Wer sich beim Thema "Wasser für Heizungssysteme" an Normen und Vorschriften hält, kann viele potentielle Fehlerquellen geschickt umgehen. Es braucht jedoch kein tiefschürfendes Expertenwissen, um das in Heizungssystemen eingesetzte Wärmetransportmedium dauerhaft zu beherrschen. Der Beitrag bietet praxisgerechte Antworten auf die für den Heizungsbauer wesentlichen Fragen zur Heizungswasser-Aufbereitung.
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Heizungswasser-Aufbereitung aus praktisch einfacher Sicht
Freitag, 27.03.2015
Es ist wie so oft im Leben: Nur wer eine Sache vollkommen beherrscht und verstanden hat, kann einfache Erklärungen und Antworten geben. Dies gilt auch für das durchaus kontrovers diskutierte Thema "Wasser für Heizungssysteme". Der pragmatische Sachverstand unter Berücksichtigung dieser Fragen:
- Was hat sich geändert?
- Was will ich erzielen?
- Warum braucht man das?
- Welche Möglichkeiten gibt es?
- Ist das notwendig?
- Was muss ich beachten?
reicht aus, um unter den Aspekten System-, Arbeits- und Umweltschutz ganzheitlich alle Regeln für ein natürlich-perfektes Heizungswasser ohne Zusatzstoffe zu beachten. Dazu möchte die folgende Betrachtung aus technischer, hygienischer, toxikologischer und praktisch einfacher Sicht beitragen.
Was hat sich geändert?
Moderne Heizsysteme haben größere Wasserinhalte (z.B. Hybrid- und Kaskadensysteme), sie werden zum Teil aus anderen Werkstoffen als bislang gefertigt (z.B. Alu-Legierungen), der Primärwärmeübertrager, wie z.B. bei Umlaufwasserheizern, besitzt hingegen einen kleineren Wasserinhalt. Nicht zuletzt arbeiten moderne Heizsysteme aus Effizienzgründen mit niedrigeren Rücklauftemperaturen (in Teilsträngen bisweilen unter 40 °C), die im Ergebnis verstärkt zu Ablagerungen, Korrosionserscheinungen und auch veränderten mikrobiellen Wachstumsbedingungen führen können.
Trifft einer dieser Punkte zu, ist die Frage "Was hat sich geändert?" schon beantwortet. Jede dieser Änderungen hat Auswirkungen auf das Gesamtsystem.
Was will ich mit der Aufbereitung des Heizungswassers erzielen?
Wird berücksichtigt, welches Trinkwasser mit welchen Inhaltsstoffen am Ort der Einspeisung zur Verfügung steht und welche Vorgaben für das Füllwasser gelten, kann die Arbeit beginnen.
Alle Vorschriften (VDI 2035, AGFW FW 510, DIN EN 14868) haben diese Aufgaben und diese Ziele:
- Schutz vor Ablagerungen
- Schutz vor Korrosion
- Schutz des Trinkwassers (gilt für Anlagen, in denen das Heizungswasser zum Erwärmen des Trinkwassers verwendet wird).
Zusätzlich muss der Heizungsbauer diese Ziele unter den Gesichtspunkten
- Schutz der ausführenden Mitarbeiter und der Verbraucher sowie
- Schutz der Umwelt bewerten
ist er doch auch verantwortlich für das Einhalten der rechtlichen Vorgaben zum Arbeits-, Umwelt- und Gesundheitsschutz.
Letztendlich fordert die VDI 2035 Blatt 2 im Punkt 8.4.1 (Allgemeine Hinweise), dass die Auswahl oder auch Änderungen in der Wasserbehandlung "Sachkunde" erfordert.
Bei der Frage "Was will ich erzielen?" spielt schließlich auch die Produkthaftung eine wesentliche Rolle – der Heizungsbauer errichtet stets eine "Sondermaschine", bestehend aus mehreren Komponenten. Schreibt ein Komponentenhersteller eine spezielle Behandlung für seine Komponente vor, muss der Fachmann deren Auswirkung auf das Gesamtsystem überprüfen. Die Argumentation, sich aufgrund der speziellen Forderung eines Komponentenherstellers nicht an die allgemein anerkannten Regeln der Technik für das Gesamtsystem halten zu müssen, ist nicht zulässig.
Da alle Wasserbehandlungsmaßnahmen im Anlagenbuch zu begründen und zu dokumentieren sind (s. VDI 2035 Blatt 2, Pkt. 8.4.1), muss es das Ziel des Heizungsbauers sein, sich zu entlasten.
Nach Punkt 8.3.2 der VDI ist der Zusatz von Additiven (Chemikalien) zum Heizungswasser als Korrosionsschutzmaßnahme in der Regel nur bei korrosionstechnisch offenen Warmwasserheizungsanlagen erforderlich. Unter Punkt 8.4.3 (Korrosionsinhibitoren) ist zu lesen: "Eine Inhibierung des Heizwassers ist nur bei ständigem, durch andere Maßnahmen nicht vermeidbarem Sauerstoffeintrag notwendig."
Als Hauptziel muss sich der Fachmann auch juristisch absichern. Denn leider bewegen wir uns auch in Deutschland in Richtung einer Klagegesellschaft. Wenn alles nach Norm und Vorschrift eingehalten wurde, kann auch in dieser Hinsicht nicht viel passieren.
Warum braucht man das?
Dass bei größerem Wasserinhalt des Systems und kleinerem Volumen des Primärwärmeübertragers die Auswirkungen von Kalk im Füllwasser sich wesentlich verändern (teilweise um den Faktor 50!), ist vielfach beschrieben worden. Die Forderung nach möglichst wenig Kalk im Füllwasser ist also nachvollziehbar.
Wenn 1°dH (Grad deutscher Härte) in 1 m³ Wasser ca. 18 g Kalk bedeuten, muss die Frage erlaubt sein: Sind die Anforderungen aufs Komma genau zu nehmen?
Gemäß VDI 2035 Blatt 1, die lange im Diskurs stand, ergibt sich folgende Situation: Beim gleichen Umlaufwasserheizer für ein Einfamilienhaus darf bei einem Systeminhalt von
999 l ÷ 20 kW = < 50 l/kW --> 11,2 °dH = 200 g Kalk
1001 l ÷ 20 kW = > 50 l/kW --> 0,11 °dH = 2 g Kalk
mit dem Füllwasser in das System gebracht werden. In Österreich gilt die ÖNORM H 5195-1, dort dürfen bis 0,6 °dH = 10 g Kalk (bei ≥ 50 l/kW) mit dem Füllwasser eingebracht werden; auch in der Schweiz dürfen mit dem Füllwasser 10 g Kalk (0,6 °dH) eingebracht werden, im Umlaufwasser werden bis 50 g Kalk toleriert (SWKI-Richtlinie BT 102-01).
Auch der pH-Wert ist wichtig: Ein spezielles, physikalisch korrekt eingestelltes Ionenaustauscherharz erzeugt salzarmes Wasser, in dem sich nach dem Aufheizen nach acht bis zwölf Wochen der natürliche pH-Wert von etwa 8,5 alleine einstellt. Gleiche Effekte lassen sich bei richtiger Einstellung mit einer Teilentsalzungsanlage über Membranen (Umkehrosmose) erzeugen.
Merke: Nicht der pH-Wert bei der Füllung ist ausschlaggebend, sondern der letztendlich nach acht bis zwölf Wochen sich ergebende. Und genau dieser pH-Wert muss nach den Regeln der Technik dokumentiert und gemessen werden (s. VDI 2035 Blatt 2, Planungsdaten Pkt. 17, Anhang C Anlagenbuch).
Eine Alkalisierung von salzarmem Füllwasser muss wegen der durch Ausgasung von CO2 bewirkten Eigenalkalisierung des Kreislaufwassers, als Folge der Spaltung der Verbindung durch Reaktion mit Wasser (Backpulver-Reaktion) des Hydrogencarbonats, frühestens nach dreitägigem Heizbetrieb bewertet und geprüft werden.
Insofern ist es nur wichtig zu wissen, dass allein der nach acht bis zwölf Wochen Betrieb gemessene pH-Wert zählt. Eine Alkalisierung ist nach 8.4.2 (VDI 2035 Blatt 2) nur in Sonderfällen notwendig. Das Alkalisierungsmittel muss bekannt sein und sollte keine Nährstoffe (Phosphate, Ammoniak usw.) in das System eintragen, die zur Bildung von Biofilmen führen.
Wichtigste technische Maßnahme zur Vermeidung des Sauerstoffzutritts ist die Auswahl der Art der Druckhaltung und die Festlegung der Einbindung in die Heizungsanlage sowie die jährliche Funktionskontrolle. Werden dann noch bei eingesetzten Kunststoffen oder flexiblen Schlauchverbindungen die Sauerstoffdurchlässigkeit beachtet (es gilt: die Sauerstoffdiffusion nimmt mit steigender Temperatur überproportional zu; bis 40 °C sollten die Werkstoffe nach DIN 4726 und bis 80 °C nach AGFW 420 geprüft sein), die Entlüfter absperrbar eingebaut und die Nachspeisemengen kontrolliert und dokumentiert, sind die Korrosionsreaktionen in einer Warmwasser-Heizungsanlage gering. Kommt es dennoch zu Korrosionsbildung, müssen erst diese Maßnahmen geprüft werden, bevor die Entscheidung zum Einsatz eines Inhibitors gewählt wird. Der vermeidbare Sauerstoffeintrag ist die in den Normen geforderte "Korrosionsschutzmaßnahme".
Kalk- und Korrosionsschutz werden für moderne Heizungssysteme gebraucht, sind aber ganz einfach durch Einhalten der Vorgaben der VDI 2035 und den Einsatz von aufbereitetem Heizungswasser zu erreichen (enthärtetes oder entsalztes Wasser, dem keine Chemikalien zugesetzt wurden – VDI 2035 Blatt 2, Punkt 3).
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