Im Hause Bähne aber fand der Heizungsbauer typischerweise nur einen großzügig dimensionierten Heizkreis vor, der als Schwerkraftanlage mit einer Vorlauftemperatur von deutlich mehr als 70 °C über beide Stockwerke hinweg die Radiatoren mit Energie versorgte. „Viel hilft viel, so war die Auslegung früher eben“, lacht Berkenkopf noch heute über dieses wahrlich nicht mehr zeitgemäße Wärmemodell.
Aber: In diesem Fall hatte es auch etwas Gutes. Und zwar die in reicher Zahl vorhandenen, zudem ausgesprochen großzügig dimensionierten Gussradiatoren in nahezu allen Räumen. Die sehen in ihrem Original-Retro-Design nicht nur schick aus. Sie bringen zugleich genug Masse und Übertragerfläche mit, um von der Luft/Wasser-Wärmepumpe „aroTHERM plus“ mit nur noch maximal 55 °C Vorlauftemperatur bedient zu werden – und die Räume selbst an kälteren Wintertagen ohne Einsatz des Spitzenlastkessels komfortabel zu beheizen.
Erfahrung macht viel aus
Berkenkopf: „Es braucht sicherlich viel Erfahrung und Selbstbewusstsein, solch eine Wärmeverteilung ohne Umbauten mit einer Wärmepumpe als primäre Wärmequelle zu akzeptieren. Nach der Bestandsaufnahme war ich aber sicher, dass es in Kombination mit einer Luft/Wasser-Wärmepumpe mit nur 9,5 kW Leistung bei Norm-Außentemperatur funktionieren kann, wenn ich mir die außergewöhnliche Hydraulik zunutze mache.“ Das heißt, sowohl das riesige Umlaufwasservolumen von rund 2.000 Litern als auch ein neu installierter 200-Liter-Heizungspufferspeicher („Das ist meine hydraulische Weiche in groß!“) dienen Berkenkopf als willkommener Energiespeicher, um den hocheffizienten Wärmepumpenbetrieb – dank sehr langer Laufzeiten – sicherzustellen.
Wie effizient das Gesamtsystem in der Praxis funktioniert, konnte nach einem Jahr Betriebszeit am Systemregler „sensoCOMFORT VRC 720“, am Gasmengenzähler für den Spitzenlastkessel, vor allem aber an den Stromzählern abgelesen werden: Über 47.600 kWh Wärme bei nur 9.017 kWh Antriebsstrom für die Wärmepumpe ergibt eine Jahresarbeitszahl (JAZ) von bemerkenswerten 5,2 für den reinen Heizbetrieb! Also sogar deutlich mehr, als selbst Berkenkopf erwartet hatte: „Ich bin ursprünglich von einer Jahresarbeitszahl von etwa 4,5 ausgegangen.“
Dass trotz alledem im Hause Bähne noch ein 20 kW Spitzenlastkessel „ecoTEC plus“ zusätzlich installiert wurde, war im Übrigen nicht dem Wärmekonzept für das Gebäude, sondern allein der damaligen Marktsituation geschuldet: Die Heizungserneuerung war kurzfristig notwendig, bei Wärmepumpen aber gab es Lieferzeiten. Also wurde der Gas-Brennwertkessel auf die Heizlast des Gebäudes ausgelegt – und ist jetzt eigentlich überflüssig; springt nur noch an, wenn die Außentemperatur unter etwa -2 °C absinkt. Hinzu kommt, dass die Trinkwassererwärmung künftig generell dezentral erfolgen soll, plant Bähne: „Durch die schrittweise Sanierung des Hauses ist das mit viel weniger Aufwand verbunden, als nachträglich nochmal komplett neue Verrohrungen durch die Räume zu führen.“
Das ist praktisch gedacht und wird von Berkenkopf fachlich weiter hinterfüttert: „Im Gegensatz zur Heizlast ist der Bedarf an Trinkwasser warm in diesem Haus vergleichsweise gering. Bei einer Bewertung der Systemeffizienz wären also die Bereitstellungs- und Verteilverluste überdurchschnittlich hoch. Das würde das Gesamtsystem »in Unruhe bringen« und sich zwangsläufig auf die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe auswirken. Die dezentral-elektrische Trinkwassererwärmung ist also wirtschaftlicher und nachhaltiger zugleich.“
Immer das Gesamtsystem sehen
„An der Detailfrage zur Warmwasserbereitung wird zugleich nochmals deutlich, wie wichtig beim Einsatz einer Wärmepumpe in einem Bestandsgebäude immer die ganzheitliche Betrachtung des Wärmesystems ist“, unterstreicht in diesem Zusammenhang Vaillant-Verkaufsberater Thomas-Friedrich Wegmann, der gemeinsam mit Berkenkopf das Wärmekonzept für das Projekt „Bähne“ in Schwerte ausarbeitete: „Vor der Entscheidung, ob beim Heizungstausch nur eine Wärmepumpe oder wie hier ein Hybridsystem installiert wird und welche Speicher in der Peripherie notwendig sind, muss man zunächst das hydraulische System der bestehenden Wärmeverteilung verstehen. Wie ist die Wärmeverteilung aufgebaut, über welche Umlaufvolumina sprechen wir, wie sieht das Nutzerprofil aus, welchen Anteil hat die Warmwasserbereitung am Energieaufwand – all das sind Fragen, die erst beantwortet werden sollten, bevor sich eine wirklich zufriedenstellende, kundenspezifische Wärmelösung entwickeln lässt.“