Wärme

Der Kunstgriff mit dem Zwischenspeicher

Wärmepumpen als Kühlanlagen im Produktionsbetrieb

Dienstag, 13.04.2021

Selbst einfache Standard-Wärmepumpen können mehr als aufgabengemäß nur heizen. Die Pressefahrt im August vergangenen Jahres, zu der der Bundesverband Wärmepumpe e.V. (BWP) eingeladen hatte, machte unter anderem im baden-württembergischen Germersheim Halt. In den Firmengebäuden der dortigen MHC Anlagentechnik GmbH arbeiten drei nicht alltägliche Wärmepumpensysteme mit hoher Effizienz.

Foto: MHC Anlagentechnik GmbH.
Quelle: Genath
Firmengelände MHC Anlagentechnik GmbH.

Wärmepumpen temperieren bei MHC den Altbau wie den Neubau. Wärmetechnisch ist das Bestandsgebäude mit einem Gas-Brennwertkessel, einer normalen Luft/Wasser-Wärmepumpe und einem Pufferspeicher ausgestattet. Allerdings mit der Besonderheit, dass die Wärmepumpe auch zur Serverraumkühlung dient. Zu diesem Zweck realisierte Anlagenbauer Michael Heiler, MHK Wärme- und Kältetechnik GmbH aus Waghäusel, ein Anlagenschema mit zwei Energiequellen. Sprich: Mit einer Art Verteiler mit Jalousienklappen nach außen und nach innen, der zwei Möglichkeiten der Luftführung zulässt. Der erste Weg, der Heizfall bei Temperaturbedarf in der EDV, entspricht dem klassischen Schema: mit energiehaltiger Außenluft über den Verdampfer. Weg zwei: Misst der Thermostat im Serverraum eine zu hohe Temperatur, schalten die Jalousienklappen um. Sie öffnen via Wärmepumpe ausschließlich den Weg zu und aus dem Serverraum, die Außenluftjalousie schließt. Die Anlage saugt die Warmluft aus dem Rechenzentrum, kühlt sie herunter und bläst sie wieder ein, bis der Thermostat einen neuen Stellbefehl auslöst.

Foto: Luft/Wasser-Wärmepumpe im Altbau von MHC.
Quelle: Genath
Die Luft/Wasser-Wärmepumpe im Altbau dient auch zur Serverraumkühlung. Aus der Luftkammer hinter der Jalousie strömt Kaltluft.

Interne Sektorenkopplung

„Die Primärseite der Wärmepumpe bläst jetzt stündlich 3.500 m3 von etwa 18 °C in den Serverraum. Sie hält dort im intermittierenden Betrieb die Temperatur auf dem Sollwert von 20 °C“, nennt Michael Heiler konkrete Zahlen. Im Kältekreis der Wärmepumpe packt der Verdichter noch einige Grad Celsius mehr auf das Fluid und temperiert so das Warmwasser für die Duschen des Produktionsbetriebs. So gesehen heizt und kühlt das Aggregat gleichzeitig.

Foto: Serverraumkühlung mit Luft/Wasser-Wärmepumpe bei MHC.
Quelle: Genath
Die Wärmepumpe saugt die Warmluft aus dem Rechenzentrum, kühlt sie herunter und bläst sie wieder ein.

Er, der Trinkwasserspeicher, hat Vorrang vor dem Heizungspuffer. In Sommermonaten mit anhaltendem Kühlbetrieb können beide Behälter an ihre Kapazitätsgrenzen kommen. Heiler integrierte deshalb zusätzlich eine thermostatisch geregelte Rückkühlung. Bei 50 °C im Pufferspeicher schalten Rückkühlpumpe und Rückkühler ein und der Wärmeüberschuss entweicht in die Atmosphäre.

Die Leistung der Viessmann-Wärmepumpe beträgt bei A2/W35 10 kW, bei A20 verdoppelt sich ungefähr ihre Heizleistung. Um den Altbau bivalent, aber mehrheitlich mit der Luft/Wasser-Wärmepumpe beheizen zu können, erhielt er neue Niedertemperatur-Heizkörper (Auslegung: 48/38 °C). Michael Heiler: „Das Ganze haben wir 2016 installiert. Es funktioniert reibungslos mit einer sehr guten Jahresarbeitszahl von 4,0.“

Geothermiebehälter zur Entkopplung

Auch für den Neubau ließ sich der Waghäuseler Spezialist für erneuerbare Energien ein höchst effizientes Installationsschema einfallen. Er stellte zwei Sole/ Wasser-Wärmepumpen von Viessmann mit zweimal 28 kW als Master-Slave-Kaskade zur besseren Leistungsregelung auf. Die stehen aber nicht direkt mit dem Sondenfeld in Verbindung.

Die Geothermie der neun Sonden à 100 m speist die Förderpumpe in einen Speicher aus Edelstahl zwischen Sondenfeld und Wärmepumpenanlage ein – Heiler spricht von einer „Vorwärmstufe“. Deshalb, weil unter anderem die 12-, 14- oder 16-grädige Sole in den Sommermonaten „natürlich“ über einen Wärmeübertrager in der Lüftungsanlage zirkuliert, die Zuluft von stündlich 3.000 m3 von 30 auf 23 °C herunterkühlt und diese Energie sowie die aus der Fußbodenkühlung in den Edelstahlspeicher und weiter ins Erdreich gepackt wird. Gleichzeitig kann sich die Wärmepumpe zur Warmwasserbereitung oder zur Temperierung anderer Räume der Thermie im Edelstahltank bedienen.

Heizen und Kühlen geschehen mithin auch hier parallel – etwa bei Tagungen und Besprechungen. Der Sitzungssaal des gut gedämmten KfW-55-Effizienzgebäudes überschwingt bei voller Belegung schon bei 0 °C Außentemperatur, während im restlichen Komplex noch Wärmebedarf besteht. Kaltwasser durchflossene Fancoils (Gebläsekonvektoren) im Sitzungssaal – Fußbodenheizungen im restlichen Komplex – unterstützen die Lüftungsanlage bei der Temperaturabsenkung. Um die Breite der Betriebsmöglichkeiten zu erhöhen, sind darüber hinaus die beiden Wärmepumpen getrennt an den Geothermietank angekoppelt, sodass jedes der beiden Aggregate unabhängig vom Nachbar-Wärmeerzeuger auf den Inhalt zugreifen kann.

Eingebremste Verluste

Im Kühlfall achtet die Regelung auf einen Strom sparenden Betrieb, indem sie zuerst auf passive Naturkühlung mit der anfangs etwa 12-grädigen Sole im Sammelspeicher schaltet. Steigt dessen Temperatur nach etwa einer Stunde zu hoch an, startet die aktive Kühlung. Ähnlich wie im Altbau kehrt sich aber nicht in der Wärmepumpe die Fließrichtung des Kältemittels um. Verdampfer bleibt Verdampfer und Kondensator bleibt Kondensator. Der Regler greift in die äußere Hydraulik ein: Statt Sole beaufschlagt jetzt das mit der Raumwärme beziehungsweise den hohen Außentemperaturen angereicherte Heizungswasser den Verdampfer. Der entwärmt es und eine Pumpe schiebt den Entzug in den Heizungspuffer, zur Trinkwassererwärmung oder aber der Rückkühler bläst ihn ins Freie.

Foto: Eine Mini-Wärmepumpe kühlt den Serverschrank bei MHC.
Quelle: Genath
In Germersheim kühlt im Neubau eine Mini-Wärmepumpe den Serverschrank.

In Germersheim kühlt noch eine dritte Wärmepumpenanlage einen sensiblen Bereich – eine Mini-Wärmepumpe von 2 kW den Serverschrank im Neubau. Das Gerät stammt von Ochsner. Es saugt oben warm ab und bläst unten kalt ein. Eine Überhitzung mit einem Ausfall der EDV als Folge sei nicht ein einziges Mal aufgetreten, hörte man bei der BWP-Pressefahrt in Germersheim. Michael Heiler ist überzeugt: „Wir haben den Neubau und den Altbau auf den besten technischen Standard gebracht.“

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