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Lüftung

Die aktuelle Situation bei der dezentralen Wohnraumlüftung

Montag, 27.04.2020

Im Bereich der Kontrollierten Wohnraumlüftung (KWL) sind seit einiger Zeit unterschiedliche Marktentwicklungen zu beobachten. Bei den zentralen Wohnraumlüftungssystemen mit Wärmerückgewinnung (WRG) stieg der Absatz in 2017 noch um acht Prozent auf 53.500 Geräte. In 2018 gab es jedoch einen Dämpfer um vier Prozent auf 51.500 Geräte und vergangenes Jahr wurden 50.500 Geräte abgesetzt (Quelle: BDH). Bei den dezentralen Wohnraumlüftungsgeräten mit Wärmerückgewinnung hingegen ist die Nachfrage im Vergleichszeitraum kontinuierlich gestiegen: in 2017 um 21 Prozent auf 179.000 Geräte, in 2018 um zwölf Prozent auf über 200.000 Geräte und in 2019 um sieben Prozent auf 212.000 Geräte. Wie haben Sie das Marktgeschehen im letzten Jahr erlebt und welche Erwartungen haben Sie an das neue Jahr?

Harry Haas, Bereichsleiter Vertrieb KWL bei der Helios Ventilatoren GmbH + Co KG: Grundsätzlich hat sich der Markt für Wohnraumlüftung in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Die oben erwähnten, unterschiedlichen Entwicklungen zwischen den beiden Systemen sind jedoch etwas zu relativieren. Berücksichtigt man, dass für eine Wohneinheit durchschnittlich vier bis sechs dezentrale Geräte, anstatt eines zentralen, eingesetzt werden müssen, beträgt das reale Wachstum auf der Betrachtungsbasis "Wohneinheiten" etwa elf Prozent. Hinzu kommt, dass auch reine Abluftlösungen einen Zuwachs erfuhren. Die Erwartungen für 2020 sind damit bei Helios als Systemanbieter mit zahlreichen Lösungen sehr positiv.

Porträt von Harry Haas.
Quelle: Helios
Harry Haas, Bereichsleiter Vertrieb KWL bei der Helios Ventilatoren GmbH + Co KG.

Apropos "neues Jahr": 2020 läutet bekanntlich ein neues Jahrzehnt ein und gilt in Deutschland als klima- wie energiepolitisch entscheidend. Wie beurteilen Sie die Inhalte des sogenannten Klimaschutzpaktes, welches kurz vor Weihnachten die entscheidende Hürde im Bundesrat genommen hat?

Haas: Für uns interessant sind hier vor allem die lüftungstechnischen Anforderungen, die sich zukünftig für unsere Gebäude ergeben und hier erwartet uns leider keine Verschärfung, die darauf abzielt, ventilatorgestützt und mit Wärmerückgewinnung Gebäude maschinell zu lüften. Der bisherige Entwurf sieht lediglich vor, dass öffentlich-rechtliche Vorschriften zur Be- und Entlüftung von Gebäuden unberührt bleiben. Ein Mindestluftwechsel oder gar ein Verweis auf eine anerkannte Regel der Technik, wie beispielsweise die DIN 1946-6, wird nicht vorgeschrieben.

Neben der Verteuerung fossiler Energieträger für die Wärmeversorgung wird das Klimaschutzpaket der Bundesregierung auch die energetische Sanierung von Wohngebäuden stärker als bisher unterstützen. Einer von mehreren neuen Förderbausteinen ist, seit dem 1. Januar 2020, die steuerliche Absetzbarkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen. Inwiefern wird der Markt speziell für Systeme und Lösungen der dezentralen Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung hiervon profitieren?

Haas: Da der Markt der dezentralen Wohnraumlüftungssysteme schon lange auf dem Vormarsch ist, wird die steuerliche Absetzbarkeit von Sanierungsmaßnahmen auch diese Art von Lüftungssystemen weiter unterstützen. Zumal auch hier die Normgebung einen großen Schritt für die Gültigkeit von dezentralen Systemen getan hat. Es ist essentiell wichtig, dass dem Endkunden bewusst ist, welches System verbaut wird. Die Vor- und Nachteile von zentralen gegenüber dezentralen Geräten sollten daher im Vorfeld klar kommuniziert werden.

Bleiben wir noch einen Moment beim Thema Gesetzgebung: Das Bundeskabinett hatte Ende Oktober 2019 den Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) beschlossen, welches die aktuell noch parallel laufenden Regeln (Energieeinsparungsgesetz EnEG, Energieeinsparverordnung (EnEV) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz EE-WärmeG) zusammenführen soll. Wird das kommende GEG dem Thema "lüftungstechnische Maßnahmen" aus Ihrer Sicht mehr Aufmerksamkeit schenken?

Haas: Wie bereits bei der zweiten Frage erwähnt, sehen wir aus diesem Entwurf keinen konkreten Fortschritt für die ventilatorgestützte Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Öffentlichrechtliche Vorschriften bleiben unberührt – das bedeutet, dass innenliegende Bäder gemäß DIN 18017-3 baurechtlich ventilatorgestützt entlüftet werden müssen. Für alles Weitere sind neben Systemen mit Wärmerückgewinnung auch Abluftanlagen und Arten der freien Lüftung nach wie vor erlaubt.

Auch die normativen Grundlagen in Sachen Wohnraumlüftung haben jüngst eine Überarbeitung erfahren. Was halten Sie als Hersteller dezentraler Lüftungsgeräte von den Änderungen/Aktualisierungen in der DIN 1946-6 und DIN 18017-3?

Haas: Durch die Überarbeitung der DIN 1946-6 erwarten wir in der gesamten Lüftungsbranche eine steigende Akzeptanz dieser Norm. Wichtig ist die erstmalige Behandlung von kombinierten Lüftungssystemen, wovon wir uns eine wirkungsvolle Reduzierung von falschen Auslegungen versprechen. Besonders erfreulich ist, dass die Nennlüftungsstufe weiterhin Grundlage für die normkonforme Auslegung von Lüftungsgeräten sowohl in ventilatorgestützten als auch in kombinierten Lüftungssystemen bleibt. Damit ist bei geplanter Personenbelegung der Wohnung (Nutzungseinheit) ein hygienischer Luftwechsel ohne zusätzliche Fensterlüftung gewährleistet.

Die Komponenten eines Wohnungslüftungssystems.
Quelle: Helios
Als Systemanbieter für die kontrollierte Wohnraumlüftung legt Helios besonderen Wert auf eine einfache Planung und Installation aller Komponenten. Das spart nicht nur Zeit, sondern reduziert das Risiko einer Falschinstallation.

Wieweit sehen Sie im Allgemeinen noch Handlungsbedarf beim Thema Qualitätssicherung für Planung, Umsetzung und Betrieb der dezentralen Wohnraumlüftung?

Haas: Die DIN 1946-6 unterstützt nicht nur bei der korrekten Auslegung – sie gibt auch Hinweise zur Ausführung und Wartung. Als Systemanbieter für die kontrollierte Wohnraumlüftung legen wir besonderen Wert auf eine einfache Planung und Installation aller Komponenten. Das spart nicht nur Zeit, sondern reduziert das Risiko einer Falschinstallation. Dennoch ist eine gewissenhafte und gut geschulte Bauleitung erforderlich. Zur Qualifizierung der unterschiedlichen am Bau beteiligten Personen bietet Helios praxisorientierte Schulungen. Einen akuten Handlungsbedarf sehen wir aber aktuell nicht.

Wie lauten die technischen Trends und Entwicklungen im Bereich der dezentralen Wohnraumlüftung, die uns in den nächsten Jahren begleiten werden – z.B. Sensor- und Regelungstechnik, Vernetzung mit heiztechnischen Komponenten?

Haas: Die bedarfsgeführte Regelung wird sich in allen Bereichen der Gebäudetechnik zur Optimierung von Energieverbrauch und Komfort stark ausbreiten. Dabei wird die technische Umsetzung immer mehr mithilfe von netzwerkfähigen Komponenten erfolgen. Inwieweit sich eine gewerkeübergreifende Vernetzung durchsetzen wird, hängt von der Kompatibilität sowie von der Notwendigkeit des funktionalen Zusammenwirkens ab. Eine einfache Bedienung auf Basis einer einheitlichen, für alle Bereiche der Haustechnik nutzbaren Bedienoberfläche fördert in jedem Fall die Akzeptanz beim Endverbraucher.

Von Jörg Gamperling
Chefredaktion HeizungsJournal
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