Dämmung von Wechseltemperaturanlagen
Klimaanlagen werden häufig auch zum Heizen verwendet. So verfügen moderne Split-Klimageräte heute beispielsweise über eine sogenannte Wärmepumpenschaltung, die es erlaubt, das Gerät als energiesparende Zusatzheizung zu betreiben. Wärmeverteilungsleitungen von Wechseltemperaturanlagen müssen nach § 69 des GEG nach den Anforderungen der Anlage 8 gedämmt werden. Kälteverteilungs- und Kaltwasserleitungen von Klimaanlagen mit einer Nennleistung von mehr als 12 kW bzw. von raumlufttechnischen Anlagen, die für einen Volumenstrom der Zuluft von mindestens 4.000 m³/h ausgelegt sind, müssen laut § 70 des GEG gedämmt werden. Die Dämmung der Anlage muss theoretisch beiden Anforderungen gerecht werden und die Dämmschichtdicke ist somit der jeweils strengeren Anforderung gemäß – in der Regel der "Heizfall" – auszulegen.
Da Klimaanlagen in der Regel nur unterstützend zur Beheizung von Gebäuden eingesetzt werden, sie also erheblich kürzere Heizzeiten aufweisen und die Temperaturdifferenzen zwischen Medium und Umgebung zudem geringer als bei klassischen Heizsystemen ausfallen, kann die Dämmpflicht als wirtschaftliche Härte anerkannt und von der Umsetzung der strengeren Anforderungen im Einzelfall durch einen Befreiungsantrag abgesehen werden. Zur Berechnung der optimalen Dämmschichtdicke von Kälteverteilungs- und Kaltwasserleitungen sollte, wie bereits dargelegt, die VDI 2055, Blatt 1 herangezogen werden.
Dämmschichtdicken für Kunststoffrohrleitungen
Kunststoffrohre gibt es in den verschiedensten Ausführungen; sie unterscheiden sich beispielsweise hinsichtlich Materialzusammensetzung, Rohrwanddicken, Wärmeleitfähigkeiten. Bei der Berechnung der Dämmschichtdicken dürfen gemäß GEG die Wanddicken der Kunststoffrohrleitungen mit berücksichtigt werden. Dies führt aber bei allen Kunststoffrohrtypen nur zu geringfügig abweichenden Dämmstoffdicken. Daher sollten auch für Kunststoffrohre die durchmesserbezogenen Mindestdämmstärken der Tabellen 15 und 16 der DIN 4108, Teil 4 für Stahlrohre verwendet werden. Der Tabelle 5 können die auf unterschiedliche Werte der Wärmeleitfähigkeit bezogenen Dämmschichtdicken entnommen werden.
Dämmschichtdicke abhängig von der Wärmeleitfähigkeit
Der zentrale bauphysikalische Kennwert zur Beurteilung von Dämmstoffen ist die Wärmeleitfähigkeit. Je niedriger der Wert der Wärmeleitfähigkeit, desto besser ist die Dämmwirkung eines Materials und desto weniger Energie geht verloren. Da die Wärmeleitfähigkeit auch von Dämmmaterialien temperaturabhängig ist, verwendet man für Rohrdämmstoffe in der Regel die Bezugstemperatur (Mitteltemperatur) von 40 °C. Dieser Bezugswert stellt mit guter Näherung einen Mittelwert von Heizungs- und Warmwasseranlagen dar. Im Bereich von Kaltwasser- und Kälteanlagen werden dagegen oft Bezugstemperaturen von 0 oder 10 °C verwendet. Die Anforderungen des GEG beziehen sich auf eine Wärmeleitfähigkeit von 0,035 W/(m·K). Die korrekten Dämmschichtdicken für abweichende Werte der Wärmeleitfähigkeit lassen sich auf der Grundlage der VDI 2055, Blatt 1 errechnen. Einfacher ist es allerdings, die geforderten Dämmschichtdicken für Stahl- und Kupferrohre direkt aus den Tabellen 15 und 16 der DIN 4108-4:2013-02 zu entnehmen. Eine zusammenfassende Darstellung bietet die Tabelle.
Fazit
Das GEG ist am 1. November 2020 in Kraft und die EnEV damit außer Kraft getreten. Abhängig vom Zeitpunkt des Bauantrags wird ein Projekt nach dem alten oder dem neuen Regelwerk erstellt werden müssen. Da das GEG gegenüber der EnEV jedoch keine wesentlichen Änderungen mit sich bringt, dürfte die Umstellung problemlos sein. Trotz vorgeschriebener Dämmpflicht für Heizungs-, Warmwasser-, Kälteverteilungs- und Kaltwasserleitungssysteme werden leider noch immer zahlreiche Anlagen nicht oder nicht ausreichend gedämmt. Das führt zu hohen Energieverlusten und immer wieder zu Beschwerden und gerichtlichen Auseinandersetzungen. Auch bei der Wärmebilanz eines Gebäudes wird die Dämmung von Rohrleitungen häufig nicht ausreichend oder nicht korrekt berücksichtigt. Ohne Kontrolle und Ahndung von Abweichungen werden die Anforderungen des GEG in der Praxis nicht von allen Beteiligten korrekt und vollständig umgesetzt werden.
Nachdrücklich sei nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei den im GEG vorgeschriebenen Dämmschichtdicken um öffentlich-rechtliche Mindestanforderungen handelt, die eingehalten werden müssen. Der zwingend erforderliche, schonendere Umgang mit Energieressourcen rechtfertigt in vielen Anwendungen Dämmschichtdicken für Rohrleitungen und Armaturen, die über diese Mindestanforderungen hinausgehen.