Ungleichmäßige Wärmeverteilung und Strömungsgeräusche sind klassische Anzeichen für einen fehlenden hydraulischen Abgleich einer Heizungsanlage. Unzufriedene Verbraucher sind die Folge. Doch trotz vielfacher Verpflichtung, in der Praxis ist nur ein Bruchteil aller Heizungsanlagen entsprechend einreguliert. „Zu kompliziert“ lautet eine häufige Entschuldigung, besonders bei der Modernisierung von Altanlagen. Dabei bietet die Industrie vielfältige Lösungen zur Unterstützung des Fachhandwerks.
Handlungsbedarf beim hydraulischen Abgleich
Führende Hersteller berichten über aktuelle Erfahrungen aus der Praxis
Donnerstag, 15.09.2016
Eine Einschätzung der aktuellen Situation im Bereich des hydraulischen Abgleichs gaben dem HeizungsJournal:
- Bernd Scheithauer, zuständig für Datenmanagement und Schulungen bei Danfoss, Heating Segment
- René Effelsberg, Geschäftsführer von Frese Armaturen
- Christian Buchbauer, Leiter Anwendungstechnik und Produktmanagement International bei Herz Armaturen
- Volker Galonske, Marketingleiter bei Honeywell Haustechnik
- Meinolf Rath, Leiter Anwendungstechnik bei IMI Hydronic Engineering/IMI Heimeier
- Walther Tillner, Marketingleiter bei Oventrop
Wieweit sehen Sie beim Thema „hydraulischer Abgleich“ im Markt noch Hindernisse – sowohl beim Handwerk als auch bei den Endnutzern?
Scheithauer (Danfoss):
Generell kann man sagen, dass das Thema hydraulischer Abgleich in den letzten zwei Jahren stark an Bedeutung gewonnen hat. Gerade die Nachweispflicht bei Fördermaßnahmen hat sowohl beim Fachmann als auch beim Endverbraucher einen richtigen Schub an Schulungsanfragen erzeugt, aber gleichzeitig die noch zu lösenden Probleme aufgezeigt.
Vielen wird erst jetzt klar, dass ein richtig durchgeführter hydraulischer Abgleich immer drei Bausteine beinhaltet: Eine Systemanalyse/-bewertung des zu sanierenden Gebäudes, die dafür geeigneten Produkte und die passenden Werkzeuge (Berechnungssoftware) zur Lösung der Aufgabenstellung.
Wichtig: Der hydraulische Abgleich ist nicht kompliziert, aber er ist komplex. Zur Lösung der Aufgabenstellung benötigt man einen „Hausarzt“, der sich permanent weiterbildet und auf dieser Wissensbasis seine „Medizin“ (d.h., die Werkzeuge zur Berechnung) fachgerecht einsetzt. Leider passiert zur Zeit eins: Entweder wird mal „schnell gerechnet“ mit dem Ergebnis, dass Papier geduldig ist, oder es wird ein teilweise unsinniger Aufwand betrieben für ein Ergebnis, das man auch viel einfacher und schneller hätte erzielen können.
Effelsberg (Frese Armaturen):
Der hydraulische Abgleich bei statischen Ventilen ist zeit- und kostenaufwändig, denn die Einregulierung muss an jedem Ventil so oft wiederholt werden bis der Volumenstrom an jedem Ventil dem dafür errechneten Wert entspricht. Bei Änderungen in der Anlage muss komplett neu berechnet und einreguliert werden, weil sich der Durchfluss durch alle anderen Ventile im System ändert, sobald ein Ventil anders eingestellt wird. Ich weiß von vielen Handwerkern, dass sie von dieser komplexen Aufgabe lieber die Finger lassen. Die Endnutzer dagegen sind zum einen häufig nicht ausreichend darüber informiert, welchen Nutzen der hydraulische Abgleich hat, zum anderen scheuen sie die Kosten, die entstehen. Wohl aus diesen Gründen sind in der Praxis nur 15 bis 20 Prozent aller Heizungsanlagen entsprechend einreguliert.
Buchbauer (Herz Armaturen):
Wenn die Heizung nicht richtig funktioniert, weiter entfernte Heizkörper nicht ausreichend versorgt und die zugehörigen Räume nicht warm werden, ist es weit verbreitete Praxis, dass zur Abhilfe stärkere Pumpen eingebaut und/oder die Vorlauftemperatur erhöht wird.
Dabei sollte beachtet werden, dass die Anhebung des Volumenstroms um beispielsweise 20 Prozent eine Erhöhung des Stromverbrauchs der Umwälzpumpe um bis zu 90 Prozent mit sich bringen kann. Dies führt zu erheblichen Mehrkosten, weiter können Strömungsgeräusche im Heizsystem auftreten und die teilweise überhitzten Räume, auf Grund der ungenügend ausbalancierten Wärmeverteilung, senken den Wohnkomfort. Die professionelle Lösung dieser Problematik liegt im hydraulischen Abgleich.
Herz Armaturen setzt deshalb seit Jahrzehnten auf Aus- und Weiterbildung. Jährlich werden in den Schulungszentren und Niederlassungen bei über 600 verschiedenen Seminaren mehr als 10.000 Installateure und Planer theoretisch und praktisch geschult. Die Übungsanlage im Herz Hydrauliklabor ist so aufgebaut, dass sowohl die richtige Inbetriebnahme als auch der hydraulische Abgleich von unterschiedlichen Systemen im Detail durchgeführt werden kann. Dies ist ein wesentlicher Beitrag zu einer praxisnahen Aus- und Weiterbildung.
Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!