Bei Brennstoffzellen-Heizgeräten findet das große Aufräumen statt.
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Konsolidierung bei Brennstoffzellen-Heizgeräten
Förderung kurbelt die Nachfrage an – Marktbericht von der ISH 2019
Donnerstag, 11.07.2019
Nach den turbulenten Entwicklungen der vergangenen Jahre konzentrierte sich das Angebot auf der ISH 2019 letztendlich auf die Brennstoffzellentechnologie von Solidpower und Panasonic. Durch die aktuell hohe finanzielle Förderung bleibt das Thema für die Heizungsindustrie interessant.
Die Brennstoffzellenbranche bleibt in Bewegung. Seit nunmehr zwei Jahrzehnten gibt es regelmäßig neue Entwicklungen für Anwendungen in der Heiztechnik, sowohl bei den Produkten als auch bei den Unternehmensaktivitäten und den jeweiligen Marktprognosen. Nach vielen Rückschlägen für die Technik bot die Messe ISH 2019 der Heizungsindustrie Gelegenheit, Handwerk und Verbraucher über die aktuelle Situation in puncto Brennstoffzellenheizgeräte zu informieren.
Auffallend für Besucher war besonders, dass sich von der technologischen Basis für den Brennstoffzellen-Stapel (Stack) her das präsentierte Angebot letztendlich auf zwei Brennstoffzellenhersteller und Brennstoffzellentypen konzentrierte: auf Solidpower mit der SOFC-Technik (Festoxidbrennstoffzelle) und auf Panasonic mit der PEM-Technik (Polymerelektrolytmembran).
Die Rahmenbedingungen seitens der Politik jedenfalls gestalten sich derzeit noch ideal. Über das Förderprogramm 433 "Zuschuss Brennstoffzelle" der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) einen Investitionskostenzuschuss für neue Brennstoffzellen – für den Neubau und den Gebäudebestand, für Wohn- und Gewerbeimmobilien. So zahlt die KfW für ein neues Brennstoffzellenheizgerät einen Festbetrag in Höhe von 5.700 Euro. Je angefangene 100 W elektrische Leistung kommen noch einmal 450 Euro dazu. So kommt beispielsweise bei dem Vitovalor PA2 von Viessmann mit 750 W elektrischer Leistung schon eine Förde-rung von 9.300 Euro zusammen.
Zusätzlich gibt es über das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) noch einen Förderbeitrag von 4 Cent/kWh für Strom, der selbst verbraucht wird, und 8 Cent/kWh für Strom, der ins Netz eingespeist wird. Alternativ ist auch die einmalige Auszahlung eines Pauschalbetrags möglich – in dem genannten Beispiel schlägt dieser KWK-Zuschlag mit 1.800 Euro zu Buche. So summiert sich die Gesamtförderung für die 750 W-Anlage immerhin auf 11.100 Euro. Und bei dem Bluegen BG-15 von Solidpower mit 1,5 kW elektrischer Leistung wird schon der Kauf durch die KfW-Förderung mit 12.450 Euro bezuschusst, die Gesamtförderung liegt gar über 16.000 Euro.
Diese Förderung kommt bei den Verbrauchern an, vermeldete die Initiative Brennstoffzelle (IBZ) – sie gilt als Kompetenzzentrum für Brennstoffzellenheizgeräte in der Hausenergieversorgung und wird getragen durch den Bundes-verband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) und die Brancheninitiative Zukunft Erdgas. So seien seit Beginn des Förderprogramms im Sommer 2016 bereits rund 5.700 Förderanträge bewilligt worden – mit einem Fördervolumen von über 85 Mio. Euro. Allein im Januar 2019 wurden demnach über 300 Anträge gewährt. Die Förderung solle mindestens bis Ende dieses Jahres uneingeschränkt fortgeführt werden. Sobald ausreichend Marktdaten vorliegen, werde die Förderstrategie evaluiert und gegebenenfalls überarbeitet.
"High-Tech ist nicht mehr nur etwas für Auto oder Handy. Auch im Heizungskeller wollen viele Verbraucher nicht mehr hinter dem Stand der Technik zurückbleiben", unterstrich Dr. Timm Kehler, Sprecher der IBZ und Vorstand von Zukunft Erdgas. "Mit dem Förderprogramm wurde ein wichtiger Impuls gesetzt und ins Schwarze getroffen – die Förderung ist ein voller Erfolg."
Kehler sprach der Brennstoffzelle eine tragende Rolle bei der Energiewende zu. "Durch den Ausstieg aus der Atom- und der Kohleverstromung werden in Deutschland immer mehr dezentrale Energieerzeuger benötigt."
Dies sah Uwe Glock, Vorsitzender der Geschäftsführung von Bosch Thermotechnik, ähnlich. Wolle man in Deutschland theoretisch den gesamten Energieverbrauch elektrifizieren, müsse die Erzeugung von erneuerbarem Strom mehr als verzehnfacht werden. Daher sehe er derzeit schon die Notwendigkeit, dezentral Strom auch über "grünes Gas" zu produzieren. Hierzu biete sich effiziente Kraft-Wärme-Kopplung an, ob mit Blockheizkraftwerken (BHKW) oder Brennstoffzellen. "Die Brennstoffzelle hat ein hohes Potential, solange sie wettbewerbsfähig ist", betonte Glock. Heute erreiche man dies teilweise mit hohen Subventionen. Doch als Massenmarkt werde dies so nicht finanzierbar sein. Die Zielsetzung müsse daher sein, stärker in preiswertere, wettbewerbsfähigere Brennstoffzellen zu investieren.
Der Markt für Brennstoffzellen-Heizgeräte habe in Deutschland im vergangenen Jahr bei etwa 2.500 Geräten gelegen, erklärte Glock. Im Vergleich mit den insgesamt rund 730.000 verkauften Wärmeerzeugern lag ihr Anteil nur bei gerade einmal gut 0,3 Prozent. Um von einem Massenmarkt sprechen zu können, müsse man erst einmal in die Größenordnung von über 50.000 Geräte kommen. Zum Vergleich nannte Glock die Wärmepumpe. Von ihr wurden im vergangenen Jahr 84.000 Stück verkauft. Ihre Absatzzahlen entwickelten sich kontinuierlich nach oben. Hier spreche man wirklich von Volumen.
Bosch Thermotechnik kooperiert mit Solidpower
Bosch Thermotechnik mit seinen beiden Marken Buderus und Junkers Bosch (jetzt Bosch) hatte schon im vergangenen Jahr betont, dass man Brennstoffzellen-Heizgeräte für die Hausenergieversorgung nur als ein Nischenthema ansehe. Nachdem die Technologiepartnerschaft mit Aisin Seiki endete, man das Marktsegment aber weiterhin abdecken wollte, beschloss man eine langfristige Kooperation mit Solidpower. So werde der bisherige Bluegen von Solidpower nun in Deutschland auch von Bosch Thermotechnik über die Marke Buderus vertrieben. Die SOFC-Anlage produziere bei einer konstanten elektrischen Ausgangsleistung von 1,5 kW bei ganzjährigem Betrieb etwa 13.000 kWh Strom pro Jahr. Die gering anfallende Abwärme könne energiesparend zur Warmwassererzeugung genutzt werden.
Mit der Intention, die Brennstoffzelle für dezentrale Energieerzeugung auch tauglich für den Massenmarkt zu machen, hat Bosch die Entwicklung einer SOFC mit 10 kW elektrischer Leistung gestartet. Ziel sei, den Stack voraussichtlich sogar selbst zu produzieren, verriet Glock. Von Vorteil sei, dass man für den Stack auf das Know-how von Bosch aus dem Automotivbereich zurückgreifen könne. Für diese Weiterentwicklung arbeite man mit Ceres Power zusammen. Die 2018 geschlossene strategische Kooperation umfasse auch eine Beteiligung von vier Prozent an Ceres Power. Ziel sei es, die SOFC-Technologie durch Volumenfertigung zu industrialisieren und sie für die vernetzte und dezentrale Energieerzeugung einzusetzen.
Dieser Ansatz geht weit über das Segment Einfamilienhaus hinaus. Vielmehr sollen die Systeme in Städten, Fabriken, Rechenzentren oder für den Betrieb von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge zum Einsatz kommen und so zu Versorgungssicherheit und Flexibilität des Energiesystems beitragen. Beispielsweise sollen sie auch helfen, Schwankungen in der Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen auszugleichen und künftig regenerativ hergestellten Wasserstoff umweltschonend in Strom umzuwandeln.
Vor allem in einer immer stärker urbanisierten Welt sei die Brennstoffzellen-Technologie für die Versorgungssicherheit entscheidend, zeigte sich Glock überzeugt. 2050 würden voraussichtlich mehr als 6 Mrd. Menschen in Städten wohnen. Schon heute würden Metropolen 75 Prozent der weltweit verbrauchten Energie schlucken. So stellt man sich bei Bosch vor, die SOFC-Technologie für verschiedene Anwendungen nutzbar zu machen. Es sollen kleine Kraftwerke entstehen, die überall in der Stadt sowie in Industrie- und Gewerbegebieten platziert werden können. Durch die hohe Flexibilität der standardisierten Anlagen könnten unter anderem Lastspitzen besser und vor allem schneller abgedeckt werden als von herkömmlichen Anlagen. Zunächst haben die SOFC-Module, wie beschrieben, eine elektrische Leistung von 10 kW. Für einen höheren Energiebedarf könnten beliebig viele Module einfach vernetzt werden.
Ob man die Module irgendwann dann auch auf eine kleinere Leistung, beispielsweise 1 kW für das Einfamilienhaussegment, herunterskaliert, wollte Glock zwar nicht ausschließen, auf absehbare Zeit sei dies aber nicht vorgesehen. Nun werde erst einmal die Serienfertigung der 10 kW-Anlagen vorangetrieben. Dazu bräuchte man noch zwei bis drei Jahre. Die ersten Geräte jedenfalls sollen noch dieses Jahr vorgestellt werden.
Dabei sei die Brennstoffzelle nur ein Baustein für eine intelligente Sektorenkopplung bei der Energieversorgung von Wohngebieten. Das Unternehmen wolle sich hier strategisch als Anbieter ganzheitlicher Systemlösungen und Services positionieren. "Wenn man die Energiewende schaffen will, muss man Effizienzen in allen Sektoren heben, und das nicht nacheinander, sondern gemeinsam und gleichzeitig. Dafür braucht man in allen Sektoren effiziente Anlagen und möglichst erneuerbare Energien", erklärte Glock. Die einzelnen Bausteine – Elektrospeicher, Schnellladestationen, die SOFC-Technologie und ergänzende Energiemanagementsoftware – müssten in einem cleveren Gesamtsystem zusammengebracht werden.
Hier sei man auf einem guten Weg. Die Aktivitäten im Bereich elektrischer Speichersysteme und deren Management habe man jüngst durch eine 39-prozentige Beteiligung an ads-tec Energy gestärkt. "Gemeinsam mit ads-tec Energy können wir umfassende Systeme für das dezentrale Energiemanagement in Gebäuden und Wohnquartieren anbieten und so einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Unsere Beteiligung an ads-tec Energy passt strategisch perfekt zu unserer Zukunftsausrichtung als digitales Klima- und Energieunternehmen", betonte Glock. Das Management dezentraler elektrischer Energiesysteme etabliere sich derzeit immer stärker in Städten und Quartieren.
Viel Bewegung bei Solidpower
Auch bei dem jetzt von Buderus vertriebenen Bluegen (mit einer Nennleistung von 1,5 kW elektrisch und 0,6 kW thermisch) von Solidpower gibt es viel Bewegung – sowohl beim Produkt als auch bei der Besetzung der Führungsmannschaft. Das seit 2012 im Markt befindliche Produkt gehört seit der Übernahme der insolventen CFC (Ceramic Fuel Cells) in 2015 zu Solidpower. Das Unternehmen mit Standorten in Italien, Deutschland, der Schweiz und Australien überraschte nun mit bedeutenden Personalmeldungen. Zum einen trat Alberto Ravagni als Chief Executive Officer (CEO) der Solidpower Group zurück. Seine Nachfolge übernahm Dr. Andreas Pichler. "Wir freuen uns, mit Andreas Pichler eine hochqualifizierte Führungskraft gewonnen zu haben, die das hervorragende Team von Solidpower in Zukunft leiten und das Unternehmen zum weltweit führenden Hersteller von SOFC Brennstoffzellen machen wird", erklärte Pavel Tatyanin, Mitglied des Solidpower Aufsichtsrates. "Nun wird es darum gehen, die nächste industrielle Stufe zu erreichen, auf der Basis unserer innovativen Produkte und unseres Know-hows."
Zum anderen schied Andreas Ballhausen, Geschäftsführer der deutschen Solidpower, aus dem Unternehmen aus. Wie es hieß, richte sich die Solidpower Group für die Zukunft aus und besetze im Sinne seiner Expansionsstrategie eine Schlüsselposition neu. So übernahm Gerald Neuwirth sowohl die Geschäftsführung der deutschen Solidpower als auch die Funktion des Chief Sales Officer (CSO) innerhalb der Solidpower Gruppe. In Zukunft werde er verstärkt die internationale Vertriebsstrategie und die globale Expansion vorantreiben. Aktuell würden an mehreren Standorten der Gruppe die Produktionskapazitäten massiv ausgebaut, um in naher Zukunft den stark wachsenden Markt für SOFC-Brennstoffzellen optimal bedienen zu können. "Der Markt für Brennstoffzellen hat jetzt eine Phase er-reicht, in der wir auf eine dynamische Entwicklung in den nächsten Jahren vorbereitet sind", erklärte Pichler. "Wir haben verstärkt den europäischen Markt im Fokus. Gemeinsam mit Gerald Neuwirth als CSO werden wir eine neue Vermarktungsstrategie realisieren und insbesondere unser Geschäftsfeld in Europa erweitern."
Das Unternehmen forsche kontinuierlich an der SOFC-Technologie. Die Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre fänden jetzt ihre Umsetzung im neuen Bluegen BG-15, das zur ISH 2019 erstmalig einer breiten Öffentlichkeit präsentiert wurde. Es ist das Nachfolgemodell für den Bluegen, von dem bis zu diesem Frühjahr über 1.200 Geräte verkauft worden seien. "Der Bluegen BG-15 unterstreicht das enorme Potential der Brennstoffzellen-Technologie und festigt die herausgehobene Position Solidpowers am Markt", betonte Pichler. Nicht nur optisch hebt sich der Bluegen BG-15 von seinem Vorgänger ab – Anthrazit- und Schwarztöne verleihen dem Gehäuse eine hochwertige Erscheinung, auf der Frontseite finden sich Firmenlogo und eine Status-LED. Besonders im Inneren verbergen sich Fortschritte. So ermögliche das verbesserte Design des Stacks nun auch eine Leistungsmodulation. Das heißt, der Nutzer kann über eine App die elektrische Leistung zwischen 0,5 und 1,5 kW eigenhändig regeln.
Der Bluegen BG-15 sei für eine Vielzahl von Verbrauchern geeignet, ob Gewerbetreibende oder Besitzer von größeren Einfamilienhäusern, betont das Unternehmen. Die Anlage laufe vollkommen unabhängig von der Heizungsanlage und rechne sich in erster Linie durch die Stromerzeugung. Pro Jahr produziere sie bis zu 13.000 kWh Strom. Die dabei entstehende thermische Energie lasse sich jedoch zusätzlich zur Unterstützung der Warmwasserbereitung bzw. der Heizungsanlage nutzen. Durch die Optimierung des Stacks könnten zukünftig täglich bis zu 250 l Warmwasser erzeugt werden – etwas mehr als beim Vorgänger. Durch den veränderten Aufbau im Inneren könnten nun sämtliche Wartungsarbeiten über die Vorderseite erledigt werden. Und aufgrund einer niedrigeren Abgastemperatur ließen sich herkömmliche Kunststoffrohre verwenden, um die Abgase nach außen zu führen. Auch sei es nicht mehr notwendig, dass die erste Inbetriebnahme durch einen Spezialisten von Solidpower erfolgen muss. Der ausführende Fachhandwerker vor Ort könne das Gerät nun nach dem Einbau direkt in Betrieb nehmen.
Für die Zukunft habe man das Ziel, die Position am weltweiten Markt der SOFC-Technik weiter zu stärken, betonte Pichler. So wolle man als erstes Unternehmen in der Lage sein, die SOFC-Technologie fördermittelunabhängig rentabel zu produzieren und zu vermarkten. Finanziell unterstützt werde man im Wesentlichen von zwei internationalen strategischen Gesellschaftern sowie weiteren kleineren Kapitalgebern. In Italien würde die Produktion für die Stacks deutlich ausgebaut, sodass ab 2020 jährlich 16.000 Kraftwerke produziert werden könnten. In Deutschland werde das System gefertigt, in der Schweiz und in Australien finde die Entwicklung statt.
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