Wärme

LPG zum halben Preis

Mit Flüssiggas und flüssigem Erdgas gegen den Engpass

Freitag, 31.03.2023

Zwei Energieträger, die bis dato ein Nischendasein in der Wärme- und Energieversorgung führten, sollen uns nun mit aus der Krise helfen: LNG – Flüssigerdgas, im Prinzip Flüssigmethan – und LPG – Flüssigpropan oder umgangssprachlich Flüssiggas. LNG kommt aus der Fernleitung, LPG aus dem privaten Gartentank. Beide bieten in begrenztem Umfang Versorgungssicherheit. Und LPG darüber hinaus auch eine relativ hohe Preisstabilität. Was kommt da auf die Heizungstechnik zu?

Endstufe des im Bau befindlichen LNG-Terminals Wilhelmshaven mit schwimmender „FSRU“.
Quelle: Uniper
Endstufe des im Bau befindlichen LNG-Terminals Wilhelmshaven mit schwimmender „FSRU“.

Ostsee gegen Nordsee. Der Krieg in Osteuropa stachelte beide Meere zu einem Wettstreit an. In welchem der beiden Atlantikarme macht erstmalig in Deutschland ein LNG-Tanker fest? In Lubmin nahe Greifswald oder in Wilhelmshaven? Beide Hafenstädte bauen an einem LNG-Terminal und beide kündigen die Fertigstellung zum Jahreswechsel 2022/23 an. Zwei weitere Übergabestationen, in Stade und in Brunsbüttel, sollen später hinzukommen und die Einspeisekapazität ins deutsche Erdgasnetz mit Hilfe einer „FSRU“ erweitern.

„FSRU“ steht für „Floating Storage Regasification Unit“ als eine wesentliche Komponente für den Transit von Flüssigerdgas über die Ozeane. Wobei flüssig nicht genau dem Zustand der Ladung in den Tankern entspricht. Deren Konsistenz gleicht mehr dem Schneematsch auf winterlichen Straßen, mit dem Unterschied, dass dieser Brei um -160 °C kalt ist, der Verflüssigungstemperatur für Methan. Die FSRU verdampft den matschigen Schiffsinhalt wieder zu Gas und speist ihn über eine Anbindeleitung in das Erdgasfernnetz beziehungsweise in Erdgasspeicher ein.

In Wilhelmshaven etwa soll ein Teil der Fracht zunächst in die Salzstöcke im 30 km entfernten Etzel fließen (vgl. HeizungsJournal 11/2022, Nov., Beitrag: „Wie Köder an der Angel“). Die Kapazität des Nordsee-Terminals reicht an 7,5 Mrd. m3 LNG pro Jahr heran. Damit würden künftig rund 8,5 Prozent des deutschen Erdgasbedarfs über die Wesermündung kommen.

Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern will jährlich bis 4,5 Mrd. m3 Gas in die Infrastruktur füllen. Der Hafen muss mit einem Handikap fertigwerden, der geringen Meerestiefe im Greifswalder Bodden. LNG-Tanker mit einem Fassungsvermögen bis 170.000 m3 müssen deshalb draußen in der Ostsee an einer ersten Übergabestation andocken und ihren Energieträger an Shuttle-Schiffe als virtuelle Pipeline übergeben, die dann in Lubmin entladen. In Wilhelmshaven dagegen können Frachter jeder Größe, bis weit über 300.000 m3, im Tiefseehafen direkt an den Pipelines festmachen.

Unbekannte Reserven

Das LNG stammt aus Katar, Australien, den USA und von anderen Vertragspartnern. Da es bis auf wenige andere Bestandteile beinahe vollständig aus Methan besteht, darf es direkt in das Ferngasnetz und damit direkt in die Heizkessel und Thermen strömen. Und in die Verbrennungseinrichtungen und Prozesse der Industrie und der Chemie. Wie schon der Name LNG (Liquid Natural Gas) sagt, handelt es sich um verflüssigtes Erdgas, das vor Millionen von Jahren aus Sedimenten abgestorbener biogener Masse auf dem Boden der Ozeane entstand.

Deutschland verfeuerte 2021 rund 100 Mrd. m3 Erdgas aus Russland – mit 56 Prozent die Hauptbezugsquelle –, aus der Nordsee und aus anderen Förderländern, zu denen auch die Bundesrepublik gehört. Der Beitrag aus heimischen Quellen gibt sich indes mit 5,2 Mrd. m3 relativ bescheiden. Und an wirtschaftlich abbaubaren Reserven steckt nicht viel im Untergrund. Auf 32 Mrd. m3 schätzen die Fördergesellschaften das Depot. Wobei diese 32 Mrd. m3 als sicher gelten, aber noch ein Vielfaches davon im tiefen Schiefergestein steckt. Das lässt sich allerdings noch nicht wirtschaftlich heben beziehungsweise auch nur durch umstrittene Methoden (Fracking) mit weitgehend unbekannten Umwelteinflüssen. Das Vielfache an Reserven im deutschen Untergrund summiert sich bis auf 2 oder 3 Billionen m3 Erdgas.

Neues Feld vor Borkum

Selbst das muss nicht das Ende der Vorkommen sein. Denn mit Bodenerkundungen halten sich die Unternehmen zurück. Schließlich will die Bundesrepublik bis Mitte des Jahrhunderts CO2-neutral sein. Es lohne nicht, nach neuen Feldern Ausschau zu halten, die man dann erst in acht oder zehn Jahren anzapfen könne, also aus dem momentanen Engpass nicht heraushelfen würden, um sie wieder, da fossil, zehn Jahre später stilllegen zu müssen, sagt der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG). Ausnahme dürfte das vor wenigen Jahren vor Borkum entdeckte Feld sein, das spätestens 2025 angebohrt werden soll, aber noch die Widerstände zahlreicher Umweltverbände überwinden muss. Die niedersächsische Landesregierung hat allerdings schon die Zustimmung gegeben, weil der russische Angriffskrieg belege, „dass das öffentliche Interesse der Versorgungssicherheit eine klar übergeordnete Rolle einnimmt“.

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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