Die heutigen und zukünftig angestrebten Baustandards und luftdichten Gebäudehüllen sowie gestiegene Komfortansprüche machen lüftungstechnische Maßnahmen definitiv nötig. Einem Fachplaner, einem Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, einem Heizungs- und Lüftungsanlagenbauer muss dies bewusst sein, er muss die Lüftungstechnik als eine seiner Kernkompetenzen sehen: Systeme fachmännisch planen und installieren, sich vom Sinn der getroffenen Maßnahmen überzeugen und weitere Anwender dazugewinnen, lautet die Devise.
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Das Lüftungskonzept nach DIN 1946-6: Eine Chance für Planer und Handwerk
Sonntag, 31.08.2014
Mit Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung im letzten Jahrhundert hat der Begriff "Energieeinsparung" endgültig Einzug im Baugewerbe gehalten. Spielten zuvor bereits einzelne Themen, wie zum Beispiel die Wärmepumpe in den 1970er Jahren, durchaus eine Rolle, wurde nun in ganzheitlichen Ansätzen gedacht und gebaut. Diverse Stufen bis hin zur aktuellen Energieeinsparverordnung (EnEV) führten zu immer komplexeren Techniken und Bauweisen, um Energie einzusparen.
Neben den aktuellen Möglichkeiten in der Haustechnik spielen die Gebäudedämmung, beispielsweise mit Wärmedämmverbundsystemen, sowie die Fenstertechnik eine wesentliche Rolle – besonders bei der Sanierung von Wohngebäuden. Das Erreichen des Passivhausstandards, also eines Gebäudes mit weniger als 15 Kilowattstunden Heizwärmebedarf pro Quadratmeter und Jahr, ist heute im Rahmen von Sanierungen keine Seltenheit mehr. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass bei Neubauten auf hohe Dämmstandards natürlich generell Wert gelegt wird.
Fast alle Maßnahmen zur Energieeinsparung führen in Summe zu dichten Gebäuden und Wohnungen. Einher geht damit die Problematik der reduzierten Lüftung durch Infiltration (Leckagen im Gebäude) wie dies früher einmal der Fall war und damit entstehender Feuchtigkeits- und Schimmelprobleme.
Eigentümer und Bewohner sind sich dieser Tatsache zunehmend bewusst. Nicht zuletzt Vermieter können aus Diskussionen mit ihren Mietern über das Lüftungsverhalten "ein Lied zu dieser Thematik singen". Fairerweise sei erwähnt, dass nicht nur falsches Lüftungsverhalten, Stichwort "Fenster auf Kipp", sondern auch die Lebensführung oder die Lage der Wohnung gegen das Einhalten einer Lüftungsstrategie sprechen können.
Resultierend aus dieser Entwicklung und aus Erfahrungen in den letzten Jahren wurde 2009 die DIN 1946-6 in ihrer jetzigen Form veröffentlicht.
Dichtes Bauen ohne Lüftung nicht mehr denkbar?
Sie geistert unter der offiziellen Bezeichnung "DIN 1946 Teil 6 – Lüftung von Wohnungen" durch die Normenwelt. Bewusst soll hier der Begriff "geistern" gewählt werden, da dieser "Geist" noch lange nicht jeden erreicht hat. Viele Mitwirkende am Bau haben die DIN 1946-6 bestenfalls zur Kenntnis genommen, deren Berücksichtigung aber mehr oder weniger ausgeblendet.
Worum geht es?
Der für den Feuchteschutz notwendige Luftaustausch ist sicher zu stellen. Die EnEV fordert lediglich die Sicherstellung eines erforderlichen Mindestluftwechsels zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung (EnEV 2009, § 6, Abs. 2), äußert sich ansonsten aber kaum zu diesem Thema.
Genau hier setzt die DIN 1946-6 an. Sie schreibt generell die Erstellung eines Lüftungskonzeptes bei der Sanierung von Ein- und Mehrfamilienhäusern bzw. deren Neubau vor. Im Falle einer Sanierung gilt dies für Einfamilienhäuser beim Austausch von mindestens einem Drittel der vorhandenen Fenster oder der Abdichtung von mehr als einem Drittel der Dachfläche. Bei der Sanierung von Mehrfamilienhäusern ist das Lüftungskonzept erforderlich, wenn mehr als ein Drittel der Fenster ausgetauscht werden.
Erster Schritt im Rahmen des Lüftungskonzepts ist der lüftungstechnische Nachweis. Er dient der Prüfung, ob der notwendige Luftwechsel zum Feuchteschutz aufgrund der Bauweise und der Lage des Gebäudes sichergestellt ist.
In dieser Phase werden Kriterien wie die Dichte des Gebäudes (z.B. anhand eines vorhandenen Wertes aus einer "Blower-Door"-Messung) und die Windstärke des Gebietes, in dem das Gebäude (ent-)steht, berücksichtigt. Die DIN unterteilt die gesamte Bundesrepublik hierzu in windstarke und windschwache Gebiete.
Lautet das Ergebnis des lüftungstechnischen Nachweises "Keine lüftungstechnische Maßnahme (LtM) erforderlich", kann das Lüftungskonzept an dieser Stelle beendet werden. "Kann" deshalb, weil möglicherweise Forderungen der zukünftigen Nutzer (Hobby, besondere Lebensgewohnheiten) oder "Sicherheitsüberlegungen" des Vermieters dafür sprechen, lüftungstechnische Maßnahmen zu realisieren. Die DIN 1946-6 räumt hier auch die Möglichkeit ein, erhöhte Anforderungen an die Raumlufthygiene, die Energieeffizienz und den Schallschutz zu berücksichtigen.
Wird der notwendige Luftwechsel zum Feuchteschutz nicht "einfach so" erreicht, müssen auf jeden Fall "LtM" ergriffen werden.
Dabei sind vier Lüftungsstufen zu berücksichtigen:
- Lüftung zum Feuchteschutz,
- reduzierte Lüftung,
- Nennlüftung und
- Intensivlüftung.
Die geforderten Luftmengen dieser Stufen können durch passive Lösungen ohne die Unterstützung von Ventilatoren oder mit Hilfe ventilatorgestützter Systeme erreicht werden. Die Systeme mit Ventilator(en) werden in Zuluft-, Abluft- sowie Zu- und Abluftsysteme unterteilt. Egal ob mit oder ohne Ventilator, eines haben alle Varianten gemeinsam: Die unterste Stufe, die Lüftung zum Feuchteschutz, muss ohne Zutun des Nutzers sicher gestellt sein. Werden "LtM" mit Ventilatoren gewählt, müssen die ersten drei Stufen bis hin zur Nennlüftung (= Sicherstellung der hygienischen Anforderungen und des Gebäudeschutzes bei Anwesenheit der Nutzer/Bewohner) ohne deren Unterstützung gewährleistet werden. Lediglich für die Intensivlüftung ("Partyfall") kann der Nutzer/Bewohner durch aktive Fensterlüftung zur Unterstützung eingebunden werden.
Generell fordert die DIN die Kennzeichnung des eingesetzten Lüftungssystems, um auch in der Betriebsphase Technikern und Betreibern eine schnelle Zuordnung zu ermöglichen. Kapitel 10 der DIN 1946-6 gibt hierüber Auskunft. Hier ist auch die Übergabe der Anlagendokumentation (Anleitung, Zulassung etc.) beschrieben, die eigentlich Standard sein sollte.
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