Wo sehen Sie in diesem Kontext noch technisches Verbesserungspotential (Stichworte, u. a.: Schall, Psychoakustik, natürliche Kältemittel, MSR-Technik)? Greift die Heizungsindustrie hier auf Ihr Können und Know-how sowie F&E-Geschick zu; können Sie gegebenenfalls ein Beispiel für solche Synergien nennen?
Durch unsere Kompetenz und Erfahrung in der Strömungstechnik und im Elektromotorenbau können wir kontinuierlich Verbesserungen in der Akustik und Effizienz erzielen. Wir beschäftigen uns bereits länger mit Psychoakustik und optimieren unsere Produkte durch entsprechende Bewertungsmethoden. Das wird vor allem im Kontext der zunehmenden Verbreitung von Wärmepumpen eine immer bedeutendere Rolle einnehmen. In unserem Psychoakustiklabor „Audimax“ konnten wir feststellen, dass Anwender kein Problem in einer Geräuschentwicklung an sich sehen, die Akzeptanz aber beispielsweise davon beeinflusst wird, wie ein Geräusch klingt. Digitale Schnittstellen wie Bussysteme oder Cloudlösungen ermöglichen es unseren Kunden außerdem, Daten zur Verfügung zu stellen und durch gemeinsame Analysen die Gesamtapplikation zu verbessern.
Die „Wärmepumpe made in Germany“ bzw. „Made in Europe“ ist ein wichtiges Zielbild unserer Branche und betrifft gerade auch die diversen Komponenten. Die USA und der asiatische Raum sind äußerst potente und erfahrene Mitbewerber in diesem Feld. Wie lautet Ihre Strategie im Kontext der Produktion und Fertigung?
In der Produktion verfolgen wir, wie in anderen Bereichen auch, eine „local-for-local“-Strategie. Das bedeutet, dass wir örtlich nahe am Kunden sein möchten. Deshalb investieren wir in Produktionskapazitäten und Lieferketten vor Ort in all unseren Regionen (Stichwort: „glokale“ Präsenz). Natürlich sind wir uns der Position der asiatischen Wettbewerber bewusst, sehen unsere Stärken aber in unserer profunden Kenntnis der Heiztechnik, langjährigen Technologieerfahrung und unseren hervorragenden Entwicklungspartnerschaften.
Apropos „Heizungsmarkt“: Die Gastechnologie ist, nach wie vor, ein Volumengeschäft – mit zig Millionen Bestands-Heizgeräten. In der Branche sind deshalb nicht alle restlos davon überzeugt, dass dieser „schlafende Riese“ innerhalb von gut 20 oder weniger Jahren (grün) elektrifiziert werden kann. Es brauche auch Moleküle neben den Elektronen – lautet eine schöne Metapher. Wie schaut hier der ebm-papst-Ansatz aus?
Nur einseitig auf die Elektrifizierung der Wärmeerzeugung zu setzen, halten wir momentan noch nicht für den richtigen Ansatz. Daher verfolgen wir bei ebm-papst den bereits erwähnten Multitechnologie-Ansatz und setzen neben der Elektrifizierung in Form von Wärmepumpen auch weiterhin auf die Gas-Brennwerttechnik als Brückentechnologie. Hier gibt es Entwicklungen hinsichtlich der Verbrennungsregelung, sodass eine flexible Nutzung mit unterschiedlichen Gasen, also nicht nur Erdgas, sondern auch grünen Gasen, möglich ist.
In den letzten Jahren haben wir uns intensiv mit der Wasserstoff-Verbrennung beschäftigt und unsere Kunden bei der Entwicklung von ersten Reallabor-Geräten unterstützt. Des Weiteren setzen wir auf Internationalisierung und erschließen nach und nach auch die Märkte, die noch Nachholbedarf in hocheffizienter Gas-Brennwerttechnik „Made in Europe“ haben.
Können Sie ein, zwei Praxisbeispiele machen, wie und wo Ihre H2-ready-Systeme schon in Betrieb sind? Mit welchen Erfahrungen?
Wir arbeiten seit einigen Jahren mit allen europäischen Herstellern im Bereich Wasserstoff eng zusammen. Unsere gesamten Gas-Brennwertsysteme sind bereits jetzt H2-ready, das heißt, für eine 20-prozentige Zumischung von Wasserstoff freigegeben. Darüber hinaus entwickeln wir Systeme für eine Nutzung mit 100 Prozent Wasserstoff. In einem Feldtest zusammen mit Intergas in den Niederlanden haben wir einen Boiler entwickelt, der vollständig mit Wasserstoff betrieben wird. Entwicklungsarbeit floss zum Beispiel in ein besonders dichtes Gasgebläse und die spezielle Einstellung der Gasventile. Es musste sichergestellt sein, dass im Inneren des Gebläses selbst im Fehlerfall keine Funken durch elektrostatische Aufladungen entstehen. Intergas hat diese Geräte dann – verbaut in einem „Tiny House“ aus nachhaltigen Materialien – durch verschiedene niederländische Regionen geschickt. So konnten sich interessierte Menschen vor Ort von der Funktionsweise der Wasserstoffverbrennung überzeugen und sich die Skepsis vor dieser neuen Technologie nehmen lassen.