Jeder dritte Kleinunternehmer ist über 60 Jahre alt und denkt über die Betriebsübergabe nach.
Je größer, desto besser
Firmenübergabe im Handwerk: 70.000 Betriebe noch ohne Nachfolger
Freitag, 17.11.2023
Die gestaltet sich allerdings schwierig. Wenn „Schließen“ die Alternative ist, erhöht sich der Fachkräftemangel. Wie unterstützt deshalb der Staat das Handwerk bei der Suche nach einem Nachfolger? Die Bundesregierung musste unter anderem diese Frage kürzlich im Bundestag beantworten. In ihrem Bericht ging sie tiefer auf die Kontaktbörse „nexxt-change“ ein.
Im Jahr 2020 gab es in Deutschland rund 560.400 Unternehmen im zulassungspflichtigen und zulassungsfreien Handwerk. Die rund 5,4 Millionen Beschäftigten erwirtschafteten einen Umsatz von 651 Milliarden Euro. Das Handwerk ist, laut Statistischem Bundesamt, zu 99,6 Prozent durch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) geprägt. Nach der Definition der EU-Empfehlung 2003/361 fallen in diese Kategorie Betriebe, wenn sie nicht mehr als 249 Beschäftigte haben und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erwirtschaften oder eine Bilanzsumme von maximal 43 Millionen Euro aufweisen. In Kleinstunternehmen arbeiten bis zu neun Personen, in Kleinunternehmen bis zu 50 Personen und in mittleren bis eben 249 Menschen. Angesichts der Kleinheit der Mehrzahl der Unternehmen gestaltet sich ein Eigentümerwechsel hier oft sehr schwierig. Doch jeder dritte Inhaber eines Handwerksbetriebs hat die 60 Jahre überschritten und denkt über die Betriebsübergabe nach.
Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) veröffentlichte in seiner neuesten Schätzung, dass im Zeitraum von 2022 bis 2026 in Deutschland insgesamt rund 190.000 Unternehmen einen geeigneten Nachfolger suchen. Von der Corona-Pandemie erwartet das IfM nach derzeitigem Stand keine starken Auswirkungen auf die Zahl der Eigentümerwechsel. Das IfM im Bericht „Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2022-2026“: „Die Pandemie führt zwar zu kurzfristigen Umsatzrückgängen, gefährdet aber nur selten das grundlegende Geschäftsmodell und damit die langfristige Rentabilität vieler Unternehmen. Das Gros der geplanten Übergaben wird daher stattfinden.“
Von besonderer Bedeutung sei, laut IfM-Bericht, hingegen der demografische Wandel. Die Zahl der Übergaben vornehmlich aufgrund der Alterung der Unternehmerinnen und Unternehmer wachse. „Dieser Trend setzt sich in den kommenden Jahren nicht nur fort, sondern verstärkt sich noch: Die Anzahl der Unternehmen, die im Zeitraum 2022 bis 2026 zur Übergabe anstehen, steigt auf 190.000. Dies sind 40.000 mehr im Vergleich zur letzten Schätzung für den Zeitraum 2018 bis 2022. Der weitaus größte Teil der Zunahme geht auf die erhöhte Anzahl an Unternehmen zurück, deren Geschäftsführung sich aufgrund von Alter zurückziehen wird.“ Und auf Betriebe der Kategorie „klein“ und „mittel“, während Kleinstbetriebe (mangels belegbarer Daten, Gewinnaussagen und fokussiert auf den Inhaber) selten einen Käufer fänden und deshalb eher schließen würden.
Deutschlandweite Kontaktbörse
Gut die Hälfte (53 Prozent) der Eigentümer übergeben das Unternehmen an die eigenen Kinder beziehungsweise an andere Familienmitglieder (familieninterne Lösung). Weitere 29 Prozent der Übertragungen erfolgen an externe Führungskräfte, andere Unternehmen oder andere Interessenten von außerhalb (unternehmensexterne Lösungen). Etwa 18 Prozent der Familienunternehmen gehen in die Hände von Mitarbeitern (unternehmensintern). Nach Schätzungen der KfW sind von den wechselbereiten Firmen allerdings noch 70.000 ohne Lösung. Hauptgrund sei dabei der Mangel an geeigneten Nachfolgekandidaten. „Die ausgeprägte Nachfolgelücke führt dazu, dass selbst bei aktivem Engagement das Unterfangen einer Nachfolge oftmals nicht gelingen wird, ungewollte Unternehmensstilllegungen dürften spürbar häufiger werden“, so die KfW.
Um Anfragen und Angebote zu Nachfolge und Übernahme zusammenzuführen, bieten seit 2004 das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und die KfW, gemeinsam mit dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), die webbasierte Unternehmens-Nachfolgebörse „nexxt-change“ an. Auf dieser Börse übernehmen die Mitglieder der genannten Organisationen unentgeltlich die Bearbeitung und Abwicklung kostenloser Insertionen von Abgabe- und Übernahmeinteressierten.
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