In Deutschland wurden Heizung und Fernwärme über viele Jahrzehnte von billigen Rohstoffen wie Kohle, Heizöl und Gas dominiert.
Die Zeit ist überreif
Große Solarthermie mit großen Wärmespeichern und Wärmepumpen
Freitag, 18.11.2022
Die Solarthermie (ST) war in diesem hinkenden Vergleich immer dem Vorwurf der teuren Ökowärme ausgesetzt. Bringt man jedoch alle Praxiserfahrungen zusammen, dann wird offensichtlich, dass mit ST in allen Bereichen kommunalen Lebens grundsätzlich fast der gesamte Brauchwarmwasserbedarf und über die Hälfte des Wärmebedarfs gedeckt werden könnten.
Öl- und Gaskesselindustrie nutzten in der Vergangenheit gerne das grüne Image von thermischen Solaranlagen, um sich auch die fossilen Anteile fördern zu lassen und waren auf geringe Solarwärmeanteile bedacht. Entsprechend gering fielen daher auch die Förderquoten aus, die immer unter 2 Cent/kWh blieben. Ganz im Gegenteil dazu schafften eine Handvoll engagierter Abgeordneter für die Photovoltaik (PV) eine für praktisch unmöglich gehaltene Revolution, indem die Kilowattstunde erneuerbaren Stroms nicht nur kostendeckend, sondern gewinnbringend vergütet wurde und dabei zeitweise das 50-fache der ST-Förderung erreichte. Damit wurde ein Boom geschaffen, der selbst von starken Interessengruppen nicht wieder ganz eingedämmt werden konnte. Immerhin schafften sie es doch, dass die komplette deutsche PV-Produktion ins Ausland, vor allem nach China verlagert wurde. Dennoch blieb der PV das Image der rentablen Solarenergie, da die Vergütung genau so gewählt ist, dass sie profitabel bleibt und, wie jüngst vorgeschlagen, sogar wieder auf deutlich über 10 Cent/kWh angehoben werden soll, ohne damit wenigstens eine Speicherung des Stroms einzufordern. ST-Kollektoren werden für den deutschen Markt überwiegend noch in Deutschland produziert und erwirtschaften auch dort ihren Mehrwert, weshalb Solarwärme nicht nur bei der Bevölkerung beliebt ist, sondern auch der Volkswirtschaft dient. Inzwischen sind fast ausschließlich Hersteller hocheffizienter Premiumprodukte auf dem Markt, mit denen es möglich ist, auch große Solaranteile bereitzustellen. Der Wegfall fossiler Heizungen und der begrenzte Einsatzbereich von Wärmepumpen werden diesen Trend früher oder später forcieren. Trotz der Hemmnisse entstanden viele Solarthermie-Anlagen, die weit über 50 Prozent des Wärmebedarfs decken, vor allem von Einfamilienhäusern (EFH), aber auch von Mehrfamilienhäusern (MFH). Die ersten Solarhäuser mit großen Speichern inmitten der Gebäude gehen auf den Schweizer Josef Jenni zurück [1]. Ein großer technischer und wirtschaftlicher Fortschritt wurde erzielt, als sich seit etwa 20 Jahren die Wassertechnologie entwickelte und stagnationsfeste ST-Anlagen sommerliche Überschüsse nicht mehr unbedingt speichern müssen. Seitdem entstanden immer mehr Anlagen mit sehr hohem Solardeckungsgrad trotz relativ kleiner Speicher, die im Sommer regelmäßig abschalten, bevor der Speicher kocht. Dänemark zeigte mit zahlreichen Beispielen, dass ST-Anlagen auch große Teile des Bedarfs von ländlichen und städtischen Wärmenetzen decken können, wozu dort, aber auch in Deutschland, große Erdbeckenspeicher erfolgreich entwickelt und erprobt wurden. Irrtümlich wird die Solarthermie oft auch immer noch als Niedertemperaturtechnik wahrgenommen, was schon lange nicht mehr stimmt. Mit dem Einzug von Vakuumkollektoren erschloss sie sich in solider Bauweise und mit gutem Wirkungsgrad allen Anwendungen bis ca. 110 °C, in Verbindung mit konzentrierender Strahlung sind noch viel höhere Temperaturen möglich. Bringt man alle Praxiserfahrungen zusammen, dann wird offensichtlich, dass mit Solarthermie in allen Bereichen kommunalen Lebens grundsätzlich fast der gesamte Brauchwarmwasserbedarf und über die Hälfte des Wärmebedarfs gedeckt werden könnten. Letzteres hängt sehr stark von der Bauweise ab. Für Niedrigenergie- und Passivhäuser ergeben sich beim gleichen Aufwand solare Jahresdeckungsgrade von 80 Prozent und mehr. Mit der Größe der Anlagen wächst deren Wirtschaftlichkeit und es relativiert sich auch die Einschränkung, dass solarthermische Wärmegewinnung möglichst nahe bei deren Verbrauch geschehen muss. Deshalb ist ST prädestiniert dafür, Fernwärmenetze zu unterstützen – am besten dezentral von den Rändern oder von außerhalb des Versorgungsgebietes, wo sich Flächen für Kollektoren und Großspeicher besser eignen als innerstädtisch oder unmittelbar neben Kraftwerken. Städte könnten so zu 100 Prozent ihren Wärmebedarf solarthermisch decken, wenn sich dafür nur etwa 2,5 bis fünf Prozent Versorgungsfläche im weiten Umkreis für Kollektoren und Speicher finden ließen.
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