Best-Practice "Holzenergie"
In dem südlich von Freudenstadt gelegenen Loßburg wurde eine Brennerei besichtigt, in der Gin für den Weltmarkt hergestellt wird. Im Jahr 2015 wurde dort eine Pelletheizung mit 50 kW Leistung installiert. Die Anlage dient der Beheizung und der Warmwasserbereitung für das Gebäude der Destillerie. Die Besonderheit der KWB-"Pelletfire Plus"-Anlage ist eine Wanderrostfeuerung mit einem hohen Wirkungsgrad und niedrigen Emissionen von "weniger als 15 mg Staub ohne Filtermaßnahmen". Die Wanderrostfeuerung wird unter dem Begriff "Raupenbrenner" auf dem Markt angeboten. Die Betreiber berichteten von positiven Betriebserfahrungen und dass das Thema Pelletheizung gut zu ihrem Produkt passe.
In Pfalzgrafenweiler nordöstlich von Freudenstadt wurde am zweiten Tag das genossenschaftliche Nahwärmeprojekt der Energiegenossenschaft WeilerWärme eG besichtigt. 2008 war es die erste Nahwärmegenossenschaft in Baden-Württemberg. Inzwischen gehören ihr über 800 Bürger an und rund 80 Prozent aller Gebäude des Ortes sind über ein Nahwärmenetz angeschlossen. "Es war ursprünglich gar nicht geplant, den ganzen Ort zu versorgen", bekundete Vorstand Klaus Gall gegenüber den Besuchern. Das Angebot jedoch sprach sich schnell in der Bevölkerung herum und so betreibt man inzwischen ein über 28 km langes Wärmenetz, das knapp 600 Liegenschaften mitsamt aller kommunalen Gebäude, Schwimmbäder, Sporthallen und Kirchen versorgt.
85 Prozent des Jahreswärmebedarfs werden in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) produziert. Die Hauptlast tragen dabei zwei ORC-Holzheizkraftwerke (ORC = Organic Rankine Cycle) mit einer Leistung von 5,8 MWth und 560 kWel sowie eine Biogasanlage mit 380 kW Leistung, hinzu kommen drei Gas-BHKW mit 680 kW. Für die Mittellast können außerdem in örtlichen Möbelfabriken drei Holzhackschnitzelanlagen mit 2,4 MWth sowie zwei Holzspänekessel hinzugeschaltet werden, was sieben Prozent des Jahreswärmebedarfs deckt.
Weitere acht Prozent des Jahresbedarfs liefern acht Ausfallreserve- und Spitzenlastkessel, die mit Gas und Öl betrieben werden und weitere 5,7 MW bereithalten. Insgesamt konnten damit im Jahr 2016 über 26 MWh Wärme verkauft und über 2,5 Millionen l Heizöl eingespart werden. Der ökologische Anspruch drückt sich auch darin aus, dass das verwendete Holz aus einem Umkreis von weniger als 50 km bezogen wird.
Der hohe Anteil erneuerbarer Energien und der Einsatz der Kraft-Wärme-Kopplung verbessere auch die energetische Beurteilung jedes angeschlossenen Wohnhauses: "Das schlägt sich im jeweiligen Energieausweis nieder", nannte Klaus Gall den weiteren Vorteil für diejenigen, die sich freiwillig angeschlossen haben. Hinzu komme die regionale Wertschöpfung: "Jedes Jahr verbleiben dank unserer Aktivitäten eine Mio. Euro in der Region", so Gall.
Einstieg ins Strom- und Mobilitätsgeschäft
Und so geht es zuversichtlich weiter: Man wolle die Energiewende möglichst umfassend im Ort umsetzen. Daher nutze man konsequent auch Synergieeffekte, die sich etwa bei der Verlegung der Nahwärmeleitungen ergeben. Klaus Gall: "Immer wenn wir einen Graben ausheben, verlegen wir zusätzlich auch Leerrohre." Das ermögliche Breitbandversorgung und künftig auch, eigene Stromkabel zum Kunden zu verlegen. Bei einer späteren Stromlieferung könne man wesentlich günstiger sein als externe Anbieter, wenn sonst übliche Netznutzungsentgelte wegfallen.
Unter der Prämisse "bevor wir den Strom verschenken, verfahren wir ihn lieber", nutze man inzwischen auch fast 100 kWp von Photovoltaik-Anlagen, um derzeit zwölf Elektromobile zu betreiben und ordere dank guten Zuspruches gerade weitere Fahrzeuge für die Genossenschaft.
Die WeilerWärme kommt gut an in der Bevölkerung. Zwar liege man mit einem Wärmepreis von etwa neun Cent pro Kilowattstunde etwas höher als der momentane Öl- und Gaspreis, aber in einer Vollkostenrechnung sei es letzten Endes günstiger. Dass der Anschluss immer freiwillig erfolgt, trage mit zur Akzeptanz bei.
Gefragt danach, was die örtlichen Heizungsbauer von dem Engagement der Genossenschaft halten, erklärte Gall: "Sie reagieren höchst unterschiedlich. Viele wollen primär Öl- und Gasheizungen verkaufen, andere hingegen werben jetzt auch damit, dass sie sich mit Übergabestationen auskennen und den Anschluss an Nahwärmenetze realisieren können." Und er ist sich sicher: "Letzten Endes sind wir doch auch ein kleines Konjunkturprogramm für das örtliche Handwerk."
Holzvergasungsanlage der Stadtwerke Horb am Neckar
Den Abschluss der Rundfahrt durch den Nordschwarzwald bildete ein Besuch bei den Stadtwerken Horb am Neckar. Diese besitzen ein Fernwärmenetz von knapp neun Kilometern Länge, welches von einer Pellet-Holzvergasungsanlage versorgt wird. Dieses befindet sich am Betriebssitz und ist zur Optimierung mit einem 3.000 m³ großen Warmwasserspeicher gekoppelt.
Betriebsleiter Eckhardt Huber berichtete, man versorge derzeit neben kommunalen Gebäuden auch 420 Haushalte – mit steigender Tendenz. Die Holzvergasungsanlage hat eine thermische Leistung von 540 kW und eine elektrische Leistung von 400 kW. Zur Holzvergasung seien Pellets als besonders homogener Stoff ideal geeignet, war zu erfahren. Im Jahr verbrauchen die Stadtwerke 1.300 t Pellets und können gegenüber dem Einsatz von Heizöl jährlich über 2.000 t CO2 einsparen.
Voller Eindrücke ging es anschließend wieder zurück an den Ausgangspunkt der Reise in Stuttgart. Die einzelnen Projekte boten einen guten Überblick, wie mittels moderner Technik Holzenergie zur Erzeugung von Wärme und Strom eingesetzt werden kann. Es wurde aber auch immer wieder deutlich, wie wichtig neben der Technik stets auch das persönliche Engagement von Einzelpersonen ist, um solche manchmal komplexen Projekte umzusetzen. Gefragt sind also weiterhin Visionäre aus Kirchenvorständen, Genossenschaften, Stadtwerken und vielen anderen Bereichen – selbstverständlich auch aus dem Heizungsbauhandwerk!