Pille (RMB/Energie): Ich sehe das größte Potential bei Mini-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Leistungsbereich von 15 bis 50 kW elektrisch. Diese Anlagen erweisen sich als äußerst wirtschaftliche Lösung für größere Immobilien wie Schwimmbäder, Krankenhäuser oder Mehrfamilienhäuser. Ebenso eignen sie sich hervorragend für kleine Nahwärmenetze, bei denen die Heizwärme über vergleichsweise kurze Strecken zwischen Gebäuden übertragen wird. Darüber hinaus sehe ich auch im Bereich der Mikro-BHKW (2 bis 10 kWel) noch ungenutztes Potential, insbesondere in Kombination mit elektrischen Wärmepumpen. Wir verzeichnen bereits eine steigende Nachfrage nach KWK-Anwendungen im Flüssig- und Biogasbereich, auch hier liegt sicherlich noch erhebliches Potential.
Klassen (Buderus): Die Anwendungsfälle sind ganz unterschiedlich. Die Wohnungswirtschaft fokussiert sich in der Regel auf etwas kleinere BHKW-Module (bis 30-50 kWel), während es beispielsweise bei den Energieversorgern nicht selten doch in Richtung größerer Module geht.
Generell stellt sich die Frage nach der Zukunft von KWK-Anlagen und der diesbezüglichen Rolle der Politik. Wieweit sehen Sie das Effizienzpotential der KWK seitens der Politik genügend gewürdigt?
Fuhl (SenerTec): Zurzeit legt man den Fokus rein auf erneuerbare Heizungen. Da die KWK neben Wärme auch Strom erzeugt, wer-den deren Potential und deren Bedeutung erst mit fortschreitender Elektrifizierung des Wärmemarktes und des Verkehrs signifikant sichtbar werden. Es ist klar, dass mindestens 25 GW versorgungssichere Stromerzeugung bis 2030 neu installiert werden muss, wenn man in Deutschland aus der Kohle aussteigen will. Gleichzeitig nimmt der Bedarf an Strom durch den Ausbau von Wärmepumpen und E-Ladestationen noch deutlich zu, wobei auch der not-wendige Netzausbau hinter den Erwartungen zurückbleibt. Schon jetzt können manche Wärmepumpen einfach nicht realisiert werden, da das vorhandene Stromnetz nicht dafür ausgelegt ist. Die kostspielige Verstärkung des Stromanschlusses kommt dabei oft nicht in Frage. Gerade hier kann das Zusammenspiel von Wärmepumpe und KWK die Hürden einer rein elektrischen Wärmebereitstellung durch die eigene versorgungssichere, kostengünstige Stromerzeugung aus der KWK mehr als kompensieren und in Zeiten mit wenig erneuerbarem Strom und möglicher Überlastung der Stromnetze durch Stromverbraucher, den notwendigen Strom für den Betrieb der Wärmepumpe und der E-Ladestationen aus der KWK liefern. Hierfür müssen keine neuen Verteilnetze gebaut und auch keine Gaskraftwerke auf der grünen Wiese neu errichtet werden, deren Wärme zudem auch noch ungenutzt über Kühltürme in die Umgebungsluft abgeblasen wird. Daher gehen wir davon aus, dass die Politik den großen Nutzen der KWK für die Stabilität der Stromversorgung noch erkennen wird.
Die netzdienliche Fahrweise der KWK sichert nicht nur die Netzstabilität, sondern gleicht auch die Volatilität der Erneuerbaren – sei es durch Modulation oder gezieltes Ein-/Abschalten – aus. Auf der Wärmeseite entsteht aufgrund vorhandener Wärmespeicher kein Komfortverlust. Die KWK ist somit ein wesentliches Bindeglied im Umbau zu den Erneuerbaren und sichert die Versorgungssicherheit mit grünen Gasen auch klimaneutral. Dieses Effizienzpotential der KWK wird seitens der Politik leider noch nicht genügend gewürdigt, sonst hätte man die KWK im GEG aufgrund der hohen CO2-Einsparung und herausragenden Effizienzsteigerungen den anderen erneuerbaren Wärmeerzeugern gleichgestellt.
Seeliger (Wolf Power Systems): Aus meinen Erfahrungen und den Gesprächen mit Vertretern des BMWK im Rahmen unserer Mitarbeit im Arbeitskreis „Power Systems“ des VDMA und durch unsere Mitarbeit in weiteren Interessenvertretungen sehe ich aktuell im BMWK keine ausreichende Würdigung der enormen Vorteile der KWK. Besonders zur Flankierung des Ausstieges aus Kohle- und Atomenergie ist die Schaffung möglichst sauberer Residuallasten für die Übergangszeit zum Beispiel durch hocheffiziente BHKW-Anlagen ein ungenutztes Potential. Dies schon deshalb, da sich BHKW gegenüber großen Gaskraftwerken sehr schnell realisieren lassen, dezentral, das heißt, nah am Verbrauch aufgestellt werden können und als Brückentechnologie in zehn bis 15 Jahren ohne Probleme wirtschaftlich vertretbar wieder außer Betrieb genommen werden können. Ein wesentlicher Grund für die wahrnehmbaren Kompetenzlücken im Bundeswirtschaftsministerium ist eventuell eine nicht wünschenswert ausgeprägte Technologieoffenheit sowie die strenge Trennung zwischen der Aufgabenstellung der Stromversorgung und separat davon der Wärmeversorgung. Die Kombination von beidem kommt in der DNA des BMWK leider nicht vor.