Während alle relevanten Gebäudemedien, wie Strom und Wasser, über Verbrauchszähler erfasst und abgerechnet werden, fehlte es bei Klimaanlagen bislang an einem solchen Zähler. Der Beitrag zeigt, wie in einem Innenstadt-Einkaufszentrum damit eine zukunftsfähige Klimaluft-Versorgung sichergestellt werden konnte. Sie bietet bei Neubau, Sanierung und der Nachvermietung die erforderliche Anpassbarkeit der Lüftungsversorgung und berücksichtigt zugleich Nachhaltigkeitsaspekte.
Luft nach Verbrauch abrechnen
Projektbeispiel: Einkaufszentrum der Aachener Grundvermögen
Freitag, 17.03.2023
Bislang erfolgt eine Abrechnung der Klimaluft über den „Flächenschlüssel“, was gleiche Kosten für gleiche Flächen bedeutet. Der Nachteil dieser „Flat Rate“: Es gibt keinen Einsparanreiz – weder für den Betreiber noch beim „Luftnutzer“: Zudem ist die Versorgung der einzelnen Mieter mit Blick auf Quantität und Qualität unklar. Nicht selten gibt es hierzu Meinungsverschiedenheiten. Bei Leerständen, zeitlich versetzten Luftbezügen und unterschiedlichen Luftbedarfen (zum Beispiel Süd-/Nordseite) führt der „Flächenschlüssel“ zu einer nicht den Tatsachen entsprechenden Kostenverteilung.
Vor allem in Handelsimmobilien sind Mieter vom Rückgang des Präsenz-Einkaufs betroffen. Sie reduzieren ihre Flächen, ziehen um oder schließen. Parallel sind neue Mieter (wie Co-Working Spaces oder Fitnessstudios) zu gewinnen. Das erfordert eine höhere Flexibilität der Immobilien.
Zukunftsweisende Gesamtlösung
Das Einkaufszentrum „Am Brand“ in Mainz ist hierfür ein gutes Beispiel. Eigentümer ist die Immobiliengesellschaft Aachener Grundvermögen. Seit nahezu 50 Jahren hält das Kölner Unternehmen ein wachsendes Immobilien-Portfolio, spezialisiert auf sehr gute innerstädtische Lagen. Die Gesellschaft verfolgt seit ihrer Gründung eine konservative, auf Langfristigkeit ausgerichtete Anlagestrategie und berücksichtigt bei ihren Investitionen ethische Kriterien.
Im konkreten Projekt mietete ein großer Fachmarkt viele Jahre lang drei komplette Stockwerke. Für die Belüftung dieser Flächen wurde eine gemeinsame Anlage der Raumlufttechnik (RLT) eingesetzt, die mit rund 85.000 m3/h Luftleistung ungefähr zu je einem Drittel die drei Stockwerke versorgte. Im vergangenen Jahr gab der Fachmarkt das Untergeschoss frei.
Als Eigentümer stand die Aachener Grundvermögen somit vor der Wahl, alle Geschosse weiterhin durch die bestehende RLT-Anlage zu versorgen, das freiwerdende Geschoss mit einer eigenen RLT-Zentralanlage auszustatten oder die aktuelle RLT-Anlage weiter zu nutzen und in jedes der drei Geschosse Luftenergiezähler einzubauen.
Die Entscheidung begleitete das Mainzer Ingenieurbüro dp-mainz. Geschäftsführer Dirk Drews zielt, wo immer möglich, auf zukunftsweisende Gesamtlösungen ab. So legte sich der Verantwortliche der Immobiliengesellschaft, Bau- und Projektmanager Oliver Gritzmann, auf Luftenergiezähler fest. Zum einen waren damit die Gesamtkosten im Vergleich zu einer zusätzlichen RLT-Anlage geringer; es gab auch keine Platzprobleme oder Baustellenbelastungen. Zum anderen entsteht ein mehrfacher Nutzen:
- Die Klimaluft-Kosten werden für alle Mieter nach dem Bedarf abgerechnet. Das ist fair, rechtssicher und motiviert zur Verbrauchssenkung.
- Der Mieter kann kontinuierlich und digital über seinen Luftbezug (Volumenströme, Temperaturen, Feuchtewerte) informiert werden. Das „Luftliefer-Monitoring“ hilft, im Konsens mit dem Betreiber Einsparungen zu definieren, die anlagenseitig umgesetzt werden sollen.
- Die Erfassungspflichten (zum Beispiel aus dem Gebäudeenergiegesetz, Paragraph 6 „Verordnungsermächtigung zur Verteilung der Betriebskosten und zu Abrechnungs- und Verbrauchsinformationen“) sind erfüllt.
In Mainz sind pro Stockwerk drei Luftenergiezähler eingebaut, also neun insgesamt. Das „Luftliefer-Monitoring“ macht auch für Teilflächen sichtbar, welche Luftquantität und -qualität dort geliefert wird. Außerdem ist der Eigentümer damit für künftige Mietflächen-Aufteilungen gewappnet.
Die Luftmeister GmbH aus Kirchzarten bei Freiburg, ein nach sechs Jahren am Markt etabliertes Start-up-Unternehmen, hat diesen Verbrauchszähler für Klimaluft entwickelt. Mit der seit 2019 gültigen DIN 94701 wurde dafür eine Produktnorm aufgestellt, die Mindestanforderungen an Genauigkeit, Vorstörungsprüfungen und Einbau der Luftenergiezähler definiert. Erfüllt werden die hohen messtechnischen Hürden dank einer patentgeschützten Sensorik. Der Luftenergiezähler bekam Anfang 2020 seitens der PTB (Physikalisch-technische Bundesanstalt) die Eichzulassung erteilt.
Weiterführende Informationen: https://www.luftmeister.de/
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