Fiona Riddoch, Geschäftsführerin von Cogen Europe, zeigte in Berlin auf, dass der Anteil der KWK an der Stromerzeugung innerhalb der EU seit mehreren Jahren in der Größenordnung um 11 Prozent schwankt.
Laut einer Übersicht für das Jahr 2011 waren in Europa 105,3 GW an Kraftwerkskapazität in KWK installiert gewesen. Das meiste davon in Deutschland (21 GW), es folgten Polen (8 GW), die Niederlande und Spanien (jeweils rund 7 GW). Am Ende der Skala fanden sich mit kaum nennenswerten KWK-Kapazitäten Länder wie Frankreich, Irland, Luxemburg, Zypern und Malta. Riddoch unterstrich die Bedeutung des Wärmesektors. So entfielen in 2010 rund 55 Prozent des Primärenergieverbrauchs der EU auf den Wärmesektor. Der Stromsektor hatte hingegen nur einen Anteil von 17 Prozent.
Am Beispiel von Düsseldorf informierte Martin Giehl, Leiter Technik der Stadtwerke Düsseldorf, wie die Stadtwerke den Herausforderungen der Energiewende begegnet. Dazu zählten der Bau eines GuD-Kraftwerks mit KWK, der Bau eines Fernwärmespeichers, der Ausbau der Fernwärme sowie neue Geschäftsmodelle im Rahmen urbaner Infrastruktur. So schreite der Bau des neuen GuD-Erdgaskraftwerks Lausward im Düsseldorfer Hafen planmäßig voran. Im April feierte man Richtfest. Zum Einsatz kommt eine Gasturbine von Siemens. Die Anlage weist eine Effizienz von über 61 Prozent für die reine Stromerzeugung und rund 85 Prozent für die KWK aus. Das neue Kraftwerk ist speziell auf die Großstadt Düsseldorf, ihre Entwicklungspotentiale, ihren Strom- und Wärmebedarf und ihre Versorgungssicherheit zugeschnitten. So wird es trotz ihrer großen elektrischen Leistung von 595 MW und der Auskopplung von 300 MW Wärme von seinem Charakter her als eine dezentrale Anlage angesehen. Im kommenden Februar soll die Gasturbine zum ersten Mal gezündet werden. Das Kraftwerk soll Anfang 2016 dann den kommerziellen Betrieb aufnehmen.
Neben dem Kraftwerk werde zudem ein Fernwärmespeicher errichtet. Dieser soll zur Heizperiode 2016 in Betrieb gehen. Das Genehmigungsverfahren läuft, geplant ist, mit der Errichtung im kommenden Oktober zu beginnen. Der drucklose Speicher ist ausgelegt auf ein Bruttovolumen von etwa 35.000 m³, bei einer Zylinderhöhe des Bauwerks von 54 m und einem Durchmesser von 29 m. Damit soll er auf eine Speicherkapazität von circa 1.340 MWh kommen. Der Wärmespeicher soll die Flexibilität bei der Stromerzeugung zur Regelenergie- und Intraday-Vermarktung steigern durch eine weitgehende Entkopplung vom Wärmeabsatz. So soll die Wärmeerzeugung in Strom-Hochpreiszeiten und der Anlagenbetrieb in Strom-Niedrigpreiszeiten vermieden werden.
Oliver Stahl, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Entelios, informierte über "Demand Response" – eine Energiedienstleistung für Industrie und Geschäftskunden. Bei Demand Response handelt es sich um ein automatisiertes Regelungsverfahren in Stromnetzen, bei dem die Verbrauchsseite (demand) auf Signale der Erzeugungssituation, der Netzauslastung oder generell auf Preissignale antwortet (response). Flexibilität sei ein Schlüsselelement im zukünftigen Energiesystem. Verbrauchsseitige Flexibilitäten durch Industrie- und Gewerbebetriebe seien verfügbar, doch gilt es, diese intelligent zu vernetzen. Stahl sprach von einer "intelligenten Poolung" von verteilten Lasten, Speichern und Erzeugern und bezeichnete dies als virtuelles Kraftwerk oder besser als virtuelles Energiesystem.
Flexibilität war auch Thema von Arne Dammasch von der TU Braunschweig, und zwar Flexibilität im Bilanzkreismanagement. So betrachtete er die Entwicklung im Bereich der Residuallast – der Differenz zwischen fluktuierender Erzeugerleistung und der Energienachfrage. Der Strom aus Wind- und Photovoltaik-Anlagen werde die Residuallast künftig stark verändern. Während die Residuallast im positiven Bereich nur schwach abnehme, steige sie im negativen Leistungsbereich stark an. Dabei nehme zudem der Gradient zu, d.h., die Laständerung innerhalb einer Stunde. "Dies führt zu einem steigenden Bedarf an flexibler konventioneller Erzeugung und einem steigenden Einsatz von Regelleistung."
Damit, und durch zusätzliche Herausforderungen durch das EEG 2014, werde die Bewirtschaftung von Bilanzkreisen zunehmend komplexer. Hier könne nun der Zusammenschluss flexibler KWK-Anlagen zu einem virtuellen Kraftwerk (in Kombination mit thermischen Speichern und bivalentem Betrieb mit einer Gastherme) zur Optimierung des Bilanzkreises führen, so das Ergebnis einer Simulation. Somit unterstütze die KWK die Integration von erneuerbaren Energien. Die aktive Bewirtschaftung von Bilanzkreisen mittels flexibler KWK-Anlagen ist möglich, konstatierte Dammasch. Eine Reduzierung der Bilanzkreisabweichungen sei auch volkswirtschaftlich sinnvoll. Die Regelleistung würde wieder vermehrt für die eigentliche Systemaufgabe zur Verfügung stehen. Aber der wirtschaftliche Nutzen für den Bilanzkreisverantwortlichen sei noch nicht gegeben, es mangelt momentan an monetären Anreizen.
Der parlamentarische Staatssekretär im BMWi, Uwe Beckmeyer*, nutzte den Rahmen des Kongresses, um die Bedeutung und Rolle der KWK im künftigen Energiemarktdesign hervorzuheben. Er bescheinigte der KWK ein "wirtschaftliches Ausbaupotential", insbesondere bei der Industrie und in der Objektversorgung – auch dann, wenn erneuerbare Energien zunehmen und der Wärmebedarf abnimmt. Die gekoppelte Erzeugung spare Primärenergie und CO2-Emissionen. Gleichzeitig warf er aber auch die Frage auf, welche Maßnahmen möglicherweise am Energiemarkt benötigt werden, um langfristig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. "Das KWKG ist in seiner Struktur nicht darauf ausgelegt, Nachteile zum Beispiel durch niedrige Preise auf dem Strommarkt vollständig auszugleichen."
Wie zuvor Beckmeyer, sprachen sich anschließend in einer Podiumsdiskussion auch die wirtschafts- und energiepolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen – Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU), Florian Post (SPD), Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) und Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen) – einmütig für einen Ausbau der KWK aus. Ebenso herrscht Übereinstimmung darüber, dass das auch im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel des Anteils von 25 Prozent KWK an der Stromerzeugung unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht erreicht werden kann. Ob und wie die Bedingungen verbessert werden können, solle die beginnende Novellierung des KWKG ergeben.
Um eine Steigerung des KWK-Anteils zu erreichen, müssten die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen angepasst werden, erläuterte Post. Und das sollte schnell passieren: "Wir können das nicht auf die lange Bank schieben und die Diskussion über das Strommarktdesign abwarten." Und Pfeiffer mahnte an, die KWK ins Gesamtsystem zu integrieren. Wie seine Bundestagskollegen hält er am Ausbauziel fest, verweist aber auch auf die Notwendigkeit, zuerst den Bestand zu sichern – was mit der Einführung der EEG-Umlage auf die Eigenstromerzeugung auch für KWK-Strom ein dringendes Anliegen wurde. "Wir müssen Eigenstromerzeugung und KWK so lösen, dass wir die bestehende KWK sichern und in ein vernünftiges System überführen."
Traditionell standen am zweiten Kongresstag wieder fachspezifische Workshops auf dem Programm. Dazu fanden drei parallele Arbeitsforen zu den Einsatzbereichen Wärmenetze, Industrie und Objektversorgung statt – und zwar wieder in Zusammenarbeit mit den Partnerverbänden des Kongresses, dem Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK (AGFW), dem Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) sowie dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD).
Nicht nur die Arbeitsforen, auch die begleitende Fachausstellung bot Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch.
Dort konnte man sich bei AB Energy Deutschland, Deutsche Messe, energiewerkstatt, Invensor, RMB Energie, Schneider engineering, SenerTec und Zeppelin über angebotene Produkte und Dienstleistungen rund um das Thema KWK informieren.
Sabine Gores vom Öko-Institut*, legte gegen Ende der Veranstaltung schließlich noch Zahlen zum Einsatz der KWK in Deutschland vor.
So wurden in 2012 rund 95 TWh Strom aus KWK erzeugt. Die Summe stagniert und es sei auch kein nennenswerter Anstieg zu erwarten. Sie machte bei einer Gesamtstromerzeugung von knapp 600 TWh einen KWK-Anteil von etwa 16 Prozent aus. Über 50 TWh des KWK-Stroms stammten davon aus dem Bereich der allgemeinen Versorgung. Die industrielle Kraftwirtschaft produzierte fast 30 TWh. BHKW unter 1 MW Leistung trugen nur mit rund 4,5 TWh an der KWK-Stromerzeugung bei. Die installierte Kraftwerksleistung beträgt demnach 30,5 GW. Dies sind überwiegend Dampf- und Gasturbinen. Lediglich 1,3 GW entfallen davon auf fossile BHKW unter 1 MW. Bei den Energieträgern bildet Kohle über die vergangenen Jahre einen "stabilen Sockel" von rund 20 TWh. Gas dominiert mit über 50 TWh, Biomasse bleibt noch unter 20 TWh.
Im Markt abgesetzt werden konnten in 2012 Mikro- und Mini-BHKW (d.h. fossile BHKW unter 50 kWel) mit einer gesamten installierten Leistung von rund 70 MWel, und Anlagen in der Leistungsklasse 50 kWel bis 1.000 kWel von insgesamt etwa 160 MWel.
Schaut man sich die geplante Entwicklung der Stromerzeugung an, so scheint die Zielformulierung eines 25 Prozent KWK-Anteils fragwürdig, so Gores. Denn "die Umstrukturierung des Energiesystems engt erst einmal auch die Möglichkeiten der KWK-Nutzung ein". Bei Vorrang einer CO2-freien Stromerzeugung bleibt künftig nicht mehr viel Raum für eine KWK-fähige Stromerzeugung übrig. Betrachtet man nur die KWK-fähige Stromerzeugung, so müsste in 2020 bereits jede zweite TWh und in 2040 sogar jede TWh auch aus KWK-Betrieb kommen. Wenn das Energiesystem in 2050 dann nach den Prognosen zu 90 Prozent auf nicht KWK-fähige Stromerzeugung (also aus Sonne, Wind und Wasser) umgestellt ist, kann der KWK-Anteil an der Gesamtstromerzeugung folglich auch nur noch maximal 10 Prozent erreichen, rechnete Gores vor.