Erneuerbare Energien

Nicht falsch, aber zu viel

Freitag, 02.12.2022

Der EHPA-Generalsekretär: „Mit der bestehenden Fassung kommen wir zurecht. Nicht mit dem Entwurf. Da fehlen uns noch für verschiedene Anwendungen die Lösungen. Um die zu finden, braucht es mehr Zeit, als uns die Kommission einräumt. Die aktuelle Situation ist doch die, dass wir jeden Tag hören, die Wärmepumpe muss preiswerter werden, um den gewollten Hochlauf nicht zu gefährden. Die Industrie ist aufgefordert, entsprechend zu reagieren. Dann kommt aber eine Vorgabe nach der anderen: Die Geräte müssen effizienter werden, sie müssen oder sollen leiser werden und zukünftig darf man nicht mal mehr die bewährten F-Gase verwenden. In der Einzelbetrachtung ist jeder Punkt machbar, in der Gesamtbetrachtung sind demgegenüber die Herausforderungen so erhöht, dass sie sich in den vorgegebenen Zeiträumen nicht stemmen lassen. Noch einmal, es ist eigentlich gar nicht falsch, was die EU will, nur alles gleichzeitig ist einfach zu viel.“

Die F-Gas-Verordnung geht davon aus, dass vor allem bei Servicearbeiten an Kälte- und Klimaanlagen klimaschädliche Kältemittel entweichen.
Quelle: Genath
Die F-Gas-Verordnung geht davon aus, dass vor allem bei Servicearbeiten an Kälte- und Klimaanlagen klimaschädliche Kältemittel entweichen.

Neue Kältemittel notwendig

Die Forderungen der Neufassung laufen letztlich auch darauf hinaus, zum Teil neue Kältemittel entwickeln zu müssen. Die dann im Folgeschritt einer Zulassung bedürfen. Das seien Prozesse, die sich nicht von heute auf morgen realisieren ließen. Thomas Nowak erinnert an die HFO-Fluide, wie zum Beispiel R1234yf. Diese jüngeren Chemikalien mit einem niedrigen GWP sollten bestimmte klimaschädliche HFKW ersetzen.

Sie stehen aber nun unter anderem wegen ihres Gehalts an PFAS-Substanzen auf der Streichliste. Denn einige dieser schlecht abbaubaren Alkylverbindungen stehen im Verdacht, schwerwiegende gesundheitliche Auswirkungen wie Krebs und Leberschäden verursachen zu können. Tatsächlich nur einige aus dem Katalog von mehreren Tausenden – nur weiß man nicht, welche. Noch fehlt der Filter, der die „bösen“ Kältemittel abfängt und die harmlosen durchlässt. Die Europäische Chemikalienagentur, die für REACH zuständig ist, recherchiert gerade die Gefahrenlage, was unter Umständen ein Verbot oder erhebliche Einschränkungen sämtlicher HFO nach sich ziehen könnte, gleichgültig, was die F-Gas-Verordnung sagt. Der Blick auf diese Spezies verdeutlicht, mit welcher Sorgfalt neue Kältemittel kreiert werden müssen.

In der EHPA befindet sich deshalb wegen der verschiedenen Problematiken und Unschärfen im F-Gas-Entwurf ein Positionspapier in der internen Abstimmung. Die Stellungnahme richtet sich an die Generaldirektion Klima und die Generaldirektion Energie. Sie will dazu animieren, sich zusammenzusetzen und einen Kompromiss auf den Vorschlag der EU-Kommission zu formulieren, der die Zeithorizonte dem Machbaren anpasst. „Das, was die Kommission dem Entwurf nach will, ist zeitlich einfach nicht umsetzbar“, unterstreicht Thomas Nowak erneut.

„Im Prinzip wird eine Wärmepumpe um das Kältemittel herum gebaut“, erklärt Egbert Tippelt, Produktmanager Vertrieb Wärmepumpen bei Viessmann.
Quelle: Genath
„Im Prinzip wird eine Wärmepumpe um das Kältemittel herum gebaut“, erklärt Egbert Tippelt, Produktmanager Vertrieb Wärmepumpen bei Viessmann.

Verteuerung statt Verbilligung

Die deutsche Industrie schlägt in dieselbe Kerbe. Der Deutsche Kälte- und Klimatechnische Verein (DKV) bezweifelt zwar generell die Kältemittel-Emissionszahlen im Kommissionspapier – sie beruhten auf zu hohen Schätzungen, nicht auf realen Messungen –, doch eigentlich könnten die Hersteller mit dem Entwurf leben, wenn er eben die Termine großzügiger vorgebe.

Egbert Tippelt, Produktmanager Vertrieb Wärmepumpen bei Viessmann, verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Normung. Die lasse zum Beispiel die Innenaufstellung von Sole/Wasser-Maschinen mit Propan als Kältemittel gar nicht zu beziehungsweise nur mit einer Füllmenge von 180 Gramm oder als Option mit einem aufwändigen Schutzkonzept mit einem hermetisch geschlossenen Gehäuse plus einer 24-Stunden-Entlüftung 365 Tage im Jahr. „Das widerspricht aber dem Ziel, preiswerter zu werden. Und die HFO haben den Nachteil, dass sehr gesundheitsschädliche Flusssäure entsteht, sollten sie in Brand geraten.“ Alternativen zu schaffen, sei eine sehr große Herausforderung. Schon deshalb, weil es an bestimmten Komponenten mangele. Tippelt: „Im Prinzip wird eine Wärmepumpe um das Kältemittel herum gebaut. Für Teile des Leistungsbereichs, den wir abdecken wollen und sollen, vor allem im Bestand, fehlen uns die effizienten Komponenten, Verdichter zum Beispiel. Der Entwurf stellt uns nicht vor eine unlösbare Aufgabe, wir müssen aber Geld in die Hand nehmen.“ Viessmann macht das bekanntlich.

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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