Wie sieht die Effizienz einer Wärmepumpe im Verbund mit den vorhandenen Radiatoren aus und welche Maßnahmen sind vertretbar?
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Neues Wärmepumpensystem für die Sanierung von Mehrfamilienhäusern
Dienstag, 04.08.2020
Wärmepumpen zur Sanierung des Wohngebäudebestands stellen nicht nur spezielle Anforderungen an die Systeme zur Wärmeübergabe an den Raum und an die Brauchwarmwasserbereitung. Auch die Nutzbarmachung der Umweltwärme stößt auf Barrieren: kostenmäßige, technische und administrative. Das Verbundprojekt "Low-Ex-Konzepte für die Wärmeversorgung von sanierten Mehrfamilien-Bestandsgebäuden (LowEx-Bestand)" analysiert, entwickelt und demonstriert umsetzbare, wirtschaftliche Ansätze und Lösungen, die direkt oder indirekt die Wärmepumpe ansprechen. Indirekt etwa in Form von Arbeiten zur Witterungsbelastung von Fassadenkomponenten zur Senkung des Wärmebedarfs, um Wärmepumpen altbautauglich zu machen. Die Partner kommen aus der Forschung (Fraunhofer ISE, Uni Freiburg, Karlsruher Institut für Technologie), der Heizungsindustrie (u.a. Bosch, Fahrenheit, Kermi, Stiebel Eltron, Viessmann, Westaflex), der Energie- und der Wohnungswirtschaft.
Geplante Verbrauchshalbierung
Ein Vorhaben aus dem Paket "LowEx-Bestand", das dieses Jahr in die Realität umgesetzt werden soll, betrifft die beispielhafte Realisierung eines komplexen Energieversorgungskonzepts für fünf ältere Mehrfamilienhäuser (MFH) in Karlsruhe-Durlach. Der Plan sieht anstelle der derzeitigen Energieversorgung (Heizzentralen mit Erdgaskesseln, Haushaltsstrom aus dem Netz) ein "teilautarkes" Energiesystem vor, bestehend aus einem Erdgas-BHKW (80 kWel, 130 kWth), zwei leistungsgeregelten Wärmepumpen und PV-Anlagen (< 100 kWp) auf den Dächern der MFH. Das System soll möglichst viel lokale Energie (Solarenergie, Umweltenergie) selbst nutzen beziehungsweise möglichst wenig Überschuss-Strom ins Netz zurückspeisen, unter anderem deshalb, um Netzrückwirkungen zu minimieren. Die Beteiligten erhoffen sich aus dem Konzept eine Halbierung des Primärenergieverbrauchs für Wärme und Haushaltsstrom der 1995 teilsanierten Gebäude.
Zum Stichwort "teilsaniert": Der Heizwärmebedarf der Objekte in Karlsruhe liegt aufgrund der Dämmmaßnahmen bei 53 kWh/m2·a. Eine Wärmepumpe liefert auf Basis dieses Werts eine vernünftige Jahresarbeitszahl ab, wenn die Vorlauftemperatur in Grenzen bleibt, die im Altbau üblichen Radiatoren müssen also "mitspielen". Wo liegen aber die wirtschaftlichen Grenzen? Oder zwingt der Tausch eines Kessels gegen eine Wärmepumpe zur aufwändigen Ausstattung der Wohnungen mit einer Fußboden- oder Wandheizung, was den Sanierungsmarkt erheblich schwächen würde? Fraunhofer ISE ging im Rahmen von "LowEx" auch dieser Frage nach. Kommt das modellierte Energiesystem mit der bestehenden Wärmeübergabe zurecht, ist es auf eine Vielzahl von Quartieren in Deutschland kosteneffizient übertragbar, mit einem erheblichen Potential an CO2-Einsparung im Gefolge.
Neues Wärmepumpenkonzept
Der Markt könnte darüber hinaus anwachsen, wenn die Teilprojekte AP 1, AP 2 und AP 3 ebenfalls zu einem positiven Ergebnis führen. AP 1: Aufgrund zum einen der Kosten und zum anderen der geringen nutzbaren Grundstücksfläche der Gebäude im innerstädtischen Bereich beziehen sich die Anfragen der Wohnungswirtschaft mehrheitlich auf die Wärmequelle Außenluft. Die ist allerdings vergleichsweise ineffizient und die Installationen unterliegen den Auflagen der TA Lärm. Man denke nur an den enormen Luftdurchsatz zur Wärmebedarfsdeckung eines MFH. Das schränkt die Realisierung ein. Die Kombination von sowohl Außenluft als auch Geothermie als Energieressource zu einem einzigen hydraulischen System gibt der Dimensionierung Spielraum in Richtung Minimierung der beiden Wärmequellenanlagen, sodass sich die Abstriche an ihren Einsatzmöglichkeiten reduzieren.
AP 2: Der dezentralen Wohnraumlüftung kann eine Schlüsselrolle in der MFH-Sanierung zukommen. Das Teilprojekt kümmert sich deshalb um die bedarfsgeführte energiesparende Regelung. Darüber hinaus steigen die Anforderungen an dezentrale Lüftungsgeräte, wie Kompaktheit, Wärmerückgewinnung und Geräuschentwicklung, stetig. In AP 3 soll diesen Anforderungen mittels Einsatz eines Koaxial-Wärmeübertragers begegnet werden.
Partner des Fraunhofer ISE und Förderer der drei Teilprojekte AP 1, 2 und 3 mit dem Titel "HEAVEN – Modulierende Sole-Wärmepumpe mit Mehrquellensystem und dezentrale Lüftungsanlagen" ist Viessmann. "HEAVEN" steht dabei für "Heating and Ventilation" (= Heizung und Lüftung).
Die Aufgaben
Die konkreten Aufgabenstellungen lauten wie folgt:
- Entwicklung eines Funktionsmusters einer leistungsmodulierenden Sole-Wärmepumpe für einen adressierten Leistungsbereich sowie von Dimensionierungs- und Betriebsstrategien für ein Mehrquellensystem zur Einbindung des Erdreiches und der Außenluft.
- Optimierung der wohnungs- und raumweisen Regelung von dezentralen Lüftungsgeräten sowie die Entwicklung einer Bewertungsmethode und eines Teststandes für die kombinierte Betrachtung von energetischer Performance und Lüftungseffektivität.
- Entwicklung eines Funktionsmusters für ein energieeffizientes und geräuscharmes dezentrales Lüftungsgerät mit Koaxial-Wärmeübertrager.
Diese Arbeiten laufen noch bis Ende des Jahres. Auf der Jahrestagung 2019 des Deutschen Kälte- und Klimatechnischen Vereins (DKV) präsentierte Manuel Lämmle vom Fraunhofer ISE aber das Ergebnis jener angesprochenen Vorarbeit, die sich mit der Eignung vorhandener Radiatoren im wärmegedämmten Altbau zur Kopplung mit einer Wärmepumpenanlage beschäftigt. Im Folgenden Auszüge aus seinem Vortrag:
Probleme mit dem Bestand
Für einen zukünftigen klimaneutralen Gebäudebestand sind neben der Sanierung der Gebäudehülle energieeffiziente Wärmeversorgungskonzepte für bestehende MFH von zentraler Wichtigkeit, da sich ein Großteil der MFH in einem unsanierten oder teilsanierten Zustand befindet. Damit verbunden sind ein hoher spezifischer Wärmebedarf und aufgrund fossiler Heizungstechnik hohe spezifische CO2-Emissionen. Die bestehende Versorgungstechnik in Bestands-MFH stellt allerdings den dortigen Einsatz von Wärmepumpen vor Herausforderungen in Bezug auf hohe Temperaturniveaus.
Zum einen muss in zentralen Systemen für die Gewährleistung eines legionellenfreien Warmwasserbetriebs eine Austrittstemperatur von 60 °C am Trinkwarmwasserspeicher immer gewährleistet sein und der gesamte Speicher muss täglich auf diese Temperatur erwärmt werden, sofern keine Sonderlösungen wie Ultrafiltration umgesetzt werden. Zum anderen reduzieren unnötig hohe Heizkreistemperaturen die Arbeitszahl von Wärmepumpen. In Kombination mit einem hydraulischen Abgleich stellt der Austausch einzelner Heizkörper eine wirksame Möglichkeit dar, das Wärmeübergabesystem für "Low-Ex"-Technologien durch Absenkung der Systemtemperaturen zu ertüchtigen. Bei dieser minimalinvasiven Maßnahme werden lediglich die kritischen, die am kleinsten dimensionierten Heizkörper ausgetauscht, während das Wärmeverteilsystem und die überwiegende Zahl der Heizkörper nicht verändert werden.
Das Forschungsprojekt "Smartes Quartier Durlach" konzentriert sich auf fünf Gebäude des Baujahrs 1963 in Karlsruhe mit jeweils 30 bis 40 Wohneinheiten. Sie wurden 1995 energetisch saniert und weisen im Mittel einen spezifischen Heizwärmebedarf von 53 kWh/m²·a auf. Drei der MFH erhalten ihre Wärme via Nahwärmeschiene von einem BHKW, zwei von jeweils einer Wärmepumpenanlage. Als Wärmequellen sollen, laut Plan, der einen Wärmepumpe PVT-Kollektoren (PVT = Photovoltaik und Thermie) auf den Dächern der Objekte, der anderen Wärmepumpe die Kombination von Geothermie und Außenluft mit Hilfe einer speziellen hydraulischen Einheit (vgl. "HEAVEN") dienen.
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