Die im Trend liegenden Flächenheizungen mit Puffersystemen sowie der zunehmende Einsatz von Bauteilen aus Aluminium machen die Anlagenkomponente Heizungswasser immer wichtiger.
Qualitätsanforderungen an Heizungswasser nach VDI 2035
Donnerstag, 06.06.2019
Sind die Wasserparameter elektrische Leitfähigkeit, pH-Wert und Härte richtig eingestellt, kann ein langjähriger störungsfreier Betrieb erwartet werden. Neben einer kurzen Einführung in die Relevanz und Messtechnik dieser Parameter gibt dieser Fachbeitrag auch einen Einblick in den Umgang mit Bestandsanlagen.
Korrosion in geschlossenen Heizsystemen
Jeder Fachhandwerker weiß, dass die Qualität des Heizungswassers für den langfristig sicheren Betrieb moderner Heizungsanlagen immer wichtiger wird. Dies lässt sich nicht nur anhand der täglichen Praxiserfahrungen feststellen, sondern auch aus diversen aktuellen Regelwerken herauslesen*. Einführend soll daher – mittels eines einfachen Modells – zunächst noch einmal der Einfluss der in der VDI 2035 genannten Parameter pH-Wert, elektrische Leitfähigkeit und Sauerstoffkonzentration auf das Korrosionsgeschehen im Heizkreislauf kurz beleuchtet werden. Um es gleich vorweg zu nehmen: Eine möglichst niedrige Korrosionsgeschwindigkeit der verbauten metallischen Werkstoffe lässt sich in erster Linie dann erreichen, wenn sich das Kreislaufwasser im richtigen pH-Bereich befindet und gleichzeitig eine möglichst niedrige (50 -100 µS/cm) elektrische Leitfähigkeit vorherrscht.
Ausgegangen wird hierbei aber von einer korrosionstechnisch geschlossenen Anlage, bei der kein nennenswerter Zutritt von Sauerstoff erfolgen kann, wie dies auch in der Praxis anzustreben ist. Dies lässt sich vor allem über eine gut funktionierende Druckhaltung umsetzen.
Bei Korrosionsproblemen in der Praxis erweist sich der Sauerstoffzutritt als Primärfaktor, mehr oder weniger unterstützt durch falsche pH-Werte, insbesondere bei Aluminiumlegierungen. Eine hauseigene Auswertung von über 700 Heizungswasseranalysen zeigt hier ein pH-Wert-Spektrum von 4,7 bis 10,8. Während die Ursache für sehr niedrige pH-Werte meist bei verschleppten, chemisch abgebauten Frostschutzmittelresten liegt, werden hohe pH-Werte durch die Eigenalkalisierung vollenthärteter Füllwässer und/oder zu hoch dosierte Alkalisierungsmittel erreicht. Für diese Säure- bzw. Basenkorrosionsreaktionen ist übrigens kein Sauerstoffzutritt erforderlich. Das heißt: Bauteile aus Aluminiumlegierungen werden auch bei korrosionstechnisch geschlossenen Anlagen – unter Wasserstoffbildung – bei pH-Werten > 9 zunehmend schnell aufgelöst.
Grundsätzlich hat Schwarzstahl (Eisen) die Tendenz, sich in wässriger Umgebung aufzulösen.
Die am Metall zurückbleibende Ladung (e-) wird in unmittelbarer Nähe zur Austrittstelle einem Oxidationsmittel – i.d.R. im Wasser gelöster Sauerstoff – angeboten, wobei sich Hydroxidionen (OH-) bilden. Der "elektrische" Ladungsausgleich geht dabei über das Wasser und steht somit in direkter Beziehung zu dessen elektrischer Leitfähigkeit. Eine niedrige Leitfähigkeit entspricht einem hohen Widerstand, daher begrenzt eine salzarme Betriebsweise die mögliche Korrosionsgeschwindigkeit enorm.
Bildet sich auf den im Heizkreis verbauten Metallen eine Deckschicht aus, behindert diese die beiden Reaktionen ebenfalls. Ob sich Deckschichten ausbilden können oder nicht, wird maßgeblich durch den pH-Wert bestimmt. Daher empfehlen auch die Richtlinien einen pH-Bereich von 8,2 bis 10 (bei Aluminiumlegierungen nur bis 9,0!) als bestmöglichen Kompromiss für die üblicherweise in Heizanlagen verbauten Metalle. Auch durch das Hinzufügen von Korrosionsinhibitoren werden Deckschichten erzeugt und vergrößern diesen Widerstand.
Die Tatsache, dass der Widerstand des Heizungswassers sowie ggf. der Widerstand einer Deckschicht in Reihe geschaltet sind, lässt erkennen, dass bei einem hohen Widerstandswert des Heizungswassers ein möglicher Widerstand der Deckschicht zunehmend an Bedeutung verliert. Aus diesem Grund können bei salzarmer Betriebsweise auch eher Abweichungen im pH-Wert toleriert werden und auf Korrosionsinhibitoren kann i.d.R. verzichtet werden.
Mit einer salzarmen Betriebsweise verbindet sich der Vorteil, dass durch die weitgehende Entfernung der Neutralsalze viele Korrosionsarten gar nicht mehr auftreten können. Allerdings kann diese Fahrweise bei einem diffusionsoffenen System die Systemtrennung nicht ersetzen, schon gar nicht, wenn der Wärmeerzeuger das einzige Bauteil aus Schwarzstahl bildet.
Aufbereitung des Anlagenwassers
Grundsätzlich kann in Warmwasser-Heizungsanlagen als Füll- und Ergänzungswasser auch Trinkwasser – aus dem letzten Spülvorgang – verwendet werden. Dies jedoch nur, wenn dessen Qualität den anlagenspezifischen Anforderungen (Herstellerangaben bzw. VDI 2035) entspricht. Werden diese nicht erfüllt, so sind Wasseraufbereitungsmaßnahmen oder ein Wasseraustausch erforderlich.
Um die optimalen Werte im Heizungswasser einfach einzustellen, bietet sich besonders die Inlineentsalzung an. Bei dieser Methode kann das zirkulierende Wasser ohne Betriebsunterbrechung weitgehend automatisiert entsalzt, gefiltert und auch im pH-Wert korrigiert werden. Dabei lassen sich nicht nur bei großen Anlagen Zeit und Aufwand sparen. Diese Methode gilt auch als äußerst nachhaltig, da die Ionenaustauscherharze der Entsalzungspatronen grundsätzlich umweltgerecht regenerierbar sind.
Wie bei Altanlagen verfahren?
Kommt es – bei einer mängelfreien Anlage – auf Grund von nur geringfügigen Eingriffen zu keiner nennenswerten Änderung im Anlagenvolumen (z.B. Austausch von Regelarmaturen) d.h. es ändert sich auch die Kategorie der Anforderungen an das Heizungswasser nicht, ist lediglich auf einen möglichst geringen Verlust von Heizungswasser zu achten.
Anders verhält es sich bei wesentlichen oder schadensbedingten Änderungen. Hier können andere Anforderungen an das Heizungswasser zu berücksichtigen sein. Dies wäre z.B. bei einem Austausch oder Einbau maßgeblicher Komponenten, wie z.B. der Erneuerung des Wärmeerzeugers oder dem Einbau von Flächenheizungen oder Pufferspeichern, der Fall. Es sind dann die aktuellen Analyseparameter pH-Wert, Härte, elektrische Leitfähigkeit und Aussehen des Heizungswassers zu erfassen und mit den Richtwerten der VDI 2035 sowie ggf. den Vorgaben der Komponentenhersteller abzugleichen. Die Füll- und Ergänzungswasserqualität ist dann entsprechend einzustellen.
Da es am Markt zu diesem Thema Unsicherheiten gibt, wird die Behandlung von Bestandsanlagen in die neue VDI 2035-1 mit aufgenommen werden. Auch zu Mängeln in der Heizungswasserqualität, deren Ursachen und möglichen Abhilfemaßnahmen wird es Hilfestellung geben. Ebenso zur Vorgehensweise bei der Probenahme und Messung der chemisch/physikalisch relevanten Messgrößen pH-Wert, Summe Erdalkalien und elektrische Leitfähigkeit.
Kühlwasser und Kaltwasserkreisläufe
Während die VDI 2035 alter und neuer Fassung auf Temperaturen bis 100° C im Umlaufwasser fixiert ist, geht es in diesen geschlossenen Kreisläufen um den Temperaturbereich 25°C < T < 40°C bzw. Temperaturen < 25°C für Kaltwasser (BTGA-Regel 3.003). Schon allein auf Grund dieses anderen Temperaturbereichs unterliegen die Härtebildner in Kühlwässern keinen so strengen Richtwerten wie im Heizungswasserbereich. Dafür können eher mikrobiologische Probleme erwartet werden. Die Korrosionsparameter pH-Wert und elektrische Leitfähigkeit sind vergleichbar. Da besonders bei kombinierten Heiz- und Kühlkreisläufen Regelungsbedarf besteht, hat der VDI hierzu bereits ein neues Richtlinienprojekt aufgesetzt.
Dokumentationspflicht
Bei der Errichtung von Neuanlagen sind sämtliche Schritte, beginnend bei der Beratung über Planung und Abnahme bis hin zur Wartung zu dokumentieren. Ebenso ist bei jeglicher Veränderung an Bestandsanlagen (Komponententausch, Wasserbehandlung/-wechsel, Erweiterung) die Kompatibilität des sich in der Anlage befindlichen Umlaufwassers mit den nunmehr eingesetzten Bauteilen zu bewerten und zu dokumentieren (siehe VOB/C, VDI 2035).
Zum Zwecke der Dokumentation ist ein entsprechendes Anlagenbuch zu führen, das dem Betreiber durch den Installateur oder Planer übergeben wird. Der Betreiber ist dann für die Fortführung der Dokumentation bei Wartung (Wasserparameter) oder Anlagenveränderungen verantwortlich. Es ist aber zu beachten, dass die VDI 2035 im Falle von Wasserbehandlungsmaßnahmen (Zugabe von chemischen Produkten) eine Sachkunde fordert.
Kann der Betreiber die entsprechenden Dokumente in einem späteren Schadensfall nicht vorlegen, haben die Versicherung und der Hersteller der defekten Bauteile u.U. ein Leistungsverweigerungsrecht. Dieses Leistungsverweigerungsrecht beruht auf der Annahme, dass der Schaden auf eine fehlerhafte Wasserbehandlung zurückzuführen ist.
Einsatz chemischer Produkte
Über sogenannte Vollschutzprodukte wird kontrovers diskutiert, handelt es sich doch um chemische Zusatzstoffe zum Korrosionsschutz und zur Härtestabilisierung im Heizungswasser mit all ihren Vor- und Nachteilen.
Beginnen wir mit den Vorteilen: Die Anwendung scheint einfach, denn das Wasser muss meist nicht einmal aufbereitet werden. Der pH-Wert ist passend stabilisiert und auf den Metallen bildet sich eine Schutzschicht gegen korrosive Angriffe bzw. Metallabgabe (interessant für nicht sauerstoffdiffusionsdichte Mischinstallationen Cu/Fe). Zudem können Schwe-beteilchen wie Magnetit fein dispergiert in Lösung gehalten werden.
Diese Vorzüge gehen allerdings auf Kosten des Minimierungsgebotes, demzufolge möglichst wenig Chemie eingesetzt werden soll, was in diesem Fall nicht eingehalten wird. Nur in Ausnahmefällen sollte daher die-se Option zum Einsatz kommen. Beispiel dafür wäre eine sauerstoffdiffusionsoffene Heizungsanlage aufgrund eines älteren Flächenheizungssystems oder eines offenen, oben liegenden Ausdehnungsgefäßes.
Im Anlagenbetrieb aufwändig erscheint aber auch die regelmäßig notwendige Kontrolle und ggf. Korrektur der Wirkstoffkonzentration. Ist diese nicht gegeben, spricht man von unterinhibierten Systemen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit für Lokalkorrosion, die schnell zu Wanddurchbrüchen führen kann. Ist das Produkt biologisch abbaubar, dient es nebenbei noch als Nahrungsmittel für Mikroorganismen und fördert somit die Bildung von Biofilmen, die nicht nur Wärmeübergänge stark reduzieren.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass die zum Teil messtechnisch nachweisbare sehr gute Schutzschichtbildung nur auf mehr oder weniger blanken Metalloberflächen stattfindet. In der Praxis müssten daher die Anlagen für eine optimale Wirkung zuerst chemisch gereinigt/gebeizt werden. Das restlose Entfernen der dazu verwendeten Reiniger ist aber in der Praxis v.a. bei größeren Wohneinheiten nicht immer einfach möglich.
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