz zu investieren, wird er bedeutend leiser. Das haben wir beinahe an jedem Standort erfahren. Man ist ja in dem Augenblick nicht mehr gegen die Rotorblätter in der Ferne, sondern gegen den nahen Nachbarn, der mit einem Teil seines Sparbuchs gezeichnet hat", so der Pressesprecher der EnergieAgentur.NRW.
Wenn mehrere Bürger gemeinsam eine Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien finanzieren oder betreiben, entsteht eine Bürgerenergieanlage. Ziel ist es, mit einem öffentlichen Beteiligungsangebot eine möglichst große Zahl an Bürgerinnen und Bürgern (aus einer Region) zu erreichen. Die Attraktivität hat sich herumgesprochen. Mehrheitlich wurden in kurzer Zeit die Ausschreibungen überzeichnet. Die Anteilseigner üben im Allgemeinen einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäfte der Gesellschaft aus. Dies impliziert eine Sperrminorität, eher sogar einen Anteil von mehr als 50 Prozent der Stimmen.
Der "Bürgerenergie.Atlas NRW" beschränkt sich auf umgesetzte Projekte und Beteiligungsangebote. Vorhaben im Planungsstadium sind nicht enthalten. Erfasst sind Maßnahmen entlang der Wertschöpfungsketten in den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr sowie Energieeffizienz. Die Modellpalette spannt sich von der Holzhackschnitzel-Feuerung im örtlichen Sägewerk beziehungsweise Biogas plus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) jeweils als Wärmequelle für das Nahwärmenetz, über Wind- und PV-Strom für die Gemeinde aus gemeindeeigenen Erzeugungsanlagen, über bürgerfinanzierte Grubengas- und Geothermie-Wärme bis hin zum gemeinschaftlich genutzten E-Auto. Der Atlas enthält selbstverständlich den Ansprechpartner bei der jeweiligen Genossenschaft, Gesellschaft oder Kommune. Die EnergieAgentur.NRW geht mit dem Atlas voran. Sie will mit der Objektzusammenstellung bundesweit Initiatoren auffordern, den Atlas für Blaupausen zu nutzen. Sie fordert Bürgerinnen und Bürger auf, sich letztlich wegen des eigenen Wohlergehens zu beteiligen.
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