KWK

Flüssiggas statt Erdgas

Dienstag, 04.04.2023

Was änderte sich in Stade noch gegenüber dem ursprünglichen Masterplan? Der organisierte Sammelbezug von Erdgas mit weiteren Abnehmern, in Teil 1 beschrieben, hat der momentanen Krise nicht standgehalten. Durch den Indexgasvertrag, der den Einkaufspreis der Stadtwerke unmittelbar weitergibt, bekamen die Sammelabnehmer die volle Wucht der Gaspreissteigerung zu spüren. Der hatte sich innerhalb eines Jahres verzehnfacht. Felix Kruse wechselte deshalb kurzentschlossen auf das preiswertere Flüssiggas – LPG (Liquefied Petroleum Gas).

Der Einbau des Flüssiggastanks mit 6.400 l Fassungsvermögen.
Quelle: Kruse
Der Einbau des Flüssiggastanks mit 6.400 l Fassungsvermögen.

Inklusive Bio-LPG

Der 6.400-l-Propangastank war innerhalb von zwei Wochen wieder in Eigenarbeit und mit nachbarschaftlicher Hilfe im Garten vergraben. Ein Fachunternehmen schloss ihn an das BHKW an. Dazu bedurfte es im Haus zusätzlich zur vorhandenen Erdgas-Leitung noch einer zweiten Gasleitung, da sich die Flüssiggas- und die DVGW-Erdgasregeln unterscheiden. Zudem bleibt bei einem Tausch des Gases die Strecke zum BHKW, in der sich Mischgas befindet, sehr kurz. Das ist bei der Umstellung von Erd- auf Flüssiggas relevant. Der eventuelle Wechsel ist in der Anlagensteuerung und der Gasstrecke des „XRGI“ schon vorbereitet.

„Wir haben den Tank mit 30 Prozent Bio-LPG-Anteil befüllt und wollen in den kommenden Jahren auf 100 Prozent erhöhen. Mit dem Bio-Flüssiggas habe ich schon länger geliebäugelt, nur hat sich das wirtschaftlich bislang nicht gerechnet“, geht Kruse auf diesen Punkt ein. Die Lage am Gasmarkt habe sich aber nun geändert, durch den höheren Anteil von LNG (flüssigem Erdgas) in der deutschen Gasversorgung verharre der Gaspreis wohl längerfristig auf einem hohen Niveau. Doch schon die 30 Prozent Bioanteile gehen mit 45 Prozent Minderung überproportional in die CO2-Einsparung ein, wie die Rechnung in Teil 1 des Beitrags zeigte.

Kruse organisierte wie ehedem für das Erdgas auch für das Flüssiggas wieder einen Sammelbezug. Diesmal mit einem anderen BHKW-Betreiber. Der ausgehandelte Preis beträgt beinahe nur die Hälfte im Vergleich mit dem aktuellen Erdgaspreis. Der Gasverbrauch bewegt sich durch den Energieverbund in den kalten Monaten für beide Häuser zusammen bei etwa 20.000 kWh pro Monat. Somit wird sich die Amortisation der Baumaßnahmen und niedrigen Leasinggebühren für den Behälter aufgrund der beachtlichen Preisdifferenz zwischen Erd- und Flüssiggas schon innerhalb von zwei bis drei Monaten einstellen. „Die Vertragslaufzeit bis 31.12.2023 gibt uns vor allem Sicherheit in der Kostenkalkulation, das Gas im Tank zudem ein sehr beruhigendes Gefühl der Versorgungssicherheit“.

„Sozialer“ Stromspeicher

Noch nachhaltiger hebt ein integrierter Stromspeicher das Schema an. In Stade sollte er aber weder auf Blei noch auf Lithium-Ionen aufbauen, nicht aus Konfliktmaterial wie Seltene Erden, Kobalt und Mangan bestehen, das zum Teil aus Kinderarbeit im Kongo, in Gabun und Südafrika stammt. Auch sollte es kein „China-Fabrikat“ sein, sondern „Made in Germany“. Der Sanierer entschied sich für eine Redox-Flow-Batterie, kurz „RFB“, des Herstellers Volterion aus Dortmund. Dessen Spezies basiert auf einer Vanadium-Flüssigkeit und läuft deshalb auch unter der Bezeichnung „VRF“-Batteriespeicher – „VRF“ für Vanadium-Redox-Flow. Das als Speichermedium fungierende Vanadium wird als Nebenprodukt bei der Eisenproduktion gewonnen.

Eine Redox-Flow-Batterie sollte es sowohl wegen der sozialen Komponente sein, aber auch, weil deren Lebensdauer an keine Zyklenzahl (Be- und Entladung) gebunden ist. Im Unterschied dazu mögen es Blei- und Lithium-Ionen-Akkus gar nicht, wenn man sie im schnellen Rhythmus ansteuert. Das Spektrum reicht bei den klassischen Ausführungen, je nach Ladehub und akzeptiertem Kapazitätsverlust, von 500 bis 5.000 Be- und Entladungen bis zum Nutzungsende. Der „VRF“-Typ leidet in diesem Punkt unter keiner Alterung. Nur ist er noch relativ teuer.

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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