Demonstratoren bringen Nachweis der Machbarkeit von Wärmepumpen im Bestand
Die in den Technologieprojekten entwickelten Versorgungstechnologien wurden in drei beispielhaften Sanierungsprojekten eingesetzt, messtechnisch detailliert begleitet und bewertet. „Wertvoll war dabei die Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft, der Wärmepumpenindustrie und den Energieversorgern, die ihre verschiedenen Sichtweisen in das Projekt eingebracht haben“, erklärt Projektleiterin Dr.-Ing. Constanze Bongs vom Fraunhofer ISE.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysierten sowohl die Performance der demonstrierten LowEx-Systeme als auch den Sanierungsprozess an sich. In Kooperation mit der KES – Karlsruher Energieservice GmbH realisierte das Team ein komplexes Energieversorgungskonzept für fünf Bestands-MFH mit 160 Wohnungen in Karlsruhe-Durlach. Die neue Energieversorgung basiert auf der smarten Kombination von Technologien: Alle Dächer wurden mit Photovoltaik-Anlagen belegt. Zwei Gebäude werden durch Wärmepumpen mit Spitzenlast-Gaskessel versorgt.
Für eine CO2-arme Wärmeerzeugung müssen solche hybriden Systeme so ausgelegt werden, dass die Wärmepumpe einen möglichst hohen Deckungsgrad erreicht und der Gaskessel entsprechend selten arbeitet. In einem der Gebäude kommt das in „Heaven“ entwickelte Wärmepumpensystem mit kombinierter Wärmequelle (Außenluft, Erdwärme) zum Einsatz. Drei weitere Gebäude sind mit einem Nahwärmenetz verbunden, das von Erdgas-BHKW versorgt wird. Der erzeugte Strom wird unter anderem für den wirtschaftlichen Betrieb der dezentralen Wärmepumpen verwendet. Wärmepumpen, BHKW und PV-Anlagen sind miteinander verbunden und werden durch ein Energiemanagementsystem so gesteuert, dass die Wärmepumpen möglichst wirtschaftlich mit lokal erzeugtem Strom betrieben werden.
Im ersten Betriebshalbjahr erzielte die „Heaven“-Mehrquellenhydraulik hohe Quelltemperaturen mit einem Mittelwert von 8 °C, was im ersten ausgewerteten Betriebshalbjahr (Februar bis Juli 2022) zu einer guten Jahresarbeitszahl von 3,2 beitrug. Dass der Spitzenlast-Gaskessel einen Anteil von 31 Prozent an der Wärmebereitstellung hatte, ist in erster Linie auf die hohen Temperaturanforderungen für hygienisches Trinkwarmwasser zurückzuführen. Insgesamt erzielt die Anlage eine Einsparung von CO2-Äquivalenten von 42 Prozent im Vergleich zum Projektstart. Gegenüber dem ungedämmten Erbauungszustand von 1963 entspricht dies sogar einer CO2-Reduktion um 73 Prozent. Ein optimierter Betrieb mit geringerem Gaseinsatz, eine höhere Arbeitszahl der Wärmepumpe oder eine geringere CO2-Intensität des Strommix können zukünftig die CO2-Emissionen weiter senken. Das modellhafte Energiekonzept kann auf weitere Quartiere mit MFH-Bestandsgebäuden übertragen werden.
„Die Demonstratoren haben die Machbarkeit der Sanierung von MFH mit Wärmepumpen und LowEx-Technologien nachgewiesen. Wichtig ist, sich die jeweilige Situation, einschließlich der Übergabesysteme und des Platzes im Heizungskeller, anzuschauen. Bei der Sanierung sollte unbedingt ein hydraulischer Abgleich des Heizungssystems eingeplant werden und geprüft werden, ob mit dem Austausch einzelner Heizkörper die Vorlauftemperaturen weiter abgesenkt werden können“, betont Dr.-Ing. Manuel Lämmle, der das Projekt am INATECH betreut.
Weiteren Forschungsbedarf sieht das Team unter anderem bei der Entwicklung von Lösungen für den Ersatz von Gasetagenheizungen, der Hochtemperatur-Bereitstellung und der Trinkwassererwärmung durch Wärmepumpen. Im neuen Projekt „LCR290“ werden daher Wärmepumpen mit dem umweltfreundlichen Kältemittel Propan für den Einsatz in MFH entwickelt.