Die Anforderungen an die Gebäudeenergieeffizienz steigen. Damit gewinnt die Überwachung der Luftqualität in Innenräumen an Bedeutung. Bei Einsatz raumlufttechnischer Geräte (RLT-Geräte) müssen diese ordnungsgemäß einreguliert und regelmäßig gewartet werden. Dabei kommen vielfältige Prüf- und Messverfahren zum Einsatz. Testo und Wöhler zählen zu den führenden Unternehmen im Bereich der Messtechnik bei RLT-Anlagen. Das HeizungsJournal hat nachgefragt, wie die aktuelle Situation eingeschätzt wird.
- Seite 1
- Seite 2
Messtechnik für bessere Raumluftqualität
Einsatz von RLT-Anlagen prüfen und überwachen
Donnerstag, 15.09.2016
Antworten gaben:
Detlef Higgelke, Leiter der Testo Akademie, und Jürgen Luft, Bereichsleiter Lüftung/Gebäude bei Wöhler Messgeräte Kehrgeräte.
Der Trend zu einer hohen Gebäudedichtheit nimmt zu. Damit steigt die Bedeutung von Lüftungssystemen. Für einen effizienten Einsatz und eine hohe Luftqualität in Innenräumen müssen raumlufttechnische Geräte (RLT-Geräte) ordnungsgemäß einreguliert und regelmäßig gewartet werden. Welche Prüf- und Messverfahren stehen hierbei zur Verfügung? Welche sind möglich und auch sinnvoll?
Higgelke (Testo):
Zur Gebäudedichtheitsprüfung ist eine Blower-Door-Messung erforderlich. Hiermit wird über Druckdifferenzmessung geprüft, wie groß die Leckage in der Gebäudehülle ist. Mit Disconebel können die undichten Stellen sichtbar gemacht werden. Sehr gut ist auch bei der Dichtheitsprüfung im Unterdruckverfahren die Sichtbarmachung der undichten Stellen mit thermografischen Bildern.
Luft (Wöhler Messgeräte Kehrgeräte):
Dabei muss differenziert werden zwischen den großen RLT-Anlagen und KWL-Anlagen, also der Wohnungslüftung. Insbesondere die Messverfahren sind für beide gleich geltend in der DIN EN 12599 beschrieben.
Seit ihrer Überarbeitung in 2013 ist diese Norm nun auch auf Lüftungsanlagen von Wohnungen und Wohngebäuden anzuwenden. Hier gibt es vor allem bezüglich der Prüfverfahren gewisse Überschneidungen mit der DIN EN 14134 vom April 2004, auf welche z. B. die DIN 1946-6 sich bezieht. In der Wohnungslüftung ist eine Einregulierung bzw. Überprüfung der Volumenströme in den einzelnen Räumen, also an den Luftdurchlässen, obligatorisch, wenn öffentliche Förderprogramme, z. B. bei der KfW, in Anspruch genommen werden.
Die Ermittlung des Betriebspunktes des Ventilators, also die Bestätigung des auslegungskonformen Betriebes, setzt weiter mindestens eine Messung der Gesamtdruckerhöhung voraus. Trotz des Energielabels, das ab Januar 2016 auf den KWL-Geräten anzubringen ist, kann eine zusätzliche Messung der tatsächlichen Leistungsaufnahme sinnvoll sein.
Die Messung der elektrischen Leistungsaufnahme ist auch unter den zweijährlichen Funktionskontrollen in DIN 1946-6 aufgeführt.
Bei den Messverfahren, die in der Wohnungslüftung eingesetzt werden, ist zu beachten, dass es sich hier um kleinere Volumenströme und niedrige Drücke handelt, die den Einsatz möglichst rückwirkungsfreier Volumenstrommesseinrichtungen notwendig machen. Es sollten bei Druckmessungen Feinstdruck-Messgeräte zum Einsatz kommen, die auch im Zusammenhang mit Feuerstätten bei dem 4 Pa Test eingesetzt werden können. Auch für Messungen an fest in der Anlage installierten Volumenstrommesseinrichtungen (Blenden, Messkreuze, usw.) kann ein solches Messgerät nach dem Referenzdruckverfahren (k-Faktor) eingesetzt werden. Die benutzerfreundliche Bedienung geht so weit, dass dabei der Volumenstromwert ohne jegliche Umrechnung, also ohne Zuhilfenahme von Taschenrechner oder Tabellen, direkt abgelesen werden kann.
Wieweit sehen Sie noch Aufklärungs- und Schulungsbedarf über die Messtechnik beim Fachhandwerk?
Higgelke (Testo):
Hier sehe ich sehr großen Bedarf, denn die Normen befinden sich in einem stetigen Wechsel und der Fachhandwerker hat nicht die Zeit, sich permanent selbst auf dem Laufenden zu halten. Hier helfen Tages- oder Zwei-Tagesseminare, schnell, kompetent und kompakt die Wissenslücken zu schließen.
Luft (Wöhler Messgeräte Kehrgeräte):
Aufklärungsbedarf ist sowohl bei den Errichtern von großen RLT-Anlagen als auch bei den Fachhandwerkern gegeben, die im KWL-Bereich tätig sind. Derzeit ist in der Fachpresse bezüglich RLT-Anlagen z. B. die Dichtheit von Luftleitungen unter Hinweis auf Montagefehler ein diskutiertes Thema – ein Problem, das durchaus auch im KWL-Bereich besteht.
Im KWL-Bereich wird sehr stark mit Unterstützung der Gerätehersteller geplant und deren Dienstleistung gegebenenfalls auch bei der Inbetriebnahme in Anspruch genommen. Hier ist ein erhebliches Potential für den Fachhandwerker, wenn er die Einregulierung der Anlage und die damit verbundenen Nachweis- bzw. Abnahme-Messungen selbst ausführen kann. Das z. B. bei einer KfW-Förderung notwendige Einregulierprotokoll kann er dann mit bedienerfreundlichen Messgeräten kosten- und vor allem zeitsparend selbst erstellen. Wir merken an der ständig wachsenden Nachfrage nach unseren Seminaren, dass hier großes Interesse besteht.
Wurden früher besonders große Bürogebäude mit RLT-Anlagen ausgestattet, so entwickelt sich der Wohnbereich mit der kontrollierten Wohnungslüftung zu einem wichtigen Marktsegment. Welche neuen Herausforderungen stellt dies für die Messtechnik? Welche Möglichkeiten bieten sich beispielsweise für den Bewohner zur regelmäßigen Überprüfung der Raumluftqualität?
Higgelke (Testo):
Hier sollte das Augenmerk auf die Hygiene und die Behaglichkeit gelegt werden. Regelmäßiges Wechseln der Filter und Messung von Temperatur- und den CO2-Werten ist schon sinnvoll und es sollte die Luftbewegung im Raum (hier zieht’s) überprüft werden.
Luft (Wöhler Messgeräte Kehrgeräte):
Bezüglich der Anforderungen sind wie erwähnt möglichst rückwirkungsfreie Volumenstrommessgeräte notwendig. Zu empfehlen sind hier Volumenstrommessgeräte mit geringer Querschnittseinengung im Trichter, die z. B. mit den gesamten Querschnitt bedeckenden Hitzdraht-Sensorelementen ausgestattet sind.
Für den KWL-Profi, der praktisch täglich KWL-Anlagen einzuregulieren hat, im Passivhausbereich tätig ist oder Messungen an Lüftungen nach DIN 18017 vorzunehmen hat, lohnt sich die Anschaffung eines Volumenstrommessgeräts mit Nulldruckkompensation. Durch die rückwirkungsfreie Messung kann eine Einregulierung schneller vonstattengehen und mit der zugehörigen Software auch gleich dokumentiert werden, wie dies z. B. die KfW fordert. Der Fachhandwerker, der nur wenige Messungen bzw. Anlagen pro Jahr ausführt, kann sicherlich auch mit einem Flügelrad-Anemometer mit Trichter diese Aufgabe erledigen. Für die Druckmessung, sowohl der Gesamtdruckerhöhung als auch von Differenzdrücken, z. B. an Filtern, bieten sich Messgeräte an, die nicht nur eine Feinstdruckmessung erlauben, sondern auch noch mit entsprechenden Sonden Volumenstrommessungen und Temperaturmessungen ermöglichen. Wir bieten dazu ein Gerät an, das verschiedene der in DIN EN 12599 erläuterten Volumenstrommessungen am Lüftungsgerät selbst, in Rohrleitungen und an Luftdurchlässen ermöglicht. Darüber hinaus ermittelt es den SFP-Wert und wird z. B. bei der energetischen Inspektion von RLT-Anlagen nach § 12 EnEV eingesetzt. Aufgabe einer Lüftungsanlage ist es, ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft zur Verfügung zu stellen und den Feuchteschutz für das Gebäude sicherzustellen – und dies bei behaglichen Bedingungen für den Nutzer.
Zweifellos ist Luft mit einem täglichen Bedarf von circa 20 kg das wichtigste Lebensmittel. Eine Raumluftqualitätsüberwachung ist daher heute angesichts der bereits erwähnten zunehmenden Gebäudedichtheit von besonderer Bedeutung.
Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!