Mitte September 2018 fand der nunmehr achte Expertentreff des HeizungsJournals zur "Wärmepumpen- und Klimatechnik" statt.
HeizungsJournal-Expertentreff zum Thema "Wärmepumpen- und Klimatechnik"
Donnerstag, 21.02.2019
Folgende Experten diskutierten zum Thema:
- Steffen Bauknecht, Verkaufsleiter Heiztechnik, Mitsubishi Electric Europe B.V
- Christoph Scholte, Marketing Manager D/A/CH, Heiz- und Kühlsysteme, Panasonic Deutschland, eine Division der Panasonic Marketing Europe GmbH
- Nils Quentmeier, Produktmanager Neue Energien, Remko GmbH & Co. KG
- Marcus Haferkamp, Verkaufsleiter Süd, Stiebel Eltron Deutschland Vertriebs GmbH
- Silas Jäger, Produktmanager Kältesysteme, Systemair GmbH
- Christian Raschka, Leiter Marketing & Key Account Management, Toshiba Klimasysteme, Beijer Ref Deutschland GmbH
"Doch Menschen, die anderen Menschen sagen können: »Das wäre doch ein gutes Ziel – warum gehen wir nicht dahin?«, werden immer seltener. Auch weil wir von all den […] Gegenargumenten umgeben sind. Wer etwas erreichen will, hat Ziele. Wer etwas verhindern will, sucht Gründe. […] Sie werden als Idealist verlacht, als Spinner, als weltfremder Romantiker, als Gutmensch. Und damit zementieren sie – absichtlich oder unabsichtlich – den Status quo", postulierte der bekannte deutsche Philosoph und Publizist Richard David Precht einst in einer Debatte (vgl. "Die Zeit", Nr. 23/2011).
Keine Angst! Wir wollen an dieser Stelle nicht ins gesellschafts- und sozialkritische Metier oder gar in hochphilosophische Kategorien einsteigen. Als Teil der naturwissenschaftlich geprägten Disziplinen wollen wir uns ja nicht gleich verrenken.
Vielmehr sollen uns diese Sätze ein bisschen "wachrütteln" und herausholen aus dem "Alltagstrott", welchen das Geschäftsleben in den Bereichen SHK-Fachhandwerk und TGA-Fachplanung so mit sich bringt. Gerade in diesen Zeiten, welche geprägt sind von einem mittlerweile durchaus beängstigenden Zielkonflikt, der da heißt: Hohe Nachfrage nach effizienten gebäudetechnischen Systemen bzw. Liquidität bei potentiellen Investoren vs. latenter Fachkräftebedarf in den planenden und vor allem ausführenden Gewerken der Bauwirtschaft bzw. höchst ausgelastete Planungsbüros und Fachbetriebe.
Letzteres Stichwort, die Auslastung, treibt dabei ganz besondere Stilblüten – bis hin zu der Tatsache, dass beispielsweise SHK-Fachbetriebe lediglich ihre lokal ansässigen Stammkunden bedienen. Ganz nach dem Motto: Potentielle Aufträge und Umsatzchancen, die außerhalb eines Radius von 20 km liegen, werden überhaupt nicht (mehr) in Betracht gezogen.
Status quo: Klassisches Rosinenpicken
Sie kennen solche Geschichten sicherlich auch – oder handeln eventuell selbst nach dieser Maxime. Ein Umstand, den man natürlich verstehen und nachvollziehen kann. Aber: Was passiert kurz-, mittel- und langfristig, wenn dieser "luftleere Raum", dieses Vakuum, überreizt wird? Was passiert, wenn der sprichwörtliche Geduldsfaden der werten Investoren, Sanierer und Häuslebauer endgültig ausgereizt wird und zu reißen droht?
Eines dürfte in einer freien Marktwirtschaft jedem klar sein. Dieses Vakuum wird mit Leben gefüllt werden. Wer diesen Ausgleich zwischen den zwei Polkappen des genannten Zielkonflikts dann aber schafft, das ist wiederum eine ganz andere Geschichte, welche schon seit geraumer Zeit – teils fantasievoll, teils abenteuerlich – skizziert wird.
Also: Was unsere Branche dringend (logischerweise neben frischen, motivierten Fachkräften) benötigt, sind besagte "Idealisten" und "Spinner", welche den "Status quo" freilegen und hinterleuchten, anstatt diesen zu "zementieren"!
Auch diese Kern-Aussage hat das mittlerweile achte Expertentreffen des HeizungsJournals gedanklich getragen: Denn das Thema war exakt (und mit purer Absicht) in diese Richtung angelegt, Denk- und Wirkblockaden aufzulösen sowie den "Status quo" der Branche zu hinterfragen. Am runden Gesprächstisch, welcher durch die HeizungsJournal-Redaktion moderiert wurde, saßen nämlich Fachmänner, welche in erster Linie Unternehmen repräsentieren, die sich auch erfolgreich im Marktsegment der Raum- und Gebäudeklimatisierung tummeln.
Die Experten aus den Häusern Mitsubishi Electric, Panasonic Deutschland, Remko, Stiebel Eltron, Systemair und Toshiba Klimasysteme diskutierten denn auch äußerst lebhaft zur durchaus "politischen" Gretchenfrage, ob die klassisch-klare Unterscheidung zwischen wasser- und luftgeführter Heiz- und Kühltechnik, wie sie zum Beispiel in technischen Komitees, Gremien und Arbeitsausschüssen gepflegt wird, überhaupt noch zeitgemäß ist? Sollte im Sinne einer ganzheitlichen Energie- und Gebäudetechnik nicht eher Gewerke bzw. Disziplinen übergreifend gearbeitet werden – miteinander statt nebeneinander sozusagen? Und: Ist gar ein neues Berufsbild gefragt?
"Die Zeiten ändern sich", brachte es Marcus Haferkamp, Verkaufsleiter Süd bei Stiebel Eltron, auf den Punkt und konkretisierte das Ganze mit einem Ausblick in die nahe Zukunft: "Bei kontinuierlich weiter sinkenden Heizlasten und Wärmebedarfen werden luftgeführte Heizungssysteme zunehmend interessant und relevant."
Darauf, dass sich etwas verändern muss, pochte auch Nils Quentmeier, Produktmanager Neue Energien bei Remko: "Beim Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Anlagenmechaniker Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik muss einiges an die Realitäten des Berufsbildes in der Praxis angepasst werden."
Das heißt, auf die Frage, ob man gleich mit dem schweren Geschütz "neues Berufsbild" ansetzen muss, reagierten die teilnehmenden Experten eher zurückhaltend. "Die einschlägigen Berufsbilder – die Anlagenmechaniker SHK auf der einen Seite und die Klima- bzw. Kälteanlagenbauer auf der anderen Seite – sollten schon erhalten bleiben. Schon aus der Beobachtung heraus, dass beide »Welten« permanent komplexer werden", betonte Christian Raschka, Leiter Marketing & Key Account Management bei Toshiba Klimasysteme.
Steffen Bauknecht, Verkaufsleiter Heiztechnik bei Mitsubishi Electric, sieht die Situation ähnlich: "Seit Urzeiten wird die Trennung zwischen wasser- und luftgeführter Heiz- und Kühltechnik propagiert und gepflegt. Jedoch sehen wir, dass vor allem die Fachbetriebe erfolgreich am Markt sind, die sich konsequent in den drei Sparten Heizung, Klima und Elektro aufstellen."
In diesem Zusammenhang brachte Christoph Scholte, Marketing Manager D/A/CH, Heiz- und Kühlsysteme bei Panasonic Deutschland, einen ergänzenden Gedanken ein: "Die Installation der Anlagen ist das eine, das andere ist der Aspekt Wartung und Instandhaltung. Hier trennt sich im Praxisalltag doch sehr häufig die Spreu vom Weizen. Wer erfolgreich sein will, setzt auch konsequent auf Service."
An dieser Stelle sieht Silas Jäger, Produktmanager Kältesysteme bei Systemair, die Industrie in der Pflicht: "Die Systemkompetenz von Herstellern und ihre Einbeziehung in die Phasen Planung, Installation und Betrieb sind essentiell, um die Komplexität der Technischen Gebäudeausrüstung zu beherrschen."
Zugegeben: Die Frage nach dem neuen Berufsbild ist vielleicht ein bisschen "idealistisch-gesponnen". Aber darum sollte es auch gehen! Letztendlich kann die gemeinsame Betrachtung der wasser- und luftgeführten Heiz- und Kühltechnik bzw. Wärmepumpen- und Klimatechnik ja nur eine Evolution der Branche hin zu einer (praktisch vernetzten) Gebäudesystemtechnik bedeuten. Und diese Gebäudesystemtechnik, bestehend unter anderem aus Heizungs-, Klima- und Sanitärtechnik sowie MSR-Technik und Automationskomponenten und natürlich bauphysikalischen und brandschutztechnischen Aspekten, fordert wiederum die Nachfrageseite – sprich: die Investoren, Sanierer und Häuslebauer.
Auch wird durch die Klärung dieser Frage der "luftleere Raum" im Zielkonflikt zwischen Konsumenten-Nachfrage und Fachkräfte-Angebot kleiner. Einfach deshalb, weil ganz automatisch ein recht lösungs- und ziel-orientierter Ansatz in Sachen Technischer Gebäudeausrüstung entstehen kann. Miteinander statt nebeneinander eben! Nur so kann die Nachfrage nach effizienten gebäudetechnischen Systemen effektiv und fachlich seriös befriedigt werden. Und nur fachliche Seriosität trägt wirtschaftlich langfristig.
Erkenntnis: Technikverliebtheit reduzieren
Summa summarum: Vereinfachung ist das Gebot der Stunde – darüber herrschte Einigkeit beim Expertentreff "Wärmepumpen- und Klimatechnik". Vereinfachung in erster Linie in systemtechnischer Hinsicht. Vereinfachung als Katalysator für das Auflösen der Gewerketrennungen und des "Status quo". Vereinfachung für mehr Effektivität im Bauablauf.
Schließlich ist es doch bald allgemein bekannt, dass die Prozesse auf den Baustellen verbesserungswürdig sind: Im Bereich der Installation geht beispielsweise immer noch zu viel Zeit für die Tätigkeit "Suchen" oder das Phänomen "Vergessen" verloren. Lernen kann die TGA-Branche hier sicherlich von der Automobilindustrie. Will heißen: Wie organisiert man belastbare und dokumentierte Prozesse? Wie gelingt es, Abläufe und Tätigkeiten zu standardisieren? Auch lässt sich bei den Automobilisten abschauen, wie man adäquat vorfertigt bzw. vormontiert. Entsprechende Produkt- bzw. Systemplattformen können auch ein mächtiges Instrument sein, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Auf die Themen Vorfertigung und Standardisierung müssen sich sowohl die installierenden Fachbetriebe als auch die Planungsbüros in jedem Falle kurz- und mittelfristig einstellen. Selbstverständlich sind die jeweiligen Hersteller, die diese Dinge forcieren, gefordert, hier entsprechend zu kommunizieren, aufzuklären und Hemmschwellen abzubauen.
Nun: Für die Versorgung von Wohn- wie Nichtwohngebäuden in Bezug auf Wärme, Kühlung und Brauchwarmwasser hält die Wärmepumpen- und Klimatechnik viele Trümpfe in der Hand. Wie stehen die Unternehmen Mitsubishi Electric, Panasonic Deutschland, Remko, Stiebel Eltron, Systemair und Toshiba Klimasysteme demnach konkret zum Thema Entwicklung von praxisgerechten und installationsfreundlichen Gesamtpaketen? Wie realistisch sind sogenannte "one system fits all"-Ansätze?
Hier ergab sich bei den Teilnehmern erwartungsgemäß ein differenziertes Bild, wobei alle betonten, dass es stark auf den jeweiligen Investitionsfall ankomme, welche Geräte eingesetzt werden bzw. welche Technologie die Führungsaufgabe und -rolle übernimmt.
Logisch: Die Versorgung eines Reihenmittelhauses mit Wärme, Brauchwarmwasser und Außenluft setzt andere Schwerpunkte im Vergleich zu einer Vollklimatisierung eines Bürogebäudes oder Hotels. Es ist doch ein gewaltiger Unterschied, ob eine Person in einem Gebäude langfristig lebt oder nur einmal im Leben darin übernachtet. Daran orientiert sich letztendlich auch die Komplexität der installierten Technik – kein Hotelgast braucht ernsthaft eine mehrstündige Einführung in die Bedienung des Klimageräts. Es muss einfach sein und funktionieren, gerade auch bei Service- und Wartungseinsätzen.
Für die Hersteller und Experten lautet der gemeinsame Nenner – unabhängig vom Investitionsfall und Bauprojekt – aber, den Zielkonflikt aus Energieeffizienz- und Nachhaltigkeits-Geboten (= alles wird komplexer) und Komfort bzw. Bedienbarkeit für den Nutzer und Betreiber (= alles soll möglichst einfach sein) aufzulösen. Die Systemtechnik, inklusive diverser Services und Dienstleistungen seitens der Industrie, könne dazu beitragen.
"Es gilt hierbei, vor allem die Bedürfnisse des Nutzers in den Mittelpunkt zu stellen. Die Nutzer und Betreiber sind es doch, welche jahre- und jahrzehntelang mit dem Gebäude samt Gebäudetechnik leben müssen", so Silas Jäger.
Komfort für den Nutzer steigern
Nutzerwünsche und Nutzerbedürfnisse, Wohnkomfort und thermische Behaglichkeit – so heißen die modernen Messlatten zeitgemäßer Gebäudesystemtechnik. Dies bestätigte einmal mehr der HeizungsJournal-Expertentreff "Wärmepumpen- und Klimatechnik". Wobei der Aspekt thermische Behaglichkeit, welcher sich lehrbuchartig durch das Festlegen durchschnittlicher Werte für zum Beispiel Raumluftzustände und Umgebungsflächentemperaturen definieren lässt, in diesem "Wüstensommer" und "Wüstenherbst 2018" ziemlich ausgereizt wurde. Dank üppiger Lufttemperaturen und Luftfeuchten stöhnte ganz Europa wochenlang unter den thermischen Lasten. Selbst das "Lockern der Kleiderordnung" in den Büros und Betrieben half nur bedingt.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) informierte retrospektiv: Fast fühlte man sich ans Mittelmeer versetzt, denn Hitze, Niederschlagsarmut und viel Sonne erreichten diesmal in Deutschland Dimensionen wie in südlichen Urlaubsländern. Der Juni begann mit schwülwarmer Luft. Ab Ende Juli 2018 verlagerte sich der hohe Druck ostwärts – fast bis Ende August konnte die über Südeuropa liegende Heißluft nach Deutschland vorstoßen. Anhaltender Sonnenschein und extrem hohe Temperaturen bei ausbleibenden Niederschlägen führten in vielen Gebieten, vor allem in der Mitte, im Norden und Osten zu katastrophaler Dürre und vielen regionalen Rekorden. Am meisten zeigte sich die Sonne mit teilweise über 900 Stunden auf Rügen und Umgebung. Mit 19,3 °C lag der bundesweite Temperaturdurchschnitt für Deutschland um rund 3,0 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Damit war der Sommer 2018 der zweitheißeste seit Beginn regelmäßiger Messungen im Jahre 1881. Spitzenreiter bleibt 2003 mit 19,7 °C. Frankfurt am Main registrierte 18 Tage hintereinander über 30 °C. Bernburg an der Saale (Sachsen-Anhalt) meldete insgesamt zwölf Tage mit mehr als 35 °C. Auch der bundesweit höchste Einzelwert wurde dort am 31. Juli 2018 mit 39,5 °C gemessen. Im August zeigten sich Wiesen völlig verdorrt, Bäume warfen ihre Blätter ab und kleinere Flüsse versiegten. Der Astronaut Alexander Gerst war schockiert, als er Deutschland aus der Raumstation "ISS" sah: "Alles vertrocknet und braun, was eigentlich grün sein sollte!"
Einerseits kommt man beim Lesen dieser Wetterfakten zum Sommer 2018 ins Grübeln und kann den jüngsten Sonderbericht des "Weltklimarats" (IPCC) zur Begrenzung der globalen Erwärmung um 1,5 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit mehr als nachvollziehen.
Logisch: Wenn man derartige Temperaturveränderungen und Abweichungen vom Normal "urplötzlich" am eigenen Leib spüren muss. Andererseits und um nicht in die Klimawandel-Debatte abzutriften: Der Sommer 2018 war eine Großchance für die Branche der Raum- und Gebäudeklimatisierung.
Der Fachverband Gebäude-Klima e.V. (FGK) schätzt, laut einer Presseinformation vom Oktober 2018, dass in diesem Jahr 15 bis 20 Prozent mehr Split-Klimageräte als in den Vorjahren verkauft wurden. Der bisherige Absatz lag bei ungefähr 200.000 Anlagen pro Saison. Die Zahlen des Verbands erfassen allerdings nur Split- und VRF-Klimasysteme (VRF = Variable Refrigerant Flow = variabler Kältemittel-Massenstrom) und nicht die mobilen Einzelgeräte, die beispielsweise in Baumärkten und im Internet verkauft werden.
Die gestiegenen Verkaufszahlen der Split- und VRF-Systeme schreibt der FGK zum einen den durchgehend heißen Temperaturen, zum anderen einem veränderten Kaufbewusstsein zu. Im Vergleich zu den Vorjahren würden Verbraucher nun öfters in höherwertige VRF-Klimasysteme investieren.
"Früher wurde in Hitzeperioden sehr oft zu den günstigen, aber energieintensiven Mobilgeräten gegriffen. Seit diesem Jahr geht der Trend, trotz höherer Anschaffungskosten, in Richtung der effektiven und leistungsstarken Multisplit- und VRF-Anlagen", lautet das Fazit des FGK. Für den Verband sei dies ein klares Zeichen, dass die Verbraucher auch in Zukunft mit Wärmeperioden rechneten und bereit seien, Investitionen im Bereich Klimatechnik zu tätigen.
Eine ähnliche Sicht der Dinge vertraten die teilnehmenden Experten der Unternehmen Mitsubishi Electric, Panasonic Deutschland, Remko, Stiebel Eltron, Systemair und Toshiba Klimasysteme. Durchaus verblüffend war hier die Aussage, dass die genannten Produkte und mobilen Klima-Einzelgeräte, welche gerade in "Heißzeiten" massenweise über die Theken der einschlägigen Märkte wandern, nicht unbedingt als geschäftsschädigende Billig-Konkurrenz wahrgenommen werden, sondern vielmehr als sehr willkommene "Einstiegsdroge".
Die Raumluftqualität entscheidet
Oder anders formuliert: Die Endverbraucher investieren zunächst in eine günstige und schnell verfügbare Klimalösung, um in irgendeiner Form Abkühlung zu erfahren. Im Jahr darauf sinkt die Zufriedenheit mit der Performanz des Produktes aber schon, so dass der Konsument dann den Kontakt zum "Klima- und Lüftungsprofi seines Vertrauens" sucht. Und – siehe da – schon haben wir es wieder: Das Problem mit der Konsumenten-Nachfrage und dem Fachkräfte-Angebot!
"Wir haben diesen Sommer einen enormen Anstieg der Nachfrage aus dem Privatkunden-Segment erlebt. Diese Aufträge zu bedienen bzw. umzusetzen, wird das installierende Fachhandwerk und uns noch bis in den Winter hinein beschäftigen", blickte Nils Quentmeier zurück.
Dass dieses Geschäft in den Wohnungen und Häusern der hitzegeplagten Privatkunden noch nachhallen wird, davon zeigte sich auch Christian Raschka überzeugt, der ergänzte: "Es kommt immer genau dann zu einer verstärkten Nachfrage nach Raumklimalösungen, wenn die Leute nicht mehr vernünftig schlafen können. Bei einer solch lawinenartigen Nachfrage ist der Engpass beim Fachhandwerker und Anlagenbauer vorprogrammiert."
Die Lager seien leergefegt und die Auftragsbestände im Handwerk in Sachen Komfortklimatisierung hoch – diesen positiven Tenor nannten alle sechs Experten unisono. Dazu passt die, vom Verband Deutscher Kälte-Klima-Fachbetriebe e.V. (VDKF) allerdings schon Ende Juli 2018 veröffentlichte, "Kälte-Klima-Konjunkturumfrage 2018", die bei den teilnehmenden Betrieben einen durchschnittlichen Auftragsbestand von zehn Wochen angab (Vorjahr: 7 Wochen). Die erwartete Auslastung für die nächsten sechs bzw. zwölf Monate werde von den Fachbetrieben als positiv bewertet.
Ein positives Resümee zieht denn auch Marcus Haferkamp: "Nicht nur, dass die Nachfrage nach Komfortklima-Lösungen diesen Sommer sehr hoch war. Wir erwarten auch, dass bei den Verbrauchern das Bewusstsein für eine gute Raumluftqualität reift und somit die Nachfrage auch nachhaltig wächst."
Das könnte doch, im Umkehrschluss, bedeuten, dass bei der Planung und Projektierung von Energie- bzw. Wärmeversorgungsanlagen in Wohngebäuden der Kühl- und Entfeuchtungsfall langfristig einen größeren Einfluss erhalten könnte – auch in unseren Breiten. Muss die SHK-Branche bald "umlernen" oder zumindest umdenken? Gehören die Berechnungen zur Heizlast und zum Wärmebedarf eines Wohngebäudes bald der Vergangenheit an und man beschäftigt sich auch hier eher mit Kühllast-Simulationen?
Zugegeben: Auch diese These ist ein bisschen gewagt und "gesponnen". Gelte doch in Deutschland, laut den Experten, immer noch die Weisheit "Heizung muss, Klima kann". Aber zumindest muss man über einen solchen Paradigmenwechsel sprechen (dürfen), um am eingangs erwähnten "Status quo" zu rütteln.
Hierzu unterstrich Steffen Bauknecht: "Wenn der Wunsch der Endkunden und Nutzer nach einer verbesserten Raumluftqualität immer lauter und dringender wird, dann gilt es konsequenterweise, sich Gedanken zum Kühl- und vor allem Entfeuchtungsfall zu machen und praxisgerechte Lösungen zu skizzieren."
"Diese Überlegungen werden umso wichtiger, je dichter die Gebäude gebaut sind. Des Weiteren gibt es auch heute schon viele Beispiele für Wohngebäude, deren Kühllast die Heizlast übersteigt. Dennoch sind Architekten und Planer bei der Beratung hin zu einer entsprechenden Kühl- bzw. ergänzenden Komfortklima-Lösung zurückhaltend", berichtete Christoph Scholte.
Wobei sich diese "Zurückhaltung" in Sachen kombinierter Systeme zur Beheizung und Kühlung von (Wohn-)Gebäuden im aktuellen "Status quo" – über kurz oder lang – sprichwörtlich in Luft auflösen wird und muss. Denn hier überwiegen doch ganz eindeutig die Vorteile für den investierenden Kunden: Die thermische Behaglichkeit und die Bedienbarkeit werden verbessert. Und, last but not least, funktioniert (praktisch vernetzte) Gebäudesystemtechnik energieeffizienter und damit auch nachhaltiger als einzelne, nicht aufeinander abgestimmte Produkte.
Programmierter Markterfolg
Zweifelsohne kommt der Wärmepumpen- und Klimatechnik in einem vernetzten und weitgehend elektrischen Ener-giesystem (der Zukunft) eine bedeutende Rolle zu. Das haben die jüngsten Branchen- und Marktzahlen des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) e.V. eindeutig belegen können.
In einer Presseinformation teilte der Verband Ende April 2018 mit: Bei den 2017 genehmigten Wohngebäuden sind Wärmepumpen mit einem Anteil von 43 Prozent erstmals das beliebteste Heizungssystem – und lassen damit Gas als Energieträger hinter sich. Dies belegen Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Erdwärme macht bei den genehmigten Wohngebäuden acht Prozent aus, rund 35 Prozent werden mit Umweltwärme aus Luft oder Grundwasser geheizt. Im Jahr 2015, dem letzten Jahr, in dem alle Gebäude noch nach EnEV 2014 genehmigt wurden, lag der Wärmepumpen-Anteil bei 31 Prozent und damit deutlich hinter Gas (53 Prozent). "Die Wärmepumpe wird von Bauherren, Planern und Fachhandwerkern mehr und mehr als das Standardheizsystem für den Neubau anerkannt", konstatierte der BWP daraufhin selbstbewusst.
Freilich sehen das die Teilnehmer des HeizungsJournal-Expertentreffs "Wärmepumpen- und Klimatechnik" von den Unternehmen Mitsubishi Electric, Panasonic Deutschland, Remko, Stiebel Eltron, Systemair und Toshiba Klimasysteme genauso. Und führen diese Beliebtheit – neben den schon mehrfach genannten technischen Attributen "Geräteeffizienz" und "Nutzerfreundlichkeit" – in erster Linie auf den Mega-Trend "Prosumer" zurück. Wobei diese krea-tive Wortschöpfung einen Endverbraucher bezeichnen soll, der neben seinem passiven Dasein als (Energie-)Konsument auch aktiv Energie in Form von elektrischem Strom produzieren kann. Und diese Energie muss er – so viel hat die Gesellschaft in Sachen Energiewende bzw. Transformation der Energieversorgung mittlerweile verstanden – selbstverständlich direkt verbrauchen, über bilanzielle Geschäftsmodelle verteilen oder (mehr oder weniger verlustreich) einlagern. Wobei als Lagerstätten im häuslichen Kontext zunächst einmal das Medium Heizungs- bzw. Brauchwarmwasser sowie diverse Batterietechnologien zur Verfügung stehen.
Die Experten waren sich einig, dass dieser unumkehrbare Trend hin zu mehr "Energieunabhängigkeit", dieser Wunsch nach maximaler "Energieautarkie", eine starke Triebfeder für die Wärmepumpen- und Klimatechnikbranche ist. Und die Funktionen Heizen und Kühlen elementar sind, um diese theoretischen Bestrebungen in praktische Realitäten zu verwandeln.
Also: Die Karten liegen auf dem Tisch. Gehen Sie es einfach lösungsorientiert an – aber bitte Disziplinen übergreifend!
Der HeizungsJournal-Verlag bedankt sich bei den Experten für Ihre Teilnahme und die engagierte Diskussion!
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