Für den Fall des Mehrfamilienhauses werden die Varianten:
- Gaskessel, mit thermischen Sonnenkollektoren,
- Sole/Wasser-Wärmepumpe mit Gaskessel und PVT-Kollektoren,
untersucht, auch hier die zweite Variante zunächst noch ohne Eisspeicher.
Für den Vergleich der Systeme wird die Jahresarbeitszahl des Gesamtsystems herangezogen, die bei den Systemen mit Wärmepumpe als Verhältnis von Gesamtwärmeerzeugung der Wärmepumpe (Heizung und Warmwasser) zum Gesamtstrombedarf des Heizsystems (Netzbezug minus erzeugter Solarstrom zum Heizen) definiert wird:
SPF: Seasonal Performance Factor/Jahresarbeitszahl des Gesamtsystems
QSH: Space Heating Demand/ Heizenergiebedarf
QDHW: Domestic Hot Water demand/ Energiebedarf Warmwasser
Ehp: Electrical Energy Consumption of the Heat Pump/elektrischer Energiebedarf der Wärmepumpe
EERH: Electrical Energy Consumption of the Electrical Resistance Heater/ Energiebedarf der Elektroheizung
Econtrol: Electrical Consumption of the Control System and Valves/elektrischer Hilfsenergiebedarf
PVheat: Electrical Energy generated by PV for Heating/erzeugter Solarstrom zum Heizen
P2: Electrical Energy Consumption of Solar Circuit Pump/elektrischer Hilfsenergiebedarf
P1:Electrical Energy Consumption of Heat Pump Circuit Pump/elektrischer Hilfsenergiebedarf.
Vergleicht man die Jahresarbeitszahl des Gesamtsystems (mit und ohne Ertrag der Solarsysteme) für die vier Varianten, so ergeben sich die in Abbildung 6 dargestellten Zahlen.
Die Variante mit PVT-Kollektoren wurde nicht ohne den Solarertrag aus den PV-Modulen betrachtet, da diese nicht optional sind. Aus diesem Grund sind in Abbildung 6 zwei gleiche Balken zu sehen. Die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe ohne PV-Strom zum Heizen (in der SPF-Formel entfällt PVheat im Nenner) würde 3,2 betragen – sie liegt damit zwischen der Luft/Wasser-Wärmepumpe und der Erdreich-Wärmepumpe.
Die höchste Jahresarbeitszahl für das Gesamtsystem weist die Erdreich-Wärmepumpe mit PV-Modulen auf, da die Wärmepumpe aufgrund der gleichmäßig hohen Temperatur der Wärmequelle Erdreich schon selbst die höchste Jahresarbeitszahl erreicht. Die PV-Module decken weiterhin einen Teil des elektrischen Energiebedarfs zum Heizen ab. Direkt danach folgt die Sole/Wasser-Wärmepumpe mit PVT-Kollektoren, die ebenfalls von einer höheren Wärmequellentemperatur im Vergleich zur Luft/Wasser-Wärmepumpe profitiert.
Die Systemjahresarbeitszahl des Gaskessels mit und ohne Solarunterstützung ist aufgrund der verschiedenen Primärenergiefaktoren nicht mit den strombetriebenen Systemen direkt vergleichbar, die Bewertung ist jedoch bei der im Folgenden dargestellten Untersuchung der CO2-Emissionen beim Mehrfamilienhaus möglich.
Für das Mehrfamilienhaus werden nur die beiden Systeme mit Solarsystemen gegenübergestellt. Abbildung 7 zeigt, dass die Variante Gaskessel mit thermischen Sonnenkollektoren gegenüber dem "SOLINK"-System deutlich höhere Emissionen aufweist.
Die thermischen Kollektoren können im Winter nur einen geringen Beitrag zur Wärmebereitstellung leisten und der Haushaltsstrom muss komplett aus dem Netz bezogen werden.
CO2-Emissionen und Wirtschaftlichkeitsvergleich verschiedener Wärmepumpensysteme mit PV-Anlage
Im Folgenden werden drei Systemvarianten für ein Einfamilienhaus miteinander verglichen, die eine gleiche Jahresarbeitszahl gemäß der obigen Definition von 4,21 aufweisen. Damit soll untersucht werden, ob das "SO-LINK"-System sich aus ökonomischer Sicht gegenüber konkurrierenden Wärmepumpensystemen mit zusätzlichem PV-Generator behaupten kann. Abbildung 8 zeigt die Schemata der drei modellierten Varianten:
- Luft/Wasser-Wärmepumpe mit Elektro-Direktheizung und 6,8 kWp PV-Generator,
- Erdreich-Wärmepumpe mit Elektro-Direktheizung und 3,06 kWp PV-Generator,
- Sole/Wasser-Wärmepumpe mit Elektro-Direktheizung und 4,76 kWp PVT-Kollektoren.
Die Varianten 1 und 3 wurden dabei ohne Eisspeicher betrachtet. Für die Simulationen wurden wieder die Parameter des Einfamilienhauses aus Tabelle 1 herangezogen.
Zusätzlich zu der oben definierten Jahresarbeitszahl des Gesamtsystems wurden zur Bewertung der Systeme die CO2-Emissionen ermittelt. Dafür wurden der Gesamtenergiebedarf des Heizsystems (Heizung und Warmwasser) sowie der Haushaltsstrombedarf berücksichtigt. Die CO2-Emissionen berechnen sich wie folgt:
CO2-Emissions = [∫(Eheating + Ehousehould – PVself_consumption) · dt] * fco2
mit
Eheating: Electrical Energy Consumption of the Heating System/elektrischer Energiebedarf des Heizsystems (Heizung und Warmwasser)
Ehousehold: Electrical Energy Consumption of the Household/Bedarf Haushaltsstrom
PVself_consumption: Electrical Energy Generated by PV/PVT Panels and Used locally for Heating System and House-hold/erzeugter Solarstrom, der lokal für das Heizsystem und den Haushalt genutzt wird
fco2: CO2-Emissionsfaktor (0.631 für Elektrizität; GEMIS, Version 4.93).
Gemäß der Formel wird nur der Anteil des erzeugten Solarstroms, der lokal genutzt wird, für die Reduktion der CO2-Emissionen angerechnet; Effekte auf den Strom-Mix bleiben unberücksichtigt.
Tabelle 2 zeigt den Unterschied der drei Varianten in der Größe der Solarsysteme bei gleicher Jahresarbeitszahl des Gesamtsystems.
Man erkennt, dass für die Luft/Wasser-Wärmepumpe eine deutlich größere PV-Fläche notwendig ist, um die gleiche Jahresarbeitszahl zu erzielen. Grund hierfür ist wiederum die geringe Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe selbst wegen der niedrigen Quellentemperatur der Außenluft. Allerdings produziert die PV-Anlage auch die größte Menge an Überschussenergie.
Tabelle 3 zeigt die elektrische Energieaufnahme der Wärmepumpe insgesamt sowie die für den Betrieb vom öffentlichen Netz bezogene Energie.
In allen drei Fällen wird über das Jahr mehr Strom von der PV-Anlage produziert als die Wärmepumpe verbraucht. Weiterhin wird der Eigenstromverbrauch, das heißt, der Anteil der PV-Produktion, der direkt verbraucht wird, verglichen. Luftwärmepumpe und PVT-System liegen hier ähnlich, was an dem größeren Verbrauch der Wärmepumpe liegt.
In Abbildung 9 sind die CO2-Emissionen der Systeme dargestellt. Diese liegen für alle drei Varianten sehr eng beieinander.
Der leicht höhere Wert für das System mit Erdreich-Wärmepumpe hängt mit dem kleinen PV-Generator zusammen, so dass hier mehr Strom aus dem Netz bezogen werden muss.
Der Wirtschaftlichkeitsvergleich wurde auf Basis der Annuitäten-Methode nach VDI 2067 durchgeführt. Die Grundannahmen hierfür sind in Tabelle 4, Tabelle 5 und Tabelle 6 aufgeführt.
In Abbildung 10 sind die Vollkosten der drei Systemvarianten dargestellt.
Wie in Tabelle 4 erwähnt, wurden für das System "Sole/Wasser-Wärmepumpe mit PVT-Kollektoren" zwei Preisansätze gewählt: BWHP+PVT_1 bei Serienfertigung des PVT-Kollektors mit mehr als 20.000 m² pro Jahr und BWHP+PVT_2 bei Kleinserie; die Differenz beträgt ca. 2.100 Euro für die simulierte Anlage mit 4,76 kWp.
Die Luft/Wasser-Wärmepumpe mit PV-Modulen weist die niedrigsten Vollkosten über den Betrachtungszeitraum auf. Dies ist auf die im Vergleich zu den anderen Systemen niedrigeren Investitionskosten zurückzuführen (vgl. Tabelle 4) und die große Menge an erzeugter elektrischer Energie (vgl. Tabelle 2), die für Haushalt und Wärmpumpe eingesetzt werden kann.
Die Sole/Wasser-Wärmepumpe mit PVT-Kollektoren weist auch schon heute niedrigere Vollkosten als ein System mit Erdreich-Wärmepumpe auf; bei letzterem beeinflussen die Gesamtinvestitionskosten des Wärmepumpensystems sowie die geringere Menge an erzeugtem Solarstrom das Ergebnis.
Auch für eine Luftwärmepumpe ohne PV-Anlage wurden die Vollkosten ermittelt. Diese betragen 3.332 Euro (ohne MwSt.) und sind damit höher als die Werte für alle mit PV bzw. PVT gerechneten Systeme.
Wenn der PVT-Kollektor in größerer Serie gefertigt wird, dann nähern sich die System-Vollkosten denen des Systems mit Luft/Wasser-Wärmepumpe und PV-Anlage an.
Ein entscheidender Vorteil des "SOLINK"-Systems gegenüber der Luft/Wasser-Wärmepumpe mit PV-Anlage ist der geringere Flächenbedarf für die PVT-Kollektoren (bei gleicher Jahresarbeitszahl des Gesamtsystems); insbesondere bei Mehrfamilienhäusern ist die verfügbare Dachfläche im Verhältnis zur beheizten Wohnfläche begrenzt. Bei frei verfügbarer Fläche kann die Systemperformance des "SOLINK"-Systems mit weiteren PVT-Kollektoren verbessert werden: die Fläche erhöht sowohl die Arbeitszahl der Wärmepumpe als auch die PV-Stromproduktion; dies ist bei einer Luft/Wasser-Wärmepumpe mit PV-Anlage nicht der Fall.
Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die nicht vorhandene Lärmbelastung beim "SOLINK"-System. Der Betrieb von Luft/Wasser-Wärmepumpen mit im Freien aufgestellten Verdampfern ist insbesondere in dichteren Wohnquartieren problematisch. Bei Erdreich-Wärmepumpen erweisen sich häufig – insbesondere in innerstädtischen Situationen – der notwendige Platzbedarf bzw. geologische oder andere Voraussetzungen für Erdsonden (bzw. Bohrungen zur Nutzung von Grundwasser) als Hinderungsgrund für die Ausführung. Auch hier stellt das "SOLINK"-System eine attraktive Alternative dar.
Der Deutschen Bundestiftung Umwelt sei herzlich gedankt für die finanzielle Unterstützung des Projekts.
1 Aus simulationstechnischen Gründen ergab sich die SJAZ = 4,2 statt der Auslegungsgröße 4,3. Mit etwas größeren Flächen oder System-Optimierungen – z. B. Regelung/Energiemanager, PVT-Modul oder Eisspeicher – ist auch der Wert 4,3 erreichbar.
Literatur
[1] Ulrich Leibfried: Integrierte Systemlösungen für Bestand und Neubau als Weg zum Erreichen der Klimaziele. 21. Symposium Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein, Mai 2011.
[2] Ulrich Leibfried, Tillman Faßnacht, Christian Glück: Solarwärmepumpensystem als aktives Ausgleichelement im Erneuerbare Energien-Stromnetz – ein Modelltest, Tagungsband 25. Symposium Thermische Solarenergie OTTI, 6. bis 8. Mai 2015, Kloster Banz, Bad Staffelstein.