Der beste Tag des ersten Betriebsjahres war der 1. Juni 2017. Bei makelloser Einstrahlung (gelb) speiste die Anlage bis zu knapp 5 MW und insgesamt ca. 37 MWh ins Wärmenetz (grün, Abb. 6).
Die kumulierte Solareinstrahlung (braun) erreichte 70 MWh. Der Tagesnutzungsgrad (violett, oben) wächst bis auf 53 Prozent. Die Netz-Solltemperatur (violett, unten) lag immer bei 90 °C. Etwa 13 Stunden speiste die Solaranlage ins Netz ein, 10,75 Stunden davon in den Vorlauf des Netzes. Morgens die erste Dreiviertelstunde bzw. abends die letzte speiste sie in den FW-Netzrücklauf ein, um die Sonnenwärme maximal zu nutzen. Nach Sonnenuntergang und morgens gegen 4:30 Uhr wurde noch einmal die hydraulische Weiche ins Netz geleert. Die Netzeinspeisung erfolgt nach der morgendlichen Aufwärmzeit ab einer Einstrahlung von ca. 2,5 MW (ca. 300 W/m²) kontinuierlich. Eine taktende Einspeisung erfolgte am 1. Juni gar nicht.
Der 4. September 2016 (Abb. 7) war ein Tag voller Wolken und ab dem späten Vormittag verregnet.
Trotzdem erreichte die Solaranlage mühelos die Solltemperatur und speiste knapp acht Stunden ein, mehr als drei davon sogar in den heißen Netzvorlauf, und erreichte am Abend eine Solarernte von immerhin noch 8 MWh. Selbst unter diesen ungünstigen Bedingungen betrug der Tagesnutzungsgrad fast 40 Prozent. Am 27. Januar 2017 speiste die Anlage bei schönem Wetter und winterlichem Frost 6,3 MWh mit ca. 90 °C ins Netz ein, obwohl die Anlage zu dieser Jahreszeit teilweise im Schatten steht und die nur 20 Grad geneigten Kollektoren zur Sonne einen sehr flachen Winkel bilden (Abb. 8).
Der Aufbau der Anlage ist verblüffend einfach (Abb. 9).
Sie arbeitet mit Heizungswasser nach VDI 2035. Ein Wärmeübertrager sowie eine eigene automatische Druckhaltung waren aus Sicherheitsgründen notwendig, weil das Netzwasser Zusatzstoffe enthält, deren Verhalten bei thermischer Stagnation bei ca. 350 °C im Kollektor nicht genau bekannt ist. Die hydraulische Weiche ist bei gutem Wetter in 2,5 Minuten gefüllt und wieder geleert.
Beim Einspeisen in den Vorlauf sind ca. 5 bar zu überwinden. In dem Maße, wie die Solaranlage in den Vorlauf speist, werden die Pumpen im Heizwerk gedrosselt bzw. schalten sich ganz aus. Effektiv braucht eine solche Solaranlage etwa ein Prozent ihres Wärmeertrags als Arbeitsstrom, hat also als Wärmepumpe einen COP von 100.
Das Kollektorfeld ist asymmetrisch verrohrt, d. h. nicht nach dem Tichelmann-Prinzip (Abb. 10).
Dies spart viel Rohr und gewährleistet, dass die von der Hauptleitung entferntesten Kollektoren am heißesten sind. Diese Volumenstrom- bzw. Temperatur-Asymmetrie ist über das gesamte Feld nur äußerst gering. Das Kollektorfeld ist selbstbefüllend, selbstentlüftend und selbstabgleichend dimensioniert, wobei Rohre zwischen DN 25 und DN 200 zum Einsatz kommen.
Man kann die Verrohrung mit dem Blutkreislauf in einem Organismus vergleichen, der auch nicht hydraulisch abgeglichen oder entlüftet wird. Der nahezu perfekte hydraulische Abgleich des Kollektorfeldes, das ganz ohne Ventile, Stellvorrichtungen und Entlüfter auskommt, zeigt sich in der Homogenität der Betriebstemperaturen auf der ganzen Fläche von ca. 170 x 120 m.
Die Wärmeverluste der Solaranlage betragen übers Jahr insgesamt knapp 17 Prozent vom Netzwärmeertrag. Dieser ist um verschiedene Verluste geringer als der Kollektorertrag, siehe Abb. 11 [1].
Die in Abb. 11 als (6) bezeichneten Verluste entstehen dadurch, dass im Falle eines Wärmetausches die Kollektortemperaturen höher sind als ohne Wärmeübertrager.
Die Anlagenverluste setzten sich wie folgt zusammen:
(1) Aufwärmen und Abkühlen 2,1 Prozent
(2) Rohre und Armaturen 12,8 Prozent
(3) Speicherung (hydraulische Weiche) 0,3 Prozent
(4) Stagnation
(5) aktiver Frostschutz 1,5 Prozent
Summe: 16,7 Prozent
Die als (7) gekennzeichnete Verlustquelle entsteht im Falle des Einsatzes eines Frostschutzmittels. Die Verluste, die dann aus höheren Absorbertemperaturen, größeren Rohren, größeren Druckverlusten, einer reduzierten Wärmeübertragung und mehr Wärmeübertragern resultieren, sind beim Wärmeträger Wasser wie in Senftenberg nicht relevant.
Die aufgewandte Wärme für den aktiven Frostschutz der Kollektoren sowie die Anfahrverluste werden ständig gemessen (Abb. 12).
Die Anfahrverluste bestehen aus der erforderlichen Wärme zum Aufwärmen der Anlage am Morgen sowie den Auskühlverlusten nachts. Die Anfahrverluste verteilten sich übers Jahr fast gleichmäßig. Dabei gleicht es sich aus, dass sie im Winter natürlich viel höher sind, die Anlage dafür aber seltener startet. Der Frostschutzbedarf von ca. 1,5 Prozent des Netzwärmeertrags entstand von Oktober bis April. Davon wurden nur weniger als 0,1 Prozent aus dem FW-Netz benötigt, zu 98,5 Prozent genügte dazu die Restwärme in der hydraulischen Weiche.
Die Solaranlage entstand ohne Forschungsmittel als unternehmerische Pionierleistung der Stadtwerke Senftenberg unter Inanspruchnahme des KfW-Programmes Erneuerbare Energien (271). Sie zeigt, dass der Stand der Technik dem Markt voraus ist und dass die für solarthermische Anlagen besonders anspruchsvollen Bedingungen deutscher Fernwärmeversorgungen, wie z. B. hohe Vor- und Rücklauftemperaturen, häufige Druck- und Lastwechselvorgänge oder wettbewerbsfähige Wärmepreise, kein Handicap mehr darstellen müssen.
Als lebendiger Beweis des Machbaren kann sie der Forschung und der Energiewende neue Impulse verleihen und Blaupause für mehr solare Fernwärme in Deutschland sein. In einer Zeit, in der intensiv diskutiert wird, wie die Fernwärme ins Zeitalter der erneuerbaren Energien transformiert werden kann, hat das Projekt der Stadtwerke Senftenberg einen Weg aufgezeigt. Denn ganz ohne Zweifel ist die Solarthermie von allen erneuerbaren Optionen eine der naheliegendsten und ausgereiftesten.
[1] Solites: Handbuch ScenoCalc Fernwärme 2.0, kostenloser Download www.scfw.de (2017)
[2] Thermische Solaranlagen für Wärmenetze (Fachbeitrag: Teil 1, Teil 2, [Teil 3](http://ritter-xl-solar.com/uploads/media/Thermische-Solaranlagen- fuer-Waermenetze-Teil-3.pdf))