Ein Füllhorn an Technologien!
Hallenheizsysteme können technologisch nach mehreren Kriterien unterschieden werden. Eine zweckmäßige Unterteilung der üblichen Systeme kann zum Beispiel anhand der Anordnung der Wärmeerzeugung innerhalb des versorgten Gebäudes in "zentral versorgte" und "dezentrale" Hallenheizungen erfolgen oder anhand des dominierenden Wärmeübertragungsmechanismus in Luftheizungen, Strahlungsheizungen und Flächenheizungen (respektive: Industriefußbodenheizungen).
Der letztgenannte Typ kann hinsichtlich seiner wärmephysiologischen Eigenschaften als Sonderfall einer Strahlungsheizung mit sehr großer Strahlungsfläche bei sehr geringer Übertemperatur betrachtet werden – ist im Handbuch "Erdgasbetriebene Strahlungsheizungen" vom Mai 2018 nachzulesen, herausgegeben vom BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.
Zentrale Heizsysteme für Hallen – also: zentrale Wärmeerzeuger, die in ein wasserführendes Wärmeverteilnetz einspeisen – bieten grundsätzlich die Möglichkeit, gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt der Gebäudenutzung, auf einen anderen Wärmeerzeuger bzw. Primärenergieträger zu wechseln; zum Beispiel von einem heizölbetriebenen Heizgerät auf einen Holzpelletskessel. Durch das wasserführende Verteilnetz bieten sich denn auch diverse Möglichkeiten zur Nutzung erneuerbarer Energien (Geothermie, Solarthermie, Biomasse etc.).
Von dezentralen Hallenheizungen spricht man bei Hallenheizgeräten, welche Wärmeerzeugung und Wärmeübergabe in einem Gerät vereinen. Eine Verteilung der Wärme über wasserführende Rohrleitungen im Gebäude entfällt – hier treten demnach in der Energiebilanz keine Wärmeverteilverluste auf. Der Brennstoff (meist Erd- oder Flüssiggas, seltener Heizöl) wird bis zum einzelnen Gerät geführt.
"Anders als bei Zentralheizungen ist bei dezentralen Heizsystemen konstruktionsbedingt – durch die Baueinheit von Wärmeerzeuger- und Wärmeübergabeeinheit – ein späterer Wechsel des Wärmeerzeugers, z.B. zur Umstellung auf erneuerbare Energien, nicht möglich. Auch mit neu errichteten Anlagen ist die Nutzung erneuerbarer Energien nur selten möglich. In den meisten Fällen stellt somit die Nutzung von Biogas/-öl die einzige, nach derzeitigem Bewertungsstand der DIN V 18599, berechenbare Nutzungsmöglichkeit erneuerbarer Energien dar – die Nutzung von Biogas/-öl wird bei einer Beurteilung nach EEWärmeG derzeit jedoch nur für öffentliche Bestandsgebäude oder bei Verwendung in KWK-Anlagen nach EEWärmeG als Erfüllungsoption im Sinne des Gesetzes anerkannt", ist dem "Leitfaden zur Planung neuer Hallengebäude nach EnEV 2014 und EEWärmeG 2011" zu entnehmen.
Die beim HeizungsJournal-Expertentreff "Hallenheizung" teilnehmenden Unternehmen GoGaS Goch, Kampmann, Kübler, RMBH und Schwank repräsentieren dabei die zentralen und dezentralen Hallenheizungsarten bzw. die Kategorien Luftheizung und Strahlungsheizung. Vertreter aus dem Bereich der Industriefußbodenheizung wurden bei dieser Runde nicht eingeladen, da das Teilnehmerfeld sonst zu groß geworden wäre.
Weiterhin lassen sich die Experten aus den Häusern GoGaS Goch, Kübler und Schwank den dezentralen Lösungen (sprich: direkt befeuerte Dunkelstrahler, Hellstrahler, Warmlufterzeuger bzw. Warmluft-Lüftungssysteme) zuordnen, während sich die Firmen Kampmann und RMBH primär mit zentralen Systemen der Hallenheizung (sprich: Deckenstrahlplatten bzw. indirekt beheizte Lufterhitzer) beschäftigen.
Den Experten war es dabei wichtig, eher die Gemeinsamkeiten bei der Bearbeitung des Marktes in Richtung einer Verbesserung der Energieeffizienz zu betonen, als die technischen Unterschiede sowie Vor- und Nachteile der Hallenheizungstechniken gegeneinander abzuwägen. Klar: Die Stärke des einen Systems ist die Schwäche des anderen Systems. Die zentralen und elementaren Stichworte lauten somit: Flexibilität und Technologieoffenheit!
Dieser Meinung sind im Übrigen auch die Macher des genannten Endberichts "Anregungen zur künftigen Behandlung von Hallengebäuden im Energiesparrecht": "Aus der unterschiedlichen Behandlung von zentralen und dezentralen Hallenheizsystemen bei der Nutzungspflicht erneuerbarer Energien kann eine ungewollte und energetisch kontraproduktive Marktbeeinflussung folgen: Dezentrale Hallenheizungen verursachen i.d.R. deutlich geringere Investitionskosten als zentrale Hallenheizungen und werden somit üblicherweise vorwiegend aus wirtschaftlichen Erwägungen eingesetzt. Eine nachträgliche Umstellung auf regenerative Energieversorgung ist mit dezentralen Hallenheizungen kaum möglich. Die in der Investition üblicherweise deutlich teurere zentrale Hallenheizung ermöglicht hingegen eine spätere Umstellung auf oder Einbindung von erneuerbaren Energien. Wird das ohnehin teurere zentrale Hallenheizsystem durch die im Vergleich zur dezentralen Alternative zusätzliche Pflicht zur (sofortigen) Nutzung erneuerbarer Energien weiter verteuert, dürften sich potentielle Bauherren/Investoren, auch wenn sie ursprünglich ein zentrales Hallenheizsystem erwogen, üblicherweise für die investiv günstigere Alternative entscheiden. Die nachträgliche Umrüstbarkeit auf bzw. Einbindung von erneuerbaren Energien fiele in diesen Fällen weg."
Herbert Hiddemann, Vertriebsleiter Gebäude-Klima bei der GoGaS Goch GmbH & Co. KG, betonte: "Zur Deckung der unterschiedlichen Bedarfe und um den unterschiedlichen Nutzungsarten von Hallen gerecht zu werden, bedarf es einfach einer Vielfalt an technischen Lösungen. Deshalb ist auch eine Trennung in die zwei Disziplinen »dezentral« und »zentral« nicht sinnvoll."
Als effektive Formen der Wärmeübergabe kommen in Großräumen eben nur Wärmestrahlung bzw. Infrarotstrahlung und Warmluft-Zwangskonvektion infrage, wobei die eingesetzten Systeme in der Lage sein müssen, die teilweise großen Raumhöhen zu überwinden und ebenso große Flächenbereiche anforderungsgemäß zu beheizen. Auch allein diese einfache thermodynamische Überlegung schließt den Vergleich zwischen Wohnobjekten und Hallengebäuden hinsichtlich der Planung und Ausführung von Heizsystemen kategorisch aus. Oder einfach ausgedrückt: Die Beheizung eines Flugzeughangars mit freien Heizflächen, wie Radiatoren oder Konvektoren, ist weder effektiv noch effizient.
"Bei der Auswahl eines geeigneten Heizsystems für Hallengebäude lassen sich keine statischen Regeln ableiten, etwa derart, dass den Anforderungen eines bestimmten Gebäudes nur mit diesem oder jenem Heizsystem genügt werden könne", gab Hermann Ensink zu bedenken. Und Herbert Hiddemann fügte hinzu: "Als Planer und Heizungsbauer muss man sich, im Auftrag des Kunden, auch Gedanken darüber machen, wie eine Zweitnutzung des Gebäudes zu einem späteren Zeitpunkt aussehen kann. Das Hallenheizsystem sollte entsprechend anpassungsfähig sein."
Vernünftig planen statt irgendwie basteln!
Also. Eine maßgeschneiderte Planung jenseits der Nullachtfünfzehn-Lösung ist und bleibt das A und O. In Bezug auf die Projektierung und Installation von Hallenheizungen heißt das – kurz und knapp: Bedürfnisse des Nutzers im Auge behalten und die Heiztechnik auf die Erfordernisse des Betriebs abstimmen sowie die bauphysikalischen Rahmenbedingungen prüfen.
Der "Maßanzug Hallenheizung" beginnt da schon bei der Festlegung der Raumlufttemperatur bzw. Raumlufttemperaturen: So geben beispielsweise die Technischen Regeln für Arbeitsstätten in der ASR A3.5, je nach "Arbeitsschwere", Mindest-Lufttemperaturen zwischen 12 und 20 °C vor. In der Praxis müssen jedoch unter Umständen weitergehende Anforderungen durch Prozesse berücksichtigt werden. Zwei Kernfragen lauten hier etwa: Werden temperaturempfindliche Maschinen oder Messgeräte genutzt? Werden konstant niedrige Lufttemperaturen bei der Lebensmittelherstellung benötigt?
Weitere Paramater betreffen das Meta-Thema IAQ ("Indoor Air Quality") und damit die Punkte Komfort und Gesundheit. Hierzu gehören, zum Beispiel:
- das Ausbalancieren von Wärmeeinträgen (Personen, Prozesse etc.),
- das Ausbalancieren von Kälteeinträgen (Transport, Tore etc.),
- das kontrollierte Abführen verbrauchter Raumluft (Wärmerückgewinnung etc.),
- das kontrollierte Zuführen von entsprechend konditionierter Außenluft,
- das Nutzen von Abwärmequellen (Maschinen, Kompressoren etc.).
Sie sehen: Um hier ein Werk abzuliefern, das dem Eigentümer, Investor und Betreiber langfristig wirtschaftlich wie funktional Freude bereitet, bedarf es energie- und gebäudetechnischer Lösungen, welche flexibel skalierbar eingesetzt werden können und regelungstechnisch flink reagieren. Und so wurden auch beim HeizungsJournal-Expertentreff "Hallenheizung" über die Potentiale der Vernetzung der Disziplinen der Technischen Gebäudeausrüstung diskutiert.
Die teilnehmenden Experten aus den Unternehmen GoGaS Goch, Kampmann, Kübler, RMBH und Schwank sehen in der Digitalisierung der (Heiz-)Systeme sowie in der Raum- und Gebäudeautomation nämlich effektive energetische Hebel. "Wobei zunächst einmal die tiefer hängenden Früchte in Sachen Energieeffizienz abgeerntet werden müssen. So sollten in Hallengebäuden zum Beispiel unbedingt Systeme in Betracht gezogen werden, welche die Integration von Wärmerückgewinnungsanlagen – Stichwort: Abgaswärme – erlauben", so Prof. Dr.-Ing. Friedhelm Schlößer.
"Bei der steigenden technischen Komplexität der Heizsysteme und den vielfältigen Vernetzungen und Schnittstellen der Anlagen im Gewerbe ist doch das Beratungs-Know-how entscheidend. Und hier benötigt der Planer und Heizungsbauer heute mehr denn je die Unterstützung seitens der Hersteller", brachte es Ralph Müller auf den Punkt. Und auch da haben wir sie wieder einmal: Die Rede vom dringenden Fachkräftebedarf in unserer bunten Branche…
Der HeizungsJournal-Verlag bedankt sich bei den Experten für Ihre Teilnahme und die engagierte Diskussion!