Montageschienensysteme haben sich im Rohrleitungsbau bewährt. Weil bei der Befestigungstechnik Sicherheit oberste Priorität haben muss, wird dabei oft eine vermeidbare Überdimensionierung in Kauf genommen – nach dem Motto "Viel hilft viel". Mit der richtigen Schienenauslegung sind Wirtschaftlichkeit und Sicherheit jedoch kein Widerspruch. Der Beitrag erläutert, wie die passenden Montageschienen und Konsolen ermittelt werden und worauf bei Schienenkonstruktionen zu achten ist.
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Rohrbefestigung mit Montageschienen
Worauf es bei Auslegung und Produktauswahl ankommt
Freitag, 07.11.2014
Rohrleitungen werden bei kleineren Installationen in Ein- oder Zweifamilienhäusern meist per Einzelaufhängung mit Dübeln, Gewindestangen und Rohrschellen befestigt. Für größere Installationsaufgaben, bei denen mehrere Rohre neben- oder übereinander verlegt werden müssen, hat sich die Verwendung von Schienenmontagesystemen bewährt, die deutlich zeitsparender als die Einzelmontage ist und auch komplexe Konstruktionen ermöglicht.
Gegenüber der Einzelmontage bieten Montageschienen eine Reihe von Vorteilen. Im Schienenschlitz können Rohrschellen und Anbauteile positionsgenau und dennoch flexibel befestigt werden. Es ist keine millimetergenaue Planung der Befestigungspunkte notwendig, und ein nachträgliches Korrigieren ist jederzeit der Montageschienen möglich, zumal der Bohraufwand im Allgemeinen geringer ist.
Die Einsatzmöglichkeiten von Montageschienen sind vielfältig. Neben der Befestigung von Rohrleitungen an Decken- oder Wandschienen sind auch Rahmenkonstruktionen oder Gestelle möglich. Leitungen von geringerem Gewicht, etwa im Lüftungsbau, werden oft mit "Affenschaukeln" befestigt – die beidseitigen Gewindestangen ermöglichen eine günstige und schnelle Montage und zusätzlich eine einfache Höhenverstellung.
Bei Trassen mit groß dimensionierten oder sehr vielen Rohren sind mitunter auch komplexere, dreidimensionale Schienengestelle erforderlich – welche Konstruktion am besten geeignet ist, entscheiden Planer bzw. Monteur je nach Installationsaufgabe und baulichen Gegebenheiten.
Belastbarkeit von Montageschienen
Je nach Einbausituation und Kraftrichtung sind Montageschienen unterschiedlichen Belastungen ausgesetzt: Es gibt Beanspruchungen durch Zugkraft, Druck, Torsion oder Biegung. Am häufigsten tritt die Biegebeanspruchung auf, sie ist für die Auslegung einer Schiene am relevantesten. Biegebeanspruchung entsteht, wenn beispielsweise eine horizontal liegende Schiene durch eine Kraft vertikal belastet wird – die Montageschiene biegt sich durch. Im Inneren der Schiene entstehen Biegespannungen.
Sind die Belastungen klein, geht die Montageschiene nach der Entlastung wieder in ihre ursprüngliche Lage zurück. Werden die Belastungen zu groß, bleibt die Schiene auch nach der Entlastung deformiert. In diesem Fall wurde sie über den elastischen Bereich hinaus bis zum plastischen Bereich beansprucht. Die Streckgrenze des Stahls wurde überschritten.
Damit dies in der Praxis nicht vorkommt, wird für Montageschienen – wie für alle Bauteile – ein Sicherheitswert eingerechnet. Die Sicherheit gibt an, um welchen Faktor die Belastungsgrenze eines Bauteils oder Materials niedriger liegt, als sie durch Berechnung oder im Belastungsversuch ermittelt worden ist.
Bei Montageschienen, die den strengen Qualitätsanforderungen der RAL Gütegemeinschaft Rohrbefestigung genügen, wird ein Sicherheitsfaktor von 1,54 in die empirisch ermittelten Belastungsergebnisse eingerechnet.
Die rechnerisch zulässige Spannung ergibt sich aus dem Verhältnis von werkstoffspezifischer Streckgrenze und Sicherheit:
fy zul. = fy / γ
fy zul. = zulässige Spannung [N/mm²]
fy = Streckgrenze der Schienen [N/mm²]
γ = Sicherheitsfaktor [-]
Doch die Belastbarkeit einer Montageschiene hängt nicht nur vom Material bzw. der Stahlgüte ab, sondern auch von ihrem Querschnitt. Dabei ist nicht nur die Größe des Querschnittes relevant, sondern auch dessen Form und Lage. Je höher beispielsweise eine Schiene oder ein Träger bei gleicher Querschnittsfläche ist, desto tragfähiger ist sie. Steht ein Träger hochkant, kann er hohe Lasten aufnehmen, dagegen hat derselbe Träger, flach liegend, sehr geringe Tragwerte.
Zwei Kenngrößen sind hierbei wichtig:
- Das Widerstandsmoment ist notwendig bei der Berechnung der Biegespannung (relevant bei kurzen Schienenabschnitten).
- Das Flächenträgheitsmoment ist notwendig bei der Berechnung der Durchbiegung (relevant bei langen Schienenabschnitten).
Beide Kennwerte beschreiben, welchen Widerstand eine Montageschiene einer Durchbiegung entgegensetzt. Sie beschreiben die Steifigkeit einer Querschnittsgeometrie und zwar unabhängig vom Werkstoff. Die Werte für die einzelnen Profilschienen werden von den Herstellern von Montageschienen in ihren technischen Unterlagen aufgeführt.
Ein weiteres Grenzmaß ist die zulässige Durchbiegung, diese beträgt nach der RAL-Richtlinie GZ 655 bei Montageschienen L/200, bei Konsolen L/150: Eine Schiene mit einer Länge von 3 m darf sich demnach in der Mitte maximal um 15 mm durchbiegen (3000 mm/200 = 15 mm).
Montageschienenkonstruktionen richtig auslegen
Von der Theorie zurück zur Praxis.
Für die Planung von Schienenkonstruktionen und die Auswahl der passenden Produkte sind folgende Daten zu berücksichtigen:
- Rohrbelegung und die sich daraus ergebende Last,
- Einbausituation bzw. räumliche Gegebenheiten,
- Befestigungsabstand (von Schiene zu Schiene),
- Trassenbreite,
- mögliche Umwelteinflüsse, z.B. Luftfeuchtigkeit,
- mögliche Zusatzlasten durch Rohrbewegungen,
- Befestigungsuntergrund (Beton, Mauerwerk, Stahlträger etc.).
Lasten ermitteln:
Die Lastermittlung ist der erste Schritt. Sie ergibt sich aus der Rohrbelegung. Neben der Anzahl der zu befestigenden Rohre ist deren Dimension (Außendurchmesser) zu berücksichtigen, wobei gegebenenfalls erforderliche Rohrisolierungen mit einzuplanen sind. Das Rohrmaterial (Guss, Stahl, PE etc.) spielt ebenso eine Rolle wie das Medium (Wasser, Gas etc.).
Befestigungsabstände wählen:
Der maximal mögliche Abstand zwischen den einzelnen Montageschienen wird in der Regel in Tabellen der Rohrhersteller vorgegeben. Bei Rohren verschiedener Größe richtet er sich zunächst nach dem Rohr mit dem kleinsten Durchmesser, denn je kleiner der Rohrdurchmesser, desto kleiner auch der maximal mögliche Befestigungsabstand.
Doch auch hier muss natürlich die Einbausituation im Detail berücksichtigt werden. Bei zu groß gewählten Befestigungsabständen kann die Belastung für die Schiene oder das Bauteil zu hoch werden oder es gibt Schwierigkeiten bei der Verlegung der Rohre.
Trassenbreite festlegen:
Die Trassenbreite, also die Spannweite der Montageschienen, ergibt sich aus den Rohrdimensionen und natürlich aus den baulichen Gegebenheiten:
Wie breit muss die Trasse mindestens sein, damit alle Rohre Platz finden? Wie breit kann sie aufgrund des Raumangebots maximal sein? Sollen die Rohre nebeneinander verlaufen oder müssen die Leitungen in mehreren Etagen übereinander verlegt werden?
Neben dem zur Verfügung stehenden Platz spielt hier die Frage möglicher Befestigungspunkte eine Rolle: An welchen Stellen kann und darf überhaupt am Bauuntergrund befestigt werden? Jede Installation erfordert eine individuelle Planung.
Umwelteinflüsse beachten:
Bei der Auswahl der passenden Produktlösung sind natürlich auch die Bedingungen am Einsatzort zu beachten: Je nach Umgebungsfeuchte, Luftbelastung oder sonstigen Umwelteinflüssen können galvanisch verzinkte, feuerverzinkte, beschichtete Montageschienen oder Edelstahlschienen gewählt werden.
Rohrausdehnungen einplanen:
Ein weiterer Faktor, den es bei der Planung von Schienenkonstruktionen zu berücksichtigen gilt, ist die thermisch bedingte Längenänderung bei warm- und kaltgehenden Leitungen. Um zu vermeiden, dass aus Bewegungen der Rohrleitung Schäden entstehen, muss der Leitung eine gewisse Bewegungsfreiheit gelassen werden. Bei größer dimensionierten Rohren und bei großen Temperaturdifferenzen sind Gleitelemente erforderlich.
Oft unterschätzt wird hierbei die in Richtung der Rohrachse auftretende Kraft. Wenn das Rohr anfängt zu schieben, muss erst der Haftreibungsfaktor überwunden werden, bis das Gleitelement wirklich zu gleiten beginnt. Sinnvoll ist es daher, Aussteifungselemente in Längsrichtung der Rohre einzuplanen, wie beispielsweise zusätzliche Abstrebungen oder mitlaufende Längsaussteifungsschienen.
Bauuntergrund berücksichtigen:
Die Beschaffenheit des Befestigungsuntergrunds entscheidet über die Wahl der Dübel. Empfohlen werden Produkte mit bauaufsichtlicher Zulassung, die für den jeweiligen Untergrund wie beispielsweise Beton oder Mauerwerk optimiert sind. Für die Anbringung von Profilen an Stahlträgern haben die Hersteller Trägerklammern im Programm.
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