Das Geschäftsportfolio der ebm-papst Gruppe wird zukünftig klar auf Luft- und Heiztechnik fokussiert sein.
Luft- und Heiztechnik stehen im Mittelpunkt
Interview mit Dr. Hannes Säubert, Geschäftsführer ebm-papst Landshut und Mitglied des Executive Management Boards ebm-papst Gruppe
Dienstag, 13.06.2023
Den vielfältigen Herausforderungen und Chancen – gerade im Markt für Heiztechnik – begegnet das Technologieunternehmen dabei mit einem Multitechnologie-Ansatz. „Unsere Schwerpunkte sehen wir im Bereich der Lösungen für Wärmepumpen und Gastechnologien, für welche wir aufeinander abgestimmte, intelligente und energieeffiziente Systeme bieten“, erklärt Dr. Hannes Säubert, Geschäftsführer bei ebm-papst Landshut und Mitglied des Executive Management Boards der ebm-papst Gruppe, im HeizungsJournal-Interview.
Herr Dr. Säubert, zum Einstieg in das Interview: Welche Aufgaben und Ziele haben Sie bei ebm-papst? Bitte geben Sie unseren Leserinnen und Lesern einen kleinen Überblick.
Ich bin seit zwei Jahren Geschäftsführer der ebm-papst Landshut GmbH, die innerhalb der ebm-papst Gruppe für Anwendungen in der Gasheiz- und Hausgerätetechnik verantwortlich ist. Ab dem 1. April 2023 werde ich als CEO der Division „Heating Technology“ fungieren. Dieser neu geschaffene, globale Unternehmensbereich umfasst alle Anwendungen der Wärmeerzeugung und -verteilung, unabhängig von der Energiequelle – sei es Erdgas, grüne Gase, Strom oder Biomasse. Als Technologieführer ist es unser Ziel, zusammen mit unseren Kunden die Energiewende in Richtung „Net-Zero-Emission“ aktiv mitzugestalten und gemeinsam nachhaltig zu wachsen.
Wer das Unternehmen kennt und beobachtet, weiß, dass sich ebm-papst strategisch neu aufgestellt hat. Der sogenannte HVAC-Bereich (sprich: Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik) steht im Fokus. Was heißt das denn konkret? Wie lauten die Schwerpunkte auf der Lösungsseite?
Es ist richtig, dass unser Geschäftsportfolio zukünftig auf Luft- und Heiztechnik fokussiert sein wird. In einer Kombination aus divisionaler und regionaler Aufstellung möchten wir Kompetenzen bündeln, Synergien nutzen und nachhaltiges Wachstum fördern – immer mit dem Ziel einer bestmöglichen Betreuung unserer Kunden unter Berücksichtigung ihrer Geschäftsmodelle und Bedürfnisse.
Aufgrund der Energiewende steht insbesondere die Heiztechnik vor einer Herausforderung, der wir mit einem Multitechnologie-Ansatz begegnen. Das bedeutet, dass wir für sämtliche Technologiefelder – seien es Wärmepumpen, Wärmeerzeuger zur Nutzung von Erdgas, Wasserstoff (H2), Biogasen, synthetischen Gasen, Biomasse oder auch der Nutzung von Fernwärme – die richtigen Komponenten bzw. Systeme aus einer Hand liefern. Dies beinhaltet neben Ventilatoren auch immer mehr elektronische Komponenten. Unsere Schwerpunkte sehen wir im Bereich der Lösungen für Wärmepumpen und Gastechnologien, für welche wir aufeinander abgestimmte, intelligente und energieeffiziente Systeme bieten.
Die Zahlen etwa zum Markt 2022 für Heizungswärmepumpen in Deutschland liegen nun vor – es konnte, wieder einmal, ein stolzes Wachstum verbucht werden. Dieses Wachstum hängt aktuell maßgeblich von den Monoblock-Außenluft-Wärmepumpen ab, die in erster Linie von Heizungsbau-Fachbetrieben installiert werden. Inwiefern profitiert Ihr Unternehmen von dieser großen Nachfrage?
Wir liefern effiziente und leise Ventilatoren für Wärmepumpen und partizipieren natürlich an der großen Nachfrage. Ähnlich wie im Gasgeschäft verfolgen wir auch bei den Wärmepumpen zukünftig einen Systemansatz, also die Verbindung einzelner Komponenten zu effizienten Systemen, sowohl auf der Mechanik- als auch auf der Elektronikseite. Die Heizungsbau-Fachbetriebe spielen eine essentielle Rolle – für unsere Kunden und für uns. Dementsprechend möchten wir unseren Kunden durch die Kombination unseres Know-hows in Strömungsmechanik, Elektronik und Elektromotorenbau einen technischen Vorsprung bieten und dafür sorgen, dass die europäischen Hersteller für die Fachbetriebe die erste Wahl bleiben. Genauso wie die Hersteller investieren wir aktuell sehr stark in Produktionskapazitäten und die Lokalisierung von Lieferketten, um den Wärmepumpenhochlauf zu ermöglichen.
Wo sehen Sie in diesem Kontext noch technisches Verbesserungspotential (Stichworte, u. a.: Schall, Psychoakustik, natürliche Kältemittel, MSR-Technik)? Greift die Heizungsindustrie hier auf Ihr Können und Know-how sowie F&E-Geschick zu; können Sie gegebenenfalls ein Beispiel für solche Synergien nennen?
Durch unsere Kompetenz und Erfahrung in der Strömungstechnik und im Elektromotorenbau können wir kontinuierlich Verbesserungen in der Akustik und Effizienz erzielen. Wir beschäftigen uns bereits länger mit Psychoakustik und optimieren unsere Produkte durch entsprechende Bewertungsmethoden. Das wird vor allem im Kontext der zunehmenden Verbreitung von Wärmepumpen eine immer bedeutendere Rolle einnehmen. In unserem Psychoakustiklabor „Audimax“ konnten wir feststellen, dass Anwender kein Problem in einer Geräuschentwicklung an sich sehen, die Akzeptanz aber beispielsweise davon beeinflusst wird, wie ein Geräusch klingt. Digitale Schnittstellen wie Bussysteme oder Cloudlösungen ermöglichen es unseren Kunden außerdem, Daten zur Verfügung zu stellen und durch gemeinsame Analysen die Gesamtapplikation zu verbessern.
Die „Wärmepumpe made in Germany“ bzw. „Made in Europe“ ist ein wichtiges Zielbild unserer Branche und betrifft gerade auch die diversen Komponenten. Die USA und der asiatische Raum sind äußerst potente und erfahrene Mitbewerber in diesem Feld. Wie lautet Ihre Strategie im Kontext der Produktion und Fertigung?
In der Produktion verfolgen wir, wie in anderen Bereichen auch, eine „local-for-local“-Strategie. Das bedeutet, dass wir örtlich nahe am Kunden sein möchten. Deshalb investieren wir in Produktionskapazitäten und Lieferketten vor Ort in all unseren Regionen (Stichwort: „glokale“ Präsenz). Natürlich sind wir uns der Position der asiatischen Wettbewerber bewusst, sehen unsere Stärken aber in unserer profunden Kenntnis der Heiztechnik, langjährigen Technologieerfahrung und unseren hervorragenden Entwicklungspartnerschaften.
Apropos „Heizungsmarkt“: Die Gastechnologie ist, nach wie vor, ein Volumengeschäft – mit zig Millionen Bestands-Heizgeräten. In der Branche sind deshalb nicht alle restlos davon überzeugt, dass dieser „schlafende Riese“ innerhalb von gut 20 oder weniger Jahren (grün) elektrifiziert werden kann. Es brauche auch Moleküle neben den Elektronen – lautet eine schöne Metapher. Wie schaut hier der ebm-papst-Ansatz aus?
Nur einseitig auf die Elektrifizierung der Wärmeerzeugung zu setzen, halten wir momentan noch nicht für den richtigen Ansatz. Daher verfolgen wir bei ebm-papst den bereits erwähnten Multitechnologie-Ansatz und setzen neben der Elektrifizierung in Form von Wärmepumpen auch weiterhin auf die Gas-Brennwerttechnik als Brückentechnologie. Hier gibt es Entwicklungen hinsichtlich der Verbrennungsregelung, sodass eine flexible Nutzung mit unterschiedlichen Gasen, also nicht nur Erdgas, sondern auch grünen Gasen, möglich ist.
In den letzten Jahren haben wir uns intensiv mit der Wasserstoff-Verbrennung beschäftigt und unsere Kunden bei der Entwicklung von ersten Reallabor-Geräten unterstützt. Des Weiteren setzen wir auf Internationalisierung und erschließen nach und nach auch die Märkte, die noch Nachholbedarf in hocheffizienter Gas-Brennwerttechnik „Made in Europe“ haben.
Können Sie ein, zwei Praxisbeispiele machen, wie und wo Ihre H2-ready-Systeme schon in Betrieb sind? Mit welchen Erfahrungen?
Wir arbeiten seit einigen Jahren mit allen europäischen Herstellern im Bereich Wasserstoff eng zusammen. Unsere gesamten Gas-Brennwertsysteme sind bereits jetzt H2-ready, das heißt, für eine 20-prozentige Zumischung von Wasserstoff freigegeben. Darüber hinaus entwickeln wir Systeme für eine Nutzung mit 100 Prozent Wasserstoff. In einem Feldtest zusammen mit Intergas in den Niederlanden haben wir einen Boiler entwickelt, der vollständig mit Wasserstoff betrieben wird. Entwicklungsarbeit floss zum Beispiel in ein besonders dichtes Gasgebläse und die spezielle Einstellung der Gasventile. Es musste sichergestellt sein, dass im Inneren des Gebläses selbst im Fehlerfall keine Funken durch elektrostatische Aufladungen entstehen. Intergas hat diese Geräte dann – verbaut in einem „Tiny House“ aus nachhaltigen Materialien – durch verschiedene niederländische Regionen geschickt. So konnten sich interessierte Menschen vor Ort von der Funktionsweise der Wasserstoffverbrennung überzeugen und sich die Skepsis vor dieser neuen Technologie nehmen lassen.
Stichwort „Bestand“: Im Bereich der Raumlufttechnik, gerade in zentralen RLT-Anlagen, gibt es ja ebenfalls ein gehöriges „Altlasten-Problem“. Können Sie die energetischen Potentiale des „Retrofits“ von Ventilatoren etc. beziffern?
In Deutschland gibt es circa 1,7 Millionen Nichtwohngebäude. Vier von zehn besitzen eine RLT-Anlage deren durchschnittliches Alter 28 Jahre beträgt. Wenn eine Lüftungsanlage zehn, 15 Jahre oder älter ist, macht ein Upgrade in der Regel Sinn. Ein „Retrofit“ bringt mehrere Vorteile: allen voran eine deutliche Energieeinsparung. Ältere Anlagen, zum Beispiel solche mit großen, riemengetriebenen AC-Ventilatoren, lassen sich üblicherweise nicht bedarfsgerecht regeln. Ein Wechsel auf neue EC-Ventilatoren beseitigt diesen ineffizienten Betrieb und spart bis zu 70 Prozent Energie ein. Der „Retrofit“ macht Bestandsanlagen außerdem langlebiger, leiser und spart oft Platz. Beispielsweise wenn ein sogenanntes „FanGrid“ eingebaut wird, erleichtert das die Montage, Wartung und sorgt für eine höhere Betriebssicherheit. Ein um 60 bis 70 Prozent reduzierter Energieverbrauch bedeutet meist eine Amortisationszeit von zwei bis drei Jahren.
Schauen wir, zu guter Letzt, auf die anstehende ISH: Worauf dürfen sich Fachbesucherinnen und Fachbesucher bei ebm-papst freuen?
Auf die neuesten Ventilatorgenerationen für Wärmepumpen, unsere neue Elektronikbaureihe, unter anderem zur Ansteuerung von Kompressoren, ein Verbrennungssystem, das für Erdgas, Wasserstoffbeimischung und 100 Prozent Wasserstoff geeignet ist sowie Gas-Luft-Verbundsysteme über alle Leistungsbereiche, inklusive Kesselelektroniken und Verbrennungsregelungen – und dann natürlich, wie immer, auf unser kompetentes Standpersonal, ein hervorragendes Mittagessen und unsere Standpartys!
Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!